IBL 8

Lernziele der Beschaffung und Logistik

• Die Bedeutung von Beschaffung und Logistik für einen Industriebetrieb wird erläutert
• Die Ziele von Beschaffung und Logistik werden erläutert
• Beschaffungsstrategien und Lieferantentypen lassen sich unterscheiden
• Verschiedene Arten von Beschaffungskosten sind bekannt
• Zweck der »Total Cost of Ownership«-Methode wird erläutert
• Die Methode der ABC-Analyse kann grundsätzlich angewendet werden

Bedeutung von Beschaffung und Logistik

• Die BMW AG wird als Beispiel für den Materialaufwand im Verhältnis zum Umsatz verwendet
• Bei Umsatzerlösen von 100 Mio. EUR und Materialkosten von 50 Mio. EUR beträgt die Umsatzrendite 5 %
• Es wird untersucht, um wie viel Prozent die Umsatzerlöse gesteigert werden müssen, damit der Gewinn um 50 % zunimmt, wenn die Umsatzrendite konstant bleibt
• Ebenso wird untersucht, um wie viel Prozent die Materialkosten reduziert werden müssen, damit der Gewinn um 50 % zunimmt, wenn die Umsatzerlöse konstant bleiben

Sourcing-Strukturen in der deutschen Automobilindustrie

• Automobilkonzerne mit Produktion in Deutschland sind BMW, Mercedes-Benz, VW (inkl. Audi und Porsche), Ford, Opel (Stellantis)
• Es gibt ca. 40 Systemlieferanten (1st-Tier-Supplier) mit jeweils mehr als 5000 Mitarbeitern auf der 1. Stufe, beispielsweise Behr, Bosch, Continental, ISRI, ZF
• Es gibt ca. 250 Teilsystemlieferanten (2nd-Tier-Supplier) mit jeweils mehr als 500 Mitarbeitern auf der 2. Stufe
• Es gibt ca. 1400 Komponentenlieferanten (n-Tier-Supplier) mit zumeist weniger als 500 Mitarbeitern auf den weiteren Stufen

Zusammenhänge zwischen Beschaffung und Logistik

• Beschaffung und Logistik sind über gemeinsame Objekte verbunden, darunter Werkstoffe, Rohstoffe, Hilfsstoffe, Betriebsstoffe, unfertige und fertige Erzeugnisse, Waren, Informationen, Personen, Anlagevermögen und Dienstleistungen

Ziele der Logistik

• Kostenziele: Logistikkosten, Kapitalbindung
• Zeitziele: Durchlaufzeiten, richtige Termine
• Ergebnisziele: Richtige Orte, richtige Güter, richtige Zustände

Unterteilung der (Material-) Logistik nach Phasen

• Beschaffungslogistik: Lieferanten → Wareneingang (äußerbetriebliche Transporte, Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe)
• Produktionslogistik: Wareneingang → Produktion (Arbeitssysteme, Lagersysteme) (innerbetriebliche Transporte, Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, Halbfertigprodukte, Fertigprodukte)
• Distributionslogistik: Produktion → Warenausgang (innerbetriebliche Transporte, Fertigprodukte)
• Entsorgungslogistik: Warenausgang → Kunden (äußerbetriebliche Transporte)

Funktionen der Logistik

• Basisfunktionen: Transportieren, Lagern
• Ergänzende Funktionen: Umschlagen, Kommissionieren, Verpacken, Ladeeinheiten bilden

Definitionen der Logistikfunktionen

• Transportieren: Ortsveränderung von Gütern und/oder Personen mit Hilfe von Transportmitteln (Raumüberbrückungsfunktion)
• Lagern: Überbrückung von Zeit, um Beschaffungsvorteile zu nutzen, wirtschaftliche Losgrößen zu fertigen, eine synchrone Teilebereitstellung vorzunehmen oder die Lieferfähigkeit sicherzustellen
• Umschlagen: Gesamtheit der Förder- und Lagervorgänge beim Übergang der Güter auf ein Transportmittel, beim Abgang der Güter von einem Transportmittel und beim Wechsel der Transportmittel (DIN 30781)
• Kommissionieren: Zusammenstellen von Teilmengen aus einer Gesamtmenge von Gütern gemäß VDI-Richtlinie 3590
• Verpacken: Vorgang, bei dem das Packgut mit der Verpackung nach einem Verpackungsverfahren vereinigt wird (DIN 55405)
• Ladeeinheiten bilden: Zusammenfassen von Gütern zum Zwecke des Umschlags durch einen Ladungsträger (DIN 30781)

Beispiele für Kommissionierung und Umschlagen

• „Ware-zu-Mensch“-Kommissionierung im Versandhandel: https://www.youtube.com/watch?v=qRQwkJLRfWw
• Automatisiertes Umschlagen: https://www.youtube.com/watch?v=PiP8UrVuLUM
• Funktionsweise eines Distributionszentrums: https://www.youtube.com/watch?v=snEMz8_kTb0

Logistische Prozesse (exemplarisch)

• Materialflussprozesse: Wareneingang, Lagerung, Transport, Versand, Entsorgung
• Informationsflussprozesse: Planung, Disposition, Steuerung, Kundenauftragsbearbeitung

Ziele der Beschaffung

• Kostenziele: Direkte Beschaffungskosten, indirekte Beschaffungskosten, Beschaffungsfolgekosten
• Ergebnisziele: Güterqualität, Lieferbereitschaft

Zusammensetzung der Beschaffungskosten

• Direkte Beschaffungskosten: Kosten für Material, Sachanlagen und Dienstleistungen
• Indirekte Beschaffungskosten: Frachtkosten
• Beschaffungsfolgekosten: Lagerkosten, kalkulatorische Zinsen für Kapitalbindung, Miete für Lagerhalle

Strategische und operative Beschaffung

• Supply Chain Management umfasst Beschaffung und Beschaffungslogistik
• Strategische Beschaffung (Sourcing): Bedarfspezifikation, Lieferantenauswahl, Vertragsabschluss
• Operative Beschaffung (Purchasing): Bestellung auslösen, Bestellung überwachen, Bestellung bewerten
• Beteiligte: Lieferanten (1, ..., n), interner Kunde im Betrieb (1, ..., n)

Beschaffungsstrategien

• Produzent der Güter: Insourcing, Outsourcing
• Komplexität der zugekauften Güter: Systemsourcing, Componentsourcing
• Anzahl der Lieferanten: Singlesourcing, Multiplesourcing
• Standorte der Lieferanten: Globale Beschaffung, Inlandsbeschaffung

Operative Aufgaben der Beschaffung

• Bedarfsplanung
• Bestandsplanung
• Bestellpolitik
• Lieferantenpolitik

Details zu operativen Aufgaben

• Bedarfsplanung: Unterscheidung zwischen Primär-, Sekundär- und Tertiärbedarf
• Bestandsplanung: Lagerbestand, Sicherheitsbestand, Meldebestand, Höchstbestand
• Bestellpolitik: Festlegung von Bestellzeitpunkten und -mengen bei verbrauchsgesteuerter Materialbestellung
• Lieferantenpolitik: Festlegung der Lieferantenstruktur, Beurteilung bestehender Lieferanten und Vergleich von Angeboten

Bedarfsplanung

• Absatzplanung beeinflusst Produktionsplanung und Beschaffungsplanung
• Produktionsplanung: Fertige Erzeugnisse, unfertige Erzeugnisse
• Beschaffungsplanung: Waren, Rohstoffe, Hilfs- und Betriebsstoffe

»Total Cost of Ownership«-Methode

• Wörtliche Übersetzung: Alle Kosten während der Verfügungsgewalt über ein Objekt
• Ziel: Erfassung und Vergleich sämtlicher Kosten, die vor und während der Geschäftsbeziehung mit einem Lieferanten entstehen
• Anwendung: Investitionsgüter, Materialien (Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen)
• Reduzierung der »Total Cost of Ownership« (TCO) als Hauptmotiv des »Supply Chain Managements«

Arten von Beschaffungskosten (TCO)

• Offensichtliche Beschaffungskosten: Einkaufspreis (direkte Beschaffungskosten ab Werk)
• Nicht offensichtliche Beschaffungskosten: Frachtkosten, Zoll- und Versicherungskosten, Lagerkosten, Kosten für Qualitätssicherung, Qualifizierungskosten, Kosten für Ersatzteile

Zusammenfassung

• Materialkosten sind ein großer Anteil der Gesamtkosten eines Industriebetriebes, daher ist die Beschaffung und Logistik von großer Bedeutung
• Beschaffungs- und Logistikentscheidungen hängen eng zusammen
• Ziel der Logistik ist es, die richtigen Güter in der richtigen Menge und im richtigen Zustand zur richtigen Zeit und zum richtigen Ort zu bringen
• Die Materiallogistik wird in Beschaffungs-, Produktions-, Distributions- und Entsorgungslogistik unterteilt
• Die TCO-Methode schätzt direkte und indirekte Beschaffungskosten sowie Beschaffungsfolgekosten

Literaturempfehlung

• Taschenbuch der Logistik, Herausgeber: Reinhard Koether
• 4. Auflage, Hanser 2011, 614 Seiten
• Nicht für die Prüfungsvorbereitung erforderlich

Fragen zur Lernerfolgskontrolle

• Was sind Objekte der Beschaffung und Logistik?
• Was wird unter Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen verstanden?
• Welche Ziele werden von der Funktion der Logistik verfolgt?
• In welche vier Phasen kann die (Material-) Logistik unterteilt werden?
• Welche zwei Basisfunktionen und welche vier ergänzenden Funktionen werden in der Logistik unterschieden?
• Welche Beschaffungsstrategien können unterschieden werden?
• Was ist Gegenstand der »Total Cost of Ownership«-Methode?
• Was ist Zweck der ABC-Analyse?