Vorlesung Funktionelle Anatomie und Biomechanik 04 - Knochen: Entstehung und Umbau PDF
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Technische Universität Chemnitz
Dr. Freddy Sichting
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Diese Vorlesungsfolien behandeln die Funktionelle Anatomie und Biomechanik von Knochen, speziell die Entstehung und den Umbau von Knochen. Die Folien verdeutlichen die Rolle von Osteoblasten und Osteoklasten im Knochenaufbau und -abbau, und sie skizzieren die Bedeutung verschiedener Faktoren wie mechanische Belastung und Flüssigkeit für den Knochenumbau.
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Institut für Angewandte Bewegungswissenschaften Professur Bewegungswissenschaft Vorlesung Funktionelle Anatomie und Biomechanik 04 - Knochen: Entstehung und Umbau Dr. Freddy Sichting...
Institut für Angewandte Bewegungswissenschaften Professur Bewegungswissenschaft Vorlesung Funktionelle Anatomie und Biomechanik 04 - Knochen: Entstehung und Umbau Dr. Freddy Sichting „Für das heutige Thema ist der Gedanke aus der Vorlesung „Kausale Histogenese“ (FAB03) wertvoll, dass jede Gewebestruktur durch bestimmte Entwicklungsprozesse und Einflüsse geprägt wird, die stets auf Zellen wirken und dadurch die Struktur des Gewebes formen – ein Ansatz, der uns die Mechanismen der Knochenbildung näherbringt.“ 1 www.tu-chemnitz.de Motivation 1) Wie uns die Raumfahrt die Entstehung von Knochen erklärt. 2) Was haben ein Knochen und ein Feuerzeug gemeinsam? 3) Wieso ist nach 10 Wochen Frakturheilung noch immer Frakturspalt zu sehen 3) nach 12h (CT) nach 10 Wochen (MRT) 2 www.tu-chemnitz.de Knochen kann sich über zwei Wege bilden Desmale Verknöcherung „aus (embryonalen) Bindegewebe entstehend“ direkte Verknöcherung genetisch reguliert Desmale Verknöcherung Enchondrale Verknöcherung hyalinknorpliges „Vorskelett“ Beginn in Diaphyse Knorpelgewebe zu Knochengewebe molekular reguliert Enchondrale Verknöcherung 3 www.tu-chemnitz.de Der Aufbau des Knochens wird zellulär reguliert Osteoblasten (Knochenaufbauzellen) knochenproduzierend mesenchymale Abstammung Osteoklasten (Knochenabbauzellen) knochenabbauend hämatogene Abstammung 4 www.tu-chemnitz.de 5 www.tu-chemnitz.de © 2008, wissenmedia GmbH, Gütersloh / München Knochen ist das Produkt einer Leichtbauweise Transversalschnitt durch Osteon Funktionen: stützende, tragende, formgebende, produzierende, speichernde Anpassung Gestalt und innere Struktur an Belastung 6 www.tu-chemnitz.de Knochen adaptieren an mechanische Belastung Wolff´sches Gesetz Knochen passt sich an jeweilige Belastung an Knochenaufbau und Zunahme der Festigkeit bei Belastung Knochenabbau und Abnahme der Festigkeit bei weniger Belastung J. Wolff (1892) Das Gesetz der Transformation der Knochen 7 www.tu-chemnitz.de Die Anpassung des Knochens wird zellulär reguliert Osteoblasten knochenproduzierend mesenchymale Abstammung Osteoklasten knochenabbauend hämatogene Abstammung Osteozyten mechanosensitiv kommunikativ (über Lakunae-Canaliculi-System) regulierend/ aktivierend 8 www.tu-chemnitz.de Bedeutung der Osteozyten für den Knochenumbau Knochenumbau Knochen- führt zu abbauzellen Anpassung der sind sind beteiligt am reguliert durch Knochenmasse und - architektur an Osteoklasten mechanische Belastung regulieren Osteozyten Aktivität von Osteoblasten haben produzieren sind Botenstoffe sind Zellkörper Zellausläufer Knochen- sind aufbauzellen Mechanosensoren 9 www.tu-chemnitz.de Knochensubstanz ist piezoelektrisch Rolle der Bioelektrizität von Knochen Knochenumbau auf Grundlage von Dehnungsreiz und elektrischer Stimulation physikalische Erklärung: piezoelektrische Eigenschaften von Knochengewebe Änderung des elektrischen Potentials bei Verformung reguliert Ausschüttung von Piezoelektrischer Effekt Botenstoffen auf zellulärer Ebene 10 www.tu-chemnitz.de Flüssigkeiten in Knochen als wichtiger Regulator Osteon Rolle von Flüssigkeit in Knochen Kanalsystem wichtige Voraussetzung Belastung = veränderter Flüssigkeitsstrom Scherwirkung auf Osteozyt (Zellausläufer) Ausschüttung von Botenstoffen Regulierung von Osteoblasten und -klasten 11 www.tu-chemnitz.de Veränderungen der Knochendichte im Lebensverlauf Verlauf der Knochendichte Anstieg in der Jugend: ▪ Peak Bone Mass (20–30 Jahre) Abnahme im Alter Geschlechtsspezifische Unterschiede Frauen nach der Menopause: Sinkender Östrogenspiegel: ▪ Östrogen hemmt Osteoklasen (Abbau) und fördert Osteoblasten (Aufbau) Männer im Alter: Langsamerer Verlust durch allmählichen Testosteronabfall Auswirkungen auf die Knochengesundheit erhöhtes Osteoporoserisiko Wichtigkeit von Prävention: Bewegung Hendrickx et al. (2015), Nature Reviews Rheumatology 12 www.tu-chemnitz.de Biomechanik der Frakturheilung Fraktur Reparation Pseudarthrose Indirekte Direkte Ossifikation Ossifikation Ausgang eines Knochenbruchs: Wiederherstellung der Kontinuität des Skelettelements oder Ausbleiben der knöchernen Verbindung (Pseudarthrose) Neubildung von Knochengewebe auf Basis von Mesenchym oder Knorpel 13 www.tu-chemnitz.de Die Phasen der indirekten Frakturheilung Impact Überschreiten der mechanischen Belastungsgrenze Einleitung Entstehung Frakturhämatom Phasen der natürlichen Frakturheilung Zelluläre Aktivierung Elektrische und chemische Stimulation Entzündung Bildung von Entzündungskeimen Hält bis zur Knochenbildung an Weicher Kallus Starke Zellbildung Chondroblasten bilden fibrösen Kallus um Reduzierung der Schwellung, Schmerzen und Bewegung zwischen Knochenstücken Harter Kallus Enchondrale Ossifikation Mit Ende der Phase Knochenheilung abgeschlossen Remodellierung Umbau von Geflecht- zu Lamellenknochen Wiederherstellung des Ausgangsstadiums kann Monate bis Jahre dauern 14 www.tu-chemnitz.de Kallusbildung und deren Bedeutung für die Knochenheilung Kallusheilung – Sekundäre/ indirekte Frakturheilung Ausgangspunkt: Hämatom an Bruchstelle Entwicklung zu Bindegewebsmanschette Qualität und Querschnitt des Kallus als Parameter für Frakturstabilität interfragmentäre mechanische Situation entscheidend Flächenträgheitsmoment: I = (π*r4 )/4 15 www.tu-chemnitz.de Therapeutisches Potential Interfragmentärer Bewegung Körper (vermutlich) in der Lage, unabhängig von interfragmentärer Bewegung, Fraktur nach gleicher Zeit ruhig zu stellen Grundlage Flächenträgheits- moment des Kallus schmale Grenzen! 16 www.tu-chemnitz.de Prinzip der direkten Knochenheilung Direkte Frakturheilung Plattenosteosynthese mit Kontaktheilung Bedingung: keine interfragmentäre Bewegung fehlender mechanischer Reiz Aufbau direkt über Osteoblasten und Osteoklasten zunächst Geflechtknochen geringere mechanische Belastbarkeit im Vergleich zu Kallusheilung Plattenosteosynthese mit Spaltheilung 17 www.tu-chemnitz.de Fraktur Reparation Pseudarthrose Indirekte Ossifikation Direkte Ossifikation 18 www.tu-chemnitz.de Schlüsselbegriffe 02 - Kausale Histogenese 03 - Knochen: Entstehung und Umbau Friedrich Pauwles Desmale und enchondrale Verknöcherung Kausale Histogenese Osteozyt Mesenchym Osteoblast Spezifische Gewebe Osteoklast Differenzierungsreiz Gestaltverzerrung Entstehung Diarthrosen Volumenänderung Wolf´sches Gesetz Dehnung Piezoelektrischer Effekt Hydrostatischer Druck Flüssigkeit Fibrogenese Kallus Fibroblast Interfragmentäre Bewegung Tropokollagen Chondrogenese 19 www.tu-chemnitz.de Kontrollfragen Was besagt das Wolff’sche Gesetz im Allgemeinen? Nennen Sie zudem die verantwortlichen Zelltypen sowie deren jeweilige Aufgabe. (5P) Wodurch unterscheiden sich die chondrale und desmale Ossifikation? (2P) Wodurch ist das Knochengerüst in der Lage, sich an jeweilige mechanische Beanspruchung anpassen zu können? (3P) Welche Bedeutung hat der Kallus für die natürliche Knochenheilung und wodurch kann diese Phase der Knochenheilung charakterisiert werden? (4P) Wodurch unterscheiden sich die direkte und indirekte Knochenheilung? (2P) Welche Rolle spielt Flüssigkeit in Knochen für den Knochenaufbau? Berücksichtigen Sie hierbei sowohl die Aufbau von Knochen (2P) als auch das Zusammenspiel der verschiedenen Zelltypen (3P). (5P) Beschreiben Sie die Bedeutung der Osteozyten für den Knochenumbau! (5P) Mit welchen zwei Regulationsmechanismen kann das Wolff’sche Gesetz erklärt werden? Beschreiben Sie diese hinsichtlich des Mechanismus und der Zellreaktion genauer. (8P) Unsere heutige Umwelt im 21. Jahrhundert bringt Vor- und Nachteile für unseren Bewegungsapparat. Erläutern Sie für Knochen jeweils zwei Vor- und Nachteile. (8P) 20 www.tu-chemnitz.de Literatur Frans van den Berg (2011): Angewandte Physiologie. 3. Aufl. Stuttgart [u.a.]: Thieme. Kummer, Benno (2005): Biomechanik. Form und Funktion des Bewegungsapparates ; mit 3 Tabellen. Köln: Dt. Ärzte-Verl. Klein-Nulend et al. (2012): Mechanosensation and transduction in osteocytes. In: Bone. Nowlan, Niamh C. et al.(2010): Mechanobiology of embryonic skeletal development: insights from animal models. In: Birth Defects Research Part C: Embryo Today: Reviews 90 (3), S. 203– 213. Cornell, C.N. et al. (1992): Newest factors in fracture healing. In: Clinical orthopaedics and related research 277, S. 297–311. Isaacson, B. M. et al. (2010): Bone bioelectricity: What have we learned in the past 160 years? In: J. Biomed. Mater. Res. 95 (4), S. 1270–1279. Fukada, E. et al. (1957): On the piezoelectric effect of bone. In: J Phys Soc Japan 12 (1158), S. 139–155. 21 www.tu-chemnitz.de