Identifikation anhand von Gebiss und Knochen PDF

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forensic analysis human identification osteology forensics

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This document discusses the identification of unknown bodies and bones using dental and skeletal remains. Forensic techniques and methods are described in detail, including an examination of teeth, determination of sex from skeletal remains and estimation of the time of death. Important concepts such as morphologic, metric, and genetic methods of determining sex, and the use of regression formulas for estimating height are also included.

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Differenzierungskurs BiPhCh - „Forensik“ Identifikation anhand von Gebiss und Knochen Seite 1 von 8 Klappernde Knochen – Identifikation anhand von Gebiss und Knochen Die Identifizierung von unbekannten Leichen und Knochenfunden ist ein komplexer Prozess,...

Differenzierungskurs BiPhCh - „Forensik“ Identifikation anhand von Gebiss und Knochen Seite 1 von 8 Klappernde Knochen – Identifikation anhand von Gebiss und Knochen Die Identifizierung von unbekannten Leichen und Knochenfunden ist ein komplexer Prozess, der fun- dierte Kenntnisse in Anatomie, forensischer Wissenschaft und kriminalistischer Methodik erfordert. Durch die Kombination verschiedener analytischer Techniken können Ermittler wichtige Informationen über die Identität, das Geschlecht, das Lebensalter und die Liegezeit von Leichenteilen gewinnen. Ein respektvoller Umgang mit den Überresten und eine sorgfältige Untersuchung sind unerlässlich, um die Würde der Verstorbenen zu wahren und die Wahrheit ans Licht zu bringen. Gebissbefunde Ein zentrales Element der Identifizierung ist die Untersuchung des Gebisses. Die Zahnnomenklatur er- folgt nach dem FDI-System (Fédération Dentaire Internationale), bei dem jeder Zahn durch eine zwei- stellige Zahlenkombination bezeichnet wird. Die erste Zahl steht für den Quadranten (1-4 für das per- manente Gebiss und 5-8 für das Milchgebiss), während die zweite Zahl die Position des Zahns innerhalb des Quadranten beschreibt. Zum Beispiel hat der untere linke Eckzahn des Permanentgebisses die Nummer 43. Zahnbefunde können entscheidende Hinweise zur Identität einer Person geben. Merkmale wie feh- lende Zähne, Amalgam- und Compositefüllungen sind für eine Individualisierung notwendig. Ein Bei- spiel für die Dokumentation solcher Befunde könnte ein Formular zur Eintragung von Zahnbefunden sein, das für Identifizierungszwecke genutzt wird. (s. Abb. 1 und Abb. 2) Geschlechtsbestimmung Die Geschlechtsbestimmung ist ein weiterer kritischer Asp ekt der forensischen Analyse. Hierbei stehen morphologische, metrische und genetische Methoden zur Verfügung. Morphologische Merkmale, die zur Geschlechtsbestimmung herangezogen werden, sind insbesondere Becken, Schädel und Ober- schenkelknochen. Die Übergänge zwischen männlichen und weibli- chen Merkmalen sind fließend und lassen nicht immer eindeutige Di- agnosen zu. Differenzierungskurs BiPhCh - „Forensik“ Identifikation anhand von Gebiss und Knochen Seite 2 von 8 Sterbezeitalter Die Schätzung des Lebensalters erfolgt durch die Untersuchung der Skelett- und Zahnreifung. Bei Ju- gendlichen und jungen Erwachsenen können grobsichtige Untersuchungen der Knochen sowie mo- derne bildgebende Verfahren verwendet werden. Bei älteren Individuen werden u. a. degenerative Skelettmerkmale herangezogen. Ein seröses anthropologisches Gutachten gibt immer ein entsprechen- des Streuungsmaß an. Außerdem ist zu bedenken, dass das biologische Alter nicht zwangsweise dem chronologischen Alter entsprechen muss. Anfangs besitzen Röhrenknochen Wachstumsfugen aus Knorpelzel- len, die sich teilen, den Knochen verlängern und später verknö- chern. Bei Frauen ist das Wachs- tum mit 17 Jahren, bei Männern mit 21 Jahren abgeschlossen. Dann sind keine Wachstumsfugen mehr zu erkennen. Die Länge der Röh- renknochen und das Vorhanden- sein oder Fehlen der Wachstums- fugen erlaubt Rückschlüsse auf das Alter. Oberschenkel und Oberarmkno- chen liefern weitere Anhaltspunkte für die Altersbestim- mung: Je älter ein Mensch ist, desto lockerer ist das Schwammgewebe am Knochenende und desto größer ist die Markhöhle im Knochenschaft. Bei Neugeborenen ist der Schädel durch die beiden Fon- tanellen und die weitgehend offenen Schädelnähte ziemlich weich und biegsam. Nach und nach schließen si ch die Nähte und verknöchern. Die noch offenen und be- reits geschlossenen Bereiche ermöglichen Rückschlüsse auf das Sterbealter eines Menschen. Wenn beispiels- weise der Bereich P3 vollständig geschlossen ist, be- nachbarte Bereiche der Pfeilnaht aber noch Lücken auf- weisen, ist der betroffene Mensch zwischen dem 20. Und 40. Lebensjahr gestorben. Sehr sichere Hinweise auf das Alter eines Menschen ge- ben die beiden Schambeinknochen im Becken. Zunächst ist die der Schambeinfuge zugewandte Oberfläche gewölbt und gerippt, später verschwinden die Rip- pen allmählich und am Rand entsteht eine Kante. Bei alten Menschen ist die Oberfläche völlig glatt, teilweise eingesunken und erscheint porös. Differenzierungskurs BiPhCh - „Forensik“ Identifikation anhand von Gebiss und Knochen Seite 3 von 8 Körperhöhe Die Körperhöhe kann durch geschlechtsspezifische Regressionsformeln geschätzt werden, die auf den Maßen isolierter Knochen basieren. Langknochen wie Oberschenkel- und Schienbeinknochen sind da- bei besonders geeignet. Formeln zur Körperhöhenschätzung Für eine grobe Einschätzung der Körperhöhe können folgende Formeln herangezogen werden: Mann: o G = 2,63 · Oberschenkelknochenlänge + 48,8 ± 4,4 (SD) o G = 2,75 · Schienbeinlänge + 67,2 ± 4,2 (SD) o G = 2,98 · Oberarmknochenlänge + 73,4 ± 5,7 (SD) Frau: o G = 2,43 · Oberschenkelknochenlänge + 55,5 ± 4,1 (SD) o G = 2,69 · Schienbeinlänge + 65,9 ± 4,1 (SD) o G = 3,26 · Oberarmknochenlänge + 62,1 ± 4,7 (SD) Liegezeit der Knochen Die Bestimmung der Liegezeit von Knochen ist eine schwierige Aufgabe, die selbst für Fachleute oft herausfordernd ist. Laut der Casper'schen Regel verlaufen Leichenveränderungen im Erdgrab etwa achtmal so langsam wie an der Luft. Indikatoren zur Liegezeitbestimmung Die Liegedauer kann durch verschiedene Indikatoren wie den Zustand der Knochen, Geruchsaktivität und den Erhalt von Weichteilen geschätzt werden. Einige grobe Anhaltspunkte sind: Bei oberflächlicher Lagerung: Ab 1 Jahr: Weitgehende Skelettierung mit erhaltenen Weichteilresten in Form von Sehnen und Bändern. Nach etwa 2 Jahren: Auch Bänder und Sehnen verschwunden. Fettdurchtränkung: Bis etwa 10 Jahre. Bei erdgelagerten Knochen: Skelettierung bei wasserdurchlässigen Böden: ca. 4-8 Jahre (bei feuchten Böden u. U. Jahr- zehnte) Geruchsaktivität: Bis etwa 5 Jahre. Weichteilreste: Bis etwa 20 Jahre. Identifizierung von unbekannten Leichen und Knochenfunden Bei der Auffindung von unbekannten Leichenteilen ist es wichtig, zunächst die Polizei zu verständigen. Folgende Fragen müssen beantwortet werden: Handelt es sich um menschliche oder tierische Knochen? Wie viele Individuen sind betroffen? Geschlecht und ungefähres Lebensalter? Hinweise auf Gewalteinwirkung oder Todesursache? Vorgehensweise bei der Identifizierung 1. Zunächst die Polizei verständigen: Der Fundort muss gemeldet werden. 2. Untersuchung durch Fachleute: Bei unklarem Knochenfund sollte ein anthropologisch versier- ter Rechtsmediziner, Anthropologe oder forensischer Archäologe hinzugezogen werden. 3. Unterscheidung zwischen menschlichen und tierischen Knochen: Menschliche Knochen ha- ben eine rauere, gröbere Oberflächenstruktur im Vergleich zu tierischen Knochen. 4. DNA-Analysen: Je nach Zustand der Leiche können DNA-Analysen zur Identifizierung durchge- führt werden. Bei frischen Leichen wird ein Mundhöhlenabstrich genommen, während bei ver- westen Leichenteilen ein ca. 5 cm langes Stück kompakter Knochen entnommen wird. Differenzierungskurs BiPhCh - „Forensik“ Identifikation anhand von Gebiss und Knochen Seite 4 von 8 Praxisaufgaben 1. Vermesst euren Oberschenkelknochen. Setzt hierzu das Maßband etwas unterhalb des Hüft- knochens an und messt die Strecke bis zum oberen Ansatz des Knies. Berechnet dann anhand der angegebenen Formeln eure theoretische Körpergröße. 2. Macht mit eurem eigenen Handy Fotos von eurem eigenen Gesicht. Vergleicht dann die Bil- der und versucht gemeinsame Merkmale unter Männern bzw. Frauen zu kennzeichnen. 3. Tastet euren Schädel ab und versucht die ‚Nahtstellen‘ zu erfühlen. 4. Füllt den Identifikationsbogen für das Permanentgebiss für euch selbst aus. Theorie-Aufgaben 1. Welche Methode wird zur Identifizierung von Zähnen verwendet? a) FDI-System b) ICD-System c) Nomenklatur-System d) Anatomie-System 2. Welches Merkmal ist typisch für einen männlichen Schädel? a) Flache Stirn b) Runde Augenhöhlenränder c) Ausgeprägte Überaugenwülste d) Grazilere Kieferstruktur 3. Was wird zur Schätzung der Körperhöhe verwendet? a) Gewicht b) Geschlechtsspezifische Regressionsformeln c) Alter d) Hautfarbe 4. Ab wann sind Weichteilreste bei der Liegezeitbestimmung typischerweise verschwunden? a) Nach 1 Jahr b) Nach 2 Jahren c) Nach 5 Jahren d) Nach 20 Jahren 5. Welche der folgenden Aussagen ist korrekt? a) Die DNA-Analyse ist bei stark verwesten Leichenteilen nicht möglich. b) Die Geschlechtsbestimmung ist nur durch DNA-Analyse möglich. c) Die Zahnnomenklatur erfolgt nach dem FDI-System. d) Die Körperhöhe kann nicht geschätzt werden. 6. Fallbeispiel: Stellt euch vor, in einem Wald wird ein menschlicher Schädel gefunden. Beschreibt die Schritte, die unternommen werden sollten, um die Identität der Person zu klären. Geht dabei auf die anatomischen Merkmale ein, die zur Geschlechtsbestimmung und Altersbestim- mung herangezogen werden können. Welche Methoden könnten eingesetzt werden, um die Liegezeit des Schädels zu bestimmen? Differenzierungskurs BiPhCh - „Forensik“ Identifikation anhand von Gebiss und Knochen Seite 5 von 8 Abbildung 1 – Permanentgebiss Differenzierungskurs BiPhCh - „Forensik“ Identifikation anhand von Gebiss und Knochen Seite 6 von 8 Abbildung 2 - Milchgebiss Differenzierungskurs BiPhCh - „Forensik“ Identifikation anhand von Gebiss und Knochen Seite 7 von 8 Differenzierungskurs BiPhCh - „Forensik“ Identifikation anhand von Gebiss und Knochen Seite 8 von 8

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