OB 3: Demokratie

Minimalistische Definition von Demokratie

• Ein politisches System gilt als demokratisch, wenn freie und faire Wahlen abgehalten werden und die Verlierer das Ergebnis akzeptieren und eine friedliche Machtübergabe ermöglichen.
• Trumps Weigerung, das Wahlergebnis anzuerkennen, ist ein Angriff auf die Demokratie.
• Populistische Führer versuchen, den Anschein von Demokratie zu wahren, indem sie Wahlen abhalten, schwächen aber die liberale Demokratie durch Aushöhlung der Gewaltenteilung.

Krisen der liberalen Demokratie

• Die liberale Demokratie steht weltweit kurzfristig in der Krise.
• Viele Politikwissenschaftler plädieren für partizipative und deliberative Demokratien.
• Partizipative Demokratie fokussiert auf umfassendere Beteiligung und stellt etablierte Strukturen in Frage.
• Deliberative Demokratie vereint liberale und radikale Ideen und betont Diskussionen und Debatten für Entscheidungen.
• Fundierte Konzeptualisierungen der Demokratie sind wichtig für demokratische Reformen.
• Deliberative Bürgerversammlungen werden als Ergänzung zu repräsentativen und direktdemokratischen Institutionen vorgeschlagen.
• Historisch betrachtet sind es nicht institutionelle Varianten, die die Unterschiede zwischen politischen Systemen ausmachen, sondern der Grundsatz der Volkssouveränität durch freie und faire Wahlen.

Demokratisierung in Bangladesch

• Studentenproteste haben die Premierministerin Sheikh Hasina gestürzt, die seit 2009 autoritär regierte.
• Die Gewalt der Proteste und des brutalen Vorgehens der Regierung führte zu Hunderten Toten und Tausenden Verletzten.
• Trotz der Gewalt dauerten die Proteste an, bis Hasina zurücktrat.
• Muhammad Yunus, Friedensnobelpreisträger, wurde als Interimspräsident vereidigt.
• Die Hoffnung besteht, dass Bangladesch ein autoritäres System zu einer Demokratie umwandeln wird.

Wirtschaftliche Entwicklung und Demokratisierung

• Die wirtschaftliche Entwicklung ist die am häufigsten aufgestellte Hypothese für Demokratisierung.
• Erklärungen beruhen auf dem Einfluss von Industrialisierung, Arbeiterschaft und einer gut ausgebildeten Mittelschicht.
• Die stärkere Arbeiterschaft hat Interesse an Demokratisierung für mehr Rechte und Umverteilung.
• Wirtschaftliche Entwicklung erhöht die gebildete Mittelschicht, die postmaterialistische Werte wie Partizipation und Selbstverwirklichung vertritt.
• Wirtschaftliche Entwicklung geht mit reduzierter Ungleichheit einher, die Demokratisierung erschwert.
• Eliten haben bei grosser Ungleichheit mehr zu befürchten als bei geringer Ungleichheit.

Bangladeschs ökonomische Entwicklung

• Bangladesch hat in den letzten zwei Jahrzehnten grosse wirtschaftliche Fortschritte gemacht (nach Abb.1).
• Das Wachstum der gebildeten Mittelschicht ist möglicherweise mit dem Wirtschaftswachstum verbunden (nach Abb.2).

Krise der Demokratie und Wahldiktaturen

• Die Demokratie befindet sich in einer "demokratischen Rezession" – Abnahme der Qualität, nicht Sturz durch Autoritäre, wie früher.
• In Ländern wie Indien und den USA nimmt die Qualität der Demokratie ab.
• Länder wie Ungarn oder Venezuela sind keine Demokratien mehr.
• "Wahldiktaturen" führen oft freie, aber nicht faire Wahlen durch.
• Wahlresultate sind bewusst gefälscht (Maduro, z.B.) - Rundungen bis zur 6. Dezimalstelle.

Strategische Motivation für Wahlen von Wahldiktaturen

• Wahlen bieten einen Anschein demokratischer Legitimität im Ausland.
• Sie dienen als kontrolliertes Ventil für politischen Dissens.
• Das Regime kann Opposition kooptieren und Kontrolle über Institutionen behalten.
• Wahlen dienen zur Einschätzung der öffentlichen Meinung und der Stärke potenzieller Rivalen.
• Regelmäßige Siege demonstrieren Dominanz und entmutigen Opposition.