Phobische Störungen PDF
Document Details
Uploaded by BreathtakingGyrolite1153
MSB Medical School Berlin
Tags
Summary
This document provides an overview of phobic disorders, including their classification (systematik), introduction, criteria for different types of phobias (ICD-10), implications, and possible therapies. It is part of a larger course on mental health.
Full Transcript
# 2. Phobische Störungen ## Systematik der Angststörungen | Störung | Charakter | Situation | |---|---|---| | Generalisierte Angststörung | andauernd | unspezifisch | | Panikstörung | attackenartig | unspezifisch | | Phobische Störungen | attackenartig | spezifisch | Angststörungen sind häufig we...
# 2. Phobische Störungen ## Systematik der Angststörungen | Störung | Charakter | Situation | |---|---|---| | Generalisierte Angststörung | andauernd | unspezifisch | | Panikstörung | attackenartig | unspezifisch | | Phobische Störungen | attackenartig | spezifisch | Angststörungen sind häufig weniger durch die Präsenz von Angst als durch die Vermeidung der potentiellen Angstauslösesituation gekennzeichnet # Einführung in phobische Störungen - **Definition:** stark ausgeprägte an bestimmte Objekte oder Situationen geknüpfte Angst; Erwartungshaltung einhergehend mit Vermeidungsverhalten und Einengung des Lebensraums - **Formen der Phobien:** - **Agoraphobie F40.0:** (Angst davor, an Orten zu sein, von denen eine Flucht schwierig oder peinlich sein könnte; ausgeprägtes Vermeidungsverhalten) - **Soziale Phobie F40.1:** (Auslöser z.B. öffentliches Sprechen (formell und informell), Essen, Trinken) - **spezifische (isolierte) Phobien F40.2:** (Tierarten, Blut, Flug etc.) - **Epidemiologie:** jeweils ca. 6% der Bevölkerung, mehr Frauen # Agoraphobie: ICD-10-Kriterien **Subtypen:** - **F40.00** ohne Angabe einer Panikstörung - **F40.01** mit Panikstörung - **a.** deutliche und anhaltende **Furcht** vor oder **Vermeidung** von mindestens zwei der folgenden Situationen (Menschenmengen, öffentliche Plätze, allein Reisen, Reisen mit weiter Entfernung von Zuhause) - **b.** seit Auftreten der Störung in der gefürchteten Situation mindestens zwei Angstsymptome wenigstens zu einem Zeitpunkt gemeinsam vorhanden, davon 1 von 1–4 vegetative Symptome (Herzklopfen, Schweißausbrüche, Tremor, Mundtrockenheit), 5–8 Thorax und Abdomen (z.B. Atembeschwerden), 9–12 psychische Symptome (z.B. Benommenheit), 13–14 allgemeine Symptome (z.B. Hitzewallungen) - **c.** deutliche emotionale Belastung durch die Symptome oder das Vermeidungsverhalten; Einsicht, dass diese oder das Vermeidungsverhalten übertrieben - **d.** Symptome sind auf die gefürchtete Situation oder den Gedanken daran beschränkt - **e.** a und b nicht durch Wahn, Halluzinationen oder andere Symptome von FO, F2, F3 oder F42 (Zwangsstörung) und nicht Folge kulturell akzeptierter Anschauungen # Soziale Phobie: ICD-10-Kriterien - **a.** entweder 1 oder 2: (1) deutliche **Furcht** im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen oder sich peinlich zu verhalten, (2) deutliche **Vermeidung** im Zentrum der Aufmerksamkeit zustehen oder von Situationen, in denen die Angst besteht, sich peinlich zu verhalten - **b.** mindestens zwei Angstsymptome wie in b der Agoraphobie definiert in den gefürchteten Situationen, mindestens einmal seit Auftreten der Störung, zusätzlich eines der folgenden Symptome (Erröten/Zittern, Angst zu erbrechen, Miktions- oder Defäkationsdrang bzw. Angst davor) - **c.** deutliche emotionale Belastung durch die Symptome oder das Vermeidungsverhalten; Einsicht, dass diese oder das Vermeidungsverhalten übertrieben - **d.** Symptome sind auf die gefürchtete Situation oder den Gedanken daran beschränkt - **e.** a und b nicht durch Wahn, Halluzinationen oder andere Symptome von FO, F2, F3 oder F42 und nicht Folge kulturell akzeptierter Anschauungen # Ausprägungsstufen sozialer Angst - Kontinuum der Ausprägung nach Reich; Kontinuitätshypothese: - Schüchternheit - soziale Angst (man steht die Situation noch durch) - soziale Phobie (vermeidet die Situation, steht sie nicht durch) - selbstunsichere Persönlichkeitsstörung (soziales Kompetenztraining als Therapieform) - mit der Schwere nehmen die Angst, die Vermeidung und die soziale Inkompetenz zu # Spezifische (isolierte) Phobien: ICD-10-Kriterien - **a.** entweder 1 oder 2: (1) deutliche **Furcht** vor bestimmtem Objekt oder Situation außer F40.0/1, (2) deutliche **Vermeidung** solcher Objekte oder Situationen - **b.** Angstsymptome in den gefürchteten Situationen zu irgendeiner Zeit seit Auftreten der Störung wie in B der F40.0 definiert - **c.** deutliche emotionale Belastung durch die Symptome oder das Vermeidungsverhalten; Einsicht, dass diese übertrieben - **d.** Symptome sind auf die gefürchtete Situation oder den Gedanken daran beschränkt - **e.** z.B. Aichmophobie (spitze Gegenstände), Akrophobie (Höhen), Tierphobien, Klaustrophobie (enge oder geschlossene Räume), Examensangst # Ätiologie der Phobien ## Biologische Aspekte: - starke genetische Komponente - vermutlich prädisponierend gesteigerte Aktivität der Amygdala, dadurch leichtere Konditionierbarkeit - serotonerge Dysbalance ## Lerntheoretisches Modell: - **2-Faktoren-Modell nach Mowrer:** konditionierte Furchtreaktion auf konditionierte Stimuli (klassisch, z.B. nach traumatischer Erfahrung), verstärkt durch Vermeidung (operant) - anstelle einer klassischen Konditionierung ist auch stellvertretende Konditionierung durch ein Modell oder symbolische Konditionierung durch eine Vorstellung möglich # Verlauf und Prognose - spontane Rückbildung möglich; sonst Tendenz zur Chronifizierung mit Ausweitung der Ängste und des Vermeidungsverhaltens (Situationen werden vermieden) - bei sozialer Phobie häufig chronischer aber fluktuierender Verlauf - bei spezifischen Phobien oft psychosoziale Remission (Phobie noch da, hat aber keine psychosozialen Konsequenzen) # Therapie: - **Verhaltenstherapie:** spezifisch für Art der Phobie, aber Exposition i.d.R. zentral - **supportive Therapie:** Selbsthilfegruppen, stützende Gespräche - **Pharmakotherapie**, zugelassen sind: - **Soziale Phobie:** Escitalopram, Moclobemid, Paroxetin, Sertralin, Venlafaxin - **Panikstörung mit / ohne Agoraphobie:** Citalopram, Clomipramin, Escitalopram, Paroxetin, Sertralin, Venlafaxin