Leichenschau und Obduktion PDF
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This document covers the procedures and concepts of medical examinations performed on deceased individuals, particularly in forensic contexts. It discusses the differences between external (Leichenschau) and internal (Obduktion) examinations, providing details about the legal and medical aspects of these procedures. The text also includes specifics such as different types of autopsies and legal aspects of death investigations.
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Differenzierungskurs BiPhCh - „Forensik“ Leichenschau und Obduktion Seite 1 von 6 Der Blick hinein – Leichenschau und Obduktion Die Untersuchung von Verstorbenen ist ein komplexes und wichtiges Feld, das sowohl medizinische als auch rech...
Differenzierungskurs BiPhCh - „Forensik“ Leichenschau und Obduktion Seite 1 von 6 Der Blick hinein – Leichenschau und Obduktion Die Untersuchung von Verstorbenen ist ein komplexes und wichtiges Feld, das sowohl medizinische als auch rechtliche Aspekte umfasst. Die korrekte Durchführung von Leichenschau und Obduktion ist ent- scheidend für die Klärung von Todesursachen und zur Aufdeckung möglicher Straftaten. Es ist wichtig, die Unterschiede zwischen diesen beiden Verfahren zu verstehen, um die jeweilige Bedeutung und Vorgehensweise korrekt einordnen zu können. Rechtsmedizin Rechtsmedizin ist ein medizinisches Fachgebiet und formal nicht anders als Chirurgie, Kinderheilkunde, Radiologie oder Neurologie. Wer Rechtsmediziner, genauer: Arzt/Ärztin für Rechtsmedizin werden will, muss Humanmedizin studieren und sich danach als Assistenzärztin an einem Institut für Rechtsmedizin weiterbilden. Die Facharztweiterbildungszeit beträgt mindestens 5 Jahre, davon mindestens ein halbes Jahr in der Pathologie und ein weiteres halbes Jahr in der Psychiatrie. In der rechtsmedizinischen Wei- terbildung müssen mindestens 400 Leichenschauen, 300 gerichtliche Obduktionen, 25 Tatortbesichti- gungen, 2000 histologische Untersuchungen und 25 osteologische Untersuchungen durchgeführt so- wie 300 Gutachten für Staatsanwaltschaft oder Gericht erstattet werden. Das Fach Rechtsmedizin beschäftigt sich mit der Anwendung medizinischen Wissens und Methoden für rechtliche Fragestellungen. Im Gegensatz zu klinischen Fächern stehen nicht Prognose und Therapie im Vordergrund, sondern die Rekonstruktion der Ereignisse, die zu einem bestimmten Befund führten. Rechtsmediziner denken also zeitlich rückwärts und interpretieren medizinische Befunde als Spuren. Häufig werden Rechtsmedizin und Pathologie verwechselt, was historische Gründe hat. Die Untersu- chung von Verstorbenen für die Justiz wurde im 19. Jahrhundert oft von Pathologen vorgenommen. (Äußere) Leichenschau Die Leichenschau ist die äußere Untersuchung eines Verstorbenen und wird von jedem Arzt durchge- führt. Es sind keine speziellen Zusatzqualifikationen erforderlich, was bedeutet, dass jede Ärztin und jeder Arzt dazu verpflichtet ist, eine Leichenschau durchzuführen. Die wichtigsten Aufgaben während der Leichenschau sind: Feststellung des Todes: Der Arzt muss sicherstellen, dass der Tod eingetreten ist, indem er nach sicheren Todeszeichen sucht, wie z.B. Totenstarre, Totenflecken und Fäulnis. Feststellung der Identität: Dies kann durch eigene Kenntnisse, Personalausweis oder Angaben von Angehörigen geschehen. Feststellung des Todeszeitpunktes: Der Arzt muss den Zeitpunkt des Todes so genau wie mög- lich bestimmen. Feststellung der Todesursache: Die medizinische Beurteilung, was den Tod verursacht hat, ist von großer Bedeutung. (Strenggenommen ist die Feststellung der Todesurasche allein durch die Leichenschau nur selten möglich.) Feststellung der Todesart: Hierbei wird unterschieden, ob der Tod natürlich oder nicht natür- lich (z.B. durch Gewalt) eingetreten ist. Ausfüllen der Todesbescheinigung: Diese Bescheinigung ist wichtig für die amtliche Dokumen- tation des Todes. Die Untersuchung sollte bei gutem Licht erfolgen, und der Leichnam muss entkleidet werden, um alle Körperregionen zu inspizieren. Bei Verdacht auf eine Gewalteinwirkung muss die Untersuchung abge- brochen und die Polizei verständigt werden. Typische Fehler bei der Leichenschau Verwechslung von Todesart und Todesursache Verletzung der Meldepflichten Nicht-Erkennen gewaltsamer Todesfälle Differenzierungskurs BiPhCh - „Forensik“ Leichenschau und Obduktion Seite 2 von 6 Obduktion (innere Leichenschau) Die Obduktion, auch Sektion oder Autopsie genannt, ist eine innere Leichenschau, die in der Regel unter speziellen Bedingungen durchgeführt wird. Es gibt verschiedene Formen der Obduktion, die je- weils unterschiedliche Ziele verfolgen: 1. Klinische Obduktion: Diese dient der medizinischen Qualitätssicherung. Sie wird im Auftrag der behandelnden Ärzte und mit Einwilligung der Angehörigen durchgeführt. Ziel ist es, die Todesursache zu klären und die Ausprägung der Erkrankung zu erfassen. 2. Anatomische Obduktion: Diese Form dient der Ausbildung von Medizinstudierenden. Die Per- sonen haben ihre Einwilligung zu Lebzeiten gegeben, um ihren Körper der Wissenschaft zur Verfügung zu stellen. 3. Gerichtliche Obduktion: Diese wird bei unklaren oder nicht natürlichen Todesfällen durchge- führt und dient der Feststellung von Todesart und Todesursache. Der Leichnam wird in diesen Fällen als potenzielles Beweismittel behandelt. Ablauf einer Obduktion Der Ablauf einer gerichtlichen Obduktion ist detailliert geregelt und umfasst mehrere Schritte: Vorbereitung: Falls möglich, wird vor der Obduktion eine Ganzkörpercomputertomographie durchgeführt, um bereits vorab Informationen zu sammeln. Äußere Leichenschau: Zunächst werden die sicheren Zeichen des Todes dokumentiert. Danach erfolgt eine umfassende Untersuchung des allgemeinen Körperzustands, der Verletzungen und Spuren am Körper. Innere Leichenöffnung: Nach der äußeren Untersuchung werden die drei Körperhöhlen (Kopf, Brust, Bauch) geöffnet. Die Organe werden paketweise entnommen und präpariert. Alle Be- funde werden dokumentiert und fotografiert. o Der Gerichtsmediziner nimmt eine Y-förmige Inzision (Einschnitt) an der Vorderseite des Körpers vor: Von den Schultern bis zum Sternum (Brustbein) und von der Mittellinie des Abdomens (Bauchraum) bis zum Schamhügel. Dann kann das Brustblatt entfernt werden. o Bei der Entnahme von Lunge und Herz werden Proben für die pathologische und toxikolo- gische Untersuchung entnommen. o Die Organe werden dann einzeln entnommen, gewogen und ggf. Gewebeproben entnom- men. o Für weitere Untersuchungen werden auch Proben des Mageninhalts, der Okularflüssigkeit (Augenflüssigkeit), Gallenflüssigkeit, Urin und Proben aus der Leber entnommen. o Die Schädeldecke wird geöffnet und das Hirn erst in situ (an Ort und Stelle) untersucht und dann entnommen. o Nach der vollständigen Untersuchung werden die Organe dem Körper wieder beigegeben und die Inzision zugenäht. Sonderuntersuchungen: Bei Verletzungen am Leichnam werden diese gesondert dargestellt, um ihre Schwere und Tiefe zu erfassen. Unterschiede zwischen Leichenschau und Obduktion Zweck: Die Leichenschau dient in erster Linie der Feststellung des Todes und der Dokumenta- tion der Todesursache, während die Obduktion tiefere medizinische und rechtliche Erkennt- nisse liefert, insbesondere in Fällen von unklarem oder nicht natürlichem Tod. Durchführende Personen: Die Leichenschau kann von jedem Arzt durchgeführt werden, wäh- rend die Obduktion in der Regel von spezialisierten Ärzten (z. B. Pathologen oder Rechtsmedi- zinern) durchgeführt wird. Umfang: Die Leichenschau ist eine äußere Untersuchung, während die Obduktion eine umfas- sende innere Untersuchung beinhaltet. Differenzierungskurs BiPhCh - „Forensik“ Leichenschau und Obduktion Seite 3 von 6 Differenzierungskurs BiPhCh - „Forensik“ Leichenschau und Obduktion Seite 4 von 6 Aufgaben 1. Was ist die Hauptaufgabe eines Arztes bei der Leichenschau? a) Feststellung der Todesursache b) Feststellung der Identität c) Feststellung des Todes d) Alle oben genannten 2. Welche der folgenden Aussagen ist richtig? a) Die Leichenschau darf nur von Rechtsmedizinern durchgeführt werden. b) Jeder Arzt ist verpflichtet, eine Leichenschau durchzuführen. c) Eine Leichenschau ist nur bei natürlichen Todesfällen erforderlich. d) Die Leichenschau kann auch von einem Notarzt durchgeführt werden. 3. Bei Verdacht auf eine Gewalteinwirkung muss die Leichenschau: a) Fortgeführt werden b) Abgebrochen und die Polizei verständigt werden c) An einem anderen Ort durchgeführt werden d) Sofort abgeschlossen werden 4. Was ist das Ziel einer gerichtlichen Obduktion? a) Klärung der Diagnose b) Feststellung von Todesart und Todesursache c) Ausbildung von Medizinstudierenden d) Feststellung der Identität 5. Welche der folgenden Personen ist für die Durchführung einer gerichtlichen Obduktion ver- antwortlich? a) Jeder Arzt b) Ein Rechtsmediziner oder Pathologe c) Ein Notarzt d) Ein Hausarzt 6. Fallbeispiel Leichenschau Stellt euch vor, ein älterer Mann wird tot in seiner Wohnung aufgefunden. Bei der Leichenschau stellt der Arzt fest, dass der Mann keine sichtbaren Verletzungen aufweist, jedoch stark abgemagert ist. Dis- kutiert, welche Schritte der Arzt unternehmen sollte, um die Todesursache festzustellen, und welche Informationen er in der Todesbescheinigung angeben muss. 7. Fallbeispiel Obduktion Ein junger Mann wird nach einem Verkehrsunfall tot aufgefunden. Der Arzt führt eine gerichtliche Ob- duktion durch. Beschreibt den Ablauf dieser Obduktion und welche spezifischen Aspekte der Obduk- tion in diesem Fall besonders beachtet werden müssen. Welche Informationen könnte die Obduktion zur Klärung des Unfallhergangs beitragen? Differenzierungskurs BiPhCh - „Forensik“ Leichenschau und Obduktion Seite 5 von 6 Differenzierungskurs BiPhCh - „Forensik“ Leichenschau und Obduktion Seite 6 von 6