IBL 11

Vorlesungseinheit 11: Rechnungswesen III – Investition und Finanzierung

• Die Vorlesungeinheit befasst sich mit den Themen Investition und Finanzierung im Rahmen des Moduls Industriebetriebslehre.
• Die Präsentation wurde am 06.01.2025 von Sven Hinrichsen gehalten.

Gliederung

• Lernziele
• Zusammenhang zwischen Investition und Finanzierung
• Finanzierung
• Investition
• Zusammenfassung
• Literaturempfehlung
• Fragen zur Lernerfolgskontrolle

11.1 Lernziele

• Anwendung der Begriffe Investition und Finanzierung und Verständnis ihres Zusammenhangs.
• Ziele und Formen der Finanzierung kennen.
• Unterscheidung von Investitionsarten.
• Verstehen des Prozesses der Planung, Durchführung und Kontrolle von Investitionen.
• Anwendung ausgewählter Verfahren der Investitionsrechnung (Übung).

11.2 Zusammenhang zwischen Investition und Finanzierung (1/2)

• Auf der Aktivseite der Bilanz werden Investitionen als Mittelverwendung im Anlage- und Umlaufvermögen dargestellt.
• Auf der Passivseite der Bilanz steht die Finanzierung als Mittelherkunft in Form von Eigen- und Fremdkapital.

11.2 Zusammenhang zwischen Investition und Finanzierung (2/2)

• Investition ist die Verwendung finanzieller Mittel für Anlagegüter zur Erwirtschaftung finanzieller Mittel.
• Finanzierung beinhaltet die Beschaffung und Rückzahlung finanzieller Mittel (Kapital) an Kapitalgeber.
• Finanzierungen wirken sich auf die Passivseite der Bilanz aus, während Investitionen auf die Aktivseite wirken.

11.3 Finanzierung: Ziele der Finanzierung (1/2)

• Liquidität
• Rentabilität
• Unabhängigkeit

11.3 Finanzierung: Ziele der Finanzierung (2/2)

• Liquidität bezieht sich auf die Fähigkeit eines Unternehmens, jederzeit seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommen zu können; die Sicherstellung von Liquidität ist das oberste Ziel der Finanzierung.
• Rentabilität ist das Verhältnis von erzieltem Gewinn und eingesetztem Kapital über eine Periode; Finanzierungen sollen zu hoher Rentabilität führen, indem Finanzierungskosten gering gehalten und die richtigen Investitionsobjekte finanziert werden.
• Unabhängigkeit bedeutet, dass unternehmerische Entscheidungen unabhängig von externen Kapitalgebern getroffen werden können.

11.3 Finanzierung: Finanzierungsformen (1/2)

• Eigenfinanzierung bezieht sich auf Kapital von Unternehmensinhabern.
• Fremdfinanzierung bezieht sich auf Kapital von Nicht-Inhabern.
• Innenfinanzierung bezieht sich auf selbst erwirtschaftetes Kapital.
• Außenfinanzierung bezieht sich auf Kapital von außen.

11.3 Finanzierung: Finanzierungsformen (2/2)

• Finanzierungen beeinflussen die Kapitalzusammensetzung auf der Passivseite der Bilanz.
• Eigenfinanzierung: Kapital von bestehenden/neuen Inhabern.
• Fremdfinanzierung: Kapital von Nicht-Inhabern.
• Außenfinanzierung: Kapital von außen wird ins Unternehmen eingebracht.
• Innenfinanzierung: Selbst erwirtschaftetes Kapital wird zu Finanzierungszwecken verwendet.
• Beteiligungsfinanzierung: Kapitalgeber von außen bringen Eigenkapital ein -> Beteiligung am Unternehmen.
• Selbstfinanzierung: Erhöhung des Eigenkapitals durch Einbehalten von Unternehmensgewinnen.
• Kreditfinanzierung: Fremdkapital von externen Kapitalgebern, z.B. Bankdarlehen.
• Finanzierung aus Rückstellungen: Kapital, das für Rückstellungen vorgesehen ist, wird bis zur Fälligkeit zur Finanzierung verwendet.

11.3 Finanzierung: Planung der Liquidität im Rahmen der Finanzplanung (1/2)

• Kumulierte Ein- und Auszahlungen werden betrachtet.
• Flüssige Mittel und Finanzierungsbedarf werden analysiert.
• Prognosen kumulierter Einzahlungen und Auszahlungen werden erstellt.

11.3 Finanzierung: Planung der Liquidität im Rahmen der Finanzplanung (2/2)

• Liquiditätsplanung, auch als Finanzplanung bezeichnet, soll die Liquidität des Unternehmens sicherstellen.
• Liquidität ist die Fähigkeit, jederzeit fällige Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen.
• Voraussichtliche Auszahlungen und Einzahlungen werden in einzelnen Perioden (meist monatlich) gegenübergestellt.
• Im Ergebnis lassen sich Liquiditätslücken und Finanzierungsbedarfe identifizieren.
• Ziel ist auch, Kapitalkosten so gering wie möglich zu halten und gleichzeitig die Zahlungsbereitschaft sicherzustellen (Liquidität).

11.4 Investition: Investitionsarten

• Investitionsarten können nach dem Objekt (Real-, Finanz-, Immaterielle Investition) oder der Zielsetzung (Errichtungs-, Erweiterungs-, Ersatz-, Rationalisierungs-, Sozial-/Sicherheitsinvestition) unterschieden werden.

11.4 Investition: Investitionsprozess

1. Identifizierung möglicher Investitionsbedarfe.
2. Beurteilung und Bewertung der identifizierten Investitionsbedarfe bzw. möglicher Investitionsobjekte.
3. Durchführung von Investitionsentscheidungen und Erstellung von Investitionsplänen (im Rahmen der Budgetplanung).
4. Realisierung einzelner Investitionen entsprechend ihrer Priorisierung.
5. Kontrolle und Nachkalkulation von Investitionen.
6. Regelmäßige Überarbeitung der (mehrjährigen) Investitionspläne im Sinne einer rollierenden Planung.

11.4 Investition: Investitionsplanung im Rahmen der Budgetplanung

• Die Leistungserstellung umfasst Absatz-, Produktions- und Beschaffungspläne.
• Daraus resultiert die Planung von Verkaufspreisen, Personal- und Investitionsplänen.
• Im Rechnungswesen werden Umsatzerlöse, Personalkosten, Abschreibungen, Materialkosten und Zinsen betrachtet.
• Dies führt zu Erfolgs- und Finanzplänen.

11.4 Investition: Verfahren der Investitionsrechnung

• Verfahren der Investitionsrechnung lassen sich in statische und dynamische Verfahren unterteilen.
• Statische Verfahren umfassen Kostenvergleichsrechnung, Gewinnvergleichsrechnung, Rentabilitätsvergleichsrechnung und Amortisationsrechnung.
• Dynamische Verfahren umfassen Kapitalwertmethode, interne Zinsfußmethode und Annuitätenmethode.

11.4 Investition: Verfahren der Investitionsrechnung – Kostenvergleichsrechnung

• Zweck: Vergleich der Kosten zweier oder mehrerer, sich ausschließender Investitionsalternativen
• Auswahlkriterium: Auswahl des Investitionsobjektes mit den niedrigsten Kosten
• Berechnung: Kalkulatorische Abschreibungen + kalkulatorische Zinsen auf gebundenes Kapital + laufende variable und fixe Kosten = Periodenkosten
• Annahme: Investitionsentscheidung hat keinen Einfluss auf Erlöse und Produktqualität

11.4 Investition: Verfahren der Investitionsrechnung – Gewinnvergleichsrechnung

• Zweck: Ermittlung der Vorteilhaftigkeit einer einzelnen Investition (Gewinn > 0) oder Vergleich des Gewinns zweier/mehrerer Investitionsalternativen.
• Auswahlkriterium: Auswahl des Investitionsobjektes mit einem Gewinn (eine Investition ohne Alternativen) bzw. dem größten Gewinn pro Periode bzw. insgesamt (Investition mit Alternativen).
• Berechnung: Durchschnittliche Erlöse pro Periode - durchschnittliche Kosten pro Periode = durchschnittlicher Gewinn pro Periode.
• Annahme:
  • Investitionsentscheidung hat einen Einfluss auf Erlöse.
  • Bei unterschiedlich hohem Kapitaleinsatz kann der Differenzbetrag so investiert werden, dass mindestens gleich hoher Gewinn erzielt wird.
  • Unbeschränkte Verfügbarkeit von Kapital.

11.4 Investition: Verfahren der Investitionsrechnung – Rentabilitätsvergleichsrechnung

• Zweck: Ermittlung der Vorteilhaftigkeit einer oder mehrerer Investitionen, insbesondere wenn der Investitionsgewinn mit unterschiedlichem Kapitaleinsatz erzielt wird.
• Auswahlkriterium: Auswahl des Investitionsobjektes mit einem positiven Rol (eine Investition ohne Alternativen) bzw. dem größten Rol (Investition mit Alternativen).
• Berechnung: Rol = (Ø Gewinn pro Periode) / (Ø Kapitaleinsatz)
• Annahme:
  • Kapitaleinsatz hat einen Einfluss auf Investitionsentscheidung.
  • Amortisationsdauer ist bei Investitionsentscheidung nicht relevant.

11.4 Investition: Verfahren der Investitionsrechnung – Amortisationsrechnung (Durchschnittsmethode)

• Zweck: Ermittlung der Zeitdauer, bis die Anschaffungsausgabe durch Einnahmeüberschüsse wieder erwirtschaftet ist; oft ergänzend zur Rentabilitätsvergleichsrechnung.
• Auswahlkriterium: Auswahl des Investitionsobjektes mit Ist-Amortisationszeit ≤ Soll-Amortisationszeit (Investition ohne Alternative) oder der kleinsten Ist-Amortisationszeit (Alternativen).
• Berechnung: Amortisationsdauer = (Anschaffungsausgabe - Liquidationserlös) / durchschnittl. Rückfluss pro Periode
• Annahme: Alternative Investitionen haben gleiche Nutzungsdauer; hohe Periodenabschreibungen bewirken kurze Amortisationsdauer.

11.4 Investition: Verfahren der Investitionsrechnung – Kapitalwertmethode

• Zweck: Ermittlung der Vorteilhaftigkeit über den Kapitalwert unter Berücksichtigung der Präferenz für schnelle Gewinnrückflüsse durch einen Zinsfaktor.
• Auswahlkriterium: Auswahl des Investitionsobjektes mit einem Kapitalwert > 0 (Investition ohne Alternativen) oder dem größten Kapitalwert (Alternativen).
• Berechnung: Kapitalwert = -Investitionsausgabe + Summe der diskontierten Einzahlungsüberschüsse.
• Annahme: Zahlungsströme können periodengenau geschätzt werden.

11.5 Zusammenfassung

• Investition ist die Verwendung finanzieller Mittel für Anlagegüter, die der Erwirtschaftung finanzieller Mittel dienen.
• Finanzierung ist die Beschaffung und Rückzahlung finanzieller Mittel an den Kapitalgeber.
• Investition und Finanzierung sind zwei Seiten derselben Medaille und gehen stets mit Finanzierungsentscheidungen einher.
• Bei der Finanzierung kann zwischen Eigen- und Fremd- sowie Innen- und Außenfinanzierung unterschieden werden.
• Investitionsrechnungen dienen zur Bewertung der monetären Vorteilhaftigkeit, wobei zwischen statischen und dynamischen Verfahren unterschieden wird.

11.6 Literaturempfehlung

• Einführung in die Betriebswirtschaftslehre von D. Vahs, J. Schäfer-Kunz, 7. Auflage, Schäffer-Poeschel 2015, Kapitel 12 und 13.

11.7 Fragen zur Lernerfolgskontrolle

• Was versteht man unter Investition und Finanzierung?
• Welche Ziele der Finanzierung werden unterschieden?
• Welche Finanzierungsformen gibt es?
• Welche Investitionsarten gibt es im Hinblick auf die Zielsetzung?
• Wie unterscheiden sich statische und dynamische Verfahren der Investitionsrechnung?
• Welche statischen Verfahren der Investitionsrechnung werden angewendet?
• Was ist der Zweck der Kapitalwertmethode?
• Welche qualitativen Aspekte bleiben bei Investitionsrechnungen oft unberücksichtigt?

Übungsaufgabe 1: Statische Verfahren der Investitionsrechnung (1/6)

• Ein metallverarbeitender Betrieb möchte aufgrund gestiegener Nachfrage seine Fertigungskapazität erweitern und die Vorteilhaftigkeit von drei Anlagen bewerten.
• Es sollen verschiedene statische Verfahren der Investitionsrechnung angewendet werden.
• Die Investitionsalternativen sollen mittels Kostenvergleichsrechnung (Tabelle 2), Gewinnvergleichsrechnung (Tabelle 3), Rentabilitätsvergleichsrechnung (Tabelle 4) und Amortisationsrechnung (Tabelle 5) bewertet werden.
• Im Rahmen der Rentabilitätsvergleichsrechnung sind Umsatzrentabilität, Kapitalumschlag und Investitionsrentabilität (Rol) zu berechnen.
• Die Rechenergebnisse sollen diskutiert und eine begründete Investitionsentscheidung getroffen werden.

Übungsaufgabe 1: Statische Verfahren der Investitionsrechnung (2/6)

• Tabelle 1 listet Daten zu den drei Investitionsalternativen auf.
• A1: Anschaffungspreis, A2: Ø Kapitaleinsatz, A3: Geplante Nutzungsdauer, A4: Geschätzter Restwert, A5: Geschätzte Ausbringungsmenge pro Periode, A6: Fixe Betriebskosten pro Periode, A7: Variable Betriebskosten pro Stück, A8: Erlöse pro Stück, A9: Kalkulatorischer Zinssatz.

Übungsaufgabe 2: Dynamisches Verfahren der Investitionsrechnung – Kapitalwertmethode (1/4)

• Der Fachbereich Produktionstechnik der TH OWL und das ZDI-Zentrum Lippe.MINT haben eine Kooperation zur Einbindung eines Lernträgers in die Ausbildung.
• In einem fiktiven Szenario soll ein weiterentwickelter Lernträger außerhalb von TH OWL und ZDI verkauft werden.
• Dazu ist eine einmalige Investition von 6.000 EUR für Investitionsgüter erforderlich.
• In den Folgejahren werden Einzahlungen und Auszahlungen erwartet.
• Es wird ein Liquidationserlös von 2.000 EUR nach vier Jahren angenommen.
• Für die Investitionsrechnung wird von einem Kalkulationszinssatz von 8% ausgegangen.

Übungsaufgabe 2: Dynamisches Verfahren der Investitionsrechnung – Kapitalwertmethode (2/4)

• Berechne den Kapitalwert der Investition mit den Daten aus Tabelle 2 und beurteile, ob die Investition vorteilhaft ist.
• Untersuche, wie sich das Ergebnis verändert, wenn ein Kalkulationszinssatz von 6% angenommen wird, und trage die Ergebnisse in Tabelle 3 ein.
• Tabelle 1 zeigt den Zahlungsstrom mit Investitionsauszahlung, Einzahlungen, Auszahlungen und Liquidationserlös.

Diese Vorlesungseinheit befasst sich mit Investition und Finanzierung im Rahmen der Industriebetriebslehre. Sie behandelt Ziele und Formen der Finanzierung sowie Investitionsarten. Außerdem wird der Prozess der Planung, Durchführung und Kontrolle von Investitionen erläutert.