Internationales Management Zusammenfassung PDF
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Diese Zusammenfassung behandelt Schlüsselkonzepte im internationalen Management, einschließlich Institutionen, wirtschaftlichen Systemen und Human Resource Management (HRM). Es werden auch globale Governance, strategisches Management und interkulturelles Management diskutiert.
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Zusammenfassung - International Management Glossar MNU/MNE = Multinationales Unternehmen AN = Arbeitnehmer AG = Arbeitgeber UN = Unternehmen Hq = Head Quarters (Zentrale) V1 Einführung Institutionen = Formellen oder informellen Regeln, die von Akteuren befolgt werden − Institutionen steuern Verhal...
Zusammenfassung - International Management Glossar MNU/MNE = Multinationales Unternehmen AN = Arbeitnehmer AG = Arbeitgeber UN = Unternehmen Hq = Head Quarters (Zentrale) V1 Einführung Institutionen = Formellen oder informellen Regeln, die von Akteuren befolgt werden − Institutionen steuern Verhalten von Individuen/Unternehmen − Funktionen = Minimierung von Unsicherheit, von Transaktionskosten & von Opportunismus − Regulativen, normativen & kulturell-kognitiven Elemente, die verbundenen Aktivitäten & Ressourcen → sozialen Leben Stabilität & Bedeutung verleihen (Scott 2008) Formale Institutionen 1. Politische Systeme o Totalitär oder demokratisch 2. Wirtschaftliche Systeme o Markt- oder Planwirtschaft (Market or command economy) o Varieties of capitalism view 3. Rechtssysteme o Zivilrecht oder Gewohnheitsrecht 4. Weitere Institutionen o Eigentumsrechte o Unternehmensführung Informelle Institutionen 1. Kultur o Cluster von Ländern mit ähnlichen Kulturen (z. B. GLOBE) o Verschiedene Kulturdimensionen (z. B. Hofstede) 2. Ethik (Ethics) o Grundsätze, Standards und Normen für das Verhalten des Einzelnen/des Unternehmens „Thin“ Sichtweise von Institutionen (eher von Forschern) − Institutionen → Einschränkung des Handelns MNUs − Schwerpunkt liegt auf Unterschieden zwischen Institutionen des Heimatlandes eines MNE & Institutionen im Gastland − Leistung eines MNUs = abhängig von Anpassung an den institutionellen Kontext des Gastlandes „Thick“ Sichtweise von Institutionen − Institutionen sind formelle/informelle „Spielregeln“, die Anreize & Zwänge bieten → Erzeugung stabile Verhaltensmuster − Institutionen = o Rahmen, innerhalb dessen Wirtschaftsakteure agieren o Verhalten einschränkend o = Ressourcen, die Akteure nutzen o beeinflussen Identität, Interessen & Handlungsfähigkeit der Akteure − Akteure gestalten, erhalten oder verändern Institutionen − „Institutionen = wichtig“: führen zu Isomorphismus, wodurch Organisationen ähnliche Strukturen & Routinen annehmen o Isomorphismus = Ähnlichkeit oder Entsprechung zweier oder mehrerer Unternehmen oder Märkte − Institutionentheorie = Erklärung, warum Unternehmen auf ähnliche wirtschaftliche oder technologische Zwänge unterschiedlich reagieren 1 Arbeitsverhältnisse als formale Institutionen − Arbeitsbeziehungen = formelle Institutionen − Arbeitsbeziehungen = Interaktion zwischen Arbeitnehmern & Arbeitgebern am Arbeitsplatz & (gegebenenfalls) ihren Vertretungsorganen, wie Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden Parteien: 1. Arbeitgeber 2. Arbeitnehmer 3. Gewerkschaften & Berufsverbände 4. Regierung & staatliche Stellen Prozesse: 1. Tarifverhandlungen 2. Arbeitskonflikte & Streitbeilegungsmechanismen o Streiks, Aussperrungen, Schlichtung, Schiedsverfahren 3. Arbeitnehmerbeteiligung (Mitsprache) am Arbeitsplatz o Betriebsräte, Vertretung in Aufsichtsräten) Ergebnisse: 1. Tarifvertrag 2. Entscheidung eines Gerichts oder eines Schlichtungsausschusses zur Beilegung eines Konflikts 3. Vereinbarung zwischen Arbeitnehmern & Arbeitgebern über Problem am Arbeitsplatz Nationale Kultur als informelle Institutionen − nationale Kultur = informelle Institutionen, deren Bausteine normative & kulturell-kognitive Elemente sind − erlernten Überzeugungen, Werte, Regeln, Normen & Traditionen, die Gruppe von Menschen gemeinsam haben − Ähnlichkeiten/Unterschiede zwischen nationalen Kulturen können analysiert werden, indem man Kultur in mehrere Dimensionen unterteilt − Länder können in Kulturcluster eingeteilt werden, die sich in mehreren kulturellen Dimensionen ähneln Multinationale Unternehmen als Organisationen − MNU = Organisationen, die mehrere Einheiten in verschiedenen Ländern unterhalten − lokalen Zentralen & ausländischen Tochtergesellschaften − tätigen ausländische Direktinvestitionen (FDI = foreign direct investment) − FDI liegt vor, wenn Unternehmen direkt in Produktion oder andere Einrichtungen in einem anderen Land investiert & Kontrolle über diese Investition behält (=Investition in physische Anlagen) − Manager multinationaler Unternehmen haben Herausforderung: o Entwicklung einheitlicher & kohärenter Systeme → Ziel als gemeinsames Unternehmen zusammen funktionieren o Erschaffung ausreichender Spielraums & Flexibilität für Anpassung an sich stark verändernde Umstände − Strategie & Verhalten der MNU werden durch Herkunftsland beeinflusst o Herkunfsland kann ein entwickeltes oder ein aufstrebendes Land sein MNU & Global Governance − MNUs = umstrittene Akteure: o wichtige globale Förderer der wirtschaftlichen Entwicklung o aber auch Instrument der Ausbeutung und Beherrschung angesehen − Wie stellen multinationale Unternehmen sicher, dass ihre Aktivitäten in anderen Ländern mit den internationalen Arbeitsnormen in Einklang stehen? Wie steuern sie ihre internationalen Wertschöpfungsketten? Strategisches Management in MNUs − Strategie = Theorie eines Unternehmens darüber, wie es erfolgreich konkurrieren kann − Strategisches Management = Analyse des Umfelds & Stärken/Schwächen des Unternehmens − Strategisches Management = Formulierung & Umsetzung einer Strategie − Internationale Geschäftsstrategien können sich auf jede Strategie außerhalb des Heimatlandes beziehen − Unsere Konzentration: Internationalisierungsstrategien von MNUs 2 Internationales Management der Humanressourcen (international Human Resource Management) − HRM: Arbeitsorganisation, Rekrutierung, Auswahl, Ausbildung & Entwicklung, Vergütung, Leistungsmanagement, Mitbestimmungssysteme, Diversity Management… HRM in MNUs: − Koordinierung des HRM über nationale Grenzen hinweg innerhalb eines MNUs → länderübergreifende Übertragung von HR-Praktiken (z. B. Vergütungspraktiken) − Internationaler Personaleinsatz (Expatriierung, Frauen bei internationalen Einsätzen) Vergleichendes HRM: − Vielfalt & Ähnlichkeit von HR-Praktiken in verschiedenen Ländern (z. B. unterschiedliche Systeme der Arbeitnehmervertretung in verschiedenen Ländern) Frauen im internationalen Management − Expatriates & Migranten: Geschlecht, Ethnie & Klassenunterschiede o Expatriates = Fach- oder Führungskraft, die von einer international tätigen Organisation − Geschlechterdiskriminierung bei der Auswahl von Expatriates − Arbeit des mitreisenden Ehepartners − Auswirkungen von MNUs auf Gleichstellung der Geschlechter in den Gastländern o Positiv: Beitrag zur Geschlechtergleichstellung in Gastländern o Negativ.: Ausbeutung weiblicher Arbeitskräfte in den Aufnahmestaaten − Frauen in Top-Entscheidungspositionen in MNUs im internationalen Vergleich Interkulturelles Management (Cross-cultural management) Aufgaben internationaler Manager: 1. Entscheidungen treffen 2. Kommunizieren & Verhandeln 3. Motivieren & Führen − Üben Aufgaben in Interaktion mit Mitarbeitern aus verschiedenen Kulturen aus − Internationale Manager mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund führen diese Aufgaben auf unterschiedliche Weise aus − Interkulturelle Kommunikation o Sprache und andere Aspekte der Kommunikation V2 - VoC Gliederung 1) Klassifizierung der wirtschaftlichen Institutionen 2) Ansatz der „Varieties of Capitalism“: Die wichtigsten Merkmale 3) Beschränkungen des Ansatzes 4) Einführung in aufstrebende Marktwirtschaften 5) Ausdehnung des VoC-Ansatzes auf Mittel- und Osteuropa 6) Ausdehnung des VoC-Ansatzes auf Asien 7) Praktische Implikationen & wichtige Schlussfolgerungen 1) Klassifizierung wirtschaftlicher Institutionen 3 LMEs = Liberal market economies CMEs = Coordinated market economies DMEs = Dependent market economies Klassifizierung von Marktwirtschaften in einer Typologie − Kapitalismus = Wirtschaftssystem, beruhend auf Grundprinzipien → Grundprinzipien: Privateigentum, freies Unternehmertum, Vertrauen in die Märkte & Wettbewerbe − Es gibt mehrere Theorien der kapitalistischen Vielfalt − Diese Theorien wollen kapitalistische Wirtschaftssysteme in verschiedene Kategorien einteilen & sie auf der Grundlage ihrer wirtschaftlichen Leistung bewerten − Solche theoretische Typologie erzielt: o Ordnung komplexer Geflechte kausaler Beziehungen o Durch Kategorisierung kombiniert Typologie verschiedene Konstrukte zu kohärenten & erklärenden Bündel von Typen & kann Erklärungen für das Auftreten bestimmter Verhaltensweisen & deren Ergebnisse liefern 2) „Varieties of capitalism“ Ansatz Idealtypischer „Varieties of capitalism“ Ansatz Ideal Typen: (1) Liberal market economies (LMEs) o Bsp: USA, Britain, Australia, Canada, Neuseeland, Irland (2) Coordinated market economies (CMEs) o Bsp: Schweiz, Niederlande, Belgien, Schweden, Finnland, Deutschland, Japan − Diese Kapitalismusformen umfassen eine Reihe von „komplementären“ Institutionen → bilden Grundlage für die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit des Landes & führen zu guten wirtschaftlichen Ergebnissen Fokus auf Unternehmen − Entwicklung, Produktion, Vertrieb gewinnbringender Ware/DL möglich durch Absprache des UN mit Vielzahl von Akteuren → Investoren, AN, Gewerkschaften, Staat, Lieferanten… − Abstimmung des UN mit anderen Akteuren in 5 Sphären (oder „institutionellen Bereichen“): 1) Unternehmensführung (Corporate governance) 2) Beziehungen zu eigenen Mitarbeitern (manchmal auch „Firmenhierarchien“ genannt) 3) Industrielle Beziehungen (manchmal auch „Beschäftigungsbeziehungen“ genannt) 4) Berufliche Bildung & Ausbildung 5) Zwischenbetriebliche Beziehungen o Beziehungen zu den Akteuren in diesen Bereichen sind problematisch 4 Fünf Sphären in liberalen Marktwirtschaften Klassisches Beispiel: USA 1) Corporate Governance: − Dominiert von außenstehenden Aktionären − Repräsentation der Leistung durch aktuelle Gewinne & Aktienkurse − Kontrolle der Management-Agentur durch den Austritt der Aktionäre 2) Beziehungen zu eigenen Mitarbeitern: − kurzfristige, marktwirtschaftliche Beziehungen zwischen Arbeitnehmern & Arbeitgebern − Einseitige Kontrolle vom Topmanagement über das Unternehmen 3) Industrielle Beziehungen: − Arbeitgeberverbände & Gewerkschaften relativ schwach − dezentralisierte Lohnfestsetzung − unsichere Beschäftigung (hire & fire; fluide Arbeitsmärkte) 4) Berufliche Bildung: − Berufsausbildung wird auf Markt angeboten − Arbeitskräfte verfügen über hohe allgemeine Qualifikationen 5) Beziehungen zwischen Unternehmen: − Marktbeziehungen, Wettbewerb − Nutzung von formellen Verträgen & Vergabe von Unterverträgen Fünf Sphären in koordinierten Marktwirtschaften Klassisches Beispiel: Deutschland 1) Corporate Governance: − langjähriges, von Banken dominiertes Insidersystem − Überkreuzbeteiligungen in Aufsichtsräten − Kontrolle des Managements durch „Network Reputational Monitoring“. 2) Beziehungen zu eigenen Mitarbeitern: − langfristige, formalisierte Beteiligung der Arbeitnehmer − Entscheidungsfindung im Konsens mit dem Management 3) Industrielle Beziehungen: − Gewerkschaften & Arbeitgeber organisiert − branchenweite Tarifverhandlungen & Lohnfindung → Beschäftigung relativ sicher 4) Berufliche Bildung: − ausgefeilte branchenbezogene Ausbildungsprogramme − Arbeitskräfte verfügen über hohe branchen- und unternehmensspezifische Qualifikationen 5) Beziehungen zwischen Unternehmen: − Entwicklung von Kooperationsnetzwerken − Zusammenarbeit zwischen Unternehmen bei der Verbreitung von Technologie Institutionelle Komplementarität − Institutionen innerhalb der nationalen Wirtschaftssysteme sind keine zufällige Ansammlung − Komplementarität tritt auf, wenn das Vorhandensein einer Institution die Erträge einer anderen Institution erhöht − Dadurch: komparativer Vorteil aus der „Bündelung“ komplementärer Institutionen in verschiedenen Bereichen − Deswegen bilden Länder Cluster um Bündel von komplementären Institutionen − zwei verschiedene Cluster sind LMEs und CMEs 5 Komplementarität in den LMEs Corporate Governance basierend auf kurzfristiger Finanzierung − Untergrabung der Glaubwürdigkeit bei Verpflichtungen zur Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen & AN − Ermöglichung schnellen Ein- & Ausstieg in neue Unternehmen Zwischenbetrieblicher Wettbewerb: − Verstärkung des externen Arbeitsmarktes − Technologietransfer über Markt Nachteilige industrielle Beziehungen: − Verbessert Technologietransfer durch den externen Arbeitsmarkt − Untergräbt unternehmensspezifische Humankapital Allgemeine Ausbildung − Investitionen in übertragbare Qualifikationen ermöglichen externe Arbeitsmobilität − Fehlendes sunk costs training verstärkt den Markt für Unternehmenskontrolle Komplementarität in CMEs Corporate Governance auf der Grundlage langfristiger Finanzierung − Ermöglicht glaubwürdigkeit der Verpflichtungen zur Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen & AN − Erleichtert Zugang zu horizontalen Informationen Zwischenbetrieblicher Wettbewerb: − Verringert die Versuchung, qualifizierte Arbeitskräfte „abzuwerben“ − Festigt langfristige Finanzierung auf der Grundlage von Beziehungen Nachteilige industrielle Beziehungen: − Erhöht Produktivität auf der Grundlage von Qualifikationsinvestitionen − Mitbestimmung führt dazu, dass sich die AN um die Rentabilität kümmern Allgemeine Ausbildung − Hohe Qualifikationen verleihen den Arbeitnehmern Verhandlungsmacht in den Arbeitsbeziehungen − erfordert unternehmensübergreifende Koordination Untersuchungen zeigen, dass die Klassifizierung liberaler Wirtschaften weitgehend zutrifft, während die Einstufung koordinierter Wirtschaften nur in seltenen Fällen mit der Realität übereinstimmt Lösung von Koordinierungsproblemen Unternehmen können Koordinationsprobleme lösen 1. Intern innerhalb des Unternehmens (Hierarchien) 2. Extern (Märkte oder nicht-marktwirtschaftliche Institutionen) − Nationale Institutionen bestimmen, wie Unternehmen diese Koordinationsprobleme lösen Lösung in LMEs: − erleichtert der institutionelle Rahmen die Marktkoordination − Unternehmen lösen Koordinationsprobleme also hauptsächlich durch Hierarchien und Märkte (durch Fremdvergleichsbeziehungen & ein hohes Maß an Wettbewerb Lösung in CMEs: − erleichtert der institutionelle Rahmen die nicht-marktliche Koordinierung − Unternehmen lösen Koordinierungsprobleme also nicht nur durch Hierarchien & Märkte, sondern auch durch nicht-marktliche Institutionen, d.h. durch strategische Interaktion 6 Komparativer institutioneller Vorteil Beide Lösungen für Koordinationsprobleme bilden institutionelle Gleichgewichte, die zu unterschiedlichen Arten von Vorteilen in der Wirtschaftstätigkeit führen: − LMEs: Vorteil aus der Flexibilität dieser Koordinationsvereinbarungen − CMEs: Vorteil aus dem kooperativen Verhalten der Akteure → basierend auf Informationsaustausch, Überwachung & Sanktionierung von Fehlverhalten → Das ist der Grund warum LMEs & CMEs… − sich in den Wirtschaftssektoren unterscheiden (z. B. Biotechnologie vs. Werkzeugmaschinen) − unterschiedliche Unternehmensstrategien anwenden (Preis- vs. Qualitätswettbewerb) − unterschiedliche Innovationsmuster verfolgen (radikale vs. inkrementelle Innovation) Muster der Innovation (Patterns) In LMEs unterstützen Institutionen radikale Innovationen, die auf neuen Produkten und Prozessen basieren − Einfacher Ein- & Ausstieg aus neuen Unternehmen − Einfaches Anheuern & Entlassen von Fachkräften − Kauf von Unternehmen, um Zugang zu Technologien zu erhalten − Investoren unterstützen Risikobereitschaft (Risikokapital) − Mehr hierarchische, zentralisierte Macht in Unternehmen, um unternehmerische Visionen durchzusetzen In CMEs unterstützen Institutionen inkrementelle Innovationen, die auf Verfeinerung bestehender Produkte & Prozesse basieren − Gemeinsame Forschung, Standardsetzung & Technologietransfer zwischen Unternehmen o Kunden und Lieferanten schlagen Verbesserungen vor − Qualifizierte 6 sichere Arbeitskräfte schlagen Verbesserungen vor − Differenzierungsstrategie führt zur Konzentration auf Verbesserungen 3) Beschränkungen des Ansatzes Beschränkungen des VoC-Ansatzes Drei Hauptkritikpunkte sind: 1. Es gibt nicht genügend Kapitalismusvariationen o Unterscheidung zwischen LME & CME erfasst nicht die gesamte Vielfalt der Marktwirtschaften (viele entwickelte & aufstrebende Marktwirtschaften passen in keines der beiden Modelle) 2. Ansatz ignoriert die Unterschiede zwischen den einzelnen Varianten o Zwischen den CMEs & zwischen LMEs 3. Ansatz ist statisch & deterministisch o besagt, dass nur zwei Varianten des Kapitalismus lebensfähig sind o erklärt nicht den Wandel: Können Länder in andere Kategorie wechseln oder idealtypisch werden? o spielt die Rolle von Handlung, Konflikt, Macht und Politik herunter Begrenzung #1 − Hauptkritikpunkt am VoC-Ansatz ist, dass er sich nur auf eine kleine Anzahl von entwickelten Marktwirtschaften konzentriert: Forscher haben untersucht, ob & wie aufstrebende Marktwirtschaften in VoC- Klassifizierungssystem passen 4) Einführung in aufstrebende Marktwirtschaften (Introduction to emerging market economies) Aufstrebende Marktwirtschaften − Volkswirtschaften mit mittlerem oder niedrigem Einkommen & Wachstumspotenzial − Weniger ausgefeilte marktunterstützende Institutionen & weniger Standortvorteile aufgrund von geschaffenen Werten wie Infrastruktur & Humankapital o Auch genannt: Entwicklungsländer; Übergangsländer; Schwellenländer o Beispiele: Mittel- und Osteuropa, einschließlich Russland, Ostasien: Japan (jetzt entwickelt), Hongkong, Südkorea, Singapur, Taiwan, Indonesien, Malaysia, Thailand, China, Indien 7 Anhaltende Peripherien − Einige Länder in Afrika, Lateinamerika und Asien = nach wie vor Entwicklungsländer o Gemessen am Bruttonationaleinkommen (BNE) (engl: GNI gross national income) − BNE = Gesamtbetrag des Geldes, den Menschen & Unternehmen eines Landes verdienen − Zahl umfasst Bruttoinlandsprodukt des Landes sowie Einkünfte, die es aus ausländischen Quellen 5) Ausdehnung des VoC-Ansatzes auf Mittel- und Osteuropa Post-sozialistische Volkswirtschaften in Mittel- und Osteuropa: Charakteristika 1) Anhaltende Bedeutung des Staates 2) Geringe Entwicklung des Aktienmarktes 3) Schwacher inländischer Bankensektor 4) Hoher Anteil an ausländischen Direktinvestitionen o Wenn auch nicht in allen Ländern gleichermaßen Welche Art von Kapitalismus? Klassifizierung nach Nölke & Vliegenthart (2009): − „Abhängige Marktwirtschaften“ DMEs − Hauptmerkmal: Abhängigkeit von Investitionsentscheidungen der MNU − Komparativer Vorteil bei der Montage & Produktion von relativ komplexen, langlebigen Konsumgütern basierend auf: o Qualifizierten, aber billigen Arbeitskräfte o Transfer von technologischen Innovationen innerhalb der MNU o Bereitstellung von Kapital über ausländische Direktinvestitionen − Zentraler Koordinierungsmechanismus: o Hierarchie innerhalb multinationaler Unternehmen − Tschechische Republik, Ungarn, Polen, Slowakische Republik 6) Ausdehnung des VoC-Ansatzes auf Asien Asiatische Marktwirtschaften: Charakteristika 1. Starke Beziehungen zwischen Unternehmen & Staat, Rolle des Staates bei der Steuerung der Entwicklung 2. Aufbau von Beziehungen innerhalb & zwischen Unternehmen, Rolle großer (familiengeführter) Unternehmensgruppen (z. B. keiretsu, chaebol, Netzwerke von Familienunternehmen) 3. Institutionalisiertes Vertrauen ist keine Selbstverständlichkeit o auf persönliche Beziehungen auf individueller Ebene angewiesen 4. asiatischen Volkswirtschaften sehr unterschiedlich & nicht in eine Kategorie eingeteilt werden können Unternehmensgruppen in Japan − Japanische Unternehmen = stark strukturierte & formelle Beziehungen zwischen Firmen innerhalb von Gruppen, die als keiretsu bekannt sind Merkmale der keiretsu: 1) Abwicklung von Transaktionen über Allianzen verbundener Unternehmen → Enstehung einer Organisationsform, die zwischen Hierarchie & Markt angesiedelt ist 2) zwischenbetrieblichen Beziehungen = langfristig + stabil & basieren auf gegenseitigen Verpflichtungen → diese Beziehungen werden durch wechselseitige Beteiligungen & persönliche Beziehungen sowie durch finanzielle & kommerzielle Transaktionen ausgedrückt 3) Bilaterale Beziehungen zwischen UN sind in größere Familie von verbundenen Unternehmen eingebettet → diese Beziehungen sind mit symbolischen Bedeutung ausgestattet, die dazu beiträgt, die Verbindungen auch dann aufrechtzuerhalten, wenn keine formellen Verträge bestehen 8 Welche Art von Kapitalismus? - Klassifizierung von Witt & Redding (2013): Fünf Typen von Wirtschaftssystemen in Asien: 1. (Post-)sozialistisch: China, Vietnam, Laos, Indien 2. Fortschrittliche Stadt: Hongkong, Singapur 3. Aufstrebendes Südostasien: Indonesien, Malaysia, Philippinen, Thailand 4. Fortgeschrittene nordostasiatische Länder: Südkorea, T aiwan 5. Japanisch: Japan Verschiedene Geschäftssysteme in China Verschiedene Formen des Eigentums: 1) Staatliche Unternehmen: meisten staatlichen Unternehmen wurden privatisiert, etwa 100 „Kernunternehmen“ in Branchen wie Öl, Energieerzeugung, Stahl, Aluminium, Automobil, Fluggesellschaften, Telekommunikation, militärische Ausrüstung usw. = übrig geblieben 2) Städtische und dörfliche Unternehmen 3) Unternehmen in ausländischem Besitz, MNUs & Joint Ventures (JVs) o Viele sind im Besitz von „Übersee-Chinesen“ aus Taiwan oder Hongkong, andere von europäischen oder amerikanischen MNUs 4) Inländische Privatunternehmen − Getrennt betrachtet, bilden chinesische Privatunternehmen zusammen mit Indonesien, Malaysia, den Philippinen & Thailand das „aufstrebende südostasiatische“ Wirtschaftssystem Merkmale des Geschäftssystems im chinesischen Privatsektor 1) Große Anzahl von kleinen & mittelständischen Unternehmen 2) Familieneigentum an Unternehmen mit dem Ziel, Familienvermögen aufzubauen 3) Verbundenheit der UN durch familiäre Unternehmensnetzwerke auf interpersoneller Basis (Clans) ander verbunden 4) Kompensation der fehlenden Rechtsstaatlichkeit durcch Persönliche Beziehungen & Familienbande (guanxi) 5) Paternalistischer Managementstil (Entscheidungsfindung von oben nach unten, starke Aufsichtskontrolle, begrenzte Delegation) 6) Schwaches Ausbildungssystem, niedriges Qualifikationsniveau 7) Schwache Arbeitnehmerorganisation (ACFTU) 8) Kurze Betriebszugehörigkeit, Arbeitnehmer wechseln häufig den Arbeitsplatz 9) Große Anteile auf verschiedenen Märkten (z. B. Spielzeug, Krawatten, Feuerzeuge, Schuhe) Praktische Implikationen & Key Takeaways Anwendung von theoretischem Wissen auf praktische Fragen Warum sind die Japaner und die Deutschen so gut im Autobau? Warum ist das Phänomen Silicon Valley in den USA entstanden? Warum ist „hire and fire“ in den USA gängige Praxis, während japanische Arbeitnehmer ihr ganzes Arbeitsleben lang bei ihrem Arbeitgeber bleiben? Warum sind die Arbeitgeber in den USA bestrebt, Gewerkschaften zu vermeiden, während sie in Deutschland von den Arbeitgebern eher akzeptiert werden? Key Takeaways 1) Der VoC-Ansatz ist ein ganzheitlicher Ansatz, um über institutionelle Unterschiede zwischen Ländern nachzudenken. Wir können ihn als Rahmen verwenden, um zu verstehen, warum sich die Managementpraktiken von Land zu Land unterscheiden 2) Der VoC-Ansatz bezieht sich nur auf entwickelte Marktwirtschaften. Schwellenländer funktionieren in vielerlei Hinsicht anders, und es ist wichtig, die Grundlagen ihres wirtschaftlichen Erfolgs zu verstehen 3) Es gibt verschiedene Überlegungen, wie die Volkswirtschaften der MOEs und Asiens als Erweiterung der VoC-Perspektive zu klassifizieren sind o Nölke & Vliegenthart entwickeln eine Kategorie namens DMEs, in der die Koordination durch Hierarchie innerhalb der MNUs im Mittelpunkt steht o Witt & Redding unterscheiden fünf Kategorien von Marktwirtschaften in Asien. 9 V3 Vergleichende Institutionenanalyse: Kulturelle Klassifikationen Gliederung 1) Kulturen als informelle Institutionen 2) Kultur: Definitionen und Merkmale 3) Nationale Kulturklassifikationen: 3.1 Hauptmerkmale der Studie von Hofstede 3.2 Hauptmerkmale der GLOBE-Studie 3.3 Grenzen dieser Rahmenwerke 4) Konzept der kulturellen Distanz 5) Organisationskultur in multinationalen Unternehmen 6) Praktische Implikationen und wichtige Schlussfolgerungen 1) Kulturen als informelle Institutionen Institutionen = Reihe formeller oder informeller Regeln, die von den Akteuren im Allgemeinen befolgt werden − institutionelle Rahmen steuert Verhalten von Individuen & Unternehmen − Funktionen von Institutionen = Verringerung von Unsicherheit, Transaktionskosten, Opportunismus − „Institutionen umfassen regulative, normative und kulturell-kognitive Elemente, die zusammen mit damit verbundenen Aktivitäten und Ressourcen dem sozialen Leben Stabilität und Bedeutung verleihen.“ Scott (2014) 2) Kultur: Definitionen und Merkmale Gesellschaftliche / nationale Kultur − Lebensweise, erlernten Überzeugungen, Werte, Regeln, Normen, Bräuche, Skripte, Traditionen, die einer Gruppe von Menschen gemeinsam sind − gemeinsamen Eigenschaften einer Gruppe, die sie einzigartig machen − Viele Definitionen, z.B. o Lebensweise einer Gruppe von Menschen, die Gesamtheit stereotypen erlernten Verhaltensmuster, durch Sprache & Nachahmung von einer Generation an die nächste weitergegeben werden (Barnouw) o kollektives Phänomen, das von Menschen geteilt wird, die in demselben sozialen Umfeld leben, in dem es gelernt wurde. Es ist kollektive Programmierung des Geistes, die Mitglieder einer Gruppe oder Kategorie von Menschen von einer anderen unterscheidet (Hofstede) − Kultur sorgt für Einheitlichkeit & Vorhersehbarkeit von Verhaltensweisen Korrelationen von Kulturen → Sprache & Religion Sprache: − Ist „ein systematisches Mittel zur Kommunikation von Ideen oder Gefühlen durch die Verwendung von Zeichen, Gesten, Markierungen oder besonders artikulierten Stimmlauten“. − Wird in der Interaktion mit anderen verwendet − Bestimmt, wie Werte & Normen ausgedrückt und kommuniziert werden. − Trägt zur Aufrechterhaltung der Kultur bei Religion: − Enthält wichtige Werte & Normen, die sich in den Verhaltensweisen & Traditionen der Anhänger widerspiegeln − Grundlage für die soziale Identität − Beeinflusst nicht nur die Anhänger, sondern erstreckt sich auch auf den säkularen Teil der Bevölkerung, wenn auch in geringerem Ausmaß − Trägt auch zur Aufrechterhaltung der Kultur bei 3) Nationale Kulturklassifikationen: 3.1 Hauptmerkmale der Studie von Hofstede Hofstedes Studie & seine Kulturdimensionen Vereinfachter Rahmen für die nationale Kultur → Länderindizes für diese Dimensionen Sechs Dimensionen: 1. Machtdistanz 5. Kurzfristige - langfristige Orientierung 2. Unsicherheitsvermeidung (hinzugefügt 1987) 3. Individualismus - Kollektivismus 6. Nachsicht - Zurückhaltung (hinzugefügt 2010) 4. Maskulinität - Femininität 10 Machtdistanz − Ausmaß, in dem weniger mächtige Mitglieder innerhalb eines Landes erwarten & akzeptieren, dass die Macht ungleich verteilt ist In Organisationen kann eine hohe Machtdistanz verbunden sein mit: − Mehr Zentralisierung − Weniger Feedback & Beteiligung der − Großen organisatorischen Pyramiden Untergebenen − Mehr Aufsichtspersonal − Interaktionen zwischen Mitgliedern der − Große Lohnunterschiede verschiedenen Hierarchieebenen sind eher − Angestelltenjobs werden mehr geschätzt als formal Arbeiterjobs Unsicherheitsvermeidung − Ausmaß, in dem Mitglieder in verschiedenen Kulturen Unsicherheit tolerieren In Organisationen kann eine hohe Unsicherheitsvermeidung verbunden sein mit: o Stärkere Strukturierung von Aktivitäten o Mehr schriftliche Regeln o Mehr Spezialisten o Mehr Standardisierung o Weniger Risikobereitschaft o Mehr Widerstand gegen Veränderungen o Mehr Arbeitsplatzsicherheit Individualismus - Kollektivismus − Individualismus: Sichtweise, dass Identität eines Individuums im Wesentlichen seine eigene ist − Kollektivismus: Vorstellung, dass Identität eines Individuums in erster Linie auf Identität seiner kollektiven Gruppe beruht In Organisationen kann hoher Kollektivismus verbunden sein mit: o Betrachtung der Organisation als Familie oder Gemeinschaft o Praktiken basierend auf Loyalität, Pflichtgefühl und Gruppenbeteiligung o Unterscheidungen zwischen Mitgliedern der eigenen Gruppe & Mitgliedern der anderen Gruppe − In Organisationen kann ein hoher Individualismus verbunden sein mit. o Unpersönliche Organisationen o Praktiken, die die Eigeninitiative fördern Männlichkeit – Weiblichkeit − Maskulinität = Werte traditionell mit männlichen Rolle assoziiert: o Durchsetzungsvermögen, Entschlossenheit, Aggressivität, Ehrgeiz, Leistung − Weiblichkeit: Werte traditionell mit weiblicher Rolle assoziiert: o Mitgefühl, Fürsorge, Pflege, zwischenmenschliche Harmonie, Lebensqualität In Organisationen kann eine hohe Männlichkeit mit folgenden Eigenschaften verbunden sein: − Aggression & Wettbewerb werden belohnt − Schwerpunkt auf beruflichem Fortkommen & materiellen Belohnungen − Bezahlte Arbeit wird als zentrales Lebensinteresse gewertet − Geschlechterrollen sind klar differenziert, nur wenige Frauen in hochrangigen Positionen Kurzfristige - langfristige Orientierung − Langfristige Orientierung: betont Beharrlichkeit & Ausrichtung auf langfristige Ziele In Organisationen kann die langfristige Orientierung verbunden sein mit: − Langfristige Planung & Investitionen − Geringerer Schwerpunkt auf kurzfristigen Gewinnen Indulgence (Genuss) vs. Restraint (Enthaltsamkeit) − Ausmaß, in dem Gesellschaften starke Normen haben, die die sofortige Befriedigung menschlicher Bedürfnisse regulieren und unterdrücken In Organisationen kann Indulgence (Genuss) verbunden sein mit: − Kurzfristigen Belohnungen − Bedeutung von Freizeit 11 3.2 Hauptmerkmale der GLOBE-Studie The GLOBE Study − Forschungsprogramm „Global Leadership and Organizational Behavior Effectiveness“ − Einsatz quantitativer & qualitativer Methoden zur Untersuchung der Antworten von Managern in Organisation − Entwicklung einer Klassifizierung von Kulturdimensionen → Identifizierung von 9 Kulturdimensionen − Einteilung der Länder in 10 kulturelle Cluster mit unterschiedlichen Ansätzen zur Führung 9 Dimensionen: 1. Unsicherheitsvermeidung 6. Selbstbehauptung 2. Machtdistanz 7. Zukunftsorientiertheit 3. Institutioneller Kollektivismus 8. Leistungsorientiertheit 4. Gruppeninterner Kollektivismus 9. Menschliche Orientierung 5. Geschlechteregalitarismus 1. Unsicherheitsvermeidung − Wie Gesellschaft mit Unsicherheit & Unklarheiten umgeht − Hohe Unsicherheitsvermeidung bedeutet, dass eine Gesellschaft Regeln & Strukturen bevorzugt, um Risiken zu minimieren, während Kulturen mit niedriger Unsicherheitsvermeidung flexibler & offener für Veränderungen sind 2. Machtdistanz − Misst Ausmaß, in dem weniger mächtige Mitglieder einer Gesellschaft Ungleichheiten in Macht & Autorität akzeptieren − In Kulturen mit hoher Machtdistanz gibt es große Unterschiede zwischen den Hierarchieebenen, während in Kulturen mit niedriger Machtdistanz mehr Gleichheit & flachere Hierarchien bevorzugt werden 3. Institutioneller Kollektivismus − Bedeutung des Kollektivismus in Institutionen und Organisationen − In Kulturen mit hohem institutionellen Kollektivismus werden gemeinschaftliche Ziele & Zusammenarbeit innerhalb von Organisationen und Institutionen stark betont 4. Gruppeninterner Kollektivismus − Misst, wie stark Zusammenhalt & Loyalität innerhalb kleiner Gruppen wie Familie ausgeprägt sind − Hoher gruppeninterner Kollektivismus bedeutet, dass Gesellschaft Fokus auf familiären & sozialen Zusammenhalt legt 5. Geschlechteregalitarismus − Ausmaß, in dem in einer Gesellschaft Geschlechterrollen gleichberechtigt sind − Hoher Geschlechteregalitarismus bedeutet, dass Männer & Frauen gleichermaßen Rechte, Chancen & Verantwortung genießen 6. Selbstbehauptung − Misst, wie stark eine Gesellschaft durchsetzungsfähig & wettbewerbsorientiert ist − Kulturen mit hoher Selbstbehauptung legen großen Wert auf Wettbewerb, Selbstvertrauen & die Verwirklichung individueller Ziele 7. Zukunftsorientiertheit − Wie stark eine Gesellschaft langfristige Planungen & Zukunftsinvestitionen fördert − Hohe Zukunftsorientierung bedeutet, dass langfristige Visionen, Planung & Sparsamkeit wichtig sind 8. Leistungsorientiertheit − Misst, wie sehr eine Gesellschaft Leistung & Erfolg schätzt − In Kulturen mit hoher Leistungsorientierung = starke Betonung der individuellen Leistung & Fähigkeit, Ziele 9. Menschliche Orientierung − Wie eine Gesellschaft Mitgefühl, Fürsorglichkeit & Wohlwollen gegenüber anderen fördert − Kulturen mit hoher menschlicher Orientierung schätzen Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft & Unterstützung von anderen 12 3.3 Beschränkung der Studie − Tendenz, Kulturen mit Ländern gleichzusetzen o aber dieselbe kulturelle Gruppe kann sich über viele Nationen erstrecken, so dass es weniger kulturelle Cluster als Nationen gibt − Innerhalb nationaler Grenzen können mehrere Kulturen − Kulturdimensionen = wissenschaftlich verfeinerte, „ausgefeilte“ Stereotypen o Reihe von vereinfachenden Verallgemeinerungen über eine Gruppe sind oft ungenau insbesondere in Bezug auf Einzelpersonen o Sie sind nicht geeignet, um die persönlichen Werte des Einzelnen zu verstehen − wichtigsten Daten von Hofstede wurden Ende der 1960er Jahre in einem einzigen Unternehmen (IBM) erhoben: Sind sie wirklich repräsentativ? Sind kulturelle Veränderungen eingetreten, die sich nicht in Hofstedes Indizes widerspiegeln? Aktuelle Forschung zur Kultur − Aktuelle Kulturforschung: Hofstede & GLOBE: Konzentration auf Werte & Annahme, dass im Land ein breiter Konsens über diese Werte besteht − Kritik: Individuen handeln ständig entgegen ihren Werten; einige Länder tolerieren von sozialen Normen abweichendes Verhalten mehr als andere − Forscher sehen Kultur eher als Werkzeugkasten (Sammlung von Geschichten, Rahmen, Kategorien, Ritualen & Praktiken, auf die die Akteure zurückgreifen, um Bedeutung zu schaffen & zu handeln, & weniger als Werte (was wir bevorzugen, schätzen oder wünschen) (Giorgi et al. 2015) 4) Konzept der kulturellen Distanz Konzept der kulturellen Distanz − In internationaler Managementforschung wird Distanz zwischen Ländern sowohl als institutionelle Distanz als auch als kulturelle Distanz gemessen − Datenbanken von Hofstede & Globe liefern Länderwerte für eine Reihe von kulturellen Dimensionen & können zur Berechnung der kulturellen Distanz verwendet werden. Kulturelle Distanz: Ausmaß, in dem sich eine Kultur von einer anderen unterscheidet − Sowohl Konstrukt der kulturellen Distanz als auch seine Operationalisierung werden jedoch ständig diskutiert Anwendung & Kritik des Konzepts der kulturellen Distanz-Konzeptes − großer Teil der Forschung untersucht Auswirkungen der kulturellen Distanz auf organisatorische Entscheidungen & Ergebnisse − Idee: Je größer Abstand zwischen den Ländern ist, desto größer ist Fremdheit für ein MNU − Haftung der Ausländerschaft: MNU ist in Gastwirtschaft mit Nachteilen konfrontiert, weil es ausländisch ist − Derselbe Gedanke wird in Bezug auf Entfernung zwischen formellen Institutionen verwendet Kritikpunkte: − Konzentration auf Distanz führt zu einer „thin“ Betrachtung von Institutionen − Formelle & informelle Institutionen haben komplexere Auswirkungen, als nur ein negativer Faktor zu sein, wenn sie von Land zu Land unterschiedlich sind − Sie stellen nicht nur Einschränkungen, sondern auch Anreize für das Verhalten der Wirtschaftsakteure dar 5) Organisationskultur in multinationalen Unternehmen Organisatorische Kultur − Viele Definitionen, die nicht mit denen der nationalen Kultur gleichzusetzen sind Verschiedene Definitionen: − Muster grundlegender Annahmen, die eine bestimmte Gruppe erfunden, entdeckt oder entwickelt hat, um mit ihren Problemen der externen Anpassung und internen Integration fertig zu werden, und die gut genug funktioniert haben, um als gültig angesehen zu werden und daher neuen Mitgliedern als die richtige Art und Weise, diese Probleme wahrzunehmen, zu denken und zu fühlen, vermittelt zu werden. − Die Art und Weise, wie wir die Dinge hier tun 13 Nationale Kultur Organisatorische Kultur Gemeinsame Bedeutungen Gemeinsame Verhaltensweisen Unbedingte Beziehung Bedingte Beziehung hineingeboren In sie hinein sozialisiert Völlig involviert Teilweise involviert Organisationstyp in Japan & USA Der US-amerikanische Organisationstyp (Typ A) Der japanische Organisationstyp (Typ J) Kurzfristige Beschäftigung Lebenslange Beschäftigung Häufige Leistungsbewertung und schnelle Beförderung Seltene Leistungsbewertung und langsame Beförderung Spezialisierte Karrierewege, Professionalismus Breite Karrierewege, „wandering around“ Explizite Kontrollmechanismen Implizite Kontrollmechanismen Individuelle Entscheidungsfindung und Verantwortung Kollektive Entscheidungsfindung und Verantwortung Segmentierte Mitarbeiterorientierung Ganzheitliche Mitarbeiterorientierung Key Takeaways 1. Mehrere Systeme zur Klassifizierung nationaler Kulturen (Hofstede & Globe-Studie) 2. ermöglichen es uns, eine breite Palette von Unterschieden in den sozialen Merkmalen der Länder zu erklären 3. systematische Definition kultureller Variationen liefert uns eine grobe Annäherung (eine erste Vermutung) darüber, wie sich eine kulturelle Gruppe (aber nicht ein Individuum) verhalten wird 4. Der am weitesten verbreitete, aber auch am meisten kritisierte Rahmen ist der von Hofstede erstellte 5. Das Clustering von Kulturen ermöglicht einen Vergleich von Kulturen auf der Grundlage ihrer relativen Ähnlichkeit 6. Die Messung des Unterschieds oder der „Distanz“ zwischen nationalen Kulturen ist ein komplexes Unterfangen, und die Nützlichkeit von Messinstrumenten ist an dieser Stelle begrenzt; dennoch ist es wichtig zu verstehen, wie unterschiedlich die Kulturen sind, da dies die Haftung für Fremdheit und die Art und Weise, wie Unternehmen die Herausforderung angehen, beeinflussen kann 7. Organisationskulturen und nationale Kulturen können sich deutlich unterscheiden V4 Arbeitsbeziehungen in Deutschland Gliederung 1) Institutionen in den Arbeitsbeziehungen 2) Arbeitsbeziehungen in Deutschland: Ist Deutschland ein typischer Mittelstand? Entsprechen die Arbeitsbeziehungen in Deutschland dem VoC-Modell? 3) Akteure: 3.1 Gewerkschaften 3.2 Betriebsräte 3.3 Arbeitgeberverbände 3.4 Staat 4) Prozesse: 4.1 Tarifverhandlungen 4.2 Arbeitskonflikte 4.3 Mitbestimmung (Corporate Governance) 4.4 Arbeitskampf & Streitschlichtung; dreiseitige Zusammenarbeit einschließlich Berufsbildung Populäre Ansichten über deutsche Arbeitsbeziehungen − Gewerkschaften & Arbeitgeberverbände = stark & regeln Arbeitsbedingungen umfassend − Betriebsräte & Arbeitnehmervertreter in Aufsichtsräten schränken Vormachtstellung der Manager ein − kooperative System der Arbeitsbeziehungen führt zu Arbeitsfrieden − Berufsbildungssystem = gut mit allgemeinen System der Arbeitsbeziehungen verknüpft → AN = gute Zwischenqualifikation − System der Arbeitsbeziehungen = stabil & wenige Veränderungen 14 1) Institutionen der Arbeitsbeziehungen Untersuchung der Arbeitsbeziehungen konzentriert sich auf: − Kollektive Akteure (Organisationen) 1) Arbeitgeberverbände 3) Betriebsräte 2) Gewerkschaften 4) Staat − Institutionalisierte Prozesse: 1) Tarifverhandlungen 4) Mitbestimmung & andere 2) Streiks und Aussperrungen Arbeitnehmerbeteiligungsverfahren 3) Streitbeilegungsverfahren 5) berufliche Aus- & Weiterbildung − Arbeitsrecht → Weiterer Schwerpunkt = historische Entwicklung dieser Institutionen & Akteure → Warum unterschiedliche Entwicklung in einzelnen Ländern Entsprechen die Arbeitsverhältnisse in Deutschland dem VoC-Modell? 5 Sphären in CMEs: 1) Corporate Governance: o Langfristige, von Banken dominierte Insider-Systeme o Cross-Directorships o Cross-Shareholding o Management-Agentur, kontrolliert durch „Network Reputational Monitoring” 2) Arbeitnehmerbeziehungen o langfristige, formalisierte Beteiligung der Arbeitnehmer o Entscheidungsfindung im Konsens mit dem Management 3) Industrielle Beziehungen: o Gewerkschaften & Arbeitgeber organisiert o branchenweite Tarifverhandlungen & Lohnfindung o Beschäftigung relativ sicher 4) Berufliche Aus- & Weiterbildung: o ausgefeilte branchenbezogene Ausbildungsprogramme o Arbeitskräfte → hohe branchen- & unternehmensspezifische Qualifikationen 5) Zwischenbetriebliche Beziehungen: o Entwicklung von Kooperationsnetzwerken o Zusammenarbeit zwischen Unternehmen bei der Verbreitung von Technologien 3.1) Akteure: Gewerkschaften Struktur der Union - historische Entwicklung − Vor 1933: Gewerkschaften nach politischen, weltanschaulichen & religiösen Zugehörigkeiten sowie nach Status organisiert (Berufs- und Handwerksgewerkschaften, Arbeiter- und Angestelltengewerkschaften) − 1933-1945: Abschaffung Gewerkschaften → ersetzt durch nationalsozialistische Organisation DAF − Nach 1945: o Westdeutschland: Wiedergründung Gewerkschaften als Industriegewerkschaften → ohne politische, weltanschauliche oder religiöse Bindung o Ostdeutschland: kommunistischen Gewerkschaften „Transmissionsriemen“ der kommunistischen Partei SED − 1990: ostdeutschen Gewerkschaften = aufgelöst → Anschließung an westliche Gewerkschaften 15 Neuere Entwicklungen in Gewerkschaftenstruktur − Zwei Prinzipien der Gewerkschaftsstruktur in Westdeutschland nach 1945: 1) Industriegewerkschaft 2) Einheitsgewerkschaft − Geführt durch dominierenden Spitzenverband, der DGB − Reihe von Fusionen in 1990er Jahren → Reduktion Gewerkschaften im DGB auf 8 „Mehrbranchen-“ oder „allgemeine“ Gewerkschaften − Aufkommen von Berufsverbänden: hoch organisierte Gruppen von Facharbeitern schließen separate Tarifverträge ab − Ungleiche Verteilung der Mitglieder − Sinkende Mitgliederzahlen 3.2) Akteure: Betriebsräte − Repräsentiert alle AN eines Unternehmens − Von AN alle 4 Jahre gewählt − Können Mitglieder des Betriebsrats von Arbeit freigestellt werden, um nur Betriebsratstätigkeit zu machen − Betriebsratsmitglieder und -kandidaten genießen einen besonderen Kündigungsschutz − meisten Betriebsratsmitglieder sind gewerkschaftlich aktiv 3.3) Akteure: Arbeitgeberverbände − Ähnlich wie Gewerkschaften wurden Arbeitgeberverbände auch aufgelöst (1933) − nach 1945 in Westdeutschland wiedergegründet − 1990 dehnten sich westdeutschen Arbeitgeberverbände auf Ostdeutschland aus Arbeitgeber - Organisation − Zwei Stränge der Arbeitgebervertretung: 1) allgemeine Wirtschafts- und Produktmarktinteressen, Lobbying: Wirtschaftsverbände mit Spitzenverband BDI 2) Sozialpolitik, Arbeitsbeziehungen, Tarifverhandlungen: Arbeitgeberverbände mit Spitzenverband BDA − Regionale und sektorale Differenzierung − Abnehmende Organisationsdichte: Verlust des Zusammenhalts der Arbeitgeber 3.4) Akteure: Staat = größte Arbeitgeber − Schafft rechtlichen Rahmen für die Arbeitsbeziehungen − Betriebsverfassungsgesetz regelt Zusammenwirken von Arbeitgeber & Betriebsrat auf betrieblicher Ebene − Mitbestimmungsgesetze regeln Zusammenwirken von Arbeitgeber- & Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat des UNs (Mitbestimmungsgesetze) − Tarifvertragsgesetz regelt Tarifverhandlungen (Tarifvertragsgesetz) − Grundgesetz garantiert Recht auf Koalitionsfreiheit (Grundgesetz) Beschäftigungsverhältnisse im öffentlichen Sektor - kein vorbildlicher Arbeitgeber mehr? − Abbau von Arbeitsplätzen − Privatisierung (Post, Bahn, öffentlicher Nahverkehr, Krankenhäuser…) − Dezentralisierung der Tarifverhandlungen − Differenzierung der Arbeitsbedingungen für Beamte & Angestellte im öffentlichen Dienst 16 4) Prozesse Was die Akteure der Arbeitsbeziehungen tun Vorstellung von Arbeitgebern & Gewerkschaften als „Sozialpartner“, die sich engagieren: 1) Tarifvertragsverhandlungen ▪ Verhandlungen über einen neuen Vertrag, Überwachung der Umsetzung von Vereinbarungen 2) Arbeitskonflikte ▪ Arbeitskampfmaßnahmen bei Streitigkeiten über neue & laufende Vereinbarungen ▪ Streitbeilegung 3) Mitbestimmung ▪ Betriebsräte ▪ Aufsichtsräte 4) Dreigliedrige Zusammenarbeit ▪ Governance öffentlicher Einrichtungen ▪ Berufsbildung und Ausbildung Hinweis: Die Arbeitnehmer haben bei diesen Prozessen eine „Stimme“ 4.1) Prozesse – Tarifverhandlungen − Hauptsächlich sektorale (branchenweite), regionale CB − Mäßiger Grad an Zentralisierung & Koordination − Vereinbarung kann als allgemeinverbindlich für alle Unternehmen & ihre Beschäftigten im Geltungsbereich der Vereinbarung erklärt werden (Allgemeinverbindlichkeitserklärung) 4.2) Arbeitskonflikte Arbeitskonflikte: − Interessenkonflikte: Konflikte entstehen bei Tarifverhandlungen über eine neue Forderung oder Anspruch − Rechtsstreitigkeiten: Konflikte über die Auslegung einer bestehenden Vereinbarung, Uneinigkeit darüber, ob Rechte verletzt wurden − Wenn Streitigkeiten nicht beigelegt werden können, setzen Gewerkschaften & Arbeitgeber → Einsatz von Druckmittel, um Partei zur Zustimmung zu zwingen: o Arbeitskampfmaßnahmen, einschließlich Streiks & Aussperrungen o Streik: „vorübergehende Arbeitsniederlegung durch Gruppe von AN, um Forderung durchzusetzen“ o Aussperrung: vom AG veranlasste Arbeitsniederlegung während ausweglosen Verhandlungssituation ▪ Arbeitgeber schließen vorübergehend Arbeitsplatz, ohne Beschäftigten zu bezahlen → Druck: Verhandlungsforderung durchzusetzen oder sich ihr zu widersetzen oder um eine Beschwerde gegen ihre Beschäftigten vorzubringen Lösung von Konflikten − Mechanismen zur Beilegung von Arbeitskonflikten → entweder freiwillig oder zwangsweise vom Staat oder den Sozialpartnern − Formen der Streitbeilegung: 1) Schiedsverfahren - dritte Partei trifft verbindliche Entscheidung über Frage, über die sich Parteien nicht einigen können 2) Mediation - dritte Partei übernimmt aktive Rolle (stärker als bei der Schlichtung) & in der Regel Empfehlungen für die Beilegung der Streitigkeit ausspricht 3) Schlichtung - bei der Dritter lediglich versucht, die Streitparteien zusammenzubringen & ihnen hilft, eine für beide Seiten akzeptable Lösung zu finden 4.3 Mitbestimmung Warum Mitbestimmung? Ziele der Mitbestimmung: 1) Gleichheit von Kapital und Arbeit 2) Demokratie in der Wirtschaft 3) Soziale Entwicklung 4) Kontrolle der wirtschaftlichen Macht 17 Mitbestimmung - Betriebsräte − Gegenseitiges Vertrauen & Zusammenarbeit zwischen Management & Betriebsrat − Betriebsräte & Gewerkschaften sind voneinander abhängig − Aushandlung von Betriebsvereinbarungen − Rechte: Informieren, Zuhören, Anhören, Veto, echte Mitbestimmung − 3 Themenkomplexe: 1) Wirtschaftliche & finanzielle Angelegenheiten 2) Personalangelegenheiten 3) Soziale Angelegenheiten Rechte (von schwach bis stark) sortiert 1) Recht auf Information 2) Recht auf Akteneinsicht 3) Recht auf Überwachung 4) Recht, Empfehlungen und Ratschläge zu geben 5) Recht, konsultiert zu werden und Einspruch zu erheben Recht, gegen eine Entscheidung ein Veto einzulegen 6) Recht auf Initiierung & Verhandlung von Angelegenheiten mit echter Mitbestimmung zwischen dem Arbeitgeber und dem ÖR Mitbestimmung - Aufsichtsräte Zweistufige Unternehmensorgane mit getrennten Kontroll- & Leitungsfunktionen: − Vorstand → Strategiefestlegung → Führung Tagesgeschäft − Aufsichtsrat → Überwachung Entscheidungen & gibt strategischen Input o gewählt von Aktionären & AN o treffen sich 4 mal im Jahr − Wichtige Entscheidungen brauchen formelle Zustimmung des Aufsichtsrats Arbeitnehmervertretung im Aufsichtsrat: - 1/3 in kleinen Unternehmen - 1/2 in großen Unternehmen (aber mit Endstimme des Vorsitzenden) Arbeitnehmervertreter meist an Ernennung des Arbeitsdirektors (Personaldirektors) im Vorstand beteiligt Corporate Governance und Arbeitnehmervertretung Zusammensetzung Aufsichtsrates in großen Unternehmen Steuerung öffentlicher Einrichtungen − Arbeitsgerichte − Sozialversicherungsträger o Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung − Bundesagentur für Arbeit − Handels- und Handwerkskammer − Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten − Bundesinstitut für Berufsbildung 18 Berufliche Bildung & Ausbildung Bildung & Ausbildung besteht aus: 1. Allgemeine Bildung 2. Berufliche Bildung & Ausbildung (Vocational education & training ) = VET Berufsbildung (VET) in Deutschland − allgemeinbildenden Weg oder Berufsausbildung (auch duale Ausbildung) − Lehrlingsausbildung: System = dual, weil Ausbildung an zwei Lernorten: Betrieb & Berufsschule − Gewerkschaften, Arbeitgeber & der Staat entwickeln Berufsbilder & Ausbildungsprogramme o überwachen deren Umsetzung − Berufsbildungssystem versorgt Arbeitsmarkt mit Arbeitskräften mit mittleren Qualifikationen = verknüpft mit Vergütungssystemen, Karrierewegen & Arbeitsorganisation/Produktionssystem verknüpft − Jüngste Veränderungen: o Modernisierung der Berufsbilder o Schaffung neuer Dienstleistungsberufe o engere Verknüpfung von beruflicher & allgemeiner Bildung o Abgrenzung von Weiterbildungswegen, die zu mittleren Führungspositionen führen (Perspektiven für die berufliche Entwicklung) − Probleme: Konkurrenz durch tertiäre Bildung, zunehmende Ausbildungszurückhaltung der Unternehmen, zunehmende Einkommensdifferenzierung untergräbt die Attraktivität der Berufsbildung der Berufsbildung Key Takeaways Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland entsprechen CME-Klassifizierung: − Vorherrschende nicht-marktliche Koordinierung zwischen ER-Akteuren: o Gewerkschaften = einflussreich in Wirtschaft & Gesellschaft (trotz sinkender Dichte), breite Rolle o Arbeitgeber in Verbänden organisiert o Mäßig zentralisierte Tarifverhandlungen, sektor- & regionenübergreifende Koordination o Formalisierte Mitsprache der AN bei der Entscheidungsfindung in Unternehmen (Betriebsräte, AN- Vertreter in Aufsichtsräten) o Beziehungen zwischen Gewerkschaften/Betriebsräten & Arbeitgebern/Verbänden = einvernehmlich Aber nicht ganz: − Zunehmend marktwirtschaftliche Beziehungen in vielen Bereichen der deutschen Wirtschaft − Ruf des deutschen Systems der Arbeitsbeziehungen, bemerkenswert stabil zu sein, ist nicht mehr haltbar − Erosion des deutschen Modells − Zunehmende Unterschiede in der Praxis der Arbeitsbeziehungen − Mehr Flexibilität & Dezentralisierung, aber keine Deregulierung V5) Arbeitsbeziehung in den USA Gliederung der Vorlesung 1. Institutionelle Klassifizierung 2. Historische Entwicklung 3. Akteure: Arbeitgeber & Gewerkschaften 4. /Tarifverhandlungen 5. Mitsprache der Arbeitnehmer 6. Arbeitskonflikte 7. Berufliche Bildung und Ausbildung 8. Ergebnisse der Arbeitsbeziehungen: Ungleichheit als wachsendes Problem 9. Deutsche multinationale Unternehmen in den USA 10. KeyTakeaways 19 1. Institutionelle Klassifizierung Entsprechen die Arbeitsverhältnisse in den USA dem LME-Modell? 5 Sphären in LMEs: 1. Corporate Governance: a. dominiert von außenstehenden Aktionären b. Leistung durch aktuelle Gewinne & Aktienkurse dargestellt c. Management-Agentur kontrolliert durch Exit der Aktionäre 2. Arbeitnehmerbeziehungen: a. kurzfristige, marktwirtschaftliche Beziehungen zwischen AN & AG b. Top-Management hat = einseitige Kontrolle über UN 3. Arbeitsbeziehungen: a. Arbeitgeberverbände & Gewerkschaften relativ schwach b. dezentralisierte Lohnfestsetzung c. unsichere Beschäftigung (hire & fire; fluide Arbeitsmärkte) 4. Berufliche Bildung: a. berufliche Bildung wird auf Markt angeboten b. Arbeitskräfte verfügen über hohe allgemeine Qualifikationen 5. Beziehungen zwischen den Unternehmen: a. Marktbeziehungen, Wettbewerb b. Nutzung von formellen Verträgen & Unterauftragsverhältnissen 2. Historische Entwicklung Historische Entwicklung 19. Jahrhundert Anfang/Mitte des 19. Jahrhunderts: Handwerksgewerkschaften o z. B. Schuhmacher, Drucker, Tischler, Schneider, Klempner, Eisengießer, Maschinisten (Facharbeiter) 1886: GründungSpitzenverband American Federation of Labor (AFL) „Business Unionism“: o Konzentration auf unmittelbare Verbesserungen der grundlegenden Beschäftigungsbedingungen; o Akzeptanz den Kapitalismus o Ziel: durch Tarifverhandlungen größeren Gewinnanteil für die AN zu erreichen Arbeitsvorschriften & handwerkliche Kontrolle: Arbeitsaufgaben, Arbeitszuteilungsverfahren, Arbeitsstandards Historische Entwicklung Anfang des 20. Jahrhunderts Rasche wirtschaftliche Entwicklung im späten 19. Jahrhundert Anfang des 20. Jahrhunderts: Großunternehmen; Wissenschaftliches Management / Taylorismus / Fordismus Große Ungleichheit, stagnierende Löhne, gefährliche Arbeitsbedingungen Kurze Phase revolutionärer Gewerkschaften, Industrial Workers of the World IWW o Gedanke: Bildung einer einzigen große Gewerkschaft (alle Arbeiter, qualifizierte & ungelernte) Ziel: Klassenkampf mit Kapitalisten führen größte Aktivität 1905-1925 Große Streiks im Industriesektor Ende des 19. / Anfang des 20. Viele Konflikte & Gewalt Homestead-Stahlstreik, Pullman-Streik, Colorado-Kohlestreik Starker Widerstand der Arbeitgeber gegen Gewerkschaftsaktionen Betriebsgewerkschaften Yellow-Dog-Verträge private Milizen, Spione und Streikbrecher (Pinkerton) Häufiger Einsatz staatlicher Gewalt bei Konflikten 20 1930s: Große Depression, der „New Deal“ & der Wagner Act Stillstand Expansion der US-Wirtschaft Ende der 1920er Jahre Große Depression (Börsenkrach 1929, bis 1933 war das BIP um 29 % gesunken, Arbeitslosigkeit betrug 25 %) Präsident Roosevelt wurde 1932 für soziale & wirtschaftliche Reformen gewählt New Deal-Abkommen – viele Kompromissen Mindestlöhne, Überstundenzuschläge, Arbeitslosenversicherung, Sozialversicherung & Wagner Act Nationale Arbeitsbeziehungsgesetz (NLRA) von 1935 (Wagner-Gesetz) 1. Recht auf Organisierung 2. Recht auf Tarifverhandlungen 3. Recht auf Arbeitskampfmaßnahmen 4. Anerkennung von Gewerkschaften 5. Ausschließliche Zuständigkeit 6. Verpflichtung der AG zu Verhandlungen nach Treu & Glauben → unfaire Arbeitspraktiken = illegal 7. National Labour Relations Board (NLRB) - führt Gewerkschaftswahlen durch; entscheidet über unfaire Arbeitspraktiken 1935-1946: Gewerkschaftsbildung im Industriesektor Massive Zunahme der gewerkschaftlichen Organisierung & Tarifverhandlungen Gründung von Industriegewerkschaften für ungelernte & angelernte Fabrikarbeiter, o z. B. in der Automobil-, Stahl- und Gummiindustrie (United Automobile Workers, United Mine Workers, United Steel Workers) Ihr Spitzenverband: Kongress der Industriegewerkschaften (CIO) Viele Konflikte & Erfolge für die Gewerkschaften Große Streikwelle 1945-46 Nachkriegs-Gesetzgebung Änderung des NLRA: Taft Hartley Act (1947) Beschränkungen für Gewerkschaftsaktionen (bsp. Verbot von Sekundärboykotten) Erweiterte Rechte des Einzelnen, z. B. einer Gewerkschaft nicht beizutreten o Dezertifizierungsverfahren Rechte der AG, z.B. Recht, ihre Ansichten über die gewerkschaftliche Organisierung zu äußern Überarbeitete Streitbeilegungsverfahren: o Federal Conciliation & Mediation Service (Bundesschlichtungs- und Vermittlungsstelle) o Festlegung einer Bestimmung für eine präsidiale Verfügung, die Rückkehr zur Arbeit anordnet, wenn Streik nationales Wohl gefährdet Änderung des NLRA: Landrum-Griffin Act (1959) Besorgnis über Korruption in den Gewerkschaften Vorschriften über interne Gewerkschaftsdemokratie und finanzielle Transparenz Strukturmuster der Arbeitsbeziehungen in der Nachkriegszeit Gewerkschaften wuchsen weiter, vor allem in der Arbeiterindustrie Zusammenschluss von AFL & CIO im Jahr 1955 Weitere Entwicklung des Tarifverhandlungssystems o z.B. Vereinbarung zwischen General Motors & United Auto Workers im Jahr 1948 war richtungsweisend für Nachkriegsverhandlungen im Gewerkschaftssektor: Nachkriegsverhandlungen: o COLA-Klauseln (Lebenshaltungskostenanpassung); Beschwerdeverfahren; Lohnzusatzleistungen o Gewerkschaftsladen & Beitragskontrolle o Musterverhandlungen; branchenweite Vereinbarungen o erhebliches Lohngefälle zwischen den Gewerkschaften o Unternehmensgewerkschaft“ anstelle von politischer Gewerkschaftsarbeit Allgemeiner Wohlstand & ständig steigender Lebensstandard bei gleichzeitigem Arbeitsfrieden 21 Stabilisierung und Niedergang 1960er-1980er Jahre Gesetzgebung, die Beamte ab den 1960er Jahren Recht auf Tarifverhandlungen einräumt - verschiedene Bundes- & Landesgesetze Anstieg des gewerkschaftlichen Organisationsgrads im öffentlichen Sektor von 10 % im Jahr 1960 auf heute fast 40 % Rückgang der gewerkschaftlichen Organisierung im verarbeitenden Gewerbe Reagan-Ära der 1980er Jahre hatte nachteilige Folgen für die Gewerkschaften o Wiederkehr eines eher feindseligen IR-Klimas 1980er Jahre bis heute Arbeitsbeziehungen → stärkere Dezentralisierung Entwicklung großer Vielfalt an Beschäftigungspraktiken o Argument: In LMEs sind die Märkte der wichtigste Koordinationsmechanismus. Daher haben die Arbeitgeber mehr Wahlmöglichkeiten bei ihren Beschäftigungspraktiken als in den KMB, wo die Akteure der Beschäftigungsbeziehungen stärker koordiniert werden. Gesundheitsfürsorge & Altersversorgung = wichtigen Kostenfaktor für AG geworden & haben zu großen Spannungen bei Tarifverhandlungen geführt zunehmende globale Wettbewerb verstärkt Kostendruck auf UN & Widerstand des Managements gegen Gewerkschaften 3. Akteure: Arbeitgeber & Gewerkschaften Arbeitgeber und ihre Organisationen Arbeitgeberorganisationen = relativ unbedeutend, da es nie nationale Arbeitgeberverbände gab Ziel von einigen: Vermeidung von Gewerkschaften o gewerkschaftsfeindlicher Rechtsstreitigkeiten, Lobbyarbeit & Werbekampagnen Arbeitgeberverbände = eher schwach Unternehmensberater, Anwaltskanzleien = aktive Rolle bei AG-Vertretung Gewerkschaften Struktur: Nationale Gewerkschaften: mächtig & kontrollieren der Streikmittel (das Geld) Örtliche Gewerkschaften: tägliche Arbeit, Tarifverhandlungen & Streiks, Verwaltung von Vereinbarungen, soziale Aktivitäten Sinkende Mitgliederzahlen: Große Unterschiede zwischen den Branchen und Staate Stark gewerkschaftlich organisierte Berufe: o im öffentlichen Sektor: Lehrer, Polizisten, Feuerwehrleute o im privaten Sektor: Versorgungsunternehmen, Transport- & Lagerwesen, Bildungsdienste, Film- & Tonträgerindustrie Besonders niedrig im Finanzsektor, bei den freiberuflichen & technischen Dienstleistungen, Gastronomie, Versicherungssektor Spaltung und Wiedervereinigung der AFL-CIO-Spitze Verband: CTW-Koalition “American Federation of Labor-Congress of Industrial Organizations” (AFL-CIO) = Spitzenverband (Meta- Organisation) 2005 Abspaltung großer nationaler Gewerkschaften, neuer Gewerkschaftsverband entstanden → „Change to Win“ 7 CTW-Gewerkschaften vertraten 6 Millionen AN übrigen AFL-CIO-Gewerkschaften (etwa 50) 9 Millionen AN vertraten. Hauptziel der CTW-Gründung war stärkere Konzentration auf die Organisierungsarbeit Gewerkschaften, die dem CTW beigetreten sind, waren zwar aktiver in der Organisierung, konnten aber ihre Organisierungsrate nach der Gründung des CTW nicht weiter steigern Bis 2015 waren die meisten CTW-Gewerkschaften wieder dem AFL-CIO beigetreten 22 Organisierungsmodell vs. Dienstleistungsmodell Rückgang der Gewerkschaften in den USA o Dramatische Abnahme des Organisationsgrads. o Strukturelle Faktoren spielen eine große Rolle Dienstleistungsmodell (traditionelles Modell) o Mitglieder zahlen Gebühren für Dienstleistungen o Mitglieder nicht aktiv beteiligt o Bürokratische Führung – fördert Niedergang der Gewerkschaften Organisierungsmodell (neuer Ansatz) o Mitglieder als aktive Mitstreiter/Aktivisten o Fokus auf Taktiken, Kampagnen und sozialen Bewegungen o Ziel: Teilzeit- und Dienstleistungsarbeiter organisieren o Beispiel: Kampagne „Justice for Janitors“ Veränderungen durch das Organisierungsmodell o Neue Strukturen und Führungsstile innerhalb der Gewerkschaften o Ressourcen werden anders verteilt 4. Tarifverhandlungen Gewerkschaftliche Zertifizierung & Tarifverhandlungen Kartenprüfung: o Mitarbeiter, die Gewerkschaft unterstützen, unterzeichnen Berechtigungskarten NLRB-Verfahren: o Nationale Arbeitsbehörde (NLRB) legt Verhandlungseinheit fest o Führt geheime Wahl durch o Zertifiziert Gewerkschaft als exklusiven Verhandlungspartner Pflicht zur Verhandlung: o Arbeitgeber und Gewerkschaft müssen in gutem Glauben verhandeln Probleme im Verfahren: o Hindernisse erschweren die gewerkschaftliche Organisierung Employee Free Choice Act: o Gesetzesreform zur Erleichterung der Organisierung wurde diskutiert o Reform wurde letztlich nicht verabschiedet 5. Mitsprache der Arbeitnehmer Fehlende Strukturen: Keine verpflichtenden konsultativen oder partizipativen Strukturen wie Betriebsräte; Entscheidungen oft einseitig durch das Management. Arbeitsrecht: o Prinzip „Employment-at-will“: Keine Pflicht zur Angabe eines Entlassungsgrundes Kein genereller Anspruch auf Kündigungsfristen oder Abfindungen Keine Mitsprache: Mitarbeiter haben keine Beteiligung an der Unternehmensführung Gewerkschaften: Teilweise Einsatz von Pensionsfonds der Gewerkschaften, um Druck auf Unternehmen gegen gewerkschaftsfeindliche Praktiken auszuüben. 23 6. Arbeitskonflikte Arbeitskonflikte in LMEs und CMEs CMEs (Koordinierte Marktwirtschaften): o Kooperative Arbeitsbeziehungen → Erwartung eines geringeren Konfliktniveaus LMEs (Liberale Marktwirtschaften): o Rückgang des gewerkschaftlichen Organisationsgrades & gesetzliche Streikbeschränkungen → Erwartung eines niedrigen Konfliktniveaus Trends: Rückgang der Arbeitskonflikte in vielen Industrieländern. Historisch: Konfliktniveaus in LMEs waren höher als in CMEs. Heute: Ähnlich niedrige Konfliktniveaus in beiden Ländergruppen 7. Berufliche Bildung und Ausbildung Nachkriegszeit: Lehrlingsausbildungssysteme wurden durch Tarifverhandlungen eingeführt, wobei der Staat eine marginale Rolle spielte Rückgang der Tarifabdeckung: Beschleunigte den Rückgang der Lehrlingsausbildung Dezentralisiertes Arbeitsbeziehungssystem: Gewerkschaften & Arbeitgeberverbände = wenig Einfluss auf Berufsausbildungsthemen Lehrstellen: Heute nur noch in wenigen Berufen (hauptsächlich im Baugewerbe) verfügbar Unternehmensbasierte Ausbildung: Unternehmen bieten Ausbildungen in Zusammenarbeit mit Volkshochschulen & anderen Anbietern an, jedoch ohne allgemein anerkannte Standards Berufsausbildung: Findet größtenteils in Schulen statt 8. Ergebnisse der Arbeitsbeziehungen: Einkommensungleichheit Zunehmende Einkommensungleichheit USA: Höchstes Niveau an Einkommensungleichheit unter den reichen Ländern Reiche und Arme: Größere Einkommensunterschiede im Vergleich zu anderen Ländern Messgrößen: Gini-Koeffizient & Verhältnis zwischen 90. und 10. Perzentil Zunehmende Anfälligkeit: Unsichere Beschäftigung, Gefährdung & soziale Risiken (Krankheit, Invalidität, Renten) 9. Deutsche multinationale Unternehmen in den USA Deutsche multinationale Unternehmen: Entwicklung von Produktionssystemen & Arbeitsbeziehungskonzepten angepasst an das deutsche institutionelle Umfeld 10. KeyTakeaways USA & Deutschland entsprechen nicht vollständig der LME / CME Klassifikation Historische Koordination & Konsens in den USA (in den Nachkriegsjahren) Zunehmend marktorientierte Arbeitsbeziehungen in vielen Bereichen der deutschen Wirtschaft. → Arbeitsbeziehungen sowohl in den USA als auch in Deutschland entsprechen nicht vollständig der VoC-Klassifizierung als LME & CME Notwendigkeit einer genaueren Betrachtung: o Veränderungen im Laufe der Zeit. 24 o Unterschiede zwischen Branchen und Unternehmen V6) Arbeitsbeziehungen in Japan Gliederung 1. Institutionelle Einordnung des japanischen Wirtschaftssystems 2. Historische Entwicklung 3. Das Konzept des Unternehmens als Gemeinschaft & lebenslange Beschäftigung 4. Der Begriff der lebenslangen Beschäftigung 5. Arbeitgeber und Gewerkschaften 6. Kollektivverhandlungen 7. Arbeitskonflikte 8. Mitsprache der Arbeitnehmer 9. Bildung von Qualifikationen 10. Corporate Governance 11. KeyTakeaways 1. Institutionelle Einordnung des japanischen Wirtschaftssystems Das japanische Wirtschaftssystem Japan = koordinierte Marktwirtschaft Unterschied zu anderen asiatischen Wirtschaftssystemen Ähnlichkeiten mit Deutschland & Schweden auf Staat war eine starke Rolle bei der Führung der Entwicklung & es gibt große Unternehmensgruppen (keiretsu) Entsprechen die Institutionen in Japan dem VoC-Modell? Die 5 Sphären in CMEs: 1. Corporate Governance: o Langfristige, von Banken dominierte Insider-Systeme; Cross-Directorships; Cross-Shareholding; Management-Agentur, kontrolliert durch 'Network Reputational Monitoring' 2. Arbeitnehmerbeziehungen: o langfristige, formalisierte Beteiligung der Arbeitnehmer; Entscheidungsfindung im Konsens mit dem Management 3. Arbeitsbeziehungen: o Gewerkschaften & Arbeitgeber organisiert; branchenweite Tarifverhandlungen & Lohnfindung; Beschäftigung relativ sicher 4. Berufliche Aus- und Weiterbildung: o ausgefeilte branchenbezogene Ausbildungsprogramme; Arbeitskräfte verfügen über hohe branchen- & unternehmensspezifische Qualifikationen 5. Zwischenbetriebliche Beziehungen: o Entwicklung von Kooperationsnetzwerken; Zusammenarbeit zwischen Unternehmen bei der Verbreitung von Technologien 2. Historische Entwicklung Historische Entwicklung 17. Jahrhundert bis Anfang 20. Jahrhundert Tokugawa-Shogunat = eine feudale Elite, riegelte Japan in den 1630er Jahren ab US Commodore Perry zwang Japan 1853/1854, sich dem Außenhandel zu öffnen Meiji-Restauration 1868: Wiederherstellung der kaiserlichen Herrschaft Unter einer sich modernisierenden Elite erlebte Japan eine Periode schneller Industrialisierung Staat spielte aktive Rolle bei Förderung der Entwicklung Akteure der Expansion: Zaibatsu (große familienkontrollierte Konglomerate) Territoriale Expansion & Militarismus, Zweiter Weltkrieg Historische Entwicklung nach 1945 Besetzung durch die alliierten Mächte unter Führung der USA 1945-1951: Säuberung der Zaibatsu-Familien & Verbot der Holdinggesellschaften Zerschlagung der Gruppen in autonome Unternehmen Aktien wurden an die Öffentlichkeit verkauft, aber meist verkauften Einzelpersonen ihre Anteile, so dass die Banken große Anteile anhäuften Vereinigungsfreiheit wurde nach Zweiten Weltkrieg anerkannt (Gewerkschaftsgesetz von 1949) 25 Arbeiterbewegung wurde sehr schnell wieder aufgebaut →Erstaunliche Explosion des gewerkschaftlichen Organisationsgrades Entstehen der modernen Keiretsu-Gruppen Überkreuzbeteiligungen zwischen den ehemaligen Gruppen Hauptbankverbindung Unternehmensgruppen Japanische Unternehmen = stark strukturierte & formelle Beziehungen zwischen Firmen innerhalb von Gruppen (keiretsu) Merkmale der keiretsu: 1. Geschäfte werden über Allianzen verbundener Unternehmen abgewickelt, wodurch eine Organisationsform entsteht, die zwischen Hierarchie & Markt angesiedelt ist 2. Zwischenbetrieblichen Beziehungen sind langfristig & stabil, basieren auf gegenseitigen Verpflichtungen 3. Zwischenbetrieblichen Beziehungen werden durch wechselseitige Beteiligungen & persönliche Beziehungen sowie durch finanzielle & kommerzielle Transaktionen ausgedrückt 4. Bilaterale Beziehungen zwischen Unternehmen sind in eine größere Familie von verbundenen Unternehmen eingebettet → trägt dazu bei Verbindungen auch dann aufrechtzuerhalten, wenn keine formellen Verträge bestehen Historische Entwicklung 1950-60er Jahre Dramatisches Wirtschaftswachstum in der Nachkriegszeit („Wirtschaftswunder“) Klassisches exportorientiertes Industrialisierungsmuster o begann mit billigen Arbeitskräften - Textilien und Schuhe o Übergang zur Montage von Unterhaltungselektronik o Angesichts des zunehmenden Wettbewerbs ging man zu einer kapitalintensiveren Fertigung über Neue Produktinnovationen auf der Grundlage von F&E Erhebliche Zunahme der Auslandsinvestitionen o 1970er Jahren Eindringung Japans in US-Märkte Wichtige Rolle des Staates in diesem Entwicklungsprozess o der „Entwicklungsstaat“: enge Beziehungen zwischen der Regierung der Liberaldemokratischen Partei, dem MITI und dem Finanzministerium sowie der Wirtschaftselite Historische Entwicklung 1970er-Jahre-heute 1970er-1980er Jahre: japanische Modell der kooperativen Arbeitsbeziehungen = starke wirtschaftliche Leistung Viele große japanische Unternehmen betreiben Investitionen in Tochtergesellschaften im Ausland & wurden so zu multinationalen Unternehmen 1991: Platzen der „Wirtschaftsblase“, seitdem geringes Wachstum & leichte Deflation Seit 1990er Jahren: häufiger Regierungswechsel nach einer langen Periode der politischen Stabilität unter der konservativen Liberaldemokratischen Partei LDP 1997: Asiatische Finanzkrise, 2008: Globale Finanzkrise, 2011: Tsunami & Fukushima-Katastrophe 3. Das Konzept des Unternehmens als Gemeinschaft & lebenslange Beschäftigung Unternehmen als Gemeinschaft Unternehmen ähnlich wie Gemeinschaften; AN haben eine Vorstellung von Zugehörigkeit Gewerkschaften & Management gemeinsam für das Wohlergehen des Unternehmens arbeiten Kritikpunkte: o verkörpert Japans unternehmenszentrierte Gesellschaft & damit verbundene patriarchalische Ordnung o beschwört Bilder von unterdrückerischer Kriegskontrolle herauf o nützlich während Japans Aufholphase der Entwicklung, pervertiert jetzt aber die Marktprinzipien o bringt Korruption hervor und behindert eine gesunde soziale Entwicklung 26 Japanische Modell der Arbeitsbeziehungen japanische Arbeitsbeziehungen basiert auf kooperativen Arbeitsbeziehungen zwischen AG & Gewerkschaften auf Unternehmensebene Hauptmerkmalen: o „lebenslange Beschäftigung“ o Dienstalter mit leistungsbezogener Entlohnung o interne Beförderungen o Ausbildung am Arbeitsplatz o betriebliche Gewerkschaftsarbeit in 1950er & 1960er Jahren allmählich entwickelt, nachdem Unruhen wegen der Allierten Annahme. Modell führte zu Japans solider Wirtschaftsleistung in den 1970er & 1980er Jahren Beschäftigung auf Lebenszeit AN werden nicht für bestimmte Tätigkeiten eingestellt, sondern als Mitarbeiter des UN Unternehmen stellen hauptsächlich Schulabgänger oder Hochschulabsolventen ein Wechsel des AG in der Mitte der beruflichen Laufbahn → Gehaltseinbußen & eingeschränkten Karrieremöglichkeiten verbunden Erwartung an AN bis zur Rente im selben Unternehmen bleiben Viele Arbeitnehmer in Japan haben nicht den Status einer Langzeitbeschäftigung (nur 65 % der Arbeitnehmer haben ein „reguläres“ Arbeitsverhältnis, und nicht alle von ihnen arbeiten in großen Unternehmen mit höheren Löhnen und Karrieremöglichkeiten). Lebenslange Beschäftigung gilt im Allgemeinen für Männer, nicht für Frauen Großunternehmen seit 1990er Reduzierung der Neueinstellungen verstärkt nicht-reguläre Arbeitskräfte eingestellt sowie Outsourcing betrieben Wachstum der atypischen Beschäftigung atypische Beschäftigung = Teilzeitbeschäftigte, befristet Beschäftigte & Leiharbeitnehmer atypische Beschäftigung = stetig zugenommen Heute: ca. 40 % der AN in atypischen Beschäftigungsverhältnissen Nicht-reguläre Arbeitnehmer haben keine Arbeitsplatzsicherheit Unternehmen setzen nicht-reguläre Arbeitskräfte ein, um Arbeitskosten zu senken & um sich an Veränderungen im Konjunkturzyklus anzupassen Problem: große Lohnunterschiede zwischen regulär Beschäftigten & nicht regulär Beschäftigten Atypische Arbeiter oft sehr arm fehlende Wege von atypischer zu regulärer Beschäftigung 4. Arbeitnehmer & Gewerkschaften Nach Zweiten Weltkrieg: wirtschaftlichen Notlage & Mangels an materiellen Gütern führt zu → zahlreichen gewaltsamen Arbeitskonflikten 1948 Gründung Nikkeiren (Vereinigung AG-Verbände, um Autorität des Managements wiederherzustellen Nikkeiren fusionierte 2002 mit anderen großen Organisation, Keidanren, zur Nihon Keidanren (Japan Business Organisation) Nihon Keidanren koordiniert & veröffentlicht Meinungen der AG zu Arbeitsproblemen, wählt Vertreter für Regierungskommissionen & IAO-Delegationen aus & bietet Dienstleistungen für die Mitgliedsorganisationen an Jedes Jahr zur Zeit von Shunto (der Frühjahrsarbeitsoffensive) unterstützt Nihon Keidanren die AG beim Umgang mit Gewerkschaftsforderungen während der Tarifverhandlungen Gewerkschaften: Struktur Unternehmensgewerkschaft = Grundform der Gewerkschaften Unternehmensgewerkschaften bestehen aus regulär Beschäftigten eines einzigen Unternehmens o unabhängig von ihrer beruflichen Stellung o Wer Unternehmen verlässt, verlässt auch die Gewerkschaft nur etwa ein 1/3 aller Beschäftigten aus anderen 2/3 arbeiten für KMU oder auf Zeit- oder Teilzeitbasis & sind häufig keine Gewerkschaftsmitglieder (sie dürfen in der Regel nicht beitreten) meisten Teilzeitbeschäftigten = Frauen → gewerkschaftliche Organisationsgrad bei Frauen wesentlich geringer als bei Männern 27 Rengo = größte Gewerkschaftsbund & bemüht sich um kooperative Beziehungen zwischen AG & o hat Schwierigkeiten Interessen der Gewerkschaftsmitglieder an der Basis zu vertreten meisten Gewerkschaftsaktivitäten = auf Unternehmensebene statt Unternehmensgewerkschaften (>25.000) = finanziell unabhängig kleiner Teil der Gewerkschaftsbeiträge wird an Industrieverbände & an Rengo abgeführt Beziehungen zwischen Gewerkschaften & Unternehmensleitung beruhen auf dem Prinzip des gegenseitigen Nutzens AN unterstützen Initiativen der Unternehmensleitung zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens Vorteil des Unternehmensgewerkschaftswesens besteht darin, dass Politik auf das einzelne Unternehmen & nicht auf den Sektor oder eine Ideologie zugeschnitten ist Kritik an Unternehmensgewerkschaftswesens: ausschließliche Konzentration auf die Kernbelegschaft großer Unternehmen die nicht zur Kernbelegschaft gehörenden Arbeitnehmer diskriminiert werden, die häufig stärker gefährdet sind (und bei denen es sich wahrscheinlich um Frauen handelt) 5. Tarifverhandlungen Kennzeichnend für Tarifverhandlungen in Japan sind folgende Merkmale: 1. Tarifverhandlungen = nur auf der Ebene des Unternehmens statt. Verbände können den Verhandlungsprozess koordinieren, aber die einzelnen Unternehmen & Unternehmensgewerkschaften sind in ihren Entscheidungen autonom. 2. Diese Verhandlungen finden in ganz Japan zur gleichen Zeit statt, normalerweise im Frühjahr. Daher werden diese Verhandlungen auch Shunto (Frühjahrsarbeitsoffensive) genannt. 3. Bei diesen Verhandlungen geht es um die Löhne. Sie werden getrennt von den Verhandlungen über andere Themen geführt, die das ganze Jahr über stattfinden Shunto – Koordination der Kollektivverhandlungen Definition: Frühjahrs-Lohnoffensive, eine gemeinsame Kampagne der Gewerkschaften in Japan Entwicklung: Seit 1955 Plattform für landesweite Lohnforderungen, mit koordinierten Streikplänen & einheitlichen Branchenforderungen Ziel: Überwindung von Schwächen individueller Unternehmensverhandlungen durch branchenweite Lohnerhöhungen Historische Bedeutung: o 1960er-Jahre: Stahlindustrie als Musterbeispiel für Verhandlungen o Bis 1970er-Jahre: Nationale Bedeutung, beeinflusste Nachfrage & Preise Veränderungen: Nach der Bubble-Ära geringere Lohnzuwächse, Verlagerung auf Unternehmensebene Grund: Unterschiede in Unternehmensprofitabilität durch globalen Wettbewerb. Heute: Weiterhin wichtiges System für Verhandlungen, mit Koordination und Informationsaustausch zwischen Gewerkschaften, Arbeitgebern & Unternehmen Seniority Wages und Merit Pay Traditionelles Lohnsystem: Bezahlung basierend auf persönlichen Merkmalen (Fähigkeiten, Qualifikationen, Betriebszugehörigkeit), nicht auf Stellenanforderungen Seniority Wage: Automatische jährliche Lohnerhöhung basierend auf Dienstjahren Geringe Lohnunterschiede: Kleiner Abstand zwischen Management- & Mitarbeitergehältern, Förderung interner Beförderungen & Mitarbeiterloyalität Boni: Mehrere Monatsgehälter, traditionell branchenabhängig, zunehmend an individuelle Leistungsbewertungen geknüpft 6. Arbeitskonflikte Arbeitskonflikte Tarifverträge = ohne Streiks Arbeitskonflikte sind in den letzten Jahren praktisch verschwunden Beschwerden = häufig informell beigelegt formelle Verfahren = nur selten mancchmal Heranziehen von zentralen Arbeitsbeziehungskommissionen, zur Schlichtung Seit 1990er Jahren = deutlicher Anstieg der individuellen Streitigkeiten Für die Behandlung von Einzelfällen wurde 2006 ein Arbeitsgericht geschaffen, das von neuen Verwaltungsdiensten unterstützt wird 28 7. Mitsprache der Arbeitnehmer Gemeinsame Konsultationsmechanismen = weit verbreitet, aber freiwillig & ohne Rechtsgrundlage von Unternehmensleitung & AN eingerichtet, insbesondere in gewerkschaftlich organisierten UN für den Informationsaustausch & für Lohndiskussionen vor dem Shunto (Frühjahrsoffensive) genutzt Informationen können z. B. Geschäftspolitik, geplante Produktion, Absatz, die Unternehmensleistung, Änderung der Organisationsstruktur, die Einführung neuer Anlagen usw. betreffen Unscharfe Unterscheidung zwischen Tarifverhandlungen & gemeinsamen Konsultationen, da dieselben Personen (Topmanager und Gewerkschaftsvertreter) an Konsultations- & Verhandlungssitzungen teilnehmen 8. Kompetenzentwicklung Kompetenzentwicklung in Japan & Deutschland 29 Warum unterscheiden sich die Systeme der Qualifikationsbildung in Japan und Deutschland? Frühindustrielle Unterschiede: Deutschland: Staat organisierte Handwerk, verlieh Monopolrechte zur Zertifizierung von Fähigkeiten Japan: Staat regulierte traditionelle Lehrlingsausbildung nicht. Ziele der Industrieunternehmen: Deutschland: Sicherung der Zertifizierungsrechte für Fertigkeiten Japan: Kontrolle der Arbeitskräftemobilität Organisation des Handwerks: Deutschland: Organisiertes Handwerk, Konflikte mit Industrie auf staatspolitischer Ebene Japan: Unorganisierte Handwerker (oyakata), Integration in Großunternehmen mit eigener Ausbildung Unternehmensstrategien: Japan: Aufbau firmeneigener Berufsschulen, Reduktion der Fluktuation durch Senioritätslöhne, Sozialleistungen, Loyalitätsförderung Einfluss von Gewerkschaften: Deutschland: Konflikte zwischen Gewerkschaften und Industrie gegen das Handwerk Japan: Gewerkschaftsforderungen wie Jahresprämien und Rentensystem stärkten interne Arbeitsmärkte 10. Corporate Governance Hauptmerkmale 1. System der Nachkriegszeit 2. Bankdominiertes Finanzsystem 3. Überkreuzbeteiligung 4. Lebenslanges Beschäftigungssystem & Norm des Unternehmens als Gemeinschaft: Stakeholder-Orientierung 5. Große Vorstände mit wenigen externen Direktoren 6. Gesetzliche Unternehmensprüfer (kansayaku) waren nicht wirklich unabhängig 7. Steuerung durch den Staat - pensionierte Beamte in den Vorständen Umgestaltung des corporate governance systems seit den 1990er Jahren Schwächung des Hauptbankensystems Auflösung von Überkreuzbeteiligungen Zunahme der ausländischen Portfolioinvestitionen Stärkere Fokussierung auf Aktionäre zum Nachteil anderer Interessengruppen, einschließlich der AN (Vorrang der Aktionäre) Reform der corporate governance Mehrere Reformen der Unternehmensführung seit den 1990er Jahren legen mehr & mehr Gewicht auf die Rechte der Aktionäre: Unternehmen haben die Wahl zwischen Vorstand nach amerikanischem Vorbild mit Nominierungs-, Vergütungs- & Prüfungsausschüssen, der von externen Direktoren dominiert wird Oder das bestehende System mit internen Direktoren & Abschlussprüfern beibehalten - die meisten tun dies Viel Diskussion über Notwendigkeit von mehr unabhängigen Direktoren Viele UN haben Unabhängigkeit der Abschlussprüfer erhöht & Verwaltungsrat verkleinert, indem sie die meisten geschäftsführenden Direktoren abgesetzt haben Führungskräfte stehen den Aktionären weiterhin ambivalent gegenüber Konvergenz zum US-Modell der Unternehmensführung? Ahmadjian & Okumura (2011): Unwahrscheinlich, dass sich japanische CG den US-Praktiken annähern wird Aber das Nachkriegssystem der CG ist erheblich geschwächt Möglicherweise wird sich ein Hybridmodell herausbilden: 1. Zwei CG-Sektoren, einer mit ausländischen Unternehmen & CG im US-Stil, ein anderer mit inländisch orientierten Unternehmen und CG im Nachkriegsstil 2. Ein neues Modell, das das Shareholder-Value-Modell (USA) mit dem Modell „Unternehmen als Gemeinschaft“ (Japan) kombiniert 30 11. KeyTakeaways gegenwärtigen japanischen Beschäftigungsverhältnisse sind relativ stabil & die Beziehungen zwischen AN & AG sind im Allgemeinen kooperativ (aber die Zahl der einzelnen Arbeitskonflikte nimmt zu) Zahl der Gewerkschaftsmitglieder geht zurück & Reihe sozialer, wirtschaftlicher & arbeitsrechtlicher Trends stellen die Zukunft der Gewerkschaften vor Herausforderungen Zunahme der nicht regulären Beschäftigung wurde mit zunehmender Ungleichheit & Armut in Verbindung gebracht & wirft die Frage auf, wie die Beschäftigungs- & Arbeitsbedingungen von atypischen Arbeitnehmern, die nicht von Gewerkschaften vertreten werden, geschützt werden können Sind die Beschäftigungsverhältnisse in Japan und Deutschland (zwei CMEs) ähnlich? V7) Arbeitsbeziehungen in China Gliederung 1. Das chinesische Wirtschaftssystem & kontextuelle Faktoren 2. Arbeitsbeziehungen in China: Historische Entwicklung & Überblick 3. Arbeitsrecht & Probleme bei der Regulierung 4. Akteure: Der Staat, die Arbeitgeber, die Gewerkschaften, die Arbeitnehmer & die Nichtregierungsorganisationen für Arbeit 5. Prozesse: Tarifverhandlungen, Arbeitskonflikte & Konfliktlösung, Arbeitnehmerproteste 6. Qualifikationen & Ausbildung 7. KeyTakeaways 1. Das chinesische Wirtschaftssystem & kontextuelle Faktoren Verschiedene Merkmale der asiatischen Wirtschaftssysteme genannt: enge Beziehungen zwischen UN & Staat, Rolle des Staates bei der Steuerung der Entwicklung – Aufbau von Beziehungen innerhalb & zwischen Unternehmen, Rolle großer (familiengeführter) Unternehmensgruppen (z. B. keiretsu, chaebol, Netzwerke von Familienunternehmen) Institutionalisiertes Vertrauen ist keine Selbstverständlichkeit o angewiesen auf persönliche Beziehungen auf individueller Ebene (personalistische Bindungen) Es wird oft argumentiert, dass die asiatischen Volkswirtschaften sehr unterschiedlich sind und nicht in eine Kategorie eingeteilt werden können 31 Klassifizierung der asiatischen Marktwirtschaften Klassifizierung von Witt & Redding (2013): 5 Typen von Wirtschaftssystemen in Asien: 1. (Post-)sozialistisch: China, Vietnam, Laos, Indien 2. Fortgeschrittene Stadt: Hongkong, Singapur 3. Aufstrebendes Südostasien: Indonesien, Malaysia, Philippinen, Thailand 4. Fortgeschrittene nordostasiatische Länder: Korea, T aiwan 5. Japanisch: Japan Mehr als ein Geschäftssystem innerhalb Chinas (Multiplexität) Verschiedene Formen des Eigentums: Staatliche Unternehmen: meisten staatlichen Unternehmen wurden privatisiert, es verbleiben etwa 100 „Kernunternehmen“ in Branchen wie Öl, Stromerzeugung, Stahl, Aluminium, Automobil, Fluggesellschaften, Städtische & dörfliche Unternehmen Unternehmen in ausländischem Besitz, einschließlich multinationaler Unternehmen & Joint Ventures (JVs) o Viele sind im Besitz von „Übersee-Chinesen“ aus Taiwan oder Hongkong, andere gehören europäischen oder amerikanischen multinationalen Unternehmen Inländische Unternehmen in Privatbesitz Gesondert analysiert: o Chinesische Privatunternehmen bilden zusammen mit Indonesien, Malaysia, den Philippinen & Thailand das „aufstrebende südostasiatische“ Wirtschaftssystem o Der SOE-Sektor gehört zum „(post-)sozialistischen“ Wirtschaftssystem Merkmale des Geschäftssystems in der chinesischen Privatwirtschaft Große Zahl kleiner & mittlerer Unternehmen Familieneigentum an Unternehmen mit dem Ziel, Familienvermögen aufzubauen Verbundenheit der Unternehmen durch familiäre Unternehmensnetzwerke auf zwischenmenschlicher Basis (Clans) Kompensation der wenigen Rechtsstaatlichkeit & des geringen. institutionellen Vertrauen durch Beziehungen & Familienbande (guanxi) Paternalistischer Managementstil (Entscheidungsfindung von oben nach unten, starke Aufsichtskontrolle, begrenzte Delegation) Schwaches Ausbildungssystem, niedriges Qualifikationsniveau Schwache Arbeitnehmerorganisation (ACFTU) Kurze Betriebszugehörigkeit, Arbeitnehmer wechseln häufig den Arbeitsplatz → Netzwerken ist es gelungen, große Anteile auf verschiedenen Märkten zu erobern (z. B. Spielzeug, Krawatten) Weitere kontextuelle Faktoren Größte Volkswirtschaft der Welt Fast 1,4 Milliarden Einwohner, mit einer hohen Erwerbsquote (55 %) Frauen haben eine relativ hohe Erwerbsquote: 36 % der städtischen Vollzeitbeschäftigten Langjährige Regierungspolitik hat niedrige Löhne und Vollzeitbeschäftigung gefördert soziale Sicherheit ist rudimentär und beschränkt sich hauptsächlich auf die städtischen Gebiete. Ungleiches Tempo der wirtschaftlichen Entwicklung zwischen städtischen und ländlichen Gebieten. 2. Arbeitsbeziehungen in China: Historische Entwicklung & Überblick Drei Phasen der Arbeitsmarktentwicklung 1. Nach 1949 bis Ende der 1970er Jahre: o stark eingeschränkte Mobilität der Arbeitskräfte durch das Hukou-System o Registrierung der Personen bei den lokalen Behörden o Status als Land- oder Stadtbewohner 2. 1980er bis Anfang der 2000er Jahre: o allmähliche Lockerung der Beschränkungen → Massenmigration vom Land in die Städte o Entlassung vieler Beschäftigte aus staatlichen Unternehmen (SOE) 3. Nach 2007: o Neuregulierung des Arbeitsmarktes, um einen besseren Beschäftigungsschutz zu gewährleisten, insbesondere für Arbeitnehmer außerhalb des staatlichen Sektors 32 „Arbeitsbeziehungen“ in der Planwirtschaft bis 1979 Beschäftigungsverhältnisse in der Planwirtschaft waren durch die „drei alten Eisen“ gekennzeichnet: 1. Eiserne Reisschüssel (iron rice bowl): o lebenslange Beschäftigung & Wohlfahrt, z. B. Wohnung, Rente, Gesundheitsfürsorge (vom Staat bereitgestellt → Positionen werden an die Nachkommen weitergegeben 2. Eiserner Lohn (iron wage): o zentral verwaltete & festgelegte Löhne 3. Eiserner Stuhl (iron chair): o staatlich kontrollierte Ernennung & Beförderung von Managern aufgrund von politischen Ausrichtung Fast nur staatliche Unternehmen Arbeitsbeziehungen eher ein System der Arbeitsverwaltung Anfänge des neuen Systems Wirtschaftspolitik: Einführung der "offenen Tür"-Politik (späte 1970er Jahre) zur Förderung ausländischer Investitionen und inländischer Privatfonds Eigentumsformen: 1. Staatseigene Unternehmen: Eigentum bei Provinzen oder Zentralregierung. Meiste privatisiert; ca. 100 Kernunternehmen (z. B. Öl, Stahl, Telekommunikation) Umstrukturierung, Verkleinerung, Dezentralisierung des Personalmanagements auf Unternehmensebene. 2. Gemeinde- und Dorfunternehmen: o Kollektive Unternehmen im Besitz lokaler Regierungsinstanzen. 3. Unternehmen in ausländischem Besitz: o Vollständig ausländisch oder Joint Ventures (v. a. Taiwan, Hongkong, Europa, USA). 4. Einheimische Privatunternehmen: o Viele kleine und mittlere Betriebe sowie Selbstständige Transformation zur Mischwirtschaft Systemwechsel: o Übergang von Planwirtschaft zu Mischwirtschaft mit Marktmechanismen & zentraler Planung o Entwicklung einer „sozialistischen Marktwirtschaft mit chinesischen Charakteristika“: Kombination aus bürokratischer, marktbasierter & beziehungsorientierter Koordination Arbeitsmarkt: o Lebenslange Beschäftigung → Vertragsbasierte Beschäftigung o Staatlich festgelegte Löhne → Zunehmende Autonomie des Managements bei Lohnentscheidungen Sozialsystem: o Von „Wiege-bis-Grab“-Wohlfahrt → Beitragsbasierte Sozialversicherungssysteme o „Zerstörung des sozialistischen Gesellschaftsvertrags“, „Eiserne Reisschüssel wurde zerschlagen“, „Kommodifizierung der Arbeit“ Soziale Schichtung: o Fortbestand sozialer Stratifikation durch das Hukou-System 3. Arbeitsrecht & Probleme bei der Regulierung Änderung der Arbeitsgesetze & -vorschriften Reformen seit den 1980er Jahren: o Einführung des neuen Arbeitsgesetzes von China (1995) Wichtige Arbeitsgesetze (seit 1. Januar 2008): o Arbeitsvertragsgesetz (geändert 2013) o Gesetz zur Beschäftigungsförderung o Gesetz zur Mediation & Schlichtung von Arbeitsstreitigkeiten Weitere Gesetze & Vorschriften: o Sozialversicherungsgesetz (2011) o Sonderregelung zum Mindestlohn (2004) o Vorschriften zu Beschäftigungsdiensten & -management (2008) o Zwischenbestimmungen zur Arbeitskräfteüberlassung (2014) Ziel: effizienterer & gerechterer Arbeitsmarkt 33 Merkmale der chinesischen Arbeitsgesetze Zentralregierung stellt den allgemeinen Rahmen der Gesetze & Vorschriften bereit Lokalregierungen entwickeln eigene Vorschriften basierend auf Rahmen der Zentralregierung, angepasst an lokale Bedingungen Flexibilität erforderlich aufgrund signifikanter wirtschaftlicher Unterschiede zwischen den Regionen Dezentralisierung der Auslegung & Durchsetzung der Arbeitsgesetze führt zu uneinheitlicher Anwendung durch lokale Behörden & Beamte Probleme der Arbeitsregulierung Mangel an effektiver Durchsetzung der Arbeitsgesetze Einschränkungen der Vereinigungsfreiheit, z. B. das Recht auf Bildung unabhängiger Gewerkschaften Gesetze richten sich an den formellen Arbeitssektor, nicht an Arbeiter im informellen Sektor Arbeitgeber nutzen regulatorische Schlupflöcher & suchen Ausnahmen: weit verbreitete Verletzungen von Arbeitsrechten Häufige Verstöße gegen Arbeitsrechte Ausstehende Lohnzahlungen, nicht gezahlte Überstunden Todesfälle in der Kohleindustrie (6.000 jährlich, frühe 2000er) Lange & unregelmäßige Arbeitszeiten (12 Std./Tag, keine freien Tage) Niedrige Bezahlung, fehlende Sozialversicherung, mangelnde Arbeitssicherheit Diskriminierung & illegale Entlassungen 4. Akteure: Staat, Arbeitgeber, Gewerkschaften, Arbeitnehmer & Nichtregierungsorganisationen für Arbeit Veränderte Rolle des Staates Staat als Arbeitgeber: Rückgang der staatlichen Beschäftigung Gründe: Privatisierung staatlic