Frauen- und Geschlechtergeschichte Vorlesungen PDF
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This document contains lecture notes on the history of women and gender, covering different perspectives and approaches. It discusses the relationship between history, politics, and science, and analyzes how historical concepts of gender have been shaped by societal factors. The notes touch on historical figures and events related to this area of study.
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lOMoARcPSD|49092266 Frauen- und Geschlechtergeschichte Vorlesungen Fragestellungen Themenfelder und Wissenschaftsgeschichte der Frauen- und Geschlechtergeschichte (Universität Wien) Scanne, um auf Studocu zu öffnen Studocu wi...
lOMoARcPSD|49092266 Frauen- und Geschlechtergeschichte Vorlesungen Fragestellungen Themenfelder und Wissenschaftsgeschichte der Frauen- und Geschlechtergeschichte (Universität Wien) Scanne, um auf Studocu zu öffnen Studocu wird von keiner Universität gesponsert oder unterstützt. Heruntergeladen durch Irena Misikova ([email protected]) lOMoARcPSD|49092266 1. Vorlesung Voraussetzungen: Wissenschaft und die Ordnung der Geschlechter Perspektivenvielfalt entspricht Selbstverständnis der feministischen Historiker/innen, die es als ihre Aufgabe sehen, Vertrautes unvertraut zu machen! Also gewohnte Begriffe/Unterscheidungen infrage zu stellen! Vorstellung aufgeben, dass jede Forschungsfrage immer ein in ein gut abgrenzbares Kästchen/Schublade passen würde mit entsprechendem Etikett darauf! Vielmehr bringt jedes ernsthafte wissenschaftliche Fragen Dinge durcheinander, legt sich quer zu den Einteilungen – Ringen um Genauigkeit und Präzision! Gefühl für Vielfalt der Denkmöglichkeiten/Sichtweisen der feministischen Auseinandersetzung mit dem Vergangenen! Multiperspektivität/Vielfältigkeit der Ansätze, Differenzen! Lesetexte – Scans oder Bibliothek Wenig über Zeit des Mittelalters/wenig über feministische Technikgeschichte Europäisch/nordamerikanisch geprägte Entwicklung der 1960/70er wird hier erzählt! Wichtiges Ziel: Auseinandersetzung mit Gebrauchsweisen von Geschichte; Auseinandersetzung damit, dass Beschäftigung mit Vergangenheit nie Selbstzweck ist, sondern in konkreten gesellschaftlichen Kontexten stattfinden, zu etwas benützt werden, z.B. von Politik, Macht zu erhalten oder von sozialen Bewegungen dazu, Machtverhältnisse infrage zu stellen Stewart Haul (zentraler Vertreter der Cultural Studies): in Selbstverständnis seines emanzipatorischen Ansatzes hat er formuliert, dass Wissenschaft immer nur ein Umweg zu etwas Wichtigerem ist! Einführung Europäisch geprägte Geschichtswissenschaft ist seit Entstehen im 19. Jhdt. eng mit der Politik verbunden! Wird aber auch in permanenter Bewegung der Abgrenzung von ihr begriffen, um ihre Wissenschaftlichkeit zu belegen! (Geschichte v. A. Nationalgeschichte kennengelernt, Perspektive ist aber eng mit relativ neuem Phänomen verbunden – Legitimation von Staaten über den Begriff der Nation – erst im 19. Jhdt. politische Revelanz!) Den feministischen Zugängen ab späten 1960er Jahre wurde genau das vorgeworfen – sie sei parteiische und politische Geschichte und ideologisch, nicht wissenschaftlich! Dem wurde von feministischer Seite entgegengehalten, dass gerade sie es waren, die den ideologischen Charakter der nur scheinbar wertneutralen Wissenschaft nachgewisen haben, dass also nicht sie, sondern ihre Gegner im Dienste politischer Interessen stünden! Zugleich wichtige Frage des Feminismus, inwiefern die WissenschaftlerInnen die Ziele der Bewegung nutzen konnten und ob sie das wollten oder sollten! Auch für feministische Historikerinnen war es eine offene Frage, inwiefern sie ihr wissenschaftliches Engagement auch als einen politischen Einsatz sahen und auch im Leben einer feministischen Wissenschaftlerin konnte sich die Haltung dazu grundlegend ändern! Wie mit diesem Wissen umgehen? Antworten reichen von Zynismus über Leugnung bis zur aktiven Distanzierung! Idealtypisch lassen sich die Extrempositionen der zynischen, politischen Funktionärin, die ihren Themen nach Kriterien der Werbewirksamkeit für ihre Sache auswählt und der Wissenschaftlerin, die notfalls jede politische Relevanz ihrer Fragen zurückweist, herausarbeiten! In Heruntergeladen durch Irena Misikova ([email protected]) lOMoARcPSD|49092266 dieser falschen Entgegensetzung wird die Wissenschaft als eigener, aber nicht abgeschlossener Raum, verdeckt! Geschichtswissenschaft ist weder bloß eine Hilfsdisziplin der Politik, noch ist sie unabhängig von gesellschaftlichen Entwicklungen! Ihre spezifische Qualität – kann über ihre Funktionalisierungen im Dienstnamen, denen sie ausgesetzt ist/denen sie sich unterwirft, reflektieren! Reflexion über dieses Handeln! Wissenschaft und die Ordnung Beispiel, womit sich Frauen- und Geschlechtergeschichte beschäftigt: Wissenschaftsgeschichte! Geschichtestudium 1965 – vor allem Männer! Wo aber waren die Frauen? Wo sich etwas bewegte, gaben Männer den Ton an, auch die Macht war an den Männern! Frauen waren immer schon und immer noch – verändern sich nicht – deswegen kein wichtiger Gegenstand der Geschichtswissenschaft! Wenn man lästig wäre und nachfragen würde, würde man vielleicht noch von Maria Theresia zu hören bekommen. Geschichtswissenschaft sei damals nicht voreingenommen, sondern geschlechtsneutral, aber sie handle eben von politischen Institutionen/Entwicklungen und da seien Frauen eben nur selten hervorgetreten! Erste aktivistische Fragen von feministischen Historikerinnen – sie haben viel Ärger hervorgerufen, aber auch viel verändert! Sichtbar gemacht – Geschlechtseutralität war nur scheinbar! Warum gibt es so wenige Historikerinnen? Antwort war ganz deutlich – weil sie erst seit ein paar Jahren zum Studium zugelassen waren und der Abbau der Ungleichverteilungen lang dauert! Am Beginn des 20. Jhdt. Kampf für Zulassung zur Matura/Universität von Frauen langsam erfolgreich! Anwesenheit von Frauen gefährde den Ernst und die Sittlichkeit des Unternehmens – auch lange von Studierendenseite! Erst nach Ende des ersten Weltkrieges konnten Frauen alle Studienrichtungen belegen! In anderen europäischen Ländern früher – Schweiz, Frankreich – aber überall gab es Kämpfe! Langer Frauenausschluss hatte Folgen! Ausschluss der Hälfte der Bevölkerung, kann nicht ohne Effekte bleiben! Faktivität, Objektivität, Wissenschaftlichkeit? Ursachen des Frauenausschlusses – Umstände seiner Anfänge! Mitte 18. Jhdt. – Ausschluss der Frauen aus der Öffentlichkeit Wissenschaftlichkeit und Staatlichkeit Frauen müssen sich im 18. Jhdt. erst durchsetzen! Die Vertreter der Wissenschaften und die Progandisten neuer politischer Formen vereinte, war die Bezugnahme/Berufung auf die Objektivität der Natur! Nicht mehr magisch, sondern rational erfassbare Sache! Erkenntnisse nicht mit Schöpfungsgeschichte vereinbar – deswegen Gelehrte auf Scheiterhaufen! Höhepunkt vor Mitte 18. Jhdt. überschritten – aber Institutionalisierung, Reglementierung und Ausdifferenzierung der Wissenschaften steckte noch in ihren Anfängen! Säkularisierung der Erkenntnisprozesse blieb nicht ohne Wirkungen auf die politischen Verhältnisse! Erfolg der Naturwissenschaften trug maßgeblich zur Infragestellung göttlicher Macht und Ausbeutungsverhältnissen bei! Die Revolutionäre des 18. Jhdt. lasen ihre sekularen Gesellschaftsentwürfe zunehmend von der Natur und nicht vom Göttlichen ab! Unsere Vorstellungen von der Gleichheit aller Menschen basieren auf den naturrechtlichen Konzepten! Aber mit der neuen politischen Gleichheit wie in franz. Revolution traten neue Heruntergeladen durch Irena Misikova ([email protected]) lOMoARcPSD|49092266 Unterschiede in die Welt! Neue Politiker/Wissenschaftler lasen grundlegende Unterschiede zwischen Männern/Frauen, Menschen mit heller/dunkler Hautfarbe heraus und setzten diese flugs in gesellschaftliche Unterschiede um! Dies blieb nicht ohne Auswirkungen auf die Naturwissenschaften! Denn ihre objektiven Bilder der Natur sahen ihren Wunschvorstellungen einer neuen Gesellschaftsordnung verdächtig ähnlich! Frage: Warum heißen Säugetiere Säugetiere? Auf Latein: Brüste tragende? Buch – Am Busen der Natur: Verhältnis von Erkenntnis und Geschlecht am Anfang der Wissenschaft – was wussten Naturvölker über Geschlechtsunterschiede? Wo entdeckten sie diese? Sexualisierung der Pflanzen – geht auf Faszination zurück, die die Geschlechterdifferenz auf Naturwissenschaftler ausübte! Systematik der Pflanzen- und Tierklasssen (Karl von Linné) wird im Buch behandelt – Karl hat Unterscheidung von Säugetieren und Vögeln, Fischen, Insekten und Würmern eingeführt! Schibinger interessierte, warum Karl bei den Säugetieren begrifflich von der Fortpflanzung Bezug nahm, während alle anderen Begriffe den Lebensraum oder die Körperform ansprachen! Viel logischer wäre es gewesen, auf die Haare Bezug zu nehmen, die alle Säugetiere von den anderen unterscheiden, oder von der Ohrhöhle! Nein, es sollte die Brust sein, die nur bei der Hälfte funktionstüchtig war und dies nur während des Säugens! Linné hatte Skandal hervorgerufen, aber nicht mit der Bezeichnung, sondern weil er die Menschen in die Klasse der Vierfüßler miteinbezogen hatte! Der Terminus wurde schnell und ohne Widerstand verbreitet! Wissenschaftsgeschichte untersucht unterschiedliche Auflagen ein und desselben Werkes, sie liest Rezensionen/Kritiken! Was hat das dann für Hintergründe/Folgen! Milchgebende Brust – Einerseits Nähe des Menschen zum Animalischen, andererseits aber heilige Flüssigkeit – Heilkraft und Übertragung von Eigenschaften! In der Aufklärung wurde die Natur als weibliche, milchgebende und nährende Natur dargestellt – Jungfrau! Bei Bild sind wir im 17. Jhdt. kein naturwissenschaftliches Bild, mythengeprägt, aber die Idee, dass die Erde eine Säugmutter sei, bringt den Zusammenhang zum Ausdruck! Linné hat den Begriff sehr überzeugend gewählt! Es werden sofort Assoziationen hervorgerufen! Dies hat die Einordnung des Menschen in das Tierreich sehr erleichtert! Aber welche darüber hinausgehenden Absichten könnte Linné damit verbunden haben und was waren Effekte dieses Bildes? Politiken der Begriffsbildung Geschlechterpolitische Bedeutung der Begriffswahl – Es ließe sich argumentieren, dass Liné die Tradition aufgebrochen habe, dass der Mann das Maß aller Dinge zu sein habe! Aber er hat auch jene Bezeichnung geprägt, von denen der Mensch von den Tieren unterschieden wird – Homo Sapiens = der vernunftbegabte Mann! Während er für die Verbundenheit von Mensch und Tier weibliches Merkmal – Brust, ist die Unterscheidung männliches Merkmal = Vernunft! Nähe der Frau zur Natur, Assoziation von Vernunft mit Männlichkeit! Nebensächliche Begriffserscheinung kann viele Folgen für die Weltgestaltung mit sich bringen! Wir wissen nicht, ob Linné auf so weitreichende Effekte zielte, denn oft sind solche Begriffe ja spontan entstanden! Aber man kann sein großes Interesse an der weiblichen Brust an ein politisches Umfeld einordnen – was präsent ist, nützt man für Begriffbildungen! Linné war praktizierender Arzt und Vater von 7 Kindern – engagierte sich in der von Ärzten/Wissenschaftlern/Politikern betriebenen Kampagne für das Stillen! Er protestierte gegen den brauch, Kinder nach der Geburt zu Ammen aufs Land zu geben – da Säuglingssterblichkeit, Heruntergeladen durch Irena Misikova ([email protected]) lOMoARcPSD|49092266 mangelnde Hygiene, schlechte Eigenschaften durch die Milch! Hinter der Kampagne stand das neue Familienbild, das in Abgrenzung zur Freizügigkeit von adeligen Damen entwickelt wurde! Züchtige, bürgerliche Frauen sollten das Heim, den Herd und die Kinder hüten/pflegen! Wurde das bürgerliche Bild mit dem Argument der Natürlichkeit durchgesetzt, war es natürlich, dass Frauen ihre Kinder selbst mit ihren Brüsten nährten und dass sie im häuslichen Bereich tätig waren! Linné – sozialpolitische Intentionen! Aber war damit gleich ausgemacht, dass mit solchen auf die Natur verweisenden politischen Kampagnen die Ausgrenzung der Frau aus der Öffentlichkeit verbunden sein sollte? Anspruch auf gleiche Rechte – sehr oft mit Hinweis auf die Natur verbunden! 2 Bsp.! Objektivität der Natur bot ebenso wenig gesicherten Grund wie zuvor göttlicher Ratschluss! Dies entschied sich auf der Bühne politischer Kämpfe! Zitate machen deutlich, dass es nicht so beliebig ist, welche Terminologien ein Werk wählt, weil sie in der politischen Debatte eingesetzt werden können und wurden! Revolutionäre Festkultur Revolutionäre haben christlichen Glauben zurückgewiesen und eigenen Kultus entwickelt – viele Feste fanden statt, um Bevölkerung in Revolution einzubinden! Bei den Trümmern der Bastille – Zeichen der Unterdrückung des Regimes – dort man 1893 das einjährige Jubiläum der Republiksgründung gefeiert! Stationen – haben bildlich etwas dargestellt, was bildlich von großer Bedeutung war, eine große Attraktion war ein Brunnen (Göttin Isis nachgebildet), Wasser kam aus den Brüsten der Fruchtbarkeitsgöttin, Revolutionäre tranken diese „Milch“ der nationalen Erneuerung aus dem Brunnen! Am Rand sind stillende Mütter dargestellt, die repräsentierend wirken sollen – eine Reihe von Festen war Müttern/stillenden Müttern gewidmet, die die Fruchtbarkeit der Revolution zum Ausdruck bringen sollten! Es ist wichtig, weit auseinanderliegende Bereiche zu analysieren, um zu verstehen, warum Begriffe Folgen/Effekte haben und nicht unbedingt unschuldig sind! Politische Entwicklungen, aber auch beispielsweise Kunst aus der Revolutionszeit! Wissenschaftsgeschichte heißt auch, Geschlechterterminologien in den Blick zu nehmen, wo sie nicht unbedingt auf den ersten Blick etwas damit zu tun haben! Männer und Fakten, oder: Was ist ein Historiker? Es ist alles andere als zufällig, dass die Politik männlich definiert ist – Ergebnis einer politischen Auseinandersetzung zu ungunsten der Frau ausgegangen! Aber warum kommen Frauen in den Geschichtswissenschaften so lang nicht vor? Antwort auf mehr als einer Ebene – Bonny Smith: Was die Frauen als historische Akteurinnen betrifft, so verschwinden sie in dem Maß aus dem historischen Gedächtnis, als sich das Bild der Vergangenheit einengt auf staatspolitische Fragen und der Zweck der Auseinandersetzung der Geschichte sich immer mehr auf die Legitimation dieses jeweiligen Nationalstaates beschränkt! Diese Beschränkung ist inzwischen in einem hohen Maße in Frage gestellt/aufgehoben aber war damals zentral (Verengung auf staatspolitische Fragen)! Geschichte als wissenschaftliche Beschäftigung findet im 19. Jhdt. Berechtigung auch darin, den neuen nationalstaatlichen Gebilden eine respektable Vergangenheit zu verschaffen und ihr aktuelles Selbstbild in lang zurückliegenden Vergangenheiten aufzufinden/zu belegen! Rückprojektion des idealen Familienbildes in weiter zurückliegende Zeiten! Heruntergeladen durch Irena Misikova ([email protected]) lOMoARcPSD|49092266 Damit verschwinden Frauen aus dem Bild des historischen Schreibens! Geschichte musste sich Ruf als Wissenschaft erst erarbeiten – deswegen Vielzahl von Formen historischen Schreibens! Erbauliche Geschichten von Herrschern, Heiligen und Wunderfiguren erzählen, belehrende Geschichten (höhere Moral) – es zählte aber immer der Sinn (emotionale Qualität) und die gute Erzählung! Es gab eine Reihe von Frauen, die in dieser Sparte erfolgreich waren! Schreiben – Möglichkeit, trotz politischem Frauenausschlusses an der Öffentlichkeit zu partizipieren! Diese wurden aber zu Feindbildern – sie kümmerten sich weniger um Quellen/Fakten als die neuen Geschichtsforscher, die nach den Monumenten der Vergangenheiten und den Fundamenten der Gegenwart in dieser Vergangenheit suchten! Das Thema der weiblichen Schriftstellerinnen – Moral! Männliche Gründer der Geschichtsschreiber – Abwertung der weiblichen Zugänge als unwissenschaftlich! Nur scheinbar geschlechtsneutral! 2. Vorlesung Anfänge der Frauen- und Geschlechtergeschichte Problem – Unsichtbarkeit von Frauen in den Archiven bzw. auch von Menschen nicht-europäischer Welt, aber auch von Frauen (v.A. die nicht der Elite angehörten), denn das Archiv ist entgegen der daran geknüpften Assoziationen keineswegs eine neutrale Instution! Vielmehr sind Fragen der Archivierung/ Archivpraxen/Entscheidungen über Dokumentation oder Skatierung (etwas weg schmeißen) nicht unabhängig von Machtfragen zu verstehen! Tradition – Archive sind Herrschaftsarchive! Regierende Häuser, machtvolle Familien, (staatliche) Institutionen dokumentieren sich in Verhandlungen für ein Buch über Ökonomie über Gesetze/Verträge! Wirksamkeit wird von Aufbewahrung getragen! Wovon kein Dokument/Monument/Überrest besteht, ist Historikern weitestgehend unzugänglich! Kontext jüngere Vergangenheit – Auseinandersetzung nachrevolutionäre Gesellschaft in Südafrika mit der Vergangenheit des Landes! Es wurde vor allem auf mündliche Dokumentation und nicht auf Herrschaftsdokumente gesetzt! Ähnlich in der Nachgeschichte des Holocaust – Zeitzeugenberichte! Für beide Beispiele gibt es über den Konflikt der Zeitzeugen und Herrschaftsdokumente auch Auseinandersetzungen! Damit Komplex von Problemen verbunden, aber solche dramatischen Inszenierungen/Distanzierung von der alleinigen Wahrheit bzw. der in Archiven festgelegten Geschichte macht klar, dass es eine politische Frage ist, was in Archiven zu finden ist und was nicht! Interesse der Frauenbewegung an Geschichte – Gründung von Archiven/Quellensammlungen! Hier einige Archive auf der Folie! Wissenschaftsgeschichte der Frauen- und Geschlechtergeschichte Alle Archive würde es nicht geben ohne die Geschichtsbewegung! Die Entstehung der Frauengeschichte aus der politisch-sozialen Bewegung – heutiges Thema! Umkehrungen der Geschlechtergeschichte – Bilder von machtvollen Frauen! Benützung von Bildern wie Aristoteles und Phillis im Kontext der neuen Frauenbewegung – letztes Drittel 20. Jhdt. entstanden – geht mit Dekontextualisierung des historischen Materials einher! Wenn hier gezeigtes Bild als machtvolle Amazone beschrieben wird, dann blendet das Bedeutungsgebung in der frühen Heruntergeladen durch Irena Misikova ([email protected]) lOMoARcPSD|49092266 Neuzeit aus! Bedeutung war eigentlich ein Aufruf, die Macht der Frauen zu begrenzen! Aristoteles und Phillis Metapher, die viel verwendet wurde – geht auf mittelalterliche Legende sagt, die besagt, dass Aristoteles und sein Schüler Alexander durch Alexanders Geliebte Philis vorgeführt worden wären, denn Aristoteles hat immer Alexander den Großen vor den Gefahren der Liebe bzw. Frauen gewarnt, Philis rächte sich mit List, hat Aristoteles so umgarnt, dass es ihr gelang, auf ihm zu reiten, Aristoteles sollte das beobachten, um seinen Lehrer lächerlich zu machen, aber List misslungen – Männer haben zusammengehalten, Alexander hat die Richtigkeit von Aristoteles‘ Warnung erkannt! Dies ist somit eigentlich ein Beispiel für einen Geschlechterkrieg in der frühen Neuzeit! 2 weitere Illustrationen – ungewöhnliche Umkehrung, Frauen im Hörsaal, Mann im Kindergarten! Institution Verweis darauf, dass Frauenforschung noch nicht in der Uni angekommen war, konnte sich nur, wenn vorlesungsfrei war, sich positionieren, in Forschung/Wissenschaft noch stark marginalisiert! Am Beginn stehen nicht nur solche Gegenbilder, die instrumentalisiert wurden, sondern auch Gegenorganisationen – Gegenuniversitäten wie Frauen-Sommer-Unis, nicht nur ein Projekt von Frauen, sondern auch in der Nachgeschichte der Studentenbewegung spielten sie eine Rolle! Bei solchen Gegenorganisationen, die viel Energie brauchten, hatten Bilder wie diese starke Motivations- und Integrationskraft! Diese Bilder Gegenbehauptung zu Archiven – dass Frauen macht- und bedeutungslos waren! Ohne diesen politischen Einsatz des Bildes wäre es gar nicht zugänglich – würde nicht vorkommen! Nicht dabei stehenbleiben, sondern Kontexte/Hintergründe suchen! Was sagt es über die Gesellschaft aus? Natalie Davis hat darüber geforscht! Natalie Davis in 1950/1960er wissenschaftlich zu publizieren begonnen, obwohl Gesellschaft fast nur von Männern dominiert! Sie war eine der lästigsten Fragestellerinnen – sie hat sich nicht auf die Vorgeschichte der Ausgrenzung konzentriert, sondern nach positiven Gegenbeispielen gesucht! Auf Moodle – Vorschläge für eine neue Frauengeschichte – programmatischer Text mit Hinweis auf lange Geschichte der historischen Auseinandersetzung mit Frauen begonnen! An diese andere, vergessene Tradition knüpft sie an und schlägt Verbesserungen vor! Sie geht sozusagen optimistisch vor. Diese neue Frauengeschichte, die sie entwirft, soll die Geschichtswissenschaft als Ganzes verändern! Sie sollte beitragen, einige der zentralen Themen der Historiker zu überdenken – Macht, Sozialstruktur, Eigentum, Periodisierung der Geschichte! Es soll jedem Historiker zur 2. Natur werden, Geschlecht/Klasse immer mitzubedenken – in 5 Jahren so weit! Sie setzt sich in dem Aufsatz mit der Tradition der Frauengeschichte und ihren Defiziten auseinander! Sie zeigt, dass bis zurück in die Antike Arbeiten zur Geschichte von Frauen existieren – Sammlungen beispielhafter Bibliographien – es geht um Modellfrauen, die ein (moralisches) Beispiel geben sollen! Dies gilt bis in die Gegenwart – Bsp. 1900 – Buch von Emma Adler knüpft an diese Tradition an! Kurze, hochmoralische Skizzen Frauen der französischen Revolution werden vorgestellt! Geschichten meist ohne Quellen und dienen der Erbauung – Frauen sind zu großen Leistungen fähig! Aber wieviel leistungsfähiger wären sie mit Zugang zur Bildung und politischer Freiheit? Manche Darstellungen gingen darüber hinaus – sie betrieben Institutionsgeschichte Natalie Simon Davis untersucht 2 Arbeiten aus dem frühen 20. Jhdt., die sich mit der frühen Neuzeit auseinandersetzen – Einerseits Ellis Clarks (Working life of women in the 17. century) sowie ein anderes, französisches Werk – Sie würdigt die Quellenarbeit beider Texte, bezugen vieles ein, auch die Differenzierung lobt sie – keiner spricht von „den Frauen“ – stellen beide althergebrachtes Wissen in Frage! Beide Arbeiten suchten nach theoretischen Erklärungen – warum haben sich Heruntergeladen durch Irena Misikova ([email protected]) lOMoARcPSD|49092266 Geschlechterverhältnisse geändert? Auch respektvoller Umgang mit Gegenstand wird gewürdigt! Fortschritt bestand in Suche nach neuen Quellen, in der Infragestellung bestehenden Wissens und in der Suche nach Erklärungen historischer Entwicklungen – schließlich auch im Verzicht stereotyper Bilder! Manche gegenwärtige Werke in 70ern waren noch lange nicht dort angelangt – Argumentationsstrategie: Schaut mal, wie weit wir schon waren! Darüber hinaus stellt sie eine Reihe von neuen Forderungen – 1) Wie der Zugang von Frauen in die Geschichte und Wissen über Geschlechterverhältnisse noch verbessern – 2) Forderung nach Einbeziehung der historischen Demographie, für die sie, was die Geburtenhäufigkeit betrifft, auf große schichtspezifische Differenzen aufweist! Das hat gravierende Auswirkungen auf Frauen dieser sozialen Gruppe! 3) Auch fordert sie Infragestellung vorgängiger Thesen über die Struktur der Familie – es sei klar geworden, dass es keinen dramatischen Umbruch von der Großfamilie zur Kernfamilie gegeben hätte, sondern dass Familiengrößen von ökonomischen/kulturellen Variablen abhängen und daher historisch immer geschwankt hätten; auch fordert sie Miteinbeziehung neuer methodischer Zugänge – v.A. Verknüpfung quantitativer und qualitativer Zugänge! Eigentlich fordert sie linksverortete Sozialhistoriker dazu auf, ihre Methoden zu erweitern und ernst zu nehmen, was sie tun könnten, wenn sie ihren Blick erweitern würden! 4) Intensivere Auseinandersetzung mit der Geschichte der Sexualität weitere Fordung, da diese bisher verschleiert worden wäre! Diese Forderung wurde schon früh formuliert, aber lange nicht umgesetzt! Zentraler Punkt des Aufsatzes von Davis – Sie fordert, dass sich die Frauengeschichte auch an allgemeineren/theoretischen Zielen der Geschichtswissenschaft orientieren soll! (Zitat Folie) Davis verbindet mit neuem Ziel Optimismus – dass die Zunft der Historiker dieses Ziel der Frauen- und Geschlechtergeschichte bereitwillig annehmen würde! David postuliert Relevanz der Frauen- und Geschlechtergeschichte für die gesamte Geschichtswissenschaft! Neue Fragestellungen und Quellenkorpura, denen die Frauengeschichte der Zunft zur Verfügung stellen sollte! Zentrale Themen sollen neu überdacht werden – Machtverhältnisse, Sozialstrukturen, Neukonzeption der Vorstellung von Eigentum (Frauentausch, Prostitution) Fordert dazu auf, die Ebene der Symbole neu zu analysieren! Hier greift sie schon zur diskurshistorischen Analyse hin! Sie schließt auch daraus, dass die gängigen Periodisierungen zur Frauen- und Geschlechtergeschichte zu überdenken seien! Was wurde aus diesen Forderungen und wie entwickelte sich die Frauen- und Geschlechtergeschichte weiter? Forderungen waren sehr unterschiedlich und hingen mit der Position der Akteure zum wissenschaftlichen Milieu zusammen! Davis wollte als Feminist Geschichtswissenschaft verändern und war optimistisch, dass das gelingen könnte! Zurückhaltend war sie hinsichtlich Prognosen einer gesellschaftsverändernden Wirkung der Frauengeschichte betraf! Politische Hoffnungen, die damit verknüpft waren, waren aber sehr hoch, da die Entwicklung zur Frauengeschichte vor allem von Studentinnen und von außerhalb getragen wurde! Man hoffte, den Grundstein einer Gesellschaftsveränderung zu legen! Frauen wurde immer wieder vorgeworfen, dass es hier nicht um Politik etc. ginge, sondern um die weibliche Natur und diese könne man nicht verändern! Historikerinnen wollten aufklären! Auch wegen der Schwäche der Geschichtswissenschaft in den 1970/80ern florierte die Frauenforschung universitär/außeruniversitär sehr schnell! Mit dem schnellem Wachsen der historischen Frauenforschung wurden bald Systematisierungen der unterschiedlichen Ansätze und reflexive Darstellungen der Entwicklung des Forschungsfeldes notwendig! Eng damit verbunden – Fragen der Institutionalisierung – nicht nur in Bezug auf Uni! Viele Debatten! Man ging von Heruntergeladen durch Irena Misikova ([email protected]) lOMoARcPSD|49092266 interdisziplinärer Gesamtheit der Frauenforschung an, von der historischer Zugriff nur als Teil gesehen wurde und außerdem hat diese Spannung zwischen Interdisziplinarität und einer disziplinären Verortung (man wollte ernst im Fach genommen werden) das Fach sehr stark begleitet! Bis heute noch! Erste Systematisierungen und Kategorienbildungen Innerhalb der Geschichte wurden die unterschiedlichen Zugänge zu Frauen in der Vergangenheit zu historischen Geschlechterverhältnissen entlang ihrer Funktion in gern aufsteigender Linie zu immer größerer begrifflicher Funktion/Differenzierung dargestellt. Gisela Bock – Aufsatz – hat Bogen gespannt von kompensatorischer Frauengeschichte zu Geschlecht als soziale Kategorie formulierenden Geschlechtergeschichte! Kompensatorische Forschung – Fehlen der Frau in historischen Darstellungen wird nur kompensiert! Grundsätzliche Linien aber nicht infrage gestellt! Kontributorische Forschung – Frauengeschichte, die den Beitrag der Frauen zu den als relevant definierten Feldern Politik, Wirtschaft, Kultur aufweist aber letztlich die relevanten Fragestellungen nicht infrage stellt! Wissenschaftliches Werk nicht infrage gestellt, Frauen wurden aber vergessen! Über diese Ansätze hinaus gehen jene Arbeiten, die nach den Ursachen nach Unterdrückung fragen! Sie suchen nach spezifischen Dispositionen im Verhältnis Mann/Frau, die die Schlechterstellung der Frau erklären und aufbrechen können! 2 Probleme: Mit dem Ziel, zu allgemeinen Thesen zu kommen, wird von homogener Kategorie Frauen ausgegangen, Differenzen werden systematisch ausgeblendet! Auch Möglichkeit, dass Frauen gesellschaftliche Machtpositionen sowie dass Ausbeutung/Unterdrück kurzweilig gewesen sein könnte, wird ausgeblendet! Wichtige Entwicklung – Frage nach Differenzierung zwischen Frauen – synchron und diachron! Es kam zu fruchtbaren Kooperationen zwischen Frauen- und Sozialgeschichte! Fragen nach der Entwicklung historischer Familienformen nach Transformationsprozessen gesellschaftlicher Arbeitsteilungen erforderten systematische Einbeziehung einer sozialen Kategorie Geschlecht! Anfang 1980er – Terminus Geschlechtergeschichte konkurrierte mit früheren Begriffen Frauengeschichte und historische Frauenforschung! Programmatisch formuliert – es wurden Fragen nach historischen Geschlechterbeziehungen gestellt, wie Frauen und Männer in historischen Gesellschaften zueinander positioniert waren – wie spielte Macht zwischen ihnen eine Rolle, wie stark geschlechtsspezifische Arbeitsteilungen waren (Ausbeutung, Hierarchien?) Verhältnis der Kategorie Geschlecht zu mehreren Kategorien wie z.B. zu Klasse! Dies spiegelte die Nähe vieler Ansätze zu z.B. marxistischer Theoriebildung oder zu „race“! Mit der zunehmenden Bedeutung von Geschlecht intensivierte sich die Auseinandersetzung mit der Frage, inwiefern Geschlecht bestimmte, unumgängliche Prädispositionen mit sich bringe – Verweise auf Fortpflanzung Rahmen der Diskussion! Wurde der Biologismus (Herleitung sozialer Differenzen aus der Natur) – Befreiungsschritt aus göttlicher Hierarchie war – wurde der Biologismus als eine Herrschaftsideologie angesehen, der Ungleichheit nur legitimieren sollte – Feminismus ging jedoch lange selbst von der Trennung zwischen biologischen und kulturellem Geschlecht (sex und gender) aus, die die Kategorien der Biologie selbst keiner Kritik unterzog! Begriff Geschlechterrolle wurde kritisiert, dass Theatermetapher Rolle gravierende Bedeutung institutioneller und ökonomischer Rahmenbedingungen übersah oder zu gering einschätzte! Auch Begriff Geschlechtergeschichte wurde kontrovers kritisiert – Fokus auf Frauen blieb bestehen und versprach mehr, als er einlösen konnte; in Allgemeinheit verschleierte er Machtverhältnisse zwischen Männern und Frauen und suggerierte, dass es ausreiche, über historische Geschlechterkonstruktionen zu forschen und nicht mehr Frauen gesondert zu behandeln! Heruntergeladen durch Irena Misikova ([email protected]) lOMoARcPSD|49092266 Beispiele für frühe theoretische Konzeption des Forschungsfeldes Joan Kelly Gadol: Did Women have a Renaissance? – Sie hat überlegt, für wen die allgemein akzeptierten, verallgemeinernden Aussagen über die Renaissance gelten! Dies hat sie an unterschiedlichen Stellen getan, in diesem Text besonders! Stellt in Aufsatz nicht nur Angemessenheit des Begriffs Renaissance für die Geschichte europäischer Frauen infrage, sondern macht auch den Charakter von Periodisierungen deutlich! Sie fragt nach Formen sozialer Organisation und nimmt bestimmte Kategorien in den Blick – wie wird Sexualität reguliert, welche politischen/ökonomischen/kulturellen Rollen nehmen Frauen ein, welche Ideologien lassen sich nachweisen? Auch auf bedeutende politische Funktion der Frau in der Feudalgesellschaft (Gesellschaft vor der Renaissance) weist sie hin – der Lehensdienst an hochgestellte Frauen oder die Legitimität der Kinder (sexuelle Freiheit) – ganze Kultur der an herrschenden Frauen orientierten Minnesänger! Dem stellt sie ein Modell höfischer Liebe in der Renaissance gegenüber, denn in der Renaissance kam es zu einer Entmachtung der Nobilität zur Herrschaft der Prinzen oder der Republik – eine Familie kann sich nicht von selbst an der Macht erhalten, sondern Prinzen müssen ihre Herrschaftspositionen mit Gewalt durchsetzen! In diesen neuen Herrschaftsformen können Frauen nun keine dominanten Positionen mehr annehmen – auch, da Keuschheit in Renaissance zum Ideal wird! Liebesdient nicht mehr Gegenseitigkeit, von Frau werden imaginäre Idealbilder gezeichnet, reale Personen sind nicht mehr Gegenstand von Liebe/Verehrung! Frauen verlieren Funktionen, dürfen keine Waffen mehr tragen, bei Zugang von Frauen zu humanistischer Bildung ist dies nur mehr an männlichen Modellen orientiert! Kelly Gadol – detailgenaue Analyse auf Darstellung einer spezifischen Transformation im Geschlechterverhältnis – von der Kultur des Minnesangs zur Renaissancekultur der Keuschheit, damit fragt sie nach den Folgen dieser Veränderung für Frauen der oberschicht! (Auf Folie – Kritik der Periodisierung, nach Formen sozialer Organisation fragen, Minnedienst und Geschlecht und Herrschaft im Mittelalter, Höfische Liebe in der Renaissance, Renaissance der Keuschheit, Literatur als Quelle) 2. Beispiel Gerda Lerner (eine der wichigsten Positionen der Frauen- und Geschlechtergeschichte) – eine feministische Theorie der Historie Geht anders vor – stellt umfassenden Anspruch! Rahmen ist Weltgeschichte – Geschichte der Menschheit als Ganzes, bezeichnet sie insgesamt als patriarchalisch! Sie formuliert 13 Thesen, die Unterdrückung der Frau erklären soll und gleichzeitig in pathetischer Weise der Geschichtswissenschaft eine zentrale Rolle bei Befreiung aus patriarchalischer Unterdrückung zusprechen soll! Grundübel – Androzentrismus aller geistigen Konstrukte der westlichen Zivilisation, die immer von Normalfall des Mannes ausging! Sie unterscheidet zwischen biologischem (gegeben) und sozialem (historisch konstruiert) Geschlecht! Sie kritisiert, dass Frauen mit der falschen Behauptung, ihre Rolle sei eine natürliche, aus jeglicher historischer Dokumentation ausgeschlossen, und fordert die historische Analyse der unterschiedlichen Konstruktionsweisen von sozialem Geschlecht! Zentraler Grund der Ausbeutung von Frauen – liegt in der Behandlung von Sexualität als Ware, die dazu geführt habe, dass Frauen selbst zur Ware wurden! Der Theorie der Unterdrück stellt sie einen Spielraum für emanzipatorisches Handeln gegenüber – Frauen seien nicht unbeteiligt an ihrer Unterdrückung und hätten am patriarchalen System selbst mitgewirkt! Ansatzpunkt für politisches Handeln – Historikerinnen sollen Sichtbarmachung und Analyse der Mitwirkung der Frauen herausarbeiten! Heruntergeladen durch Irena Misikova ([email protected]) lOMoARcPSD|49092266 Frühe Differenzierungen der Kategorie Geschlecht – Text von Simon Davis hat klar gemacht, dass Differenzierung der Kategorie Geschlecht sehr früh stattfindet! Sie verwendet nicht mehr eine allgemeine Kategorie Frau! Es fehlen aber auch Problematisierungen der Kategorie Frauen noch vollständig! Von dem her sollte man sie kritisieren und überlegen, wie man differenziertere Positionen einnehmen könnte! 3. Vorlesung Arbeitsteilung, Öffentlichkeit, Privatheit und Geschlecht Einführung: Öffentlichkeit und Privatheit als historische Konzepte Das Private – Rückzugsraum, Schutzraum; Menschen verbinden damit Intimität, Freiheit (von Konkurrenzverhältnissen) – das Private scheint im späten 20./frühen 21. Jhdt. als Gegenpol zur von Konkurrenz und Leistungsanforderungen geprägtem Arbeitsleben und zu den Regulierungsansprüchen des Staates! Andererseits bezeichnet der Begriff auch die nicht von der öffentlichen Hand verwaltete Wirtschaftstätigkeit! Privatwirtschaft im Gegensatz zum Staatsbetrieb/staatlichen Wirtschaft! Heute soll es um die historische neue Konstruktion eines privaten Raumes, der sowohl dem Staat als auch dem Erwerbsleben der Einzelnen gegenübergestellt und in der Folge symbolisch hoch aufgeladen wird! Bedingungen der Pandemie – haben uns dazu gebracht, dass Privatraum und öffentlicher Raum vielfach miteinander verschränkt werden! Die politische Öffentlichkeit ist historisch lang gekoppelt an die Waffenfähigkeit! Krieg stellt Öffentlichkeit her und die Verhandlung der Finanzierung von Kriegskosten sind historisch zentrale Gegenstände von Politik! Die Verhandlung öffentlicher Angelegenheiten war lange an die Berechtigung zum Waffen tragen gebunden – von dieser Berechtigung werden Frauen in der Moderne immer mehr ausgeschlossen! Bild – Augenblick der Revolte, im späten 18. Jhdt. nicht nur männlich geprägt, gute Illustration dafür! Aber auch Infragestellung des Rechts des Waffentragens von Frauen! Herausbildung bürgerlicher Öffentlichkeit als der Ort der argumentierenden, nicht gewalttätigen Auseinandersetzung über alle Fragen der Gestaltung der Gesellschaft löst sich zunehmend vom militärischen Bezug! Aber dieser behält gleichwohl lange Bedeutung, tiefe Spuren in unserem Verständnis von Öffentlichkeit! Z.B. nach französischer Revolution – Kampf um das allgemeine Wahlrecht ohne Unterschied des Geschlechtes Ende 19./Beginn 20. Jhdt.! Öffentlichkeit als ein Ort der Verwandlung über das Gemeinwohl gewinnt an Bedeutung für viele Lebensbereiche – Themen differenzieren sich aus/entfalten sich am öffentlichen Ort der Verhandlung, gleichzeitig werden Frauen aus den Verhandlungen ausgeschlossen – dies beginnt in der französischen Revolution, in dem Moment, wo ständische Gesellschaft mit ihrer Unterordnung sich aufzulösen beginnt und Anspruch auf Gleichheit aller Individuen auftritt, werden Frauen aus der neuen Öffentlichkeit ausgeschlossen! Eines der frühesten Anliegen feministische Historiographie – Ausschließungsprozess verstehen zu lernen! Dafür ist es notwendig, ein neues theoretisches Verständnis des in der Moderne gebildeten Privaten und seiner gesellschaftlichen Funktionen zu entwickeln! Zu diesen Verhandlungen/theoretischen Entwicklungen zum Verhältnis von Öffentlichkeit und Privatheit zählte Heruntergeladen durch Irena Misikova ([email protected]) lOMoARcPSD|49092266 auch die Kritik jener Ideologie, die meinte, dass es sich beim Privaten um einen arbeitsfreien Raum handle! Dies wurde auch in Illustrationen zur Geltung gebracht – frühe Sommeruni, 1. Beispielstext Beispiele: Was hat Hausarbeit mit Kapitalismus zu tun? (Gisela Bock und Barbara Duden) Familienformen und Arbeitsteilungen – Familie, historische Familienformen Scheint an außerakademischen Ort (Frauen-Sommeruni) und ist gleichzeitig ein Text, der vielseitig Grenzen sprengt – stellt nicht nur eingeübte Kategorien infrage, sondern ist auch ein langer, ausführlich belegter Text, der auch Quellen heranzieht, die noch nicht in der Intensität verwendet wurden und ist von 2 sehr jungen Frauen, die noch studierten oder gerade fertig wurden – nicht standardisiert! Politische Sprache, aber auch Anschaulichkeit (Bilder) und sehr wissenschaftlicher Text – alles soll belegt werden! Woran haben die 2 angeknüpft? Politisch ist frühe 2. Frauenbewegung mit Studentenbewegung verbunden – Marxismus spielt große Rolle, deswegen auch Kapitalismus und andererseits geht es darum, wie die Geschlechterverhältnisse in diesen marxistischen Theoretisierungen zur Geltung gebracht werden könnten! Es wird deutlich, dass ein wesentlicher Aspekt der Differenz die Hausarbeit ist! Die 2 versuchen, den Zusammenhand zu historisieren und zu thematisieren! Sie orientieren sich an Wissenschaftsfeld, das in 1970er Jahren große Rolle in Geschichtswissenschaft spielte – Sozialgeschichte, die sich u.A. mit historischen Familienformen auseinandersetzte und auch mit historischen Arbeitsteilungen! Arbeitsteilungen und Familienformen haben sich historisch massiv verändert – wenn es sich so stark verändert hat, kann man kaum sagen, dass es „natürlich“ sei, dass Frauen die Hausarbeit zustehe und Männer im Erwerbsleben stehen oder für eine bessere Welt kämpfen! Bock und Duden betonen, dass das, was sie geholt haben aus dieser sozialgeschichtlichen Befassung mit Familienformen, ist, das zwischen Bruch der alten Welt und Familie der Moderne, der historisch zwischen 18./19. Jhdt. angesiedelt wurde, diese Wende wird als Umbruchszeit wahrgenommen! In der alten Welt gab es gar keine „Hausarbeit“ im klassischem Sinne! Zum einen historische Familienformen, in denen vielfältige Arbeitskooperationen, die nicht zwischen Hausarbeit und Erwerbsarbeit getrennt sind, weil viele „weibliche“ Tätigkeiten mit Erwerb verbunden ist und „“männliche Tätigkeiten mit Gestaltung des persönlichen Lebens verbunden sind – es gibt keine Hausarbeit im klassischen Sinn! Transformation von Arbeitsteilungen im Zuge der Industrialisierung wird ebenfalls von ihnen beachtet und stellen fest, dass wiederum keine klassische Teilung im Großteil der Bevölkerung zwischen Erwerbsarbeit und andererseits familiärem Leben bestehe! Gibt es in der frühen Industrialisierung nicht, weil für die Unterschichten keine Räume/Substistenzmittel/Möglichkeiten bestehen, so etwas wie ein idealisiertes Familienleben zu entfalten und andererseits war ein großer Teil der Frauen auch in der Industriearbeit tätig! Das, was wir mit dem 19. Jhdt. verbinden, Frau zuhause und Mann arbeitend, gilt nur für einen Bruchteil der Bevölkerung (Oberschicht)! Für Mehrheit der Bevölkerung hat das keine Erfahrungsrealität! Vor diesem Hintergrund fragen sie, wie ein Konzept der Hausarbeit, die Vorstellung, dass bestimmte Tätigkeiten von Frauen und immer zuhause arbeiten, entstehen konnte! Argument – Industrialisierung der Arbeit hat dazu geführt, dass die Räume, wo ökonomischer Erwerb betrieben wird und wo sie sich regenerieren, auseinandergenommen werden und diese Entwicklung hat zur Folge, dass die Frage aufkommt, wie in diesem ausgebauten und attraktiven Raum außerhalb des Erwerbslebens das Leben gestaltet wird und wer das tut! Wegen dieser dramatischen Veränderung Heruntergeladen durch Irena Misikova ([email protected]) lOMoARcPSD|49092266 der Erwerbsarbeit erschien zuerst einmal auch für die Zeitgenossen das Entstehen des Privatem zu einem unverändertem Ort – so wurde das Private lange gesehen – ein traditioneller Rest, Überbleibsel/erst zu modernisierendes, gesellschaftliches Feld! Dem halten die zwei entgegen, dass Hausarbeit erst im Kapitalismus notwendig/erfunden und mit seiner Erfindung auch unsichtbar gemacht! Dies mussten sie begründen – sie sagen, dass die unsichtbaren Tätigkeiten (Ausdifferenzierung der Kindererziehung, Notwendig werden eines Rückzugortes, unterschiedliche Formen des Konsums/der Speisenzubereitung) unsichtbar gemacht werden, um es genau als „natürlich“ erklären zu können! Zitat Folie: Arbeit aus Liebe – diesen Zusammenhang wollten sie dekonstruieren, das war ihr Anliegen! Hausarbeit ist ein neues Phänomen und wird unsichtbar gemacht! Wie findet diese Unsichtbarmachung statt? Findet ganz strategisch statt – viele Anweisungen! Hier wird neue Quelle verwendet – Sie sehen sich Ratgeber für Hausfrauen, Anweisungsbücher für junge Ehefrauen, Beratungen für Bräute, … an, wie die Hausarbeit den Frauen nahe gebracht wird! Es gibt unzählige Anleitungen zur Unsichtbarmachung! Die Hausarbeit darf nicht als Arbeit, sondern als Vergnügen und Ausdruck der Liebe zu Mann und Kindern erscheinen! Wenn der Mann von der Arbeit heimkommt, soll daheim alles erledigt sein – man soll erfreut dem erschöpften Mann alles erledigt vorfinden lassen! Neu ist an dieser Art der Interpretation, dass man ablesen kann, was diese Tätigkeiten sind (Kinder baden, putzen, …), aber neu ist, dass man den Blick verschiebt und dorthin richtet, wie die Arbeit unter Anleitung unsichtbar gemacht wird – Unsichtbarmachungsstrategien! Dies dient nicht nur der Gemütlichkeit/Annehmlichkeit des Mannes/der Kinder, sondern dient auch der Selbstdarstellung bürgerlicher Familien! Ich kann es mir leisten, nicht zu arbeiten – repräsentativer Luxus, somit wohlhabende Familie! Es ist zu betonen, dass die bürgerliche Familie nur ein Minderheitenentwurf ist! Dieses Bild der Innerlichkeit/Gemütlichkeit einer bestimmten Art von Emotionalität dient der sich emanzipierenden bürgerlichen Gesellschaft als ein Mittel der Differenzierung gegenüber den Adel zugeschriebenen Gesellschaftsformen und der mangelnden Intimität (Weggabe von Kindern an Ammen und Fehlen emotionaler Beziehungen – dem gegenüber grenzt sich bürgerliches Modell ab mit der Idee der intimen, bürgerlichen Familie! Aber auch von den Unterschichten grenzen sie sich ab, da sie sich dies gar nicht leisten können aber auch mit Begriffen wie Unsitttlichkeit, Verwerflichkeit ausgegrenzt werden! Kleine gesellschaftliche Elite schafft dieses Bild der bürgerlichen Familie – diese Werbung ist sehr erfolgreich und wird zu Muster, wie Familienleben funktionieren soll und dies übernehmen immer breitere Schichten für sich! Alle Frauen werden Hausfrauen? Hier geht es um Annäherung der Klassen zu Lasten der Frauen! Zuerst einmal basiert das bürgerliche Familienmodell nicht auf der Idee, dass alle häuslichen Tätigkeiten von den Frauen und ihren Töchtern getan wird, sondern bürgerliche Haushalte haben auch viel Personal – tut auch viel davon und mit dem Niedergang eines Teil des Bürgertums und dem Verlust der ökonomischen Basis nimmt es immer mehr zu, dass man sich kein Personal mehr leisten kann und diese Arbeiten von den Frauen immer stärker übernommen werden bei gleichzeitiger Unsichtbarmachung, weil darauf hinzuweisen, dass man sich das nicht mehr leisten kann, würde heißen, dass man zugibt, dass man ökonomisch abgesunken wird! Dies wird von den Frauen getragen! In der Krise nach dem 1. Weltkrieg kann man sich kaum mehr Personal leisten – Bürgerliche Frauen sind in der Mehrheit (auch) Hausfrauen und es gibt ein Aufstiegsmodell in der Arbeiterschaft, wo das hochproblematisch für die Arbeiterfrauen ist, da sie für die Arbeiterbewegung ein emotionalisiertes und von kleinem Glück gekennzeichnetem Familienleben zu haben wird ein Aufstieg zu einer besseren Situation, in die man gelangt ist! Dies findet den Ausdruck darin, dass man sagt, meine Frau muss nicht arbeiten, sie kann zuhause bleiben – dieses Zuhause bleiben heißt, dass sie den Haushalt gestalten muss und die Wahrnehmung, man habe es schon etwas besser, herstellen muss durch ihre Arbeit! Das kommt von den Reformkapitalisten, das kommt von der Arbeiterbewegung selbst, etc.! Darauf weisen Feministinnen der 1970er hin und sagen, am Beginn Heruntergeladen durch Irena Misikova ([email protected]) lOMoARcPSD|49092266 des 20. Jhdt. sind alle Frauen klassenübergreifend Hausfrauen geworden aber das ist neu und kann auch wieder enden! Sie setzen sich damit auseinander, dass im Zuge der „Hausfrauisierung“ die Anforderungen an Frauen immer größer werden – immer differenziertere Vorstellungen, wie man Kinder emotional betreuen soll, welche Feinheiten der Speisenzubereitung es gäbe, etc. Einerseits differenziert sich die Arbeit aus, andererseits in der Auseinandersetzung mit der Frage, wie diese gesellschaftlich notwendige Arbeit geleistet werden könne, ohne Frauen darauf zu beschränken/doppelt zu belasten, gibt es viele Rationalisierungsvorschläge! Einerseits wird der Haushalt wie ein Fließband gedacht, wo die Familie rationalisiert wird mit Anweisungen, wie man Sachen möglichst effizient erledigen kann und andererseits ist es ein Markt mit vielen Geräten/Maschinen, beginnend beim Staubsauger, Waschmaschine, neue Küchengeräte, etc. Markt differenziert sich stark aus und Verkaufsargument – das ist ein Helferlein für die Hausfrau! Das heißt, dass man damit sehr viel tun kann! Argument der Historikerinnen ist, dass es nicht stimmt, dass die Arbeit rationalisiert wird, weil jeder Rationalisierungsschritt geht mit einem Schritt zur Ausdifferenzierung der Erfindung neuer Aufgaben einher! Immer noch in 1970er Jahren, in der Konfliktlage, in der die 2. Frauenbewegung sich befindet, die Familie gilt als ein natürlicher Ort, an dem in natürlicher Weise Frauen ihre Arbeiten zu verrichten haben, die Befreiung aus diesem Ort muss mit verinnerlichten Ideologien kämpfen aber auch mit starken Interessen (der Männer, die davon profitieren) und die Antwort der Frauenbewegung der 1970er war, dass man Lohn für die Hausarbeit brauche! Dann wird sie nicht unsichtbar sein und man kann in ganz anderer Weise z.B. streiken, dann wird die Arbeit in gesellschaftliche Berechnungsmodelle der Gesamtökonomie eingebracht, d.h. sie fordern Lohn für Hausarbeit! Darüber ist stark gestritten worden, auch schon 80 Jahre zuvor – Hintergrund ist, dass mit der Lohn-für-Hausarbeits-Forderung auch Festschreibungen verbunden sind! Die Polarisierung der Geschlechtscharaktere (Karin Hausen) Geschlechtscharaktere und die Transformation des Sozialen – Das Auftauchen des Geschlechtscharakters um 1800, der weibliche und männliche Geschlechtscharakter Dieser Text ist sehr viel mehr im wissenschaftlichen Zusammenhang zu sehen, der Text beginnt mit seitenlanger Legitimation, dass die Autorin sich mit ideengeschichtlichen Quellen auseinandersetzt (Lexika), sie geht der Frage nach, warum am Ende des 18. Jhdt. neue Begriffe auftauchen, die Weiblichkeit und Männlichkeit neu definieren! Diese Arbeit galt als „old-school“! Sie musste zuerst erklären, dass das wichtig ist! Sie stellt fest, dass um 1800 eine neue Idee auftaucht, nämlich, dass es einen Geschlechtscharakter gäbe! Man habe anhand des Geschlechts einen bestimmten Charakter! Daran knüpft sich um 1800 eine neue Form, differenziert Weiblichkeit und Männlichkeit zu beschreiben! Diese neuen Beschreibungen bindet viel Denkenergie in dieser Sattelzeit, es entstehen viele theoretische Texte/Lexikoneinträge, das Neue ist, dass diese Differenz universalisiert wird! Das heißt, dass Geschlechterdifferenz sehr viel stärker mit sozialen Rollen verbunden wird! Was tut die Hausherrin/Magd/der Krieger? Neu ist um 1800, dass es universelle Aussagen über die Männer und die Frauen gibt! Diese scheinbar deskriptive Differenzierung (im Zitat auf der Folie) zwischen den Geschlechtern verbindet sich mit Vorstellungen darüber, wie Frauen und Männer ihre Arbeit zu gestalten haben! (Nächste Folie) – Karin Hausen sagt, dass scheinbar deskriptiv tatsächlich eine Programmatik formuliert wird, wie Männer und Frauen ihr Gefühlsleben zu gestalten hätten und diese Ausgestaltung männlicher/weiblicher Charaktere ist funktional für die Art, wie im Kapitalismus Arbeit aufgeteilt wird! Heruntergeladen durch Irena Misikova ([email protected]) lOMoARcPSD|49092266 Sie meint, dass nicht die Kontrastierung der Geschlechter das Neue sei, sondern die umfassende Geltungsbehauptung (gilt nicht nur für bestimmte ständische Gruppen, sondern für alle Männer und Frauen) und andererseits neu ist auch, dass es über die Biologie definiert wird, dass mit Begriffen wie Wesen, Bestimmung, Funktion diese Charakterisierungen für alle Menschen universalisiert werden, während zuvor in der Hausväterliteratur funktionale Rollenzuschreibungen an Hausvater und Hausmutter über Tugenden festgehalten wurden und diese Tugenden sind nicht etwas, was aus dem Wesen kommt, aber nicht aus der Biologie! Man kann sich bemühen oder nicht! Was neu ist, ist, dass nicht mehr die Pflege von Tugenden eingefordert wird, sondern behauptet wird, dass es das Wesen von Männern und Frauen sei, wie sie laut der Beschreibungen sind! Sie fragt, warum das stattfindet! Was ist der ökonomische Hintergrund? Es muss eine gesellschaftliche Veränderung dahinterstehen! Es kommt laut ihr zur Dissoziation von Erwerbs- und Familienleben, Erwerb und Erholung in der Familie treten auseinander! Fabrik/Büro wird zum Arbeitsort, die Einheit von Gewerbe und Haushaltung sprengen zunehmend auseinander! Sie argumentiert, dass die Aufspaltung von Erwerbs- und Familienleben einher geht mit der Polarisierung der Geschlechtscharaktere (mit der immer getrennteren Vorstellung, was Männer und Frauen tun) – dies hat laut ihr damit zu tun, dass die gesellschaftlichen Orte auseinandertreten! Warum geschieht das? Sie sagt, dass Ehe und Familie spezifische Sozialformen moderner Gesellschaften sind, die in bestimmter Weise funktional sind für die kapitalistische Gesellschaft! Z.B. Industrialisierung treibt die Individualisierung voran, denn eine industrielle Gesellschaft braucht einzelne Individuen, die sie im Arbeitsprozess verwerten kann! Man stellt keine Familienangehörigen gemeinsam an, sondern nur einzelne Menschen! Diese Vereinzelung ist aber noch nicht vorhanden, muss erst erzeugt werden – Individualisierung ist ein Prozess, der einher geht mit der sukzessiven Industrialisierung der Arbeitswelten! Erst, wenn wir Vereinzelte sind, können wir uns als Einzelne auf den Arbeitsmarkt bringen! Die Erziehungsleistung, die damit geleistet wurde, ist stark damit verbunden, dass die Kultur der Schule und die Durchsetzung des Schulwesens eine Vereinheitlichung von Grundkompetenzen mit sich bringt! Gleichzeitig bedarf die Individualisierung auch einer emotionalen Ausdifferenzierung – ich muss mir mich als Vereinzelte vorstellen können, dies findet in der ausdifferenzierten Intimraum der Familie statt – dort entwickeln die Einzelnen in ihrer Sozialisation/Jugendentwicklung die Vorstellung ihrer eigenen Einzigartigkeit! Sie sagt, dass deshalb die Familie basierend auf der Ehe zwischen Mann und Frau aus diesem Grund in einer neuen Form Teil des Gesellschaftsvertrages bzw. Teil der Selbstwahrnehmung der Gesellschaft als ein zusammenlebendes Gemeinwesen wird! Im Rahmen dieser Vorstellung der Familie als abgetrennter Raum der Gesellschaft, der nun ganz neue Bedeutung gewinnt, wird auch ein neues Orientierungssystem/Wertungssystem geschaffen, in denen nicht nur mehr Tugenden festgelegt werden, sondern, in dem sich bestimmte Aufgaben auch über die Zuschreibung von Natürlichkeit legitimieren! Ihr Argument ist, dass Herrschaft und die Trennung der sozialen Räume eben auch über diese Zuschreibung der Natürlichkeit der Geschlechtscharaktere stattfindet! Zitat (Folie) – Sie argumentiert, das, was man nun braucht für die Individualisierung bzw. für die Herstellung differenziert denkender/sich selbst als Individuen denkender Menschen ist ein bedürfnisorientierter Raum, und dieser kann nicht über Effizienzkriterien gesteuert werden, deshalb wird er so stark ideologisch abgesichert! Die stärkste Ideologie in der nachrevolutionären Zeit des 19. Jhdt. ist zweifelsohne das Naturrecht, deshalb wird das über Natur abgesichert! Sie verweist aber eben zugleich auf die unmittelbare, ökonomische Bedeutung dieser Familieneinheit für die bürgerliche Familie! Zitat (Folie) – Die Geschlechtscharaktere werden als einander ergänzend gedacht, daran knüpft sich ein ganz bestimmtes, romantisches Liebesideal, wenn man unterschiedlich ist, aber sich ergänzt, ist es schön, wenn man sich findet! 2. wichtiger Punkt – für welche Gruppe ist das Konzept zuerst Heruntergeladen durch Irena Misikova ([email protected]) lOMoARcPSD|49092266 relevant? Es ist eigentlich ein Konzept, mit dem sich das Bürgertum vom Adel und von den Unterschichten abgrenzt! Es verknüpfen sich hochdifferenzierte Bildungskonzepte mit diesen Geschlechterkonzepten, die weit in die Schulsysteme hineingehen und die Aufgabe von geschlechtsspezifischen Schulen ist immer noch nicht zu Ende! Das ist die Grundlage dafür, wie wir heute Familie denken/erfahren, ein Gegenort der Konkurrenz/Rückzugsort! Wenn es darum geht, dieses Konstrukt zu kritisieren/dekonstruieren, sollte es nicht darum gehen, den Anspruch auf Rückzug zu dekonstruieren, sondern es sollte darum gehen, diesen Raum selbst als historisch und damit als veränderbar/gestaltbar neu zu denken! 4. Vorlesung Frauen in Bewegung – Frauenbewegungen Historische Frauenbewegungen Sie entstanden durch feministische Interessen an der Vergangenheit. Man wollte Orte und Arbeitsformen sichtbar machen (z.B. Hausarbeit – verändert sich, ist zentral für Funktionieren von Gesellschaft, soll von Historikern sichtbar gemacht werden!) und man wollte auch auf Frauen im öffentlichen Raum aufmerksam machen, die von der konventionellen Forschung nicht gesehen werden – vergessene Heldinnen, Politikerinnen, skandalöse Frauen, wie z.B. Kurtisanen, Schauspielerinnen, Prostitierte…… Für beide Anliegen gilt, dass Erforschung und Beschreibung der Vergangenheit als ein Weg gesehen wurde, die Gegenwart neu zu erklären und Ansätze einer als defizitär empfundenen Gegenwart zu finden! Feministisches Interesse auch in Problematiken der Geschlechterordnung! Dabei spielten historische Frauenbewegungen eine zentrale Rolle. Es gibt viele Facetten historischer Frauenbewegungen – Frauenrevolutionen 1848, Bewegung zur Befreiung von Sklaven, Aktivitäten in europäischen Arbeiterbewegungen, Forderung nach gleichen politischen Partizipationsrechten, gleicher Zugang zu Bildung/Berufen ….. Historische Frauenbewegungen waren lange ein Lieblingsthema der feministischen Historikerinnen, da sie Identifikationen möglich machten! Besonders ergiebig waren dabei am Ende des 19. Jhdt./Anfang 20. Jhdt. lautwerdende Protestbewegungen gegen Ausschluss von Bildung/politische Teilhabe, Bewegung war alte/erste Frauenbewegung! Dieser Begriff kann aber erst entstehen, wenn es eine neue Frauenbewegung gibt! In der frühen Historiographie gibt es viele idealisierende und unzulässig vereinheitlichende Darstellungen dieser alten Frauenbewegung, aus heutiger Sicht: als Historikerin sollte man sich von der identifikatorischen Sicht lösen – wenn differenzierte Geschichte dargestellt werden soll, auch Widersprüche sichtbar zu machen – gleichzeitig im Hinterkopf behalten, dass Bewegungen in Vergessenheit geraten wären, wenn sie nicht feministischen Historikerinnen der 70/80er Jahre aufgefallen wären. Den feministischen Zugängen ab späten 1960er Jahre wurde genau das vorgeworfen – sie sei eine parteiische und politische Geschichte und ideologisch, nicht wissenschaftlich! Dem wurde von feministischer Seite entgegengehalten, dass gerade sie es waren, die den ideologischen Charakter nachgewiesen haben, dass also nicht sie, sondern ihre Gegner im Dienste politischer Interessen stünden! Zugleich wichtige Frage des Feminismus, inwiefern die WissenschaftlerInnen die Ziele der Bewegung nutzen konnten und ob sie das wollten oder sollten! Auch für feministische Historikerinnen war es eine offene Frage, inwiefern sie ihr wissenschaftliches Engagement auch als einen politischen Einsatz sahen Frauenbewegung – offener Begriff und mit unterschiedlichen Bedeutungen aufgeladen! Präziserer Begriff – Feminismus! Versuch im späten 20. Jhdt. – über definierten Feminismusbegriff definieren, Heruntergeladen durch Irena Misikova ([email protected]) lOMoARcPSD|49092266 worüber man mit dem Begriff Frauenbewegung spricht, außer, dass sich Frauen organisiert haben und politisch aktiv sind – Femismusbegriff konkreter als Frauenbewegungsbegriff an politische Ziele gebunden! Allerdings schwierig/problematisch, ihn allgemein zu verwenden, da er 1900 auftritt und ganz Unterschiedliches meint und auch ein Begriff ist, der zwischen Sprachen chauffiert, im Deutschen meint er etwas Anderes als im Französischen! Spätestens ab 1980er im englischen Raum ein analytischer Begriff, weniger im Deutschen und da englischsprachige Historiographie so zentral ist, ist es notwendig, sich auch mit der spezifischen Verwendung des Feminismusbegriffes auseinanderzusetzen! Karen Offen – wollte eine Definition von Feminismus schaffen, die es erlaubte, gegenwärtige und historische Frauenbewegungen in verschiedenen kulturellen Kontexten mit diesem Überbegriff zu bezeichnen! (Zitat Folie – Definition Feminismus, auf die Gegenwart abzielend) Hier treten viele Konflikte zum Ausdruck, z.B. wenn sie sagt, es ging beim Feminismus um den Kampf innerhalb einer „given society“! Frauenbewegungen in unterschiedlichen, politischen Systemen stellten unterschiedliche Forderungen, da unterschiedliche Dringlichkeiten, was es zu ändern galt! Das hat auch auf der politischen und analytischen Ebene immer wieder zu Auseinandersetzungen geführt, „das kann ja wohl nicht Frauenbewegung sein! Das ist konversativ/einschränkend etc.“, aber in einer anderen Gesellschaft vielleicht freiheitsverschaffend! Um diesem Konflikt eine einheitliche politische Bedeutung zu schaffen, setzt sie mit „given society“ einen kulturellen Raum und hier geht es um die Herstellung eines Gleichgewichtes zwischen Männern und Frauen! Im Text sieht man eine heute kritisch zu sehende, damals aber ganz unproblematische Formulierung, die auf spezifische, weibliche Werte hinfokussiert! Im letzten Teil des Textes der spezielle Kulturalismus! Die Kritik, die sie für die Definition erhalten hat, war, dass sie mit der sehr weiten Definition letztlich auch Rechte faschistischer Gesellschaften ebenso einbeziehen konnte, da es auch hier Bewegungen für mehr Rechte von Frauen gab! Daher ist es eine Defintion, die politisch kritisiert worden ist, aber für die historische Auseinandersetzung auch in ihrer Präzision sehr hilfreich ist und sie weist darauf hin, wie wichtig es ist, dass wir uns bei der Auseinandersetzung mit historisch-politischen Bewegungen uns von Identifikationen verabschieden! Joan W. Scott – 2. Definition Feminismus (historisch angelegt) – hat französischen Feminismus im 19. Jhdt. untersucht, dafür definiert sie Feminismus, aber ganz anders als Karen Offen! (Zitat Folie) Dieses feministische Paradoxon, dass man jene Differenz immer wieder erzeugt, die man eigentlich zu eliminieren versucht, dass man genau jene zugeschriebenen Identitäten, gegen die man angeht, immer wieder als Basis der eigenen politischen Forderungen nimmt, ist ein zentrales, theoretischen Problem des Feminismus als Theorie, es ist aber auch in dieser verallgemeinernden Weise ein Problem, das jede politische Bewegung, die in der einen oder anderen Weise an die Konstruktion von Identitäten anknüpft, immer wieder haben wird! Dieses Paradoxon ist nichts Feministisches, sondern etwas, dem sich feministische Theoretikerinnen besonders bewusst geworden sind! Zurück zu Scott (2. Teil Zitat) – Das wäre nochmals genau jener Vorwurf, dass der Freiheitspartus der sich demokratisierenden, modernen Gesellschaften ganz eng damit verknüpft war, dass das rationale politische Subjekt als ein männliches Subjekt gedacht war und dass im Bezug darauf die Frauen immer vor dem unlösbarem Paradox standen, entweder auf ihre spezifischen Interessen zu verzichten oder selbst an einer Essentialisierung von Weiblichkeit mitzuwirken! Jede Reflexion feministischer Bewegungen muss dieses Paradoxon in den Blick nehmen, um die argumentativen Bewegungen der historischen Protagonistinnen sinnvoll analysieren zu können! Der Vorteil einer historischen Begriffsbildung war, dass es keine unklare Verwischung/Vermischung zwischen gegenwärtigen und historischen Begriffen gibt, aber Problem, dass gegenwärtige Position im Vergleich dazu ganz implizit bleibt. Im Vergleich zu Caren Offen – dort lässt sich viel miteinbeziehen und das kann praktisch sein, aber Nachteil, dass gegenwärtige Positionen sehr leicht in historische Zusammenhänge rückprojeziert werden können. Beide Begriffe haben große Bedeutung erlangt und Heruntergeladen durch Irena Misikova ([email protected]) lOMoARcPSD|49092266 sie können Texte ein Stück weit daraufhin untersuchen, nach wem sich in einem Werk mehr orientiert wird, aber je nach der thematischen Fokussierung wird je die eine oder andere Definition verwendet. Ausschluss aus der politischen Öffentlichkeit als Ausgangspunkt – zentrale Kategorie des Begriffes Feminismus, wie ihn Scott definiert, wie reagiert Feminismus auf Ausschluss? Wenn wir uns überlegen, welche Ausschlüsse Frauen erleben, um näher nachhause zu kommen und ihre eigenen historischen Kontexte in Wien in den Blick zu nehmen, ist der Ausschluss explizit definiert! Z.B. im Vereinsgesetz 1867 – dort steht, dass Frauen, Kinder und Geisteskranke nicht Mitglieder in politischen Vereinen sein konnten! Jeder Verein trug politische Interessen voran, jene kollektiven Akteure, die den Prozess der Auseinandersetzung über das Gemeinwohl vorantrieben, aus jenen Organisationsformen waren Frauen ausgeschlossen – bis nach 1. Weltkrieg! Dieser Ausschluss ist mit weiteren Ausschlüssen verknüpft – Ausschluss aus dem Wahlrecht (1907 Recht jedes männlichem Bürgers), Verweigerung des Rechtes auf höhere Bildung (Studium an Uni); Begründung eingeschränkte Vernunftfähigkeit von Frauen, Protest gegen jene Ausschlüsse wurde am Ende des 19. Jhdt. immer lauter! 2 Protagonistinnen dieser Bewegungen werden nun vorgestellt: Rosa Mayreder und die radikale bürgerliche Frauenbewegung Kritik der Mädchenerziehung – Das, was Frauen als mangelnde Rationalität ausgelegt wurde, kennzeichnete Mayreder als Ergebnis einer an männlichen Bedürfnissen orientierten Zurichtung weiblicher Kinder! (Zitat Folie, Der Kanon der schönen Weiblichkeit) – Sie prangert damit die Zurichtungen, in denen junge bürgerliche Frauen waren, stark an! Ihr Wissen hatte sie als Autodidaktin erworben, das Leiden am Vorenthalt von Wissen schildert sie in ihrer Autobiographie! Z.B. Kunstberichte von Mayreder erschienen unter Pseudonym Franz Arnold! Autodidaktischer Erwerb von Wissen war zentral, dies gewonnen sie durch Lesen, Mitlernen durch Brüder – heimlich geraubtes Gut, von diesem Wissen sind sie in anderer Weise erfüllt als jene, bei denen es nur eine Zumutung der Erziehung in der Schule ist, aber es ist immer prekär, da es nicht institutionell abgesichert ist! Z.B. hat eine Frau allein für die Matura gelernt, durfte sie nach Kampf ablegen, hatte aber keinen Rechtsanspruch darauf, aber hat ihr Recht erstritten, an Vorlesungen der technischen Uni teilnehmen zu dürfen! Es gab viele gebildete Frauen und Schreiben war eine Möglichkeit, Geld zu verdienen – viele taten das unter Pseudonymen! Alles, was Frauen heute tun können, indem man formale Positionen an der Uni erwerben kann, ist erst in den ersten Jahrzehnten des 20. Jhdt. sukzessive erstritten worden. Zurück zu Mayreder – Sie galt mit den scharfzüngigen Essays als Vorreiter der radikalen Frauenbewegung, auch über Österreich hinaus! Sie war über viele Jahr die Vizepräsidentin des Frauenvereins, der die Radikalen innerhalb der Bewegung vertreten hat! Ein wichtiger Kristallisationspunkt der Bewegung waren die Proteste gegen den Wahlrechtsentzug steuerzahlender Frauen in den Gemeinden NÖs in den späten 1880ern, es war so, dass es ein eingeschränktes Wahlrecht gab (keine Demokratie), in diesem Zusammenhang gab es kein individuelles Wahlrecht, sondern ein Recht, das an Besitz gebunden war! Im Rahmen des Kurialsystems gab es auch Frauen, die Grundbesitz hatten, z.B. Witwen von vermögenden Landbesitzern und diese Frauen hatten auch ein Wahlrecht, dieses durften sie nicht persönlich ausüben, sondern durch Boten, aber zumindest ein bisschen Berechtigung zur politischen Partizipation! Demokratisierung ist eine Bewegung, die darauf zielt, das Recht zu wählen nicht an Besitz, sondern an das Individuum zu binden – im Zuge dieser Modernisierung werden diese wenigen Frauen vom Wahlrecht ausgeschlossen und dagegen protestieren bürgerliche Frauenrechtlerinnen, damit verteidigen sie die Rechte von wenigen Frauen der Elite – Hintergrund später folgender Konflikte! Heruntergeladen durch Irena Misikova ([email protected]) lOMoARcPSD|49092266 Mayreder und ihr Verein forderte die staatsbürgerliche Gleichstellung von Frauen, die Zulassung zu allen Bildungsstätten und zu allen Berufsmöglichkeiten für Frauen! Haben oft kooperiert und sich von den Christlich-Sozialen abgegrenzt und geben ab 1899 eine Zeitschrift heraus, in der die Perspektiven dieser Bewegung diskutiert/ausformuliert werden! Zeitschrift hieß „Dokumente der Frauen“, später hieß sie „Neues Frauenleben“ 1902 schlossen sich bürgerliche Frauenvereine zum Bund österreichischer Frauenvereine zusammen! Folgende Ziele: Unterstützung ethischer, geistiger, humanitärer, wirtschaftlicher Bestrebungen der Frauenbewegung, die Gleichberechtigung in Schule, Familie und Erwerbsleben! Was fehlt? Politische Gleichberechtigung – Besorgnisbestand, man ist ein politischer Verein und von der Auflösung des Vereins bedroht! Aber zwischen dem allgemeinen österreichischem Frauenverein und dem Bund österreichischer Frauenvereine immer wieder Konflikte – im Hinblick auf die Nichtunterstützung der Wahlrechtsforderung! Sozialhistorische Kontexte – da spielt die soziale Situation der unverheirateten Frauen in Mittelschichten, die kaum Erwerbsmöglichkeiten hatten, eine große Rolle! Für Frauen, die aus den gebildeten Mittelschichten kamen, gab es, wenn es ihnen nicht gelang, einen Ehemann als „Ernährer“ zu finden, keine Möglichkeiten, sich selbst zu erhalten und sie hatten keine Möglichkeiten, sich gemäß ihrer Ausbildung und auch der gesellschaftlichen Erwartung ihrer Klasse zu erhalten – großes soziales Problem mit den unverheirateten Mittelschichtstöchtern, die von Brüdern, Onkeln erhalten werden, doch ein Auskommen finden oder ihre Klasse verlassen und in die Fabrik gehen! Eine der wenigen Möglichkeiten einer legitimen Erwerbsform war die Arbeit als Volksschullehrerin – schlecht entgolten, aber bürgerlich anerkannt! Viele haben gemeinsame Haushalte gegründet, um günstiger zu wohnen, aber auch, um ein soziales Milieu zu begründen, wo sie nicht nur ein Rad an einer Familie waren! Genau dieses Milieu der Lehrerinnen begründet diese Frauenbewegungen in vielen, europäischen Ländern! Sie nehmen stark wahr, wie ihre schwierige Situation mit den geringeren Rechten als Männer zu tun hat. Noch 2 Themenfelder: Angriff aufs Zölibat – nicht das der Priester, sondern das der Lehrerinnen! Hat in vielen Ländern Gesetze gegeben, dass Volkschullehrerinnen nur so lange Lehrerinnen sein können, solang sie sich nicht verheiraten! Anderer Aspekt: Auseinandersetzung mit der Prostitution! War ein wichtiges, gesellschaftliches Feld im 19. Jhdt. und war wichtig für die Frage der öffentlichen Gesundheit ein Ort, wo Krankheiten verbreitet wurden – dort haben sich Männer und Prostituierte angesteckt und die Frauen an ihre Frauen weitergegeben! Um dagegen vorzugehen, gab es strenge Polizeiordnungen, wo es hieß, dass Prostituierte auf der Straße zwangsuntersucht werden könnten und dazu gezwungen würden, sich Behandlungen zu untersuchen! Viele Polizeiorganisationen haben gesagt, jede Frau, die sich nicht in Begleitung eines Ehemannes/Bruders/Vaters auf der Straße bewegt, ist potentiell eine Prostituierte und kann aufgegriffen/zwangsuntersucht werden! Dagegen treten diese bürgerlichen Frauen auf und sagen, das die Prostitution nicht mehr reguliert werden darf – Angriff auf die Freiheit von Frauen! Sehr kontroversielle Forderung, aber Möglichkeit der Frauen, der Ehe und der ehelichen Sexualität überhaupt zu thematisieren! In diesem Zusammenhang wird ein Text zitiert, der ihre kritische Auseinandersetzung mit Männlichkeitskonzepten deutlich macht! (Zitat Folie): Dieser Text ist immer wieder als Beispiel herangezogen worden, dass um 1900 nicht nur weibliche, sondern auch männliche Identitäten problematisch geworden sind aber auch als einen Beleg für den umfassenden, humanistischen Anspruch der Frauenbewegung – es ging ihr nie nur um die Rechte der Frauen, sondern um ein anderes Verhältnis aller Menschen in der Gesellschaft zueinander! Adelheid Popp und die Arbeiterinnenbewegung Heruntergeladen durch Irena Misikova ([email protected]) lOMoARcPSD|49092266 Sie kam aus ganz anderem sozialen Milieu, aus der Arbeiterschicht – machte sie zur zentralen, politischen Agenda – Forderungen der Arbeiterbewegung! Ihr geht es darum, die Not des Lebens zu schildern, um daraus politische Forderungen zu generieren und so schreibt sie eine Autobiographie „Die Jugendgeschichte einer Arbeiter“ – sie macht damit klar, dass sie zwar ihre Geschichte erzählt, dass es aber nicht um sie persönlich geht, sondern dass es für das Leiden vieler stehen soll! August Bäbel 1907 Vorwort des anonymen Buches geschrieben! Adelheid Popp schreibt einleitend, an was sie sich selbst von ihrer Kindheit erinnert (Zitat Folie); Wohnung einer Arbeiterfamilie um 1900, die ein Bild der Situation gibt! Verweigerung von Bildung auch zentrales Thema – aber nicht staatliche Bildungsinstitutionen sind es, die den Zutritt verweigern, sondern sie sind unerreichbar! Adelheid Kind einer Weberfamilie, nach frühem Tod ihres Vaters musste sie arbeiten, es wird deutlich, dass die 8-jährige Schulpflicht nicht durchsetzbar war für viele! Sie schildert, wie ihre Mutter immer wieder mit ihr umgesiedelt ist, um den Schuldirektor nicht auf die Idee kommen zu lassen, dass es hier noch ein Kind gäbe, dass in die Schule gehen sollte! Elend und Rechtlosigkeit der Arbeiterschaft in der Hochphase der Industrialisierung wird in ihrem Buch dargestellt. Bildung wird durch die ökonomische Situation verunmöglicht und durch die Strategie ihrer Mutter – sie flieht der Aufsicht der Behörden. Die Jugendgeschichte dient nicht nur der Sichtbarmachung von Elend, sondern auch zentrale Botschaft des Aufstieges, der durch Bildung/Organisation möglich wird! Adelheid Popp präsentiert ihren Lebensweg als positives Beispiel – sie ist Autodidaktin, später Freidenkerin/Republikanerin und damit ihre Opposition zu Kirche und Kaiserhaus, mit 14 Jahren wird sie sich durch Lesen sozialdemokratischer Zeitschriften bilden und wird Mitglied in einem Arbeiterinnen-Bildungs-Verein, wo sie Teil sozialdemokratischer Politik wird! Mit 17 hält sie eine Rede über die unerträgliche Situation der Arbeiterinnen auf einer Parteiversammlung der sozialdemokratischen Partei! Ab 1893 ihre eigens herausgegebene Arbeiterinnenzeitung, das zentrale sozialdemokratische Argentationsblatt für Frauen – hohe Auflagen, Übersetzungen in viele Sprachen! Sie gründete 1902 Verein sozialdemokratische Frauen und Mädchen und blieb immer eine Zentralfigur dieser Bewegung! Forderungen: Verbesserung der Situation der Arbeiterinnen und Dienstmädchen, Wahlrecht und Gleichberechtigung in der Ehe! Sie bewies viel Mut, da sie in der Arbeiterinnenzeitung mit dem Artikel „Die Frau und das Eigentum“ wegen Herabwürdigung der Ehe zu 14 Tagen Arrest verurteilt wurde. Felder des Engagements – Arbeitskampf (Organisation der Protestversammlungen/Streiks der Fabrikarbeiterinnen) und die Alphabetisierung von Arbeiterinnen! Problem: Kritik der männlichen Gewalt – dies hieß quer zum Klassenkampf auch, die proletarischen Männer anzugreifen! Familiäre Gewalt war ein zentrales Problem für Arbeiterinnen – Thema, über das diese Gewalt in der Familie öffentlich gemacht werden konnte – Kampf gegen den Alkoholismus! Abstinenzbewegung war ein Umweg, über den männliche Gewalt in der Arbeiterschaft kritisiert werden konnte! 2. zentrales Ziel: Durchsetzung des allgemeinen Wahlrechtes ohne Unterschied des Geschlechtes, das die Sozialdemokratie in ihr Parteiprogramm aufnimmt, allerdings bei politischer Chance, ein allgemeines Wahlrecht für Männer durchzusetzen, hat die Parteiführung aufgefordert, jetzt nicht für das Frauenwahlrecht zu argumentieren, da dies nicht durchsetzbar wäre, damit das allgemeine Männerwahlrecht durchsetzbar wäre! Frauen wie Adelheid Popp setzten das auch so um – wurde ihr als Verrat an feministischen Forderungen von den liberalen Stimmrechtsaktivistinnen angekreidet! Frauenbewegungen um 1900: Gemeinsamkeiten und Differenzen Es gibt eine Reihe von zentralen, gemeinsamen Forderungen der Arbeiterinnenbewegung und der bürgerlich-liberalen Frauenbewegung! Das ist der Kampf um politische Berechtigung, der Kampf um gleiche Bildungsmöglichkeiten, aber die Klassendifferenz spielte massive Rolle – nicht nur in der Art und Weise, wie die Protagonistinnen ihre politischen Forderungen dachten, sondern auch in Hinblick Heruntergeladen durch Irena Misikova ([email protected]) lOMoARcPSD|49092266 auf die Probleme, die sich ihnen in ganz unterschiedlicher Weise stellten – dass diese zentralen Forderungen immer nur partiell gemeinsam vertreten werden konnten! Vor diesem Hintergrund ist eine weitere Differenz zu denken – Tatsache, dass Frauenbewegung um 1900 und darüber hinaus ein Bewegung europäischer, weißer Frauen war, die weder die Frauen in kolonialisierten Ländern in den Blick genommen haben, noch den Rassismus in den eigenen Gesellschaften wahrgenommen haben! 5. Vorlesung Handlungsräume: Geschlecht und Politik Einführung: Der Vertrag als Rahmen – politische Handlungsräume in der Moderne Gesellschaftsvertrag – Politische Theorie der Moderne baut auf dem Konzept des Vertrags auf. Der moderne Staat wird in der Lehre vom Gesellschaftsvertrag erzählt als eine Geschichte der Ablösung von der natürlichen Unterwerfung unter die Väter, deren Macht die Söhne abgeschüttelt hätten und die nun die Herrschaft der Väter durch eine moderne, bürgerliche Regierungsform ersetzten. Art und Weise, das politische Denken in den Rahmen einer historischen Erzählung zu setzen. Die Schaffung der Institution des Staates wird dabei legitimiert als ein für den Einzelnen guter, sinnvoller Tausch – Nämlich durch die Schaffung der Institution des Staates verlassen die Individuen die Unsicherheit der natürlichen Freiheit, die immer eine bedrohte Existenz ist und unterwerfen sich der Gesetzmäßigkeit/Macht des Staates, wobei sie die geschützte und gleiche bürgerliche Freiheit eintauschen. Das Verlassen des unsicheren Naturzustandes ist wie das Eingehen eines Vertrages. Ein aktuelles Beispiel dafür: Mit dem Staat Österreich gehe ich den Vertrag ein, dass ich mich ihren Gesetzen sowie den Anweisungen der Exekutive unterwerfe, dafür beschützt mich diese Exekutive im Falle einer Terrorarattacke so gut sie kann vor dieser Gefahr. Das ist die Idee des Vertragskonzeptes – Wir verlassen die Unsicherheit der natürlichen Freiheit und unterwerfen uns der Gesetzmäßigkeit des Staates, dafür werden wir geschützt und erhalten bestimmte Rechte, aber auch bestimmte Pflichten – wir müssen uns auch der Gewalt der Exekutive dieses Staates unterwerfen. Dieses Verlassen des ungesicherten Naturzustandes wird als Gesellschaftsvertrag bezeichnet! Ein Vertrag kann aber nur ein Individuum eingehen, dessen natürliche Freiheit voraus gesetzt wird! Diese gesellschaftliche Vertragstheorie geht davon aus, dass alle Individuen, die Staatsbürger in einer Gesellschaft werden, von Natur aus diese Freiheit besitzen! In dieser Erzählung tritt nun an die Stelle der Gewalt der Väter der Staat, der die bürgerliche Freiheit der Einzelnen garantiert und im Gegenzug unterwerfen sie sich der Gewalt des Staates! Der Gesellschaftsvertrag als politische Theorie im 17./18. Jhdt. ist eine Theorie der Freiheit, jeder Vertrag setzt aber voraus, dass beide Vertragspartner in gleicher Weise das Eigentum an der eigenen Person besitzen – das ist im Gesellschaftsvertrag grundgelegt! Die bürgerliche Gesellschaft ist als gedachte Vertragsgesellschaft bereits im 19. Jhdt. stark kritisiert worden – wichtigste Kritik die des Marxismus, die auf die nur scheinbar Gleichheit der Vertragspartner im Arbeitsvertrag und die aus diesen ungleichen Bedingungen Ausbeutung hingewiesen haben! Vertrag zwischen Fabriksbesitzer und Arbeiter – nur scheinbar ein Vertrag unter Gleichen, da sie in ganz unterschiedlichem Verhältnis zu den Produktionsmitteln stehen! Geschlechtervertrag – Weit weniger politisches Gehör fand bislang die Kritik der Feministinnen, die sich mit der nur scheinbaren Geschlechtsneutralität des Gesellschaftsvertrages auseinandersetzten. Schon am Ende des 18. Jhdt. wurde von Carole Pateman auf die Verflechtung der Öffentlichkeit der Politik mit der Herrschaft im Privaten hingewiesen! John Stuart Mill hat gemeinsam mit Harriett Heruntergeladen durch Irena Misikova ([email protected]) lOMoARcPSD|49092266 Taylor und Helen Taylor die problematische Konzeption des Ehevertrages kritisierte, der in der Vertragstheorie zugleich von der Gleichheit und von der Ungleichheit der Vertragspartner ausging! Carol Paitmenn hat postuliert, dass mit dem Gesellschaftsvertrag ein Geschlechtervertrag besteht, der ebenso wie dieser zu den Fundamenten des modernen Staates zähle. Dieser findet seinen Ausdruck im Ehevertrag als einem Vertrag zwischen Ungleichen! So wie der Vertrag zwischen Fabriksarbeiter und Fabriksbesitzer sei auch der Ehevertrag ungleich! Wesentlichste Funktion – Sicherung des freien Zugang für Frauen für alle Männer und damit die Reorganisation der patriarchalen Ordnung in der als brüderliches Patriarchat gekennzeichneten, bürgerlichen Gesellschaft. Geschlechtervertrag ist nicht ein Vertrag zwischen den Geschlechtern, sondern ein Vertrag zwischen Männern über die Regulierung der Geschlechterverhältnisse. Grundvertrag – Wichtigstes Argument ist die These, dass die Privatsphäre keineswegs ein von der Öffentlichkeit abgetrennter Bereich sei, sondern dass vielmehr die Unterwerfung der Frauen im Privaten das Fundament der öffentlichen Ordnung darstelle! Nach dieser These sind im Grundvertrag sowohl die Freiheit der männlichen Individuen als auch die Unterwerfung der Frauen festgelegt! Wichtig ist dabei, dass sie mit all ihren Thesen nicht von einem geschlossenem Vertragswerk spricht, sondern dass sie die im 17./18. Jhdt. entwickelte Vertragstheorie als eine machtvolle Erzählung zur Legitimierung moderner Gesellschaftsordnungen interpretiert! Gesellschaftsvertrag – Konzept, das in der Vertragstheorie behauptet wird, und Carole Pateman sagt, dass es nicht um den Gesellschaftsvertrag gehe, sondern um den Grundvertrag, in dem der Gesellschaftsvertrag und der Geschlechtervertrag enthalten sind, und diesen Grundvertrag muss man analysieren. Zitat Carole Pateman: Pateman’s Analyse zählt zu einer der Grundlagen der feministischen, politischen Theorien! Hat zwar viele Kritiken/Modifikationen erfahren, aber ihre Thesen können uns helfen, das Paradoxon von Gleichheit und Differenz zu interpretieren, das in der letzten Stunde Thema war! Können uns helfen, zu erklären, warum die Gleichheit politischer Rechte, wie sie mit dem allgemeinem und gleichem Wahlrecht ohne Unterschied des Geschlechts grundgelegt ist, die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern in politischen, ökonomischen und sozialen Beziehungen nicht umstandslos aufzugeben vermochte! Dies soll anhand einiger politischer Verweise verdeutlicht werden: Gleichheit als Prinzip: Wahlrecht und Geschlecht Die Frau als Wählerin – 1918 nach dem 1. Weltkrieg wird in Österreich die Ausgrenzung der Frauen aus der politischen Partizipation durch das Männerwahlrecht aufgehoben und es kommt zu einem allgemeinen Wahlrecht ohne Unterschied des Geschlechts. Dies ist eine wesentliche Änderung, die später als Ergebnis der österreichische Revolution genannt wurde. Schon im Moment der Eroberung der politischen Öffentlichkeit als Handlungsraum für Frauen kommt das Paradoxon von Gleichheit und Differenz zum Ausdruck: Das Ende 1918 erlassene Wahlrecht erhebt Gleichwert zwischen den Geschlechtern zum Prinzip! Es gilt: Ohne Unterschied des Geschlechts! Doch die darauf folgenden, politischen Reaktionen führten die Differenz wieder ein! Zeitschrift für Frauenstimmrecht – Artikel: Die Frau als Wählerin. In einer Vielzahl von Texten in Vorbereitung der ersten Wahl folgt diese Form der Themensetzung – dies ist ein paradoxe Formulierung, in der die Gleichheit der Wählerin und die Differenz der Frau zusammengeführt wird. Der Text ist getragen von der Atemlosigkeit der sich überstürzenden Ereignisse! Es klingt auch Schrecken über die Geschwindigkeit durch – die Frage, was dieser Umsturz der Verhältnisse für die politische Entwicklung bedeute, wird nicht ohne Sorge gestellt. Dieselben Frauen, die noch vor Heruntergeladen durch Irena Misikova ([email protected]) lOMoARcPSD|49092266 wenigen Tagen in völliger politischer Recht- und Interesselosigkeit gehalten wurden, sollen nun mit einem Schlag in den Vollbesitz der staatsbürgerlichen Rechte gelangen, entscheidenden Einfluss auf die Wahl zur verfassungsgebenden Versammlung erhalten! Wenn wir diesen Stimmrechtsaktivistinnen ihren Reaktionen auf das allgemeine Wahlrecht folgen, dann erscheint das Wahlrecht auf einmal etwas, das die Frauen „vielleicht gar nicht reizt“. Politische Aufklärung und Schulung der neuen Wählerinnen wird zu einem wichtigen Handlungsraum und zu einem wichtigen politischen Mittel – Infobroschüren, Flugzettel, etc. wurden gemacht. „Die Frau als Wählerin“ – Frauenrechtlerinnen haben es schwer, eine politische Heimat zu finden, da die Parteienlandschaft sich durch die Entscheidung zur Integration der Frauen in die politischen Rechte sich nicht schlagartig geändert hat und zum Anderen, dass das einigende Band eines sogenannten Frauenstandpunktes, das zuvor im gemeinsamen Ausschluss von den politischen Rechten definiert war, schnell brüchig wird und an Legitimität verliert. Die Wählerinnen wandten sich je nach ihren politisch-sozialen Milieus den unterschiedlichsten, um sie werbenden Parteien zu. Als Adressatinnen der Wahlwerbung waren Frauen am Beginn der ersten Republik sehr präsent! Das ist nicht sehr verwunderlich, da die Frauen mehr als die Hälfte des Elektorates (wahlberechtigte Bevölkerung) aus! Einen möglichst großen Anteil der Stimmen zu gewinnen, war eine Frage höchster Priorität geworden! Frauen wurden als eine homogene Gruppe angesprochen und die Frauenwürde erscheint als ein gesonderter Wert, der sich offenbar von der Würde der männlichen Bürger unterschied! Frauen wurden nicht in Hinblick auf differenzierte, individuelle Interessen/Positionen angesprochen! Dies geschieht auch, wenn scheinbar eine spezifische Gruppe von Frauen adressiert wird – im nächsten Bild wird eine spezifische Gruppe (Mütter) angesprochen, sie werden auf eine spezifische Funktion reduziert, nämlich darauf, dass sie Mütter sind oder sein könnten! Es geht um die trauernden Mütter des zu Ende gegangen Krieges und auch um alle Frauen als mögliche Mütter zukünftiger Söhne! Die Geschlechterdifferenz, die im Wahlrecht aufgehoben ist, lebt aber in einer bestimmten Adressierung und politischer Wahlwerbung wieder auf! Im Moment, in dem die in Ausschluss festgelegte Gemeinsamkeit aufgehoben wird, beginnt die Politik, Frauen als Gruppe herzustellen! Seit der Unterschied des Geschlechts keine Rolle mehr für die grundlegende politische Berechtigung spielt, ist durch die spezifische Form der Adressierung eine politische Gruppe entstanden, die Geschlecht als unterscheidendes Merkmal haben soll, nämlich die Frauen. Es ist jedoch nicht so, das nun auch die Männer als Gruppe adressiert würden, sie bleiben differenzierte und nach unterschiedlichen Interessen und Orientierungen differenziert anzusprechende Individuen ohne Geschlechtseigenschaft! Es erscheint uns vielleicht als positiv, dass Frauen nun als Frauen adressiert werden, aber Männer werden in keiner Weise als Männer adressiert und sie sind nicht verpflichtet, sich als Männer in einer Sache einig zu sein, da sie Individuen sind! Die schon vor der Einführung des allgemeinen Wahlrechts politisch aktiven Frauen, z.B. Aktivistinnen der bürgerlich-liberalen Frauenrechtsorganisationen oder die Sozialdemokratinnen hatten allerdings Schwierigkeiten, auf diese Entwicklung zu reagieren. Die Sozialdemokratinnen hatten sich darauf festgelegt, dass ab dem Zeitpunkt der politischen Gleichstellung in ihrer Partei diese misstrauisch betrachtete Sonderorganisation der Frauen obsulet werden solle und sie lösten daher den Verein auf, den diese Sonderorganisation trug und sie verloren die außerhalb der Partei gegründete Machtbasis, mit der sie Möglichkeiten gehabt hätten, in den männerbündischen Strukturen der Partei spezifische Interessen zu vertreten. Anders gelagert war die Situation bei den bürgerlich- liberalen Frauenrechtsorganisationen. Der Dachverband war der Bund österreichischer Frauenvereine und dieser hat sich schon vor dem ersten Weltkrieg Überparteilichkeit als einigendes Band festgelegt, sodass nun strategische, temporäre Bündnisse mit einzelnen Parteien gar nicht möglich waren! Man konnte sich keiner Partei mehr annähern als einer anderen! Dies ermöglichte, sehr unterschiedliche Frauenvereine im Dachverband zu vereinigen, aber gleichzeitig hat man in den Heruntergeladen durch Irena Misikova ([email protected]) lOMoARcPSD|49092266 nun relevanten Machtspielen der Parteien sich gar nicht als Kooperationspartner positionieren können. Während die Sozialdemokratinnen quasi auf das Prinzip der Gleichheit zwischen den Geschlechtern setzten, die Möglichkeiten zur Artikulation von Interessen als Frauen selbst eingeschränkt hatten, beschränkten sich die bürgerlich-liberalen Frauen auf ein Verständnis der Kategorie Frauen, das diese Kategorie jenseits aller politischer Differenzierungen situierte. In dem Moment, in dem die Wahlwerbung die politische Gruppe Frauen herstellte, wurde eine homogene politische Kategorie (Handlungsgruppe) für die Sozialdemokratinnen und für die Feministinnen problematisch. Dies ist das feministische Paradoxon, mit dem sich politische Theoretikerinnen, die sich mit Geschlechterverhältnissen auseinandersetzten, ganz massiv auseinandergesetzt haben. Wie wählen die Frauen? – Parteien wissen, dass die Mehrheit des Elektorates Frauen sind, deswegen war das Frauen gewinnen eine zentrale Agenda für alle Parteien der ersten Republik. In dem Zusammenhang haben alle Parteien eine große Besorgnis empfunden gegenüber dem „unberechenbarem Wahlrecht der Frauen“ – Neue Mehrheit, von der man wenig Eindruck hatte, wen sie wählen würden! Es zeigt sich geringe Bereitschaft der Parteien, in den gesetzgebenden Körperschaften Themen mit Nachdruck zu positionieren, die in besonderer Weise die Lebensrealitäten von Frauen betrafen, wie z.B. Abtreibungsverbot und Thema Eherecht! Parteien haben die Frauen als homogene Gruppe angesprochen und zum Anderen haben sie sich darauf geeinigt, dass man das nun detailliert erforschen würde, wen die Frauen wählen würden! Besonderheit der österreichischen Zeitgeschichte daraus entstanden – Getrennte Auszählung der Stimmen von Frauen und Männern! Damit entsteht ein großes Wissen darüber, wie sich ein geschlechtsspezifischer Unterschied im Wahlverhalten zeigen lässt! Detailliert dargestellt und interpretier wurden die Ergebnisse von Robert Danneberg, der die getrennte Auszählung vorangetrieben hat. Was zeigen die Statistiken? Sie zeigen, dass ein rein weibliches Elektorat etwas konservativere Ergebnisse erbracht hätte, als hätten nur Männer gewählt. Haben Frauen Hitler an die Macht gebracht? Sie zeigen für Österreich, dass der populäre Mythos, Frauen hätten die NSDAP durch ihr Stimmverhalten an die Macht gebracht, nicht stimmte! Sie wurde als wahlwerbende Partei der ersten Republik durchwegs von einem signifikant höheren Anteil von Männern als von Frauen gewählt. Allerdings schlichen sich die Geschlechteranteile mit dem Erstarken der NSDAP langsam an, dies hat damit zu tun, dass die NSDAP zunehmend gesellschaftliche Akzeptanz erfahren hat, und es gibt ein weiteres Prinzip des Wahlverhaltens von Frauen: Viele Frauen tendieren dazu, größere Parteien der politischen Mitte zu wählen als Parteien am Rand des Spektrums wie z.B. KPÖ oder extem rechte Parteien wie die NSDAP sind stärker von Männern gewählt worden, aber immer, wenn solche Parteien in die Mitte der Gesellschaft rücken, dann gewinnen sie auch bei den Frauen Zustimmung. Was an Robert Dannebergs Texten auffällt, mit denen er die geschlechtsspezifischen Wahlergebnisse analysiert – Homogenisierung der sogenannten Frauenstimmen! Während allerdings nie von Männerstimmen die Rede ist, sondern diese als eine Stiege der allgemeinen Verhältnisse interpretiert werden, von denen die Frauenstimmen in die eine oder andere Richtung abgewichen haben. Der Normalfall bleibt also der Mann als differenziertes Individuum, auch wenn sie die Minderheit des Wahlvolkes darstellten! Vor diesem Hintergrund gewinnt es eine spezifische Bedeutung, dass in einem Moment des zugespitzten, spezifischen Kampfes, nämlich mit der Auseinandersetzung mit der NSDAP, am Ende der ersten Republik die Artikulation/Adressierung einer scheinbar homogenen Gruppe von Frauen eine besondere Rolle spielte. Die Frauen sind so etwas wie die letzte Ressource, auf die zurück gegriffen wird! Bild – Sozialdemokratische Wahlwerbung, Cover der Unzufriedenen – positioniert sich als unabhängige Wochenschrift für alle Frauen, Idee war, in der Adressierung von weiblichen Wählerinnen über das unmittelbare Potenzial der Parteimitglieder hinauszugelangen und dies hat Heruntergeladen durch Irena Misikova ([email protected]) lOMoARcPSD|49092266 man versucht mit einer Zeitschrift, die ein breiteres Angebot als Politik angeboten hat, sondern auch Information und Unterhaltung! Dieses Titelbild kurz vor den Nationalratswahlen 1932, dort ist die Negative die Nationalsozialistin! Um die Motivation zur Wahl zu vermitteln, wird die Frau als eine Macht dargestellt, hier wird Geschlechterkampf dargestellt, rechts Frauengruppe – wird repräsentiert von Frau, die Brief in die Urne wirft, Männer scheinen sich zu fürchten vor wählenden Frauen und sind durch einige Symbole bestimmten politischen Lagern zuordenbar – z.B. Heimwehrer mit Hahnenschwänkchen am Hütchen, Herr mit Brille Kapitalist – alle schauen zweifelnd auf die Wählerinnen und hier wird Macht der Frauen vermittelt! Ganz unten rechts Faust auf Papier – dort ist ein Hakenkreuz angedeutet, dort wird die Macht der wählenden Frauen adressiert! Politik des Paradoxon: Gleichheit und Differenz Politische Mandatarinnen – Frauen wurden mit dem Wahlrecht zu Adressatinnen politischer Kampagnen, aber auch zu Akteurinnen – zu gewählten Vertreterinnen der Parteien! Wobei ihre Zahl in der 1. und 2. Republik lange klein blieb. Der Anteil weibliche Deligierter im Nationalrat lag zwischen 4 und 7% und Parteien waren nicht dazu bereit, Frauen in größerer Anzahl als Kandidatinnen aufzustellen. Erstes Bsp. von Gleichheit und Differenz: Die Differenz wird aufrechterhalten in der tatsächlichen Repräsentation, nur in einer spezifischen Propaganda wird von Gleichheit gesprochen. Am ehesten haben die Sozialdemokratinnen weibliche Mandatarinnen positioniert und diese Partei hat sich immer wieder als Frauenpartei dargestellt – aber auch bei ihnen betrug der Anteil der Männer an den Mandatoren immer noch 85-90%. Statistik über politische Mandatarinnen – keine Partei hat ernsthaft in gleicher Weise die Frauen in gleicher Weise in das politische Handeln eingebunden wie Männer, aber es ist eine wichtige neue Gruppe! Wen repräsentieren diese Frauen? Einfachste Antwort: Das politische Programm der Partei, die sie aufgestellt hatten und die Wähler/innen, die ihnen Stimmen gegeben hatten. Auf den zweiten Blick aber komplizierter: Denn politische Mandatarinnen wurden und werden vielfach nicht jenseits ihrer Geschlechtszugehörigkeit wahrgenommen und viele sehen sich als Repräsentantinnen der Frauen. Wer sind die Frauen, wo Frauen doch unterschiedliche Parteien mit unterschiedlichen Programmen wählen? Die Artikulation und Herstellung einer homogenen Kategorie Frauen ist nicht nur eine Reaktion der Parteien auf das gleiche Wahlrecht, sie ist auch ein Anliegen/eine Argumentationsbasis der Frauen, die nun in der Politik aktiv wurden! Der Frauenstandpunkt scheint wie eine Aufgabe zu sein, mit der sich Politikerinnen identifiziert haben und mit der sie identifiziert wurden. Diese Aufgabe weicht von jenen Aufgaben, die sie mit allen männlichen Politikern teilten, in einer noch näher zu untersuchenden Weise ab. Weibliche Moral oder individuelles Recht? – Sichtbar wird die Ambivalenz darüber, was die Frauen in der Politik wären, schon in den Wahlrechtsforderungen der Frauenbewegungen, also bereits, bevor Frauen politische Mandatarinnen sind. Denn diese Forderungen wurden nur zum Teil im Namen eines individuellen Rechtes ohne Unterschied des Geschlechts gestellt. Viel häufiger wurden sie im Namen einer weiblichen Moral formuliert. Den Frauen wurde ein besonderer Zugang und eine besondere Aufgabe im Gemeinwesen zugewiesen. Eine Reihe von Frauen argumentierte, dass die Politik und die Ordnungen/Verhältnisse ähnlichen Wesens so geprägt seien, dass es nun dringen der Mitwirkung von Frauen und ihres fürsorglicheren/moralischeren Zuganges bedurfe, um eine bessere Gesellschaft zu schaffen. Sie definierten damit ihre Kritik an den Verhältnissen und ihre politischen Projekte als weiblich. Die Vorteile dieser Argumentation: Sie erlaubten es, das Wahlrecht an Frauen Heruntergeladen durch Irena Misikova ([email protected]) lOMoARcPSD|49092266 und ihre politische Partizipation als eine Forderung weniger für die Frauen selbst als vielmehr als eine Notwendigkeit zur Verbesserung des Gemeinwesens zu definieren. Zugespitzt heißt das, nicht die Frauen brauchten das Wahlrecht, sondern die Politik brauchte die Frauen! Demgegenüber blieb die Forderung, den Frauen aus prinzipiellen Gründen alle politischen Rechte zu gewähren, vergleichsweise abstrakt. Der Nachteil der Argumentation mit den besonderen, weiblichen Fähigkeiten ist ebenso deutlich: Sie brachte die Ausformulierung eines besonderen, weiblichen Wesens und besonderer, weiblicher Aufgaben mit sich, an dem gerade Politikerinnen mitwirkten, die als gewählte Mandatarinnen Symbol für die Aufhebung der Geschlechterdifferenzen im Bereich des Politischem waren. Frauen als politische Akteurinnen – Sie waren in der 1. Republik eine kleine Minderheit, die alle in einem ambivalenten Verhältnis zu ihrer jeweiligen Partei standen. Zum einen wurden sie propagandistisch eingesetzt als Nachweis eines besonderen Engagements für die Interessen von Frauen, zum anderen waren sie mit lange gewachsenen männerbündischen