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Ernst-Abbe-Hochschule Jena

R. Hänold

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muscle physiology muscle anatomy skeletal muscle biology

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These notes cover muscle anatomy, types of muscle tissue, skeletal muscle function, histology, muscle contraction, and control. Topics include muscle fiber types and biomechanics. The notes are for a first-semester course.

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MUSKEL / MOTORIK EAH JENA PD Dr. R. Hänold 1. FS B-ERG, B-PFL, B-PHY, B-HEBWISS, B-RW 1  Inhaltsübersicht Muskulatur Arten von Muskelgewebe...

MUSKEL / MOTORIK EAH JENA PD Dr. R. Hänold 1. FS B-ERG, B-PFL, B-PHY, B-HEBWISS, B-RW 1  Inhaltsübersicht Muskulatur Arten von Muskelgewebe 1. Skelettmuskel 1.1. Systematik und Funktion 1.2. Histologie des Skelettmuskels 1.3. Muskelkontraktion 1.4. Kontrolle der Muskelkontraktion Erregungsübertragung neuromuskuläre (motorische) Endplatte Modulation der Erregungsübertragung / Muskelrelaxantien 1.5. Elektromechanische Kopplung 1.6. Energiebereitstellung und Muskelermüdung 1.7. Muskelfasertypen 1.8. Biomechanik der Muskelkontraktion Kontraktionsformen 1.9. Steuerung der Kraftentfaltung 1.10. Elektromyographie / Elektrostimulation 2. Glatte Muskulatur 3. Herzmuskel Physiologie: Muskel 1. FS 2 Datum: PD Dr. R. Hänold Arten von Muskelgewebe Nach morphologischen und physiologischen Aspekten unterscheiden wir: quergestreifter Muskel Herzmuskulatur (quergestreift) glatter Muskel Eingeweidemuskulatur quergestreifter Muskel Skelettmuskulatur (quergestreift) Für alle Typen von Muskulatur und Muskelfasern ist der Mechanismus der Kontraktion (Bewegung) gleich. Physiologie: Muskel 1. FS 3 Datum: PD Dr. R. Hänold Arten von Muskelgewebe Physiologie: Muskel 1. FS S. Rizzoli, Göttingen: Neuromuskuläre Physiologie 4 Datum: PD Dr. R. Hänold 1. Skelettmuskulatur Physiologie: Muskel 1. FS 5 Datum: PD Dr. R. Hänold 1.1. Systematik und Funktion - Teil des Bewegungssystems, bestehend aus: Skelettsytem (Stützapparat): passiver Teil Skelettmuskulatur (Bewegungsapparat): aktiver Teil („Motor“) - Aufgaben: Organ, welches chemische Energie in mechanische Energie (Arbeit) und Wärme umwandelt verändert oder fixiert Stellung der Gelenke: verursacht Bewegung/Fortbewegung (Lokomotion) oder Positionierung (Haltung gegen Schwerkraft) Regulation der Körpertemperatur - Eigenschaften: Querstreifung, willentliche Steuerung durch ZNS Hilfsstrukturen: Sehnen, Sehnenscheiden und Schleimbeuteln Bildet 40% der Körpermasse Besteht aus 80% Wasser, 20% Proteine Wirkungsgrad für Kraftentfaltung: 20-30% Physiologie: Muskel 1. FS 6 Datum: PD Dr. R. Hänold 1.2. Histologie Skelettmuskel Von makroskopisch zu mikroskopisch: Muskelfaserbündel: Muskelfaser Epimysium Muskelfaszie Endomysium Muskel Sarkolemm Myofilamente Myofibrille Physiologie: Muskel 1. FS 7 Datum: PD Dr. R. Hänold Aufbau 1. Muskelhaut Epimysium (Bindegewebshülle) + Muskelfaszie äußerste Hüllschicht aus derbem Bindegewebe, umhüllt einzelne Muskeln oder verschiedene Muskelgruppen dient Form- und Lageerhaltung eines Skelettmuskels, setzen sich als Sehne fort 2. Muskelfaserbündel (Sekundär-/Primärbündel) enthält mehrere Muskelfasern von Perimysium (Bindegewebssepten) umgeben 3. Muskelfaser riesige, vielkernige Muskelzelle entsteht durch Verschmelzung zahlreicher Vorläuferzellen (Myoblasten) während der pränatalen Entwicklung von Sarkolemm umhüllt, in Bindegewebsmantel (Endomysium) eingebettet Durchmesser: 10 - 100 µm; Länge: oft gesamte Länge des Muskels 4. Myofibrille Aneinanderreihung hunderter verkürzungsfähiger Eiweißstränge 5. Myofilamente regelmäßige Abfolge von Aktin und Myosin, kleinste Funktionseinheit ist das Sarkomer Physiologie: Muskel 1. FS 8 Datum: PD Dr. R. Hänold Histologie Myofibrillen: reich an Myofilamenten (Proteinpolymere): Dünne Filamente („Schienen"): Aktin, mit Tropomyosin Troponin Dicke Filamente („Motorproteine“): Myosin, aus leicht Meromyosin schweres Meromyosin Elastische Filamente („Federung“): Titin => Bilden zusammen kleinste Funktionseinheit: Sarkomer Physiologie: Muskel 1. FS 9 Datum: PD Dr. R. Hänold Mikroskopischer Aufbau der quergestreiften Muskulatur Querstreifung bei Skelettmuskel sichtbar Lichtmikroskop Elektronenmikroskop Schema Physiologie: Muskel 1. FS S. Rizzoli, Göttingen: Neuromuskuläre Physiologie 10 Datum: PD Dr. R. Hänold Kontraktile Proteine Das Myosinmolekül besteht aus mehreren Teilen. Nach der Form unterscheiden wir einen Kopfteil, einen Halsteil und einen Schwanzteil, chemisch in ein leichtes und schweres Meromyosin, die zueinander beweglich sind. Das Myosinfilament (dicke Filamente) wird aus ca. 300-400 parallel angeordneten Molekülen des leichten Meromyosins gebildet. An den Seiten des Filamentes ragen die Teile des schweren Meromyosins (Kopf und Hals) (Abstand 14 nm) hervor. Am Myosinköpfchen befindet sich das Enzym ATPase, welches ATP (Adenosintriphosphat) spaltet. Das Aktinfilament (dünne Filamente) ist aus drei Proteinen zusammengesetzt, dem Aktin, dem Tropomyosin und dem Troponin. Grundbaustein ist das Globulin Aktin, dessen Moleküle zu Kettenförmigen Fäden aneinandergereiht sind. Zwei dieser Ketten sind um einander gewunden (Helix) und mit einem Ende am Z-Streifen befestigt. Tropomyosin liegt als ganz dünner Faden in der Kerbe der Aktinhelix, an ihm ist mit Abständen das Troponin, ein Regulationsprotein befestigt. Die hohe Bindungsfähigkeit des Troponins für Ca2+ leitet den Kontraktionsvorgang ein. Myosinfilamente Aktinfilamente Physiologie: Muskel 1. FS 11 Datum: PD Dr. R. Hänold Funktionelle Einheit der Muskelkontraktion: Sarkomer I A A-Streifen (anisotrop = doppelt lichtbrechend) H mikroskopisch dunkle Streifen dicke Myosinfilamenten, zwischen denen sich bei entspannten Muskeln die dünnen Aktinfilamente bis an die Grenze des H- Streifens legen I-Streifen (isotrop = lichtbrechend) mikroskopisch helle Streifen Z M bestehen alle aus dünnen Aktinfilamenten Z-Streifen Sarkomer dunkle Querlinie in der Mitte des I- Streifens dünne Aktinfilamente sind untereinander durch querorientiertes Gitter verbunden H-Zone helle Zone in der Mitte des A- Streifens besteht aus dicken Filamenten M-Streife feiner dunkler Streifen in der Mitte der H- Zone www.leistungslust.de/artikel/der-muskelkater/.png Physiologie: Muskel 1. FS 12 Datum: PD Dr. R. Hänold Tubuläres Netzwerk Sarkoplasmatische Retikulum (SR): spezialisiertes endoplasmatisches Retikulum (ER) in den Myozyten der glatten und quergestreiften Muskulatur segmental gegliedertes Netzwerk von Tubuli, umhüllt Myofibrillen einer Muskelzelle wie eine Manschette: besteht aus dünnen, longitudinal orientierten Schläuchen (L-System) und zirkulär um die Myofibrille (entlang Z-Streifen) herumlaufenden Zisternen (Terminalzisternen) steht mit tiefen Einstülpungen der Zellmembran, den Transversaltubuli (T-Tubuli) in Kontakt (Spaltraum 12 nm): Triade: besteht aus zwei Transversaltubulus: Terminalzisternen, die einen T-Tubulus flankieren (am Z-Streifen) Ort der Freisetzung von Kalziumionen aus SR L-System: Blausen.com staff (2014). Medical gallery of Blausen Medical 2014, WikiJournal of Medicine 1 (2) Physiologie: Muskel 1. FS 13 Datum: PD Dr. R. Hänold Mikroskopischer Aufbau der (quergestreiften) Muskulatur Kontraktile Proteine: hellere Querstreifen enthalten vorwiegend Aktin (I-Streifen = isotrop / polarisiertes Licht); dunklere Querstreifen enthalten Myosin und Aktin, die sich überlappen (A- Streifen = anisotrop); Aktin- und Myosinfilamente liegen in Längsrichtung der Fibrillen ausgerichtet; wenn Muskel gedehnt wird, vermindert sich Überlappung von Aktin- und Myosinfilamenten und es entsteht helle Zone (H-Zone) im A-Streifen Strukturproteine: kontraktiere Proteine werden durch Strukturproteine (Titin) in Lage gehalten; stabilisieren Lage der Filamente und Sarkomeraufbau, tragen auch zur Elastizität der Muskulatur bei; Titin ist ein großes Proteinmolekül, das parallel zu den Filamenten liegt, die dicken Filamente mit den Z-Scheiben verbindet und sehr elastisch ist; machen einen Teil der Muskeldehnbarkeit aus Tubuläres Netzwerk: Muskelfaser ist von einer Membran (Sarkolem) umgeben; hat auf Höhe der Z-Streifen viele Einstülpungen in das Innere der Muskelzelle; ist erregbar und überträgt die elektrischen Signale ins Innere der Zelle (zur elektromechanischen Kopplung): dort gibt es verzweigtes Netz (Quertubuli) von sich miteinander verbindenden Vesikeln (sarkoplasmatisches Retikulum, SR), SR nimmt etwa 10% des Faservolumens ein, SR- Membran ist nicht erregbar, SR ist Speicher für Ca++ (mit spannungsabhängigen Ca++ K- Kanälen, die Ca++ in das Zytoplasma passieren lassen und Ca++ Pumpen, welche Ca++ wieder in das Retikulum zurück befördern) Physiologie: Muskel 1. FS 14 Datum: PD Dr. R. Hänold 1.3. Muskelkontraktion Kontraktion = Verkürzung des Sarkomers nach dem Gleitfilamentmodel Voraussetzungen für eine Kontraktion: - elektrischer Impuls (von Nervenfaser) SR (Ca++) - ATP (aus Mitochondrien) SR (Ca++) SR (Ca++) - Kalzium (aus SR = Ca-Speicher) Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart 2015 I Care, Anatomie & Physiologie Querbrückenzyklus: 1. 2. 3. 4. KONTRAKTION 50° 90° ADP + P ATP -> ADP + P Physiologie: Muskel 1. FS 15 Datum: PD Dr. R. Hänold Querbrückenbildung (Gleitfilament-Modell) Muskelkontraktion (Entwicklung von Kraft) wird durch einen vom Nerv eintreffenden elektrischen Impuls (Aktionspotential) ausgelöst. Muskelkontraktion erfolgt durch ein Gleiten der dünnen Filamente entlang der dicken Filamente (Huxley, 1950er): im Mikroskop ist eine Verkürzung der I- und der H-Streifen sichtbar. krafterzeugendes Moment für das Gleiten wird durch die Bildung von Querbrücken zwischen den Myosinköpfen und dem Aktin hervorgerufen, Vorgang läuft in mehreren Schritten ab: fra mohem nia 1. Im Ausgangszustand sind die Myosinköpfe gelöst vom Aktin 2. Das vom Nerv eintreffende und auf die Muskelfasermembran übertragende und weitergeleitete Aktionspotential setzt die im sarkoplasmat. Retikulum gespeicherten Ca-Ionen frei -> Anstieg der Konzentration von Querbrücke (Aktomyosin) 6. ADP (Adenosindiphosphat) + P (Monophosphat) verlassen Myosinkopf -> Myosinkopf gleitet am Aktin entlang => Kontraktion 7. ATP (Adenosintriphosphat) bindet am Myosinkopf -> löst die Aktin-Myosin-Bindung auf => Lösung der Querbrücken 8. Hydrolyse von ATP (ATP-ase im Myosinkopf) ATP -> ADP + P => liefert Energie zum Zurückklappen der Myosinköpfe 9. Wenn weiterhin Ca vorhanden: erneute Bindung Aktin-Myosin an anderer Stelle, mehr Ca -> zunehmende Bindungsstärke im Querbrückenzyklus 10. Ohne weitere Erregung wird Ca zurück in das endoplasmatische Retikulum gepumpt, Abfall Ca-Konzentration 11. Lösung A von M und Bedeckung der Bindungsstellen am Aktin für Myosin Das zyklische Anbinden und Loslassen führt zum Ineinandergleiten der Aktin- und Myosinfilamente = Gleitfilamentheorie Die Kraft der Kontraktion steht so in Abhängigkeit von der Zahl der aktiven Querbrücken und dem Grad der Überlappung der Aktin- und Myosinfilamente ( Anzahl der potentiell möglichen Querbrücken) Physiologie: Muskel 1. FS 16 Datum: PD Dr. R. Hänold 1.4. Kontrolle der Skelettmuskel-Kontraktion 1. Afferenzen führen vom peripheren Nervensystem zum zentralen Nervensystem → übermitteln die sensorischen Stimuli, z.B. sehen einer Gefahr → „Empfangen“ 2. Informationsverarbeitung 3. Efferenzen führen vom zentralen Nervensystem zum peripheren Nervensystem → übermitteln die motorischen Stimuli an Skelettmuskel → „Agieren“ 1 2 3 Physiologie: Muskel 1. FS 17 Datum: PD Dr. R. Hänold Neuromuskuläre Erregungsübertragung Fasern des Skelettmuskels sind durch große myelinisierte Nervenfasern (Typ A- alpha) innerviert, entspringen den Motoneuronen in den Vorderhörnern des Rückenmarks Neuromuskuläre Endplatte = Synapse zwischen alpha-Motoneuron und Muskelfaser Endigung der Nervenfaser bildet mit Muskelfaser in deren Mitte eine neuromuskuläre Verbindung (Synapse): Aktionspotential breitet sich zu beiden Enden der Muskelfaser hin aus Eine Nervenfaser innerviert alle zu einer motorischen Einheit gehörenden Muskelfasern, jede dieser Endaufzweigungen innerviert nur eine Muskelfaser (1 : 1). Das Axonende bildet eine relativ große Präsynapse (motorische Endplatte), die sich in eine Vertiefung der Muskelfaser (Sulcus synapticus) einlagert Raum zwischen dieser Endplatte (präsynaptischer Teil) und der Muskelfasermebran (postsynaptischer Teil) = synaptischer Spalt ( 20-30 nm). Muskelfasermembran des postsynaptischen Teils bildet viele Falten und vergrößert so die Oberfläche, über welche synaptische Übertragung stattfinden kann. Dadurch wird mit hoher Sicherheit jedes Aktionspotential vom Axon auf die Muskelfaser übertragen. Dies ist wichtig für Präzision der Bewegungsausführung. In Axonendigung befinden sich zahlreiche Mitchondrien, liefern Energie für Synthese des Transmitterstoffes Acetylcholin (jeweils 10.000 Molekülen Ach pro Vesikel gespeichert). Cholin: im Organismus des Menschen hergestellt, dazu sind Aminosäure Methionin und Folsäure in Nahrung wichtig Nach Synthese wird Acethylcholin in präsynaptischen Vesikeln gespeichert. Freisetzung von Acetylcholin löst Erregung der Muskelfaser aus. Auf Oberflächenmatrix der Falten der postsynaptischen Membran befindet sich Enzym Acetylcholinesterase, welches Acetylcholin nach Freisetzung im synapt. Spalt mit großer Geschwindigkeit spaltet (inaktiviert) => Beendigung der Erregungsübertragung Physiologie: Muskel 1. FS 18 Datum: PD Dr. R. Hänold Neuromuskuläre Erregungsübertragung Erregungsübertragung an der Motorischen Endplatte: alpha-Motoneuron AP Muskelfaser www.medi-know.org Physiologie: Muskel 1. FS 19 Datum: PD Dr. R. Hänold Neuromuskuläre Erregungsübertragung J. Markl et al, Muskeln und Skelette, Purves Biologie, Springer 2019 Physiologie: Muskel 1. FS 20 Datum: PD Dr. R. Hänold Neuromuskuläre Erregungsübertragung Nervenimpuls trifft an neuromuskulärer Verbindung ein: Aktionspotential erreicht Nervenendigung, Ca2+ Ionen dringen aus extrazellulären Raum durch die Membran und gelangen zu den Vesikeln. Beim Fehlen von Ca2+ Ionen ist die Freisetzung von Acethylcholin stark verringert Ausschüttung von ACh aus ca. 300 Vesikeln in den synaptischen Spalt. kurzer (1 ms) Kontakt von ACh mit der Muskelfasermembran, ist ausreichend um Muskelfaser zu erregen schnelle Spaltung des Transmitters gestattet sofortige neue Erregung, nachdem Ruhemembranpotential an Muskelfaser wieder hergestellt ist Muskelfasermembran hat im postsynaptischen Bereich spezielle Eiweißmoleküle = ACh-Rezeptoren ACh bewirkt über diese Rezeptoren ein Öffnen von Na-Kanälen und K-Kanälen an Muskelfasermembran Membranpotential erhöht sich an der neuromuskulären Verbindung um 50 – 70 mV: Endplattenpotential Dies ist eine lokale Erregung, die sich elektrotonisch auf benachbarte Muskelfasermembran ausbreitet und dort ein Aktionspotential auslöst. AP breitet sich in beide Richtungen über die gesamte Muskelfaser aus, so dass Vorgänge der elektromechanischen Ankopplung ablaufen können 1. Aktionspotential der motorischen Nervenfaser 2. Öffnung spannungsabhängiger Ca-Kanäle 3. Ca2+ Einstrom in die motorische Endplatte 4. Fusion der Vesikel mit präsynaptischer Membran 5. Freisetzung des Transmitters Acethylcholin (ACh) 6. ACh bindet sich an die nikotinergen ACh-Rezeptoren der Postsynapse 7. Na+ Ionen dringen durch die Membran und lösen exzitatorisches postsynaptisches Potential aus (Endplattenpotential) 8. Elektrotonische Ausbreitung auf die Muskelfasermembran 9. Depolarisation löst die Vorgänge der Bildung eines Aktionspotentiales an der Muskelfasermembran aus (es folgen Vorgänge der elektro-mechanischen Ankopplung) 10. Spaltung des Transmitters durch die Acetylcholinesterase 11. Spaltprodukte Cholin und Acetat werden rückresorbiert Physiologie: Muskel 1. FS 21 Datum: PD Dr. R. Hänold Einflüsse auf die neuromuskuläre Übertragung 1. Neuromuskuläre Blockierung durch Toxine verschiedene Schritte der neuromuskulären Übertragung erlauben unterschiedliche Einflüsse auf den Übertragungsprozess: a) Blockierung der Fortleitung des nervalen Aktionspotentiales durch lokale Anästhetika b) Blockierung der Acetylcholinfreisetzung (z.B. durch ein Gift (Botox) des Botulinumbakterium; Botulinismus) c) Blockierung der Acetylcholinrezeptoren an der Postsynapse, die Blockade kann durch direkte Hemmung oder übermäßigen Aktivierung der Rezeptoren erfolgen und kann irreversibel oder kompetitiv sein (kompetitive Hemmung) * kurariforme Substanzen (d-Tubocurarin, Curare /indianisches Pfeilgift/) blockieren die Rezeptoren, in dem sie mit dem Acetylcholin in Konkurrenz treten (Competition). Acethylcholin kann so die Permeabilität der Muskelfasermembran nicht ausreichend erhöhen und kein Aktionspotential hervorrufen. * Eine andere Stoffgruppe (Decamethonium, Succinylcholin) verlängert die Besetzung der Rezeptoren und depolarisiert dauerhaft die Membran. d) Blockierung durch Hemmung der Acetylcholinesterase: Neostigmin und Piridostigmin verhindern den sofortigen Abbau von ACh im synaptischen Spalt. Militärische Nervengase inaktivieren die Acetylcholinesterase für mehre Wochen => letale Wirkung aufgrundlangfristiger Blockierung der neuromuskulären Übertragung 2. Muskelrelaxantien Blockierung der neuromuskulären Übertragung hat große klinische Bedeutung: Muskelrelaxation während einer Operation vermindert die Menge der Narkosestoffe, bedingt aber eine künstliche Beatmung wegen Lähmung der Atemmuskulatur Botox-Behandlung lässt Denker- und Lachfältchen verschwinden, die Gesichtszüge entspannen und glätten vorübergehend für etwa sechs Monate 3. Myasthenia gravis Anzahl der Rezeptoren für ACh an der postsynaptischen Membran ist pathologisch verringert: Körper bildet Antikörper gegen die eigenen Rezeptoren in der Muskelfasermembran (= Autoimmunerkrankung) Patienten sind gelähmt, da neuromuskuläre Übertragung der nervalen Signale unterbrochen ist. Eine Behandlung kann über Vermehrung von Acetylcholin erfolgen, z.B. durch Hemmung der Acetylcholinesterase (Neostigmin und Piridostigmin). Wenn Aktionspotenziale die Endplatte erreichen steigt die Menge des Acetylcholins und es wird ein ausreichend hohes Endplattenpotential erreicht Physiologie: Muskel 1. FS 22 Datum: PD Dr. R. Hänold Muskelrelaxantien AP www.medi-know.org Schnittstelle AnatPhys - Muskulatur 23 Datum: Dr. R. Hänold 1.5. Elektromechanische Kopplung Elektromechanische Ankopplung: Kopplung von Exzitation und Kontraktion Übertragung des Signals für die Kontraktion nach Übertragung vom Nerv auf die Muskelfaser über die motorische Endplatte (Synapse) breitet sich entlang der Muskelfasermembran nach beiden Enden über die gesamte Länge der Myofibrillen aus Wichtige Rezeptoren/Kanäle: Dihydropyridin-Rezeptor (DHPR) im Sarkolem Ryanodin (RYR1)-Rezeptor im ER Physiologie: Muskel 1. FS J. Markl et al, Muskeln und Skelette, Purves Biologie, Springer 2019 24 Datum: PD Dr. R. Hänold Elektromechanische Kopplung Ablauf an der Triade: 1. Aktionspotential breitet sich über Zellmembran aus bis zum T-System (transversales tubuläres System) 2. Erreicht den spannungsabhängigen Dihydropyridin-Rezeptor (DHPR) im Sarkolem 3. Dieser induziert Aktivierung der Ryanodin (RYR1)-Rezeptoren (bildet den Ca-Kanal) 4. Öffnung des mit dem RYR-Rezeptor assoziierten Ca-Kanals an der Terminalzysterne 5. Ca2+ fließt entsprechend des elektrochemischen Gradient ins Zytoplasma 6. Initiierung der Kontraktion S. Rizzoli, Göttingen: Neuromuskuläre Physiologie Physiologie: Muskel 1. FS 25 Datum: PD Dr. R. Hänold Zeitlicher Ablauf von Erregung und Kontraktion 1. Aktionspotential 1 ms 2. Depolarisation der Muskelmembran 10 ms 3. Ca-Einstrom 30 ms 4. Muskelkontraktion 100 ms (1% Längenverkürzung des Sarkomer pro Zyklus) S. Rizzoli, Göttingen: Neuromuskuläre Physiologie J. Markl et al, Muskeln und Skelette, Purves Biologie, Springer 2019 Physiologie: Muskel 1. FS 26 Datum: PD Dr. R. Hänold Skelett- versus Herzmuskel Skelettmuskel Herzmuskel - ähnlicher Mechanismus, aber: - keine direkte Kopplung von DHRP und RyR Rezeptoren - DHPR ist echter Ca2+ Kanal -> Ca2+ Einstrom in Sarkoplasma aktiviert RyR -> starke Freisetzung von Ca2+ aus dem sarkoplasmatischen Retikulum Herzmuskel = Kalzium-induzierte Kalzium-Freisetzung - Kontraktion des Herzmuskels von extrazellulärem Ca abhängig - Längerer Ca-Einstrom verlängert die Depolarisation der Herzmuskelzelle und damit deren Kontraktionsdauer (bis 800 ms = ein Herzschlag) S. Rizzoli, Göttingen: Neuromuskuläre Physiologie Physiologie: Muskel 1. FS 27 Datum: PD Dr. R. Hänold 1.6. Energiebereitstellung im Muskel Muskel wandelt chemische Energie der organischen Verbindungen in biomechanische Energie um Muskelkontraktion ist abhängig von der Energiebereitstellung über das Adenosintriphosphat (ATP) für die: Querbrückenbildung und das Gleiten der Filamente Ca++ -Pumpen Na+/K+ -Pumpen Energie wir durch aeroben Stoffwechsel durch Verbrennung von Glukose bereitgestellt, kurzfristig auch durch anaeroben Stoffwechsel (Glykolyse) w Totenstarre Einige Stunden nach dem Tode nehmen Muskel des Körpers einen Zustand der Kontraktion ein, der als Totenstarre bezeichnet wird: Muskel kontrahieren und werden steif, ohne das Aktionspotentiale ablaufen Ursache: vollständiger Verlust an ATP, welches für Trennung von Myosin vom Aktin erforderlich ist; Totenstarre bleibt solange erhalten, bis Zerstörung der Muskelproteine beginnt (15-25 Stunden) www.sportunterricht.de_lksport Physiologie: Muskel 1. FS 28 Datum: PD Dr. R. Hänold Energiebereitstellung: Regeneration des ATP www.sportunterricht.de_lksport Physiologie: Muskel 1. FS 29 Datum: PD Dr. R. Hänold Energiebereitstellung Insgesamt in einer Muskelfaser vorhandene Menge an ATP reicht bei vollständiger Kontraktion weniger als 1 Sek; für die Rephosphorilierung des ADP (Adenosindiphosphat) bestehen n verschiedene Energiequellen: ADP + P(energiereich) -> ATP = ADP + Kreatinphosphat -> ATP + Kreatin Erste Quelle ist das Kreatinphosphat, besitzt eine energiereiche Phosphatbindung ähnlich dem ATP; auch Gesamtmenge des Kreatinphosphates ist nur klein, sie reicht für maximale Muskelkontraktion von wenigen Sek Nachliefernde Energiequelle, um sowohl Kreatinphosphat als auch ATP wieder herzustellen, ist die Energie der Kohlenhydrate, Fette und Eiweiße; Oxidationsprozesse dieser Nährstoffe finden in den Mitochondrien statt; während der Muskelkontraktion (Muskelarbeit) ist der Energiebedarf 100 bis 1.000 höher als in Ruhe; im gleichen Maße wie sich der Energiebedarf erhöht, erhöht sich auch der Bedarf an Sauerstoff Für kurze Zeit von bis zu ca. 30 Sek ist eine maximale Muskelarbeit durch Energiebereitstellung aus den Prozessen der anaeroben Glykolyse möglich (ohne O2-Verbrauch); als Stoffwechselendprodukt entsteht Milchsäure (Laktat) Rephosphorylierung des Kreatins und Abbau des Laktates geschehen fast komplett nach Beendigung der Arbeit; hierfür ist in dieser Zeit der O2-Bedarf erhöht; erhöhter O2- Bedarf am Ende der Arbeit entspricht der fehlenden O2-Menge am Beginn bzw. während der Arbeit für die aerobe Energiegewinnung und wird deshalb als Sauerstoffschuld bezeichnet Physiologie: Muskel 1. FS 30 Datum: PD Dr. R. Hänold Muskelermüdung Kräftige Kontraktionen und/oder langanhaltende Kontraktionen führen zum bekannten Zustand der Muskelermüdung. Dieser Zustand ist die Unfähigkeit, die Muskelfunktion in der bisherigen Form weiterzuführen = Zustand der eingeschränkten Leistungsfähigkeit, zurückzuführen auf: Unfähigkeit zum Kontraktionsprozess Veränderung im Metabolismus der Muskelzelle - Abnahme Ca2+ freigesetzt - Intrazelluläre Azidose (Milchsäure) n - Ansammlung von Phosphat (Ca-Ansprechbarkeit nimmt ab) Erschöpfung der Energiereserven (z.B. Ischämie) Anhäufung von Stoffwechselendprodukten Durch Ermüdung der nervalen Steuerprozesse Unterbrechung der Blutzufuhr für einen kontrahierten Muskel (Mangel an Sauerstoff), die auch durch eine isometrische Kontraktion selbst eintreten kann, führt zu einer kompletten Muskelermüdung innerhalb einer Minute; Ursache ist offensichtlich ein Verlust der Zufuhr von Nährstoffen Muskelkader ist eine vorübergehende schmerzhafte Erscheinung bei Muskelermüdung durch Schäden (Mikrotraumen) an Zellstrukturen Drei verschiedene Regenerationsmechanismen - die direkte Phosphorylierung von ADP in der Kreatinphosphat-Reaktion - die anaerobe ATP-Gewinnung in der Glykolyse (2–3 Mol ATP pro Mol Glukose) - die aerobe ATP-Gewinnung durch oxidative Phosphorylierung (etwa 30 Mol ATP pro Mol Glukose) in den Mitochondrien Wirkungsgrad des gesamten Muskels beträgt 20–30% Physiologie: Muskel 1. FS 31 Datum: PD Dr. R. Hänold 1.7. Muskelfasertypen Unterscheidung nach strukturellen, kontraktil-mechanischen und biochemisch-energetischen Merkmalen in: weiße Muskelfasern rote Muskelfasern → Typ 2 (F-Fasern) → Typ 1 (S-Fasern) → schnelle Kontraktion: physisch → langsamere Kontraktion: tonisch → Kurzzeitleistung, schnelle Ermüdung → Dauerleistung, langsame Ermüdung → hoher Kraftaufwand → begrenzter Kraftaufwand → anaerobe (glykolytische) Energiegewinnung → aerobe Energiegewinnung (O2) Schnell, weiß, stark: Langsam, rot, ausdauernd: Nehmen durch Training gut Nehmen durch Training nicht an Masse zu an Masse zu trekkinglife.de rote Farbe der Muskelfasern aufgrund Blutreichtum + Myoglobin (O2-Träger) in der Regel liegt Mischung aus beiden Fasertypen sowie mehreren Zwischentypen (z.B. Typ IIA, IIB) vor → individuelle (genetisch bedingte) sowie trainingsbedingte Beeinflussung möglich die funktionell und damit stoffwechselmäßig unterschiedlichen Muskelfasertypen geben unterschiedliche Botenstoffe (Myokine) ab, welche den funktionsbedingt unterschiedlich erforderlichen Stoffwechsel anpassen Physiologie: Muskel 1. FS 32 Datum: PD Dr. R. Hänold Funktionelle Skelettmuskel-Typen Haltemuskulatur - auch als tonische Muskulatur bezeichnet - ermöglicht Körperstabilität: statische Belastung - überforderter Muskel reagiert mit Verkürzung und Verspannung: Dehnung notwendig - bei Überbeanspruchung -> Aufgaben werden kompensatorisch von Bewegungsmuskeln übernommen - auf Dauerleistung ausgelegt: regelmäßiges Training verbessert deren Fähigkeiten zur ausdauernden Kraftentfaltung - Typ I Fasern, aerober Stoffwechsel, langsame Kontraktion Bewegungsmuskulatur - ist Gegenspieler zur Haltemuskulatur - auch als phasische Muskulatur bezeichnet - ermöglicht gezielte Bewegungen: dynamische Belastung - z. B. Adduktoren, dreiköpfige Unterschenkelmuskulatur, Wadenmuskel, gerader und äußerer Oberschenkelmuskel, kleiner Brustmuskel - neigt zur Schwächung: Kräftigung durch Training - Typ II Fasern: anaerober Stoffwechsel, schnelle Kraftentfaltung Die unterschiedlichen physikalischen und chemischen Eigenschaften des Muskels kommen in den verschiedenen Kontraktions- eigenschaften zum Ausdruck: einige Muskel haben die Fähigkeit sehr schnell zu kontrahieren, während sich andere langsamer verkürzen; diese Spezialisierung geschieht bereits während der artspezifischen (phylogenetischen) Entwicklung und während der konkreten individuellen Anpassung (Ontogenese) Die Augenmuskulatur hat eine Kontraktionsdauer einer Einzelzuckung von weniger als 1/100 Sek. Der Musculus gastrocnemius (Wadenmuskel) 1/30 Sek; M. soleus (Schollenmuskel) 1/10 Sek. Der Gastrocnemiusmuskel muss sich ausreichend schnell kontrahieren, um dem Bein eine ausreichende Geschwindigkeit für des Laufen und Springen zu vermitteln. Der Soleus hingegen ist hauptsächlich in die langsamen Kontraktionen für die Stabilisierung des Körpergleichgewichtes gegen die Erdschwerkraft einbezogen; Muskeln mit langsamer Kontraktionsgeschwindigkeit haben den Vorteil der Ausdauer zum langanhaltenden Arbeiten Physiologie: Muskel 1. FS 33 Datum: PD Dr. R. Hänold 1.8. Biomechanik der Muskelkontraktion Begriffe zur Mechanik eines Muskels Ursprung (origo) = kranial (an Armen) sowie proximal (an Beinen) befestigte Teil des Muskels: punctum fixum Ansatz (insertio) = kaudal bzw. distal vom Ursprung befestigte Teil des Muskels: punctum mobile → Hintergrund: Muskelursprung ist weniger beweglich als Muskelansatz Muskelbauch (Venter) = fleischige Portion zwischen Origo und Insertio bei mehrköpfigen Muskeln: mehrere Ursprünge die Drehachse befindet sich im Gelenk, welches vom Muskel überspannt wird und welches von den beiden Knochen für Ursprung (fest) und Ansatz (bewegt) gebildet wird; einige Muskel überspannen zwei Gelenke Physiologie: Muskel 1. FS 34 Datum: PD Dr. R. Hänold Biomechanik der Muskelkontraktion Zur flüssigen Ausführung von Bewegung ist Zusammenspiel gegensätzlich wirkender Muskeln erforderlich: Agonist: bewegungsausführender Muskel („Spieler“) Antagonist: Gegenbewegung ausführender Muskel („Gegenspieler“) Synergist: sich gegenseitig unterstützende Muskeln z.B. Ellenbogengelenk: M. biceps brachii und M. brachialis Wenn sich Muskelfasern gegen äußere Kraft kontrahieren werden die in Serie geschalteten elastischen Komponenten des Muskels (Sehnen, die Enden des Sarkolem, die Strukturen der Querbrücken) mit Zunahme der Muskelspannung leicht gedehnt Exzentrische und konzentrische Kontraktion: konzentrische Muskelverkürzung: Muskel verkürzt sich gegen eine äußere Kraft: z.B. Gewicht anheben exzentrische Kontraktion (Muskelverlängerung): trotz Kraftentfaltung wird Muskel durch eine äußere Kraft gedehnt: z.B. Gewicht absenken Physiologie: Muskel 1. FS 35 Datum: PD Dr. R. Hänold Formen der Muskelkontraktion isometrische Kontraktion: wenn sich der Muskel während einer Kontraktion nicht verkürzt (nicht verkürzen kann), aber seine innere Spannung sich verändert die äußere Widerstandskraft ist größer als die Muskelkraft -> beide Enden des Muskels bleiben fixiert ghable boland kardane vazne ast isotonischen Kontraktion: wenn sich der Muskel während einer Kontraktion verkürzt, aber die Muskelspannung (Kraft) konstant bleibt die Kraft gegen die der Muskel arbeitet bleibt konstant -> die Muskellänge verändert sich vaghti mikhahim vazne ra boland jokim dar hengame boland kardan taghirre mahichera mibinim auxotonische Kontraktion während einer Kontraktion des Muskels kommt es sowohl zur Verkürzung als auch zu einer Zunahme der Muskelkraft die meisten Bewegungen sind auxotonische Bewegungen isotonische und auxotonische Kontraktionen verrichten äußere Arbeit Physiologie: Muskel 1. FS 36 Datum: PD Dr. R. Hänold Muskeltonus Muskeltonus: Grundspannungszustand eines Muskels → in Ruhezustand sind einige Muskelfasern kontrahiert und andere entspannt: Muskelgrundtonus, z.B. Aufrechthaltung des Kopfes ein Reiz: löst Zuckung aus, wiederholte Reizungen ohne zwischenzeitliche Entspannung des Muskels: andauernde Kontraktion (Tetanus) -> alle bewusst gesteuerten Bewegungen sind kurzzeitige tetanische Kontraktionen maximale Kontraktionskraft eines Muskels = Summe der Kontraktionskraft aller seiner Muskelfasern; zudem ist die vom Muskel entwickelte Kontraktionskraft von den mechanischen Bedingungen und von den aus dem Nervensystem kommenden Steuerimpulsen abhängig Physiologie: Muskel 1. FS 37 Datum: PD Dr. R. Hänold 1.9. Steuerung der Kraftentfaltung Muskelfasern erhalten Befehle für Kontraktion von Motoneuronen (Vorderhorn des Rückenmarkes) 1. Motorische Einheit: ein Motoneuron ist über sein Axon mit mehreren Muskelfasern verbunden; alle Muskelfasern, die vom gleichen Axon eines Motoneurons innerviert werden, bilden mit diesem eine motorische Einheit (mE) Muskeln, die zu feinen und genauen Bewegungen fähig sind (z.B. Kehlkopfmuskulatur), haben nur wenige Muskelfasern je motorischer Einheit große Muskeln, die keine so feine Bewegungskontrolle benötigen, haben mehrere hundert Muskelfasern pro motorischer Einheit. w Tab.: Größe motorischer Einheiten einiger ausgewählter Muskeln Gebiete benachbarter motorischer Einheiten überlappen sich; Überschneidung gestattet einen gegenseitigen Halt bei der Kontraktion einzelner motorischer Einheiten Alle Fasern einer motorischen Einheit sind vom gleichen Fasertyp; auch die Motoneurone der einzelnen Typen motorischer Einheiten unterscheiden sich z.B. nach Größe, Axondurchmesser (Neurit/motorische Nervenfaser) Die Bezeichnung eines Muskels (anatomische Einheit/ oft nicht mit der funktionellen Einheit identisch) richtet sich nach überwiegendem Fasertyp. Beim Menschen besteht hohe interindividuelle Variabilität, vorwiegend genetisch bedingt Physiologie: Muskel 1. FS 38 Datum: PD Dr. R. Hänold Steuerung der Kraftentfaltung 2. Abstufung der Muskelkraft durch Summation von Einzelkontraktionen Eine isolierte Muskelzuckung (= Einzelzuckung: dauert in Abhängigkeit vom Muskelfasertyp mehrere Millisekunden bis 500 ms) wird durch eine Erregung über den Nerven (dauert nur 1 ms) oder durch einen kurzen elektrischen Impuls direkt am Muskel ausgelöst Summation der Muskelkontraktionen: einzelne isolierte Muskelzuckungen werden zum Zwecke der Bewegungssteuerung (Abstufung der Muskelkraft) kombiniert, dies ist auf zwei Arten möglich: räumliche Summation: Erhöhung der Anzahl der gleichzeitig aktiven motorischen Einheiten zeitliche Summation: Erhöhung der Frequenz aufeinanderfolgender Zuckungen der gleichen motorischen Einheit, wobei sich die Kontraktionen überlagern Räumliche Summation: Kleine motorische Einheiten sind leichter erregbar als große motorische Einheiten, werden bei kleinen Kontraktionskräften eingesetzt und sind bei größeren Kräften zuerst aktiviert. Je mehr motorische Einheiten eingesetzt werden, um so mehr steigt die entfaltete Kontraktionskraft des Muskels. Zeitliche Summation: Wenn Aktionspotential die Muskelfaser vor Beendigung der vorherigen Zuckung erreicht, überlagert die zweite Zuckung die erste Zuckung, dadurch summieren sich die Kräfte beider Zuckungen. Die summierte Kraft ist größer als bei einer isolierten Einzelzuckung. Mit Zunahme der Stimulationsfrequenz wird der Grad der Überlagerung größer, bis die einzelnen Zuckungen miteinander verschmelzen. Diesen Zustand nennen wir tetanische Kontraktion. Sie tritt bei der kritischen Frequenz der Erregung ein. Alle unsere Willkürbewegungen sind tetanische Kontraktionen. Physiologie: Muskel 1. FS 39 Datum: PD Dr. R. Hänold Zeitliche Summation von Erregungen Einzelzuckung: Zeit zwischen zwei Aktionpotenzialen (1 AP = wenige ms) ist kürzer als die Dauer einer Einzelzuckung (50-500 ms) Superposition: Überlagerung bei Doppelreiz => erhöhte mechanische Antwort Unvollständige tetanische Kontraktionen: Muskelfasern können sich zwischen den APs noch etwas entspannen Vollständige tetanische Kontraktion (glatter Tetanus): Zeit zwischen den APs ist kürzer als ~1/3 der Dauer einer Einzelzuckug (Verschmelzungsfrequenz); Kraft im Tetanus ist 3 bis 10-fach größer Einzelzuckungen Quelle: Skript „Neuromuskuläre Physiologie“, S. Rizzoli, Göttingen Physiologie: Muskel 1. FS 40 Datum: PD Dr. R. Hänold Beziehung Muskellänge - Kontraktionskraft S. Rizzoli, Neuromuskuläre Physiologie, Göttingen Kraftentwicklung ist abhängig von Dehnung (Ausgangslänge des Muskels): Sarkomerlänge max. Kraft zwischen 2 - 2,2 µm Sarkomerlänge > 2,2 µm: Kraft sinkt mit abnehmender Überlappung zwischen Myosin und Aktin < 2 µm: Kraft sinkt mit der Doppelüberlappung zwischen Myosin- und Aktinfilamenten und Kollision der Myosinfilamente mit Z-Scheiben Physiologie: Muskel 1. FS 41 Datum: PD Dr. R. Hänold Beziehung Muskellänge - Kontraktionskraft Erschlaffter Muskel entwickelt keine Kraft, kann aber passiv gedehnt werden, d.h. Muskel besitzt elastische Eigenschaften -> Beziehung zwischen der Kraft, mit der der Muskel gedehnt wird, und der Muskellänge: Ruhedehnungskurve Ein Muskel, der sich in Ruhe in seiner normalen natürlichen Länge befindet, kann sich mit maximaler Kraft kontrahieren -> Aktin- und Myosinfilamente haben optimale Überlappung: je mehr Querbrücken gebildet werden können, um so größer ist resultierende Kontraktionskraft des Muskels die während Kontraktion entfaltete Spannung nimmt ab, wenn Muskel über seine normale Länge gedehnt wird: -> Aktin- und Myosinfilamente überlappen sich dabei immer weniger hat ruhender Muskel eine geringere Länge als normal, so nimmt seine maximal entwickelte Kraft ebenfalls ab: -> die beiden Enden der gegenüberliegenden Aktinfilamente beginnen sich zu überlappen die aktive Muskelspannung kann unter isometrischen (= Kurve der isometrischen Maxima) oder unter isotonischen Bedingungen (= Kurve der isotonischen Maxima) bestimmt werden -> bei einer gegebenen Muskellänge wird unter isometrischer Kontraktion eine höhere Kraft entwickelt als unter Kraft isotonischer Kontraktion (siehe auch Hill-Kurve) Abb. Kurve der isometrischen Maxima/ Kurve der isotonischen Maxima: die aktive Muskelspannung wird unter isometrischen bzw. unter isotonischen Bedingungen bestimmt Länge Physiologie: Muskel 1. FS 42 Datum: PD Dr. R. Hänold Beziehung Kontraktionsgeschwindigkeit - Kontraktionskraft Kraft, die Muskel bei seiner Kontraktion entwickelt, hängt auch von Verkürzungsgeschwindigkeit ab: F ∼ 1/v Bewegungen mit großer Geschwindigkeit können nur ohne größere Last ausgeführt werden: mit steigender Verkürzungsgeschwindigkeit nimmt die Anzahl der pro Zeiteinheit bestehenden Querbrücken ab -> Muskel verkürzt sich am schnellsten, wenn die Kontraktion ohne Last erfolgt. Mit zunehmender Last wird die Kontraktionsgeschwindigkeit geringer -> daraus folgt: maximale Kraft wird bei isometrischer Kontraktion erreicht Hill’sche Kurve Abb.: Beziehung zwischen Kontraktionskraft und Kontraktionsgeschwindigkeit (Hill’sche Kurve) Geschwindigkeit Eine wichtige Rolle bei natürlichen Bewegungen spielt Verhältnis zwischen Kraftarm und Lastarm, also die Hebelverhältnisse, die durch die Entfernung des Ursprunges und des Ansatzes des Muskels vom Drehpunkt entstehen; Hebelverhältnisse ändern sich bei Veränderung des Gelenkwinkels ist wichtig für Körperhaltung bei Organisation von Arbeitsprozessen, z.B. zur Verhinderung von Überlastung (z.B. Heben einer Last) Physiologie: Muskel 1. FS 43 Datum: PD Dr. R. Hänold 1.10. Elektromyografie Ziel: Messung der Aktionspotentiale, die sich entlang der Muskelfasermembran ausbreiten Methode: Anlegen von 2 Elektroden auf die Haut über dem aktiven Muskel bei Ausbreitung eines Aktionspotentials entlang der Muskelfaser: geringer Anteil des elektrischen Stromes erreicht Hautoberfläche und Elektroden wenn mehrere/viele Muskelfasern gleichzeitig aktiviert werden, summieren sich die Einzelpotentiale zu Summenpotentialen mit registrierbarer Größe = Elektromyogramm (EMG) Alternativ: Einzelpotentiale können mit Nadelelektroden direkt aus der Umgebung der einzelnen Muskelfasern registriert werden Anwendung: Klinisch: zur Diagnose pathologisch veränderter Muskelerregung, z.B. bei - Erkrankung der Motoneurone des Rückenmarkes (Poliomyelitis) - traumatischer Nervenverletzung - Erkrankung der Muskelfasern Während der ersten Tage einer Degeneration von Muskelfasern entstehen spontane Muskelaktionspotentiale, welche unwillkürliche Muskelbewegungen hervorrufen (Faszikulationen) Physiologie: Muskel 1. FS 44 Datum: PD Dr. R. Hänold Elektromyostimulation Mit Hilfe über die Haut eingeleitete elektrische Impulse kann ein Muskel elektrisch gereizt und zur Kontraktion gebracht werden: Stärkung der Muskulatur Zur Prävention und Therapie unterschiedlicher Beschwerdebilder, z.B. Nicht-spezifische Rücke schmerzen, Muske schwund im Alter & Sarkopenie www.miha-bodytec.com/medizinische-ems Physiologie: Muskel 1. FS 45 Datum: PD Dr. R. Hänold n­ l­ 2. Kontraktion der glatten Muskulatur Vorkommen: in Wänden der meisten Hohlorgane, z.B.: Gefäße, Speiseröhre, Magen, Darm, Blase, Uterus, Prostata, Ciliarmuskel Einzelne Zellen: Länge 50 - 200 µm; Durchmesser 2 - 5 µm mikroskopisch keine Querstreifen erkennbar (wegen Fehlen von Sarkomeren) arbeitet weitgehend unwillkürlich langsame Kontraktion (bis zu 500-mal langsamer als Skelettmuskulatur) Kontraktion erfolgt durch spontane rhythmische Aktivität und/oder durch neuronale Erregung des vegetativen (autonomen) Nervensystems chemische Vorgänge für Muskelkontraktion (kontraktile Proteine Aktin und Myosin, Energieumwandlungsprozesse) sind prinzipiell gleich wie bei Skelettmuskel, Struktur der Myofibrillen fehlt (-> keine Querstreifung, daher „glatt“) Ca2+ fließt bei Erregung aus dem extrazellulären Raum ein und bindet an Calmodulin; Proteinfilamente sind an der Zellmembran an Dense bodies befestigt, diese sind wiederum untereinander vernetzt; Zellen meist von einer Bindegewebsmatrix umhüllt Physiologie: Muskel 1. FS 46 Datum: PD Dr. R. Hänold Typen glatter Muskulatur 1. Multiunitärer glatter Muskel (multi unit type) aus isolierten einzelnen glatten Muskelfasern zusammengesetzt, jede Faser funktioniert unabhängig von den anderen Fasern, da sie von einzelnen Nervenendigungen innerviert werden, Kontraktion völlig unter Kontrolle von nervalen Impulsen (-> nur selten spontane Kontraktionen) Beispiele: M. erector pilii; M. ciliaris des Auges; Fasern in den großen Blutgefäßen, Bronchien 2. Glatter Muskel der Eingeweide (single unit type) Fasern sind in Schichten oder Bündeln angeordnet und die Membranen stehen untereinander an mehreren Punkten in engem Kontakt (tight junction); Muskelfasern formieren ein funktionelles Synzytium: alle Muskelfasern kontrahieren gleichzeitig in großen Gebieten Beispiele: Wände des Darmes, Harnblase, Uterus, Gallenblase (Hohlorgane); ein an einer Stelle des Synzytium entstandenes Aktionspotential breitet sich über den gesamten Muskel aus, ohne dass erregende Substanzen freigesetzt worden sind Innervation der glatten Muskulatur via Neurotransmitter: In Verdickungen der Nervenzellen (Varikositäten) sind die Neurotransmittersubstanzen eingelagert, die bei Bedarf freigegeben werden, zur Muskelzelle diffundieren und dort zur Kontraktion führen. Physiologie: Muskel 1. FS 47 Datum: PD Dr. R. Hänold Myogene Erregung des glatten Muskels Gleiten der Filamente und Spaltung des ATP verlaufen beim glatten Muskel 100 bis 1.000 mal langsamer als beim Skelettmuskel; dadurch längere Kontraktion und wesentlich geringerer Energieverbrauch n Einige Muskelfasern des Eingeweidemuskels sind fähig zur Selbsterregung (= eigenständige Erzeugung von Aktionspotentialen durch Schrittmacherzellen): Membranpotential nimmt kontinuierlich bis zum Schwellenwert ab (Depolarisation) und löst ein Aktionspotential aus; Depolarisation erfolgt durch einen Kalzium-Einwärtsstrom. Die Depolarisation hält einige Sekunden bis Minuten an und löst eine ganze Serie von Impulsen aus, die wiederum eine tonische Kontraktion auslösen: myogener Tonus / myogener Rhythmus. K+ -Leitfähigkeit beeinflusst den Tonus: K-bedingte Hyperpolarisation verstärkt Tonus (metabolische Kontraktion); umgekehrt metabolische Dilatation Keine motorische Endplatte, ansonsten erfolgt Übertragung der Nervenimpulse auf den glatten Muskel prinzipiell gleich wie beim Skelettmuskel; überwiegend erfolgt die Kontraktion des glatten Muskels nicht durch Aktionspotentiale sondern durch Ca -Einstrom, ausgelöst durch: Hormonelle Faktoren: Noradrenalin, Adrenalin (Epinefrin), Acethylcholin, Angiotensin, Vasopressin, Oxytocin, Serotonin Gewebsfaktoren: Sauerstoffmangel, Verminderung des pH-Wertes, Laktat, Kaliumionen, Verringerung von Kalziumionen, Kälte und Wärme Physiologie: Muskel 1. FS 48 Datum: PD Dr. R. Hänold Myogene Erregung des glatten Muskels n Muskeltonus der glatten Muskulatur glatter Muskel kann ein stabiles Kontraktionsniveau langdauernd aufrechterhalten, z.B. werden Arteriolen praktisch das ganze Leben lang in einem Kontraktionstonus gehalten; erfolgt durch Summation von Aktionspotentialen sowie durch Gewebsfaktoren und im Blut zirkulierende Hormone charakteristische Eigenschaft des glatten Muskels ist die Fähigkeit, seine Länge zu ändern ohne das dabei der Tonus verändert wird (Relaxation bei Spannung) Erschlaffung (Relaxation) Kalzium wird über Na-Ca-Antiporter aus der Zelle gepumpt, Zerfall des Calmodulin- Komplexes Stimulation der ß-Rezeptoren mit Erhöhung des cAMP messengers oder diffundierendes NO Kontraktionsmechanismus -> siehe Kreislauf - Blutgefäße Physiologie: Muskel 1. FS 49 Datum: PD Dr. R. Hänold 3. Kontraktion der Herzmuskulatur Herzmuskelzellen: unregelmäßig verzweigt, ein Zellkern untereinander verbunden -> bilden Netzwerk, in welchem sich elektr. Erregung ausbreiten kann Herzmuskel 60 ta 75 kontrahiert unwillkürlich, kontinuierlich, rhythmisch (ca. 75-mal / min) besitzt innere Schrittmacherzellen (= Impulsbildungszentren, z.B. Sinusknoten) besitzt lange Refraktärzeit (keine Kontraktion möglich) von 300 ms: ermöglicht Erholung zwischen Herz- schlägen, ansonsten: Kammerflimmern Erregung der Herzmuskelzellen (Arbeitsmyokard der Herzwand) erfolgt über Gap junctions: Nach dem Alles-oder-nichts-Prinzip Herz = funktionelles Synzytium Physiologie: Muskel 1. FS 50 Datum: PD Dr. R. Hänold Kontrollfragen 1. Was ist eine motorische Endplatte und eine motorische Einheit? 2. Welche Wirkung entfalten hinsichtlich der neuromuskulären Signalübertragung die folgenden Substanzen an der motorischen Endplatte: Neostigmin, Botox, Courage, Succinylcholin, lokale Anästhetika, militärische Nervengase 3. Beschreiben Sie die Rolle der Ca-Ionen bei der elektromechanischen Ankopplung. 4. Wie erfolgt die Bildung von Aktomyosin? 5. Welche Bedeutung hat ATP im Kontraktionsablauf (3 Positionen) und für die Leichenstarre? 6. Beschreiben Sie den Unterschied zwischen einer räumlichen und einer zeitlichen Summation in einer Muskelkontraktion! Wie entsteht ein Muskelkrampf? 7. Welche Beziehung besteht zwischen Muskellänge und Kontraktionskraft sowie zwischen Kontraktionsgeschwindigkeit und Kontraktionskraft? Was beschreibt die Hill’sche Kurve? 8. Nennen Sie Faktoren, die bei einer Muskelermüdung bzw. beim Muskelkater eine Rolle spielen. 9. Welche Muskelfasertypen werden unterschieden, was sind ihre histologischen und physiologischen Merkmale? 10. Nennen Sie eine Anwendungsmöglichkeit für die Elektromyographie. 11. Nennen Sie Aufbau, Aufgaben und Wirkungsweise der glatten Muskulatur sowie der Herzmuskulatur. 12. Benennen Sie Einflüsse auf die Kontraktion der glatten Muskulatur. Physiologie: Muskel 1. FS 51 Datum: PD Dr. R. Hänold

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