Neoliberale Politik und Stagflation in Europa

• Zweite Ölkrise und Beginn der neoliberalen Wirtschaftspolitik in Großbritannien und den USA ereigneten sich 1979-1981.

Wirtschaftliche Situation in Europa (1979)

• In der europäischen Wirtschaft etablierte sich die Stagflation.
• Niedrige bzw. negative Wachstumsraten (BRD 1975: -1,1%) trafen auf steigende Inflation (BRD 1974: 7%) und Arbeitslosigkeit (BRD 1975: 4,6%).
• Kreditfinanzierte staatliche Konjunkturprogramme zeigten begrenzte Wirkung und verstärkten die Staatsverschuldung.
• Die Staatsverschuldung in der BRD vervierfachte sich zwischen 1970 und 1980 auf 500 Mrd. DM.
• Es entstand Sockelarbeitslosigkeit: Konjunkturelle Erholung senkte zwar die Arbeitslosenquote, erreichte aber nicht das Vorkrisenniveau.
• Ein wachsender Sockel an Arbeitslosen fand auch in Aufschwungphasen keine Arbeit.

Strukturwandel

• Parallel zur Wirtschaftsentwicklung der 1970er Jahre vollzog sich in Europa ein rascher technologischer Wandel.
• Dieser Wandel beinhaltete eine zunehmende Digitalisierung durch Computer-, Robotertechnik, Gen- und Biotechnologie, Telekommunikation und Mikroelektronik.
• Die auf Stahl und Kohle basierende Wirtschaft der "Hochmoderne" wurde verdrängt.
• Die europäische Industriegesellschaft wandelte sich ab den 1970er Jahren zu einer Dienstleistungsgesellschaft.
• Um 1980 übertraf der tertiäre Sektor den sekundären Sektor, welcher seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bestimmend war.
• Tertiarisierung und zunehmende Internationalisierung von Produktion und Handel (Globalisierung) führten zu einem tiefgreifenden Strukturwandel.
• Industriearbeitsplätze wanderten vor allem nach Asien ab.
• Traditionelle Schwerindustrieregionen wie das Ruhrgebiet, Mittelengland und der mittlere Westen der USA verloren an Bedeutung.
• Japan und asiatische Schwellenländer wie Korea, Taiwan und später auch China wurden zu aggressiven Konkurrenten auf dem Weltmarkt, da sie aufgrund niedrigerer Löhne Massengüter billiger produzieren konnten.

Neoliberalismus als Ausweg?

• Als Reaktion auf Wachstumsschwäche, Stagflation und Arbeitslosigkeit wandten sich Regierungen in Westeuropa und Nordamerika von der keynesianischen Wirtschaftspolitik ab.
• Die keynesianische Politik, die durch staatliche Regulierung und Nachfragestimulierung die Wirtschaft ankurbeln wollte, hatte in den 1970er Jahren zu hoher Staatsverschuldung geführt.
• Anstelle des Keynesianismus trat der Neoliberalismus.
• In Großbritannien wurde er ab 1979 unter Premierministerin Margaret Thatcher und in den USA ab 1981 unter Präsident Ronald Reagan zur wirtschaftspolitischen Leitlinie.
• Ziel war es, die Wirtschaft durch Maßnahmen zur Entlastung der Unternehmen zu stabilisieren.
• Dazu gehörten: freie Marktwirtschaft, freies Unternehmertum, Abbau von Flächentarifverträgen, Schwächung der Gewerkschaften, Stärkung der individuellen Verantwortung, Abbau des Sozialstaats, Senkung von Steuern und Abgaben, Rückzug des Staates und Privatisierung staatlicher Betriebe.
• Dieser Ansatz basierte auf dem Glauben an die Effizienz der Märkte.