Adolf Loos: Theory and Practice PDF
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This document contains information about the life and work of Adolf Loos, a prominent Austrian architect of the early 20th century. The text provides details on his buildings, particularly the Café Museum in Vienna, as well as his influential theories on architecture.
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435.033 – VO GTT B 6.3 Architektur u. Wohnen Adolf Loos: Architekt, Innenarchitekt, Architekturkritiker, Kulturpublizist 1870-1933 ….Adolf Loos Publizist, Architekten/ Innenarchitekt (1870-1933): gehört mit Otto Wagner und Josef Hoffmann zu den bede...
435.033 – VO GTT B 6.3 Architektur u. Wohnen Adolf Loos: Architekt, Innenarchitekt, Architekturkritiker, Kulturpublizist 1870-1933 ….Adolf Loos Publizist, Architekten/ Innenarchitekt (1870-1933): gehört mit Otto Wagner und Josef Hoffmann zu den bedeutendsten österreichischen Architekten des frühen 20. Jhd., Loos wurde in Brünn geboren, studierte Architektur an der techn. Hochschule in Dresden- brach das Studium ab (er wurde exmatrikuliert, weil er die Studiengebühren nicht bezahlt hatte) um 1893 für 3 Jahre nach Amerika zu gehen. Er war dort bis 1896 von Philadelphia, Chicago bis New York, wo er dann als technischer Zeichner bei einem Baumeister wirkte. Nach seiner Rückkehr in Wien trat er in das Atelier von Karl Mayreder ein (Architekt, Stadtplaner, Rektor TU; 1856-1935), dass er nach einem Jahr wieder verließ um publizistisch tätig zu werden. Loos schrieb unter anderem für die Zeitschrift der Secession, „Ver Sacrum“ (heiliger Frühling). Nach seiner dort erschienenen Polemik „Die Potemkinsche Stadt“, in der er den verbreiteten Hang zur Imitation geißelte und die Auffassung vertrat, der Architekt habe sich auf das Funktionale zu beschränken und künstlerische Gestaltungsversuche an Gebrauchsgegenständen seien unangemessen, kam es zum Bruch mit den Architekten der Secessions Vereinigung. …… Potemkinsche Stadt- oftmals für Bauwerke oder Siedlungen eingesetzt, die an ihren Schauseiten attraktiv herausgeputzt werden, jenseits davon aber schäbig oder unbewohnt sind, also den Charakter einer Kulissenstadt haben. Die Bezeichnung geht auf die unwahre Geschichte zurück, dass Feldmarschall Potemkin Kulissen von Dörfern aufgestellt habe und angebliche Dorfbewohner von einem zum nächsten Dorf transportieren lassen habe, um Katharina die Große auf einer Reise nach Neurussland über die Entwicklung bzw. den Wohlstand der neubesiedelten Gegend zu täuschen. In den ersten Jahren als „Architekt“ war Loos mit Wettbewerben und nur Innen- architektur beschäftigt. Allgemeinere Aufmerksamkeit errang er erstmals mit der schmucklosen, auf den Zweck ausgerichteten Ausstattung des „Café Museum“ (Wien 1, Operngasse 7, 1899). Die Kärntnerbar oder American Bar wurde von 1907 bis 1908 von Adolf Loos gestaltet und trägt heute auch seinen Namen – Loos Bar (Kärntner Durchgang 10; 4,45m x 6,15m) ONYX-Steinfenster Bild: © Tom Bland Bild: © IMAGNO/Franz Hubmann NUR ZUM UNTERRICHTSGEBRAUCH ARCHITEKTUR U WOHNEN 435.033 – VO GTT B 6.3 Architektur u. Wohnen Café Museum“ Adolf Loos (Wien 1, Operngasse 7, erbaut 1899) Dieser Sessel ist das erste Bugholzmodell, das im Zuge des Wiener Kunstfrühlings um 1900 in Zusammenarbeit zwischen Architekten und Bugholzindustrie entstanden ist. Adolf Loos entscheidet sich, gemäß seiner Forderung, einmal bewährte Lösungen nicht rein zugunsten neuer, modischer Schöpfungen zu ersetzen, für einen bereits vorhandenen Sesseltyp, den er entsprechend den gegebenen Anforderungen umgestaltet. Aus dem angelsächsischen Bereich übernimmt er aufgrund der größeren Bequemlichkeit den Sattelsitz. Er verringert bzw. verstärkt den Querschnitt der einzelnen Konstruktionselemente gemäß deren Beanspruchung. Als auffallendste Neuerung lässt Loos schließlich den Sessel in leuchtendem Rot beizen, um ihn klar von der Mahagonitäfelung des Café Museum abzuheben. Bild: www.cafemuseum.at NUR ZUM UNTERRICHTSGEBRAUCH ARCHITEKTUR U WOHNEN 435.033 – VO GTT B 6.3 Architektur u. Wohnen Loos bekanntestes und innerstädtisch größtes Werk war das 1909-1911 für die Schneiderfirma Goldman & Salatsch errichtete Geschäftshaus am Michaelerplatz. Auf Grund einer Pressenotiz über die völlig glatte Fassade des Hauses („Kornspeicher“) wurde ein Baustopp verfügt. Von Presse und Politik zum Skandal hochgespielt, kam es zu heftigsten Polemiken gegen das Haus, denen das Gros der Architektenschaft und auch das Bauamt ablehnend gegenüberstanden. Letztendlich wurde der Bau mit schmuckloser Fassade genehmigt und Loos fügte noch bronzene Blumenkästen an den Fenstern hinzu um die Kritiker zu „beruhigen“. Das Haus ist zum größten Teil eine Eisenbeton- Skelettkonstruktion, mit großformatigen Ziegeln ausgefacht. Erster bis vierter Stock sind glatt, hell verputzt, Parterre und Mezza- nin (Hochpaterre) mit grünem griechischem Cipollino-Marmor verkleidet. Podeste und Ga- lerien differenzieren den Verkaufsraum des exklusiven Schneiderateliers. Die Arbeits- räume sind durch wechselnde Raumhöhen gegliedert: 2,07 Meter für die sitzenden Nä- her:innen, 3 Meter für die stehenden Zuschneider und 5,22 Meter für den Bügelsaal (Wärme-Dampf). HISTORISMUS BLUMENTRÖGE- HISTORISMUS PILASTER BRONZE PILASTER RUSTIKA RUSTIKA GESIMSE GESIMSE MEZZANIN Bild: Looshaus Michaelerplatz.jpg.© Thomas Ledl ZUSCHNEIDER-3m NÄHERINNEN-2m KARIKATURIDEE LOOS….. NUR ZUM UNTERRICHTSGEBRAUCH ARCHITEKTUR U WOHNEN 435.033 – VO GTT B 6.3 Architektur u. Wohnen Loos gründete eine eigene private Bauschule, deren Vorlesungen er in den Räumen der Schwarzwaldschule abhielt. (Eugenie Schwarzwald- 1. Mädchen Maturaschule nach Montessori!) Nach dem ersten Weltkrieg engagierte sich Loos für die Vorhaben der Gemeinde Wien im gemeinnützigen Wohnungsbau. Anfangs war vor allem an Siedlungsbauten gedacht, die Loos als einzig richtige und sozial angemessene Lösung des Arbeiter Wohnproblems ansah. Er erarbeitete dafür verschieden Haustypen, darunter auch den Entwurf für das „Haus mit einer Mauer“, den er sich patentieren ließ. Das System „Haus mit einer Mauer“ wurde von Adolf Loos zwischen 1921 und 1924 in der Heuberg-Siedlung angewendet. Loos war zu jener Zeit Chefarchitekt des Wiener Siedlungsamtes, die Siedlung plante er gemeinsam mit Hugo Mayer (Architekt). Die Häuser wurden unter Mitwirkung der zukünftigen Bewohner, meist Arbeits- oder Obdachlose, errichtet. (Viele Häuser heute komplett umgestaltet- Vorgärten sind Parkplätze…) Beim Haus mit einer Mauer sind die Außenwände selbsttragend und enthalten alle Installationen, der Rest wird in Holz ausgeführt. Damit sind sehr flexible Wohneinheiten möglich. Teil des Konzepts am Heuberg waren, die der damaligen wirtschaftlichen Situation entsprechenden Nutzgärten (Eigenversorgung). DACHTERRASSE WIE BEI HOFFMANN FASSADE BETT BETT BETT Bild: Österreichische National Bibliothek NUR ZUM UNTERRICHTSGEBRAUCH ARCHITEKTUR U WOHNEN 435.033 – VO GTT B 6.3 Architektur u. Wohnen Der Massengeschosswohnungsbau (-Verdichtung), den Loos ablehnte, verdrängte jedoch zunehmend den Bau von Siedlungshäusern, wie die Heubergsiedlung. Im Laufe der Zeit entwickelte er für seine Hausbauten einen „Raumplan“, der Räume auf verschiedenen Niveaus vorsieht, die an kein Stockwerk gebunden sind. Sie haben je nach ihrem Zweck und ihrer Bedeutung nicht nur verschiedene Größe, sondern auch verschiedene Höhen. Nicht unwesentlich für die Entwicklung des Loos’schen Raumplans, der das Denken im Raum voraussetzt, war sein Engagement im Siedlungsbau nach dem Ersten Weltkrieg. Bei den Entwürfen für die kleinen Siedlungshäuser beschäftigte sich Loos eingehend mit der Raumökonomie in Anordnung und Nutzung der Räume, die eine Raum- differenzierung ermöglicht. Villa Müller- Prag 1928, Raumplan: Das „Haus“ Müller in Prag gehört zu den berühmtesten Häusern der "weißen" klassischen Moderne (siehe auch Josef Hoffmann). Die Villa „Müller“ wurde von den Architekten Adolf Loos und Karel Lhota für die wohlhabende Familie Dr. Frantisek, einem Bauingenieur und Mitbesitzer einer Baufirma, und seiner Frau Milada Müller geplant. Lhota setzte dabei sehr oft die nur skizzenhaften Gedanken von Loos in realisierbare Formen um. Die Villa wurde in den Jahren 1928 bis Februar 1930 am Stadtrand von Prag, mit Ausrichtung auf die Altstadt erbaut. Ein bemerkenswertes Detail war, dass die Baubewilligung erst im Juni 1929 erteilt wurde und der Rohbau der Villa im Juli 1929 fertiggestellt wurde. Die Baubewilligung zögerte sich deshalb so lange hinaus, da es aufgrund mehrerer Widerstände im Bereich der technischen und städteplanerischen Umsetzung Beschwerden und Unklarheiten gab. Die Architekten konstruierten ihre Lösungen meist im Einklang mit dem Bauherrn, jedoch änderte Loos im Laufe der Realisierung seine Entwürfe oft, ohne den Bauherrn mit einzubinden. Herr Müller vertraute dem genialen Architekten Loos und akzeptierte alle Veränderungen obwohl diese oft mit Kostensteigerungen einhergingen. PRAG STRASSE Bild: Istzustand heute Bild: Original Längsschnitt Prag NUR ZUM UNTERRICHTSGEBRAUCH ARCHITEKTUR U WOHNEN 435.033 – VO GTT B 6.3 Architektur u. Wohnen ANRICHTE GARD-D KIND KIND ESSEN KÜCHE SZ WOHNE BIB. GARD-H GAST DIENER Bild: EG, Zentral statische Gerüst Bild: OG, Zentral statische Gerüst Die Außenwände der Villa sind aus Ziegel. Es wurde im Inneren zur Gänze auf tragende Wände verzichtet, stattdessen wurden vier Stahlbetonstützen mit Unterzügen verbaut. Aus architektonischer Sicht ist vor allem die Raumunterteilung bemerkenswert. Der Innenraum der Villa wurde nicht durch einzelne Stockwerke gegliedert, sondern in ein System von verschiedenen Ebenen unterteilt. „Meine Architektur wird nicht in Plänen, sondern in Räumen (Kuben) konzipiert. Ich entwerfe keine Grundrisse, Fassaden, Schnitte. Ich entwerfe Räume. Bei mir gibt es keine Erdgeschosse, Obergeschosse usw. Bei mir handelt es sich lediglich um zusammenhängende kontinuierliche Räumlichkeiten, Zimmer, Vorzimmer, Terrassen usw. Die Etagen durchdringen einander, die Räume sind miteinander verknüpft“. STÜTZE/ UNTERZUG RAUMEBENE Bild: Wohnhalle im Rohbau Zentraler Raum ist die Halle im Erdgeschoß (lbh=11x5,6x4,3m). Eine Besonderheit dieses Wohnzimmers ist, dass dieser Raum ohne Wohnraumtüren ausgestattet ist. Es ist durch eine Treppe sowohl mit der Eingangshalle, als auch mit der Halbetage verbunden (Splitlevel), wo sich das Speisezimmer (5x5x2,5m) befindet. Im Obergeschoß befinden sich die Schlafzimmer, Herren/ Damengarderobe, Sanitärräume und eine großzügige Dachterrasse mit Sicht über Prag inklusive einer Stiegenhausbelichtung. NUR ZUM UNTERRICHTSGEBRAUCH ARCHITEKTUR U WOHNEN 435.033 – VO GTT B 6.3 Architektur u. Wohnen ~4,3m SPEISEZIMMER ~2m ~61m² Bild: EG Wohnzimmer DECKE POLITIERT- SPIEGELUNG Bild: EG Speisezimmer BRETT-MÖBEL LACKIERT Bild: OG Schlafzimmer Bild: OG Kinderzimmer NUR ZUM UNTERRICHTSGEBRAUCH ARCHITEKTUR U WOHNEN 435.033 – VO GTT B 6.3 Architektur u. Wohnen Bild: Stiegenhaus- Dachterrassenbelichtung, Glasbaustein 1959 wurde die Villa vom Staat konfisziert, 1989 an die Tochter von Milada Müller zurückgegeben (Restitution), die wiederum die Villa der Stadt Prag zum Schätzpreis verkaufte (Marktwert wäre ein Vielfaches gewesen). 1995 wurde die Villa Müller zum nationalen Kulturdenkmal erklärt, seitdem wird sie vom Museum der Hauptstadt Prag verwaltet. Bei der Sanierung der Villa wurde darauf geachtet sowohl das Haus als auch seine Umgebung bis ins Detail zu rekonstruieren, um das ursprüngliche Aussehen der Villa zur Zeit ihrer Entstehung wiederherzustellen. Die drei Jahre, die Adolf Loos in Amerika verbrachte, waren prägend für seine Welt- anschauung und sein späteres architektonisches Schaffen. Er kam dort mit Tendenzen in der Architektur in Berührung, die eine neue gesellschaftliche Realität spiegelten. Auf Grund dieser Erfahrungen argumentierte er später in seinen Publikationen, dass unter „modern“ nicht ein neuer Stil, eine neue Ornamentik zu verstehen sei. Die neue Form der Baukunst müsse vielmehr auf den neuen, modernen Gegebenheiten des Lebens beruhen. Seine Ansichten, die er unnachgiebig vertrat, ließen ihn im Architektur- geschehen zu Beginn des 20.Jahrhunderts eine Außenseiterrolle einnehmen. Loos war sein ganzes Leben lang auch schriftstellerisch tätig und versuchte durch Vorträge und Publikationen der Öffentlichkeit seine Ideen einer kulturellen Reform in den verschiedenen Lebensbereichen nahezubringen. (ähnl. Hoffmann bis zur Bekleidung….) Zusammenfassung des Baustils von Adolf Loos Der typische Baustil von Adolf Loos ist vor allem durch folgende Punkte charakterisiert: - Ablehnung der Verschwendung von Raum, Material und Arbeitskraft - Bedachtnahme auf Dauerhaftigkeit - Ablehnung willkürlich angewendeter Ornamente - Raumsparende kompakte und zugleich großzügig wirkende Entwürfe - Gliederung des Bauvolumens nach einem Raumplan: Auf verschiedenen Niveaus liegende Stockwerke. NUR ZUM UNTERRICHTSGEBRAUCH ARCHITEKTUR U WOHNEN 435.033 – VO GTT B 6.3 Architektur u. Wohnen Ornament und Verbrechen- Loos fasste in diesem Aufsatz seiner Lehre zusammen und gilt damit als Wegbereiter des Funktionalismus gegen die Kunst des Jugendstils und der Wiener Werkstätte. ….das 1910 verfasste schriftliche Werk „Ornament und Verbrechen“, stellt mittels scharfsinniger Argumente, aber auch durch oftmals beißende Ironie Seine, die neuen Ideen dar und versucht diese zu vermitteln. Der ursprünglich als Vortrag konzipierte und später in vielen unterschiedlichen Ausgaben als Buch erschienene Text, wird heute noch teilweise sehr unreflektiert mit Loos in Verbindung gebracht, vor allem ohne sein Gesamtkonzept und die damit verbunden Ideen zu berücksichtigen. Zitat LOOS: "Ornament ist vergeudete Arbeitskraft und dadurch vergeudete Gesundheit... heute bedeutet es auch vergeudetes Material, und beides bedeutet vergeudetes Kapital... der moderne Mensch, der Mensch mit den modernen Nerven, braucht das Ornament nicht, er verabscheut es" (Loos, 1908). In Loos‘ Augen ist es ein Verbrechen und ein Zurückkehren in die Barbarei, wenn man versucht Kunst in anderen Bereichen als der Kunst selbst zu schaffen. Er war der Ansicht, dass der Verzicht auf Ornamente ein Verhindern von unnötiger und unangemessener Arbeit sei. Gerade hiervon, dem Überflüssigen, stellte sich Loos „oft als Befreier der Menschheit“ dar (Munch, 2005). Zudem meinte er, dass Ornamente nur in Kulturkreisen vorkommen würden, welche „noch nicht gelernt haben, die Schönheit der reinen Formen zu schätzen“ (ebd.). Zu Loos engsten Freunden zählten unter anderem die Avantgardisten Peter Altenberg (Schriftsteller), Oskar Kokoschka (Maler) und Arnold Schönberg (Komponist), deren radikales künstlerisches Schaffen lange Zeit ohne Bewunderung auskommen musste. Dies veranlasste den, für seine oftmals satirischen und streitlustigen Artikel und Schriften, bekannten Loos eine Trennung von Kunst und Alltagsgegenstand zu fordern, da er darin das Verbrechen an der Kunst sah. Weitere Zitate: „Evolution der Kultur ist gleichbedeutend mit dem Entfernen des Ornamentes aus dem Gebrauschsgegenstande.“ „[…] die Ornament-Seuche ist in Österreich staatlich anerkannt und wird mit Staatsgeldern subventioniert.“ (Loos, 1908) NUR ZUM UNTERRICHTSGEBRAUCH ARCHITEKTUR U WOHNEN 435.033 – VO GTT B 6.3 Architektur u. Wohnen „die tätowierten, die nicht in haft sind, sind latente verbecher oder degenerierte aristokraten.“ – Adolf Loos in Ornament und Verbrechen Loos argumentiert in seiner berühmtesten Schrift unter anderem damit, dass es „einen Drang im Menschen [gäbe], sich in Ornamenten auszudrücken“ (Munch, 2005). Dies versucht er mittels Triebe zu erklären, welche noch im Menschen aus Frühzeiten und dem „primitiven Ursprung der Kunst“ (ebd.) stecken. Laut Loos lassen sich diese nun in der weiterentwickelten Kultur vor allem an den Rändern der Gesellschaft, wie etwa Gefängnissen, finden. Hier spricht er gezielt Häftlinge, aber auch in Freiheit lebende Menschen (latente Verbrecher) und deren Tätowierungen an, welche er zutiefst verurteilt. Doch nicht nur psychologische Aspekte ließ er in seine Gedanken miteinfließen, auch Symbole aus anderen Künsten wie etwa „die Einfachheit Goethes Sterbezimmer und die reinen Klangmassen in Beethovens Symphonien repräsentierten für Loos den Stand der Kultur“ (ebd.). Dieser ganzheitliche und kultur-konzeptuelle Zugang soll in späterer Folge die Architektur Adolf Loos‘ wesentlich beeinflussen.....Goethe nutzte ein Schlafzimmer in seinen letzten Lebensjahren. Er starb dort am 22.03.1832, weswegen es oft auch als Sterbezimmer bezeichnet wird.... Das nicht beheizbare Zimmer hat einen Dielenboden und ein Holzfenster an der linken Wand, wodurch man einen Blick in den Garten werfen kann—das Nötigste! „der moderne mensch verwendet die ornamente früher und fremder kulturen nach seinem gutdünken. seine eigenen erfindungen konzentriert er auf andere dinge.“ - Adolf Loos in Ornament und Verbrechen Später betonte Loos, dass seinen Ansichten nach, der Vortrag oft missverstanden wurde, weshalb er in seinem weiteren Werk Ornament und Erziehung im Jahr 1924 mit der Annahme, er wolle jedes Ornament verbannen, aufräumte. „Nur da, wo es einmal zeitnotwendig verschwunden ist, kann man es nicht wieder anbringen“ heißt es in jener Schrift. Und auch seine Anhänger und Kenner haben seither “immer zu tun, dieses ihm anhängende Missverständnis zu korrigieren“ (Munch, 2005). in „Ornament und Verbrechen“ zielte Adolf Loos gleich zweimal auf den damals etablierten und staatlich geförderten Architektenkollegen Josef Hoffmann „und dessen Liebe für primitive Ornamente“ ab (ebd.). So heißt es im Vortrag unter anderem: „Und auf seiner Thüre mag [der moderne Mensch] nicht das Symbol für den weiblichen Geschlechtstheil in Schmiedeeisen haben […]“ (ebd.). Ziel dieser verbalen und bewusst überspitzten Attacke war es, Hoffmann als „ans Obszöne grenzend primitiv [abzustempeln]“ (ebd.). NUR ZUM UNTERRICHTSGEBRAUCH ARCHITEKTUR U WOHNEN 435.033 – VO GTT B 6.3 Architektur u. Wohnen Loos war Zeit seines Schaffens darum bemüht, seinem Werk eine einheitliche architektonische Form zu geben, welche vor allem dem modernen Leben angepasst sein sollte (Munch, 2005). Auch diese Philosophie des Lebensraums ist für die Epoche der anbrechende Moderne eine ganz wesentliche und lässt sich in vielen Überlegungen und Ideen der damaligen Zeit finden. „Die Wohnung solle der lebendigen Entwicklung des Menschen einen Ort geben und der modernen Individualität einen Freiraum schaffen“ (ebd.). Die Anpassung des Wohnraums beinhaltete nicht nur das Bauliche an sich, sondern verlangte auch nach einem Konzept welches die Einrichtung, die Farbwahl und die Bekleidungen miteinbezog. „Loos dachte in kulturellen Zusammenhängen auf allen Ebenen und bewegte sich mit seiner Kulturkritik zwischen ihnen. Ganz wie bei Wittgenstein, wo die Lebensformen den Bedeutungshorizont sowohl für das Verständnis des einzelnen Sprachspiels, als auch die vollständige Kulturform bildet.“ (Munch, 2005) Quelle: Architektenlexikon, Architekturzentrum Wien, Austria-Forum, Adolf Loos baugeschichte.at Haus Müller. Prag: Divus. Hornekova, J., Ksandr, K., Szadkowska, M., & Slapeta, V. (2002). Munch, Anders V. (2005). Der stillose Stil – Adolf Loos. München: Wilhelm Fink Verlag Schezen R. (1996), Adolf Loos Architektur. Salzburg und Wien: Residenz Verlag Empfohlene Fachliteratur: Der Raumplan von Adolf Loos. Entwicklung der Raumbildung in Villen- und Massenwohnbauten (1987), D. Worbs, Prestel Verlag Adolf Loos, Entwürfe für den öffentlichen Bau – 11 Rekonstruktionen’ (2002), A. Schweighofer, Verlag Böhlau, Wien Haus Müller. Prag: Divus. Hornekova, J., Ksandr, K., Szadkowska, M., & Slapeta, V. (2002). Das Schöne, das Wahre und das Richtige: Adolf Loos und das Haus Müller in Prag. Kühn, C. (2001). Basel: Birkhäuser. Bock, R. (2009). Adolf Loos. Leben und Werke. München: Deutsche Verlags-Anstalt. Opel, A. [Hrsg.] (2000). Ornament und Verbrechen. Ausgewählte Schriften und Originaltexte. Wien: Prachner. NUR ZUM UNTERRICHTSGEBRAUCH ARCHITEKTUR U WOHNEN 435.033 – VO GTT B 6.3 Architektur u. Wohnen https://www.cafemuseum.at/xstorage/2/_cache/cafe_museum_innenansicht_fotografie_original_7715_1_a5 de9c3d5682b3a9d313775c3058fdf5.webp NUR ZUM UNTERRICHTSGEBRAUCH ARCHITEKTUR U WOHNEN