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This document contains information on genetics, including DNA structure and function. It also provides an overview of mitosis and meiosis.
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Grundprinzipien der Vererbung und Grundlagen der Verhaltensgenetik 1 Übersicht 1. Definition und historischer Hintergrund der Genetik 2. Das menschliche Genom 3. Aufbau der DNA 4. Mitose – Zellkerne teilen sich 5. Meiose – Keimzellen entstehen 6....
Grundprinzipien der Vererbung und Grundlagen der Verhaltensgenetik 1 Übersicht 1. Definition und historischer Hintergrund der Genetik 2. Das menschliche Genom 3. Aufbau der DNA 4. Mitose – Zellkerne teilen sich 5. Meiose – Keimzellen entstehen 6. Mitose und Meiose im Überblick 7. Genexpression: von der DNA zum Protein 7.1 Transkription 7.2 Translation 8. Grundlagen der Verhaltensgenetik 8.1 Genotyp und Phänotyp 2 1. Definition und historischer Hintergrund der Genetik Die Genetik beschäftigt sich mit der Morphologie und Funktion von Genen ("Erbanlagen") sowie mit deren Vererbung (Weitergabe an die nächste Generation) 3 1866 Mendel experimenteller Nachweis der Vererbungsregeln 1868 Miescher aus Eiter Gewinnung eines neuen Biomoleküls aus dem Zellkern; Desoxyribonukleinsäure (DNA) 1919 Levene Aufklärung der molekularen Zusammensetzung der DNA 1944 Avery Nachweis, dass ein bestimmter Stamm von Pneumococcus- Bakterien krankheitserregende Eigenschaften eines anderen Stammes erwerben kann. Experimenteller Nachweis, dass die DNA Träger der Erbinformation ist 1953 Watson & Crick Beschreibung des strukturellen Aufbaus der DNA (Doppelhelix) 4 Gregor Mendel Francis Crick James Watson 2. Das menschliche Genom Jede Körperzelle besitzt genetisches Material, welches im sogenannten Zellkern lokalisiert ist Dieses genetische Material der Zelle wird auch als Genom bezeichnet und besteht aus sogenannter DNA Die DNA ist in Chromosomen organisiert Jeder Mensch hat 23 Chromosomen von der Mutter und 23 Chromosomen vom Vater. Jeweils zwei Chromosomen sind homolog. Sie sind gleich strukturiert und enthalten die gleichen Gene (einmal von der Mutter, einmal vom Vater) Jeder Mensch hat also einen diploiden (doppelten) Chromosomensatz mit 23 Chromosomenpaaren (insgesamt 46 Chromosomen) 22 dieser Chromosomenpaare sind bei Männern und Frauen gleich. Das sind Autosome. Das 23. Chromosomenpaar unterscheidet sich zwischen Männern und Frauen (Gonosomen, Geschlechtschromosomen) Frauen haben zwei X-Chromosomen (XX) Männer haben ein X-Chromosom und ein Y-Chromosom (XY) 5 Der menschliche Chromosomensatz Als Karyogramm wird die Darstelllung sämtlicher Chromosome einer Zelle bezeichnet. Die homologen Chromosome (also jeweils eines der Mutter und eines des Vaters) „nebeneinandergelegt“ 6 Def. aus Ehlert, La Marca, Abbruzzese, Kübler, Biopsychologie, 2013 W. Kohlhammer GmbH Stuttgart, S. 16 Chromosomenaufbau Ein Chromosom ist ein DNA-Molekül. Dieses Molekül hat zwei DNA-Stränge, die in einer Doppelhelix verdrillt sind 1 Chromosom à 1 DNA-Molekül à 1 Doppelhelix Je nach Phase der Zellteilung liegt ein Chromosom als ein einzelner DNA- Doppelstrang (1-Chromatid-Chromosom) vor oder als zwei identische DNA- Doppelstränge, welche am Zentromer zusammenhängen (2-Chromatid- Chromosom mit zwei identischen Schwesterchromatiden à typische X-Form) Zentromer ist eine Einschnürungsstelle am Chromosom, welche das Chromosom in zwei oft unterschiedlich lange Abschnitte teilt 2 homologe Chromosomen ≠2 identische Chromatiden! Chromosomenpaar mit zwei Chromosomenpaar mit zwei homologen 1-Chromatid- homologen 2-Chromatid- Chromosomen Chromosomen Zentromer Zentromer Abb.: Griffiths et al., 2005, p.90 7 Das Gen Ein Gen ist ein DNA-Abschnitt, welcher sich an einem bestimmten Ort (Locus) auf einem Chromosom befindet Ein Gen ist eine funktionelle Einheit und enthält die genetische Information für ein Genprodukt (Protein) Der Mensch verfügt über ca. 25’500 Gene, verteilt auf 23 Chromosomen mit 3 Milliarden Basenpaare Die anderen 23 Chromosomen sind homolog. Sie enthalten dieselben Gene – allerdings nicht unbedingt in der gleichen Ausprägungsform Abb.: Griffiths et al., 2005, p. 4 8 3. Aufbau der DNA Die DNA besteht aus 2 Strängen, welche die Phosphat Doppelhelix bilden Die beiden Stränge setzen sich aus Desoxyribose Nukleotiden zusammen Jedes Nukleotid wiederum besteht aus einer Base, einer Desoxyribose (5er-Zucker) und einem Phosphat Nukleotide unterscheiden sich nur in der Art der Base Insgesamt kommen 4 verschiedene Basen vor: Adenin (A), Thymin (T), Guanin (G), Cytosin (C) und Weil die beiden DNA-Stränge aneinander- gelagert sind, stehen sich in der Mitte immer zwei Basen gegenüber (bilden Paare) Dabei bindet Adenin an Thymin und Guanin an Cytosin 9 DNA-Doppelhelix DNA-Einzelstrang mit Nukleotiden Abb.: http://www.tgg-leer.de/projekte/genetik/dna2/dna2.html Der genetische Code Die Abfolge der Basen A, T, G und C auf dem DNA-Strang bildet einen Code, nach welchem Codon AGC in der Zelle Proteine synthetisiert werden1 Jeweils 3 aufeinander folgende Basen (=Basentriplett oder Codon) kodieren eine Aminosäure Aminosäuren wiederum sind die Bausteine von Proteinmolekülen Proteine gehören zu den Grundbausteinen aller Zellen Über die Protein-Produktion steuert die DNA Struktur, Wachstum und Funktion der Zelle sowie den Zusammenbau von Zellen zu Geweben. Die DNA ist demnach eine Art Software, welche den komplexen Computer (Zelle, Gewebe, Organismus) steuert Insgesamt gibt es 43 = 64 Kombinations- möglichkeiten für Basentripletts und somit 64 verschiedene Codons 11 1 Die Synthese von Proteinen anhand des genetischen Codes wird ab Folie 26 genauer beschrieben Chromosom, Gen und DNA im Überblick 2x23 pro Zelle ca. 3 Milliarden pro 23 Chromosomen ca. 20’000-30’000 pro 23 Chromosomen 2x23 pro Zelle (bei 1-Chromatid- Chromosomen); je ca. 2m pro Zelle 12 4. Mitose – Zellkerne teilen sich Mitose bezeichnet den Vorgang der Zellkernteilung Der gesamte diploide Chromosomensatz wird erbgleich an zwei Tochterzellen weitergegeben Dafür muss die DNA vor der Zellteilung – während der sog. Interphase – zunächst verdoppelt (repliziert) werden, sodass aus 46 1-Chromatid- Chromosomen 46 2-Chromatid-Chromosomen entstehen (s.u.) Jede Tochterzelle erhält von allen 46 Chromosomen eines der beiden identischen Schwesterchromatiden Nach der erfolgreichen Mitose ist der Chromosomensatz der beiden Tochterzellen identisch mit demjenigen der Mutterzelle, d.h. die Tochterzellen enthalten wiederum 46 1-Chromatid-Chromosomen Nach Vollendung der Mitose folgt die sogenannte Cytokinese, bei der sich das Cytoplasma teilt Die Mitose ist nötig, damit ein Organismus durch Zellvermehrung wachsen oder zugrunde gegangene Zellen ersetzen kann. Beim Menschen beginnt die Zellteilung bei der befruchteten Eizelle 13 Phasen der Mitose Die Phasen der Mitose werden Prophase, Metaphase, Anaphase und Telophase genannt. Auf die einzelnen Phasen wird bei der Beschreibung der Meiose noch genauer eingegangen Schematische Darstellung der Mitose bei einer Zelle mit einem einzigen homologen Chromosomenpaar: Abb.: Griffiths et al., 2005, p.90-91 Siehe auch http://www.youtube.com/watch?v=VlN7K1-9QB0 14 Replikation der DNA Vor der Mitose Verdoppelung der DNA durch Replikation, damit jede Tochterzelle den vollständigen Chromosomensatz erhalten kann (Interphase) Bei der Replikation wird der gesamte DNA-Doppelstrang (1-Chromatid- Chromosom) durch das Enzym Helikase in zwei Einzelstränge aufgespalten In der Folge synthetisiert das Enzym DNA-Polymerase die komplementären Stränge zu den beiden Einzelsträngen (baut die passenden Nukleotide an) Es entstehen 2 identische Tochter-Doppelstränge (Chromatiden) 15 5. Meiose – Keimzellen entstehen Meiose ist eine besondere Form der Zellteilung, die zur Bildung der Gameten (Ei- und Samenzellen) führt Der diploide Chromosomensatz der Urkeimzellen wird auf den haploiden (einfachen) Satz der Keimzellen halbiert Mitose dient der Reproduktion von Körperzellen für Wachstum und Gewebeteilung; Meiose dient der Produktion von haploiden Geschlechtszellen Bei der Befruchtung verschmelzen die Zellkerne von Eizelle und Spermium zur Zygote mit dann diploidem Chromosomensatz à Ein Chromosomensatz entstammt der Eizelle, der andere dem Spermium Dadurch kann die Chromosomenzahl über Generationen hinweg konstant gehalten werden Die Meiose hat zwei Reifeteilungen - 1. Reifeteilung zur Trennung der homologen Chromosomen - 2. Reifeteilung zur Trennung der Chromatiden (mitotische Teilung) 16 Meiose – 1. Reifeteilung Zentrosom Prophase 1 Zu Beginn dieser Phase verkürzen sich die 46 2-Chromatid-Chromosomen der Urkeimzelle Die homologen Chromosomen – d.h. das väterliche und mütterliche Chromosom gleichen Typs – paaren sich Es bilden sich Chiasmata (=Kreuzungspunkte), wo sich mütterliche und väterliche Chromatiden überkreuzen. Sie bieten die Möglichkeit, Gene zwischen den mütterlichen und väterlichen Chromosomen auszutauschen (Crossing-over) Ein Spindelapparat beginnt sich zu bilden (bestehend aus Spindelfasern und zwei Zentrosomen) Achtung: Chiasmata kommen nur bei der Meiose vor! Diese und die folgenden Abb.: Campbell, 2000, p. 254-255 17 Metaphase 1 Zentrosom Die Kernmembran löst sich auf Die homologen Chromosomen ordnen sich paarweise im Äquatorialebene Mittelbereich der Zelle in der Äquatorialebene an Die Zentrosome wandern an die Zellpole Von den Zentrosomen ausgehende Spindelfasern (Mikrotubuli) verbinden sich mit den Zentromeren der Chromosomen 18202020 18 Anaphase 1 Nun werden die homologen Chromosomenpaare getrennt Das eine Chromosom eines Paars wird vom Spindelapparat zum einen Zellpol transportiert, das andere Chromosom zum entgegengesetzten Pol 19 Telophase 1 Die Zellmembran wird umgeformt und die Zelle teilt sich In jeder Zelle befinden sich jetzt nur noch 23 2-Chromatid-Chromosomen, d.h. ein Chromosom jeden Typs Die Reduktion vom diploiden (zweifachen) zum haploiden (einfachen) Chromosomensatz ist damit erreicht Die erste Reifeteilung ist abgeschlossen 20 Meiose – 2. Reifeteilung Die 2. Teilung läuft ähnlich ab wie die Mitose Die 23 2-Chromatid-Chromosomen ordnen sich in der Äquatorialebene der Zelle an (Metaphase 2), die beiden Chromatiden werden am Zentromer getrennt und vom Spindelapparat zu den Zellpolen transportiert (Anaphase 2) In der abschliessenden Telophase 2 entstehen vier haploide, nicht identische Zellen, welche je 23 1-Chromatid-Chromosomen enthalten haploide Mutterzellen Prophase 2 Metaphase 2 Anaphase 2 Telophase 2 21 Die Meiose im Überblick Chromatidenpaare vor der nächsten Teilung Siehe auch http://www.youtube.com/watch?v=D1_-mQS_FZ0 22 Meiose – wozu der Aufwand? Der Mensch hat 22 Chromosomenpaare und 2 Geschlechtschromosomen Total enthalten die Zellkerne also 46 Chromosomen Bei der Verschmelzung von männlichen und weiblichen Zellen würden ohne Meiose 2 x 46 Chromosomen zusammen kommen; in der nächsten Generation 184, dann 368, 736, 1472, 2944, 5888 usw. Jedes Chromosom darf aber nur paarweise vorhanden sein, sonst wären die Nachkommen nicht mehr lebensfähig Die Meiose reduziert die Chromosomenzahl auf genau einen Chromosomensatz! Durch die Verschmelzung von Sperma und Eizelle entsteht somit wieder ein doppelter Chromosomensatz 23 6. Mitose und Meiose im Überblick 24 Abb.: Griffiths et al., 2005, p. 74 Unterschiede zwischen Mitose und Meiose diploid (2n) 25 Tabelle: nach http://www.learnable.net/freeload/bio/B805.pdf Meiose, Befruchtung und Mitose im Überblick Meiose beim Meiose bei Vater der Mutter Die Zygote wächst durch Mitose 26 Übung Mitose – Meiose Bitte die beiden Tabellen vervollständigen (Lösung am Ende des Foliensatzes) Vor Zellteilung (nach Interphase / Replikation) Mitose Meiose Anzahl Chromosomen Anzahl Chromatide Chromosomensatz (diploid / haploid) Nach Zellteilung (nach Telophase I/II) Mitose Meiose I Meiose II Anzahl Chromosomen Anzahl Chromatide Chromosomensatz (diploid / haploid) 27 7. Genexpression: von der DNA zum Protein Genexpression ist die Produktion von Proteinen (Polypeptiden) anhand der genetischen Information 1. Die beiden DNA-Stränge werden aufgetrennt und die Strecke eines einzelnen Gens wird mithilfe spezifischer Enzyme abgelesen und in eine Kopie (messenger RNA; mRNA) umgeschrieben (Transkription). Dieser Vorgang findet im Zellkern statt 2. Die mRNA wandert aus dem Zellkern ins Cytosol, wo sich die Ribosomen befinden 3. Ribosome sind in allen Zellen vorhanden. In ihnen findet die Biosynthese der Aminosäureketten (Peptide) statt. Dabei wird die mRNA mithilfe spezifischer Enzyme in Peptide übersetzt (Translation) 28 Abb.: Purves, 20067 29 Steuerung der Genexpression Steuerung der Genexpression bedeutet, dass der Organismus reguliert, wann welches Gen „abgelesen“ werden und welches Protein in der Folge „zusammengebaut“ werden muss Die genetische Information in Form von Genen bleibt üblicherweise stabil, während die Lesbarkeit sowie die Häufigkeit, mit der ein Gen abgelesen wird, variieren und durch äußere Umstände beeinflusst werden kann 7.1 Transkription Ein Gen (DNA-Abschnitt) wird durch das Enzym Helicase aufgetrennt, so dass sogenannte RNA-Polymerasen Zugang zu den codierenden Regionen bekommen, die Information ablesen und die Polymerisation von Nukleotiden katalysieren können Komplementäre Nukleotide lagern sich durch Basenpaarung an einen der beiden Einzelstränge der aufgetrennten DNA an und werden zu einem RNA-Einzelstrang verknüpft (Polymerisation) Die RNA-Polymerase braucht die Information, welchen DNA- Abschnitt und welchen DNA-Einzelstrang sie in welcher Richtung transkribieren soll. Dies wird durch sog. Promotoren, spezielle DNA-Abschnitte vor jedem Gen, angegeben. Für die Beendigung der Transkription gibt es unterschiedliche Mechanismen (z.B. eine Uracil-Sequenz) Die durch die Transkription entstandene RNA* wird mRNA genannt * RNA kann in 3 Hauptgruppen eingeteilt werden (es gibt noch weitere Formen): – messenger-RNA (mRNA) Kopie von codierenden DNA Sequenzen – transfer-RNA (tRNA) an der Translation beteiligt – ribosomale RNA (rRNA) Bestandteil von Ribosomen 31 Unterschied DNA – RNA DNA RNA Anzahl Stränge Doppelstrang Einzelstrang Länge Lang à Information des Kurz à Information eines ganzen Genoms Genes Zuckermolekül Desoxyribose Ribose Basen Adenin, Guanin, Cytosin Adenin, Guanin, Cytosin und und Thymin Uracil 32 7.2 Translation Durch Ribosome und tRNA vermittelte Produktion eines Peptids, dessen Aminosäurensequenz von der Codonsequenz eines mRNA-Moleküls abgeleitet wurde Durch die Transkription Übertragung der genetischen Information eines Gens von der DNA auf die mRNA Jeweils drei aufeinanderfolgende Nukleotide der mRNA (Codon) kodieren eine bestimmte Aminosäure 3 der insgesamt 64 möglichen Codons sind Stop-Codons. Sie kodieren keine Aminosäure, sondern führen zum Abbruch der Translation Die restlichen 61 Codons kodieren die 20 in der Translation verwendeten Aminosäuren. Somit kodieren mehrere Codons dieselbe Aminosäure Die Translation wird durch die tRNA vermittelt. Diese ist am einen Ende mit einer Aminosäure beladen und verfügt am anderen Ende über ein Anticodon. Dieses Anticodon ist komplementär zum Codon der mRNA. Mit dem Anticodon dockt die tRNA am entsprechenden Codon auf der mRNA an Das Ribosom wandert dem mRNA-Strang entlang. Hier werden die Aminosäuren der verschiedenen tRNAs zu einer Polypeptidkette 33 verbunden Translation im Ribosom amino acid ribosome charged tRNA anticodon mRNA Abb.: Griffiths et al., 2005, p.6 34 Transkription und Translation im Überblick 35 8. Grundlagen der Verhaltensgenetik Verhaltensgenetik ist ein Teilbereich der Genetik. Es wird der Einfluss von Genen auf das Verhalten von Mensch und Tier untersucht Fragestellungen 1. Wie viel der Variabilität im menschlichen Verhalten ist durch Gene und wie viel durch die Umwelt bedingt 2. Welche Gene stehen wie mit einem Verhalten in Beziehung Wie können Gene Verhalten beeinflussen? § Gene kodieren nicht für Verhaltensweisen, sondern für Proteine, welche wiederum die Formierung neuronaler Systeme steuern § Diese Systeme sind die Substrate des Verhaltens 36 8.1 Genotyp und Phänotyp Der Genotyp ist die Summe aller genetischen Informationen, die ein Mensch aufgrund der Vererbung erhalten hat Der Phänotyp ist das Erscheinungsbild. Es ist Summe aller äusseren Merkmale und funktionellen Eigenschaften eines Menschen zu einem bestimmten Zeitpunkt. Der Phänotyp wird durch den Genotyp und durch Umwelteinflüsse bestimmt Oft werden die Begriffe spezifisch verwendet Der Genotyp bezeichnet dann, welche Ausprägungsformen (Allele) eines spezifischen Gens ein Individuum aufweist Der Phänotyp bezeichnet dann ein bestimmtes, beobachtbares Merkmal eines Individuums à Die Verhaltensgenetik dient der Frage, in welchem Ausmass der Phänotyp durch den Genotyp bestimmt wird 37 Genotyp – Allele Ein Allel bezeichnet eine von zwei oder mehr Ausprägungsformen der DNA- Sequenz eines bestimmten Gens Jedes Gen kann verschiedene Allele haben. Manchmal führen sich unterscheidende Allele zu unterschiedlichen phänotypischen Ausprägungen Wenn z.B. bei einer Blume ein einzelnes Gen für die Blütenfarbe direkt verantwortlich ist, könnte es für dieses Gen 2 Allele geben. Das Vorliegen des einen Allels würde z.B. zu einer roten Farbe, das Vorliegen des anderen zu einer weissen Farbe führen Da der menschliche Chromosomensatz diploid ist, haben wir von jedem Gen zwei Kopien und damit zwei Allele – eins am entsprechenden Locus auf jedem der beiden homologen Chromosomen Im Normalfall haben wir ein Allel von jedem Elternteil Sind die beiden Allele gleich, liegt Homozygotie vor; sind sie unterschiedlich, liegt Heterozygotie vor Das Allel, das sich „durchsetzt“, also im Phänotyp zum Vorschein kommt, ist dominant Das Allel, das „unterdrückt“ wird, also nicht im Phänotyp zum Vorschein kommt, ist rezessiv. Rezessive Allele werden phänotypisch sichtbar, wenn zwei rezessive Allele vorhanden sind Ein Beispiel Augenfarbe beim Menschen (vereinfachte Darstellung) Genotyp In der Population kommen zwei Allele vor - Braun (Dominant) - Blau (Rezessiv) Phänotyp Widerspiegelt sich hier im Aussehen - Braune Augen - Blaue Augen Vererbung - Von jedem Elternteil ein Gen (ein Allel), das für die Augenfarbe kodiert. à entweder das Braune oder das Blaue - Um den braunen Phänotyp zu erhalten, braucht man nur ein Allel, das für braun kodiert, da das braune Allel dominant ist à Heterozygotie oder Homozygotie möglich - Um den blauen Phänotyp zu erhalten, braucht man von jedem Elternteil das blaue Allel, da es rezessiv ist à Homozygotie zwingend 39 Genotyp – Sequenzvariationen Unterschiedlichen Allelen liegen Sequenzvariationen (Unterschiede in der DNA-Sequenz) zugrunde Bei den meisten dieser Sequenzunterschiede handelt es sich um single nucleotide polymorphisms (SNPs): ein einzelnes Basenpaar an einem bestimmten Ort auf einem DNA-Strang unterscheidet sich zwischen Individuen derselben Spezies bzw. zwischen homologen Chromosomen desselben Individuums; z.B.: Individuum1: …AAGGCTCAT… Invidiuum2: …AAAGCTCAT… …TTCCGAGTA… …TTTCGAGTA… Beim Menschen unterscheidet sich ungefähr eines von 1‘000 Basenpaaren zwischen zwei Individuen. Das heisst, dass die DNA-Sequenz verschiedener Personen zu 99.9% identisch ist Hochgerechnet auf das gesamte Genom kommt es allerdings doch zu etwa 3 Millionen Unterschieden in Basenpaaren 40 Genotyp – Auswirkungen von Sequenzvariationen auf die Genexpression Sequenzvariationen können zur Entstehung unterschiedlicher Proteinvarianten mit veränderter funktioneller Effizienz führen Ein grösserer Teil der Variation führt allerdings zu Unterschieden in der Steuerung der Genexpression. So kommt es also nicht zu unterschiedlichen Proteinen, sondern zu einer vermehrten oder verringerten Expression des gleichen Proteins Ausserdem kann durch Variation beeinflusst werden, wann und in welchem Gewebe ein Genprodukt exprimiert wird 41 Vom Genotyp zum Phänotyp Komplexe Merkmale (Phänotypen) werden nicht durch ein einzelnes, sondern durch sehr viele Gene beeinflusst Daneben wird die Ausprägung eines Merkmals jedoch auch entscheidend durch eine Vielzahl von Umweltfaktoren beeinflusst – Intrauterine Umwelt, Ernährung, Klima, elterlicher Erziehungsstil, Anschluss an «Peers», sozioökonomischer Status, Erkrankungen und Unfälle, traumatische Erlebnisse, chronischer Stress etc. Die Auftretenswahrscheinlichkeit dieser Umweltfaktoren ist z.T. wiederum nicht völlig frei von genetischen Einflüssen (je nach genetischer Ausstattung begibt sich ein Individuum z.B. eher in bestimmte Situationen) Der Effekt eines Gens wird wiederum moduliert durch andere Gene, das Lebensalter, das Geschlecht und die Umwelt (Interaktion) 42 Lösung zu den beiden Tabellen Mitose – Meiose Vor Zellteilung (nach Interphase / Replikation) Mitose Meiose Anzahl Chromosomen 46 46 Anzahl Chromatide 92 92 Chromosomensatz diploid diploid (diploid / haploid) Nach Zellteilung (nach Telophase I/II) Mitose Meiose I Meiose II Anzahl Chromosomen 46 23 23 Anzahl Chromatide 46 46 23 Chromosomensatz diploid haploid haploid (diploid / haploid) 43