Geschichte der Bildungssysteme

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Questions and Answers

Welche Aussage über die Wissensweitergabe in der frühen Geschichte und der griechischen Antike trifft nicht zu?

  • Branchen wie Landwirtschaft, Bergbau und Eisenverarbeitung waren typische Wissensbereiche.
  • Wissen wurde mündlich innerhalb von Familien weitergegeben.
  • Lernen erfolgte hauptsächlich durch Vormachen und Nachmachen.
  • Es gab ein hohes Maß an Flexibilität bei der Weitergabe von Wissen. (correct)

Was war ein wesentliches Merkmal des Privatunterrichts in der Antike?

  • Er war für die breite Bevölkerung zugänglich.
  • Er förderte die Alphabetisierung von Frauen.
  • Er wurde hauptsächlich von Mönchen und Priestern für reiche Männer erteilt und meist auf Latein durchgeführt. (correct)
  • Er konzentrierte sich auf die Vermittlung von handwerklichen Fähigkeiten.

Welche Faktoren trugen im sehr frühen Mittelalter zur Vernachlässigung der Bildung bei?

  • Kriege, Chaos und Völkerwanderungen. (correct)
  • Die Einführung der allgemeinen Schulpflicht.
  • Der zunehmende Einfluss der Kirche auf das Bildungswesen.
  • Der vermehrte Fokus auf handwerkliche Ausbildung.

Welche Aussage beschreibt am besten die Bildung im frühen Mittelalter?

<p>Sie fand hauptsächlich in Klosterschulen statt, war elitär und richtete sich an adelige Männer. (A)</p>
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Was kennzeichnete das Bildungswesen im Hochmittelalter?

<p>Die Entstehung erster Kloster- und Domschulen sowie die Gründung erster Universitäten. (D)</p>
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Welche Rolle spielte der Staat in der Bildung der frühen Neuzeit (ca. 1500-1600)?

<p>Der Staat zeigte kaum Interesse an der Bildung, die kirchliche Dominanz blieb bestehen. (D)</p>
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Was war das Hauptziel der Schulreform von 1774 unter Maria Theresia?

<p>Die Alphabetisierung der Bevölkerung und die Vereinheitlichung des Schulsystems, um produktivere Untertanen zu erhalten. (C)</p>
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Welches Problem bestand trotz der Einführung der allgemeinen Schulpflicht im 18. Jahrhundert weiterhin?

<p>Die Organisation des Schulwesens war von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich, was zu regionalen Unterschieden führte. (D)</p>
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Was war ein wesentlicher Kritikpunkt an der Bildung im Zeitalter der Industrialisierung (Ende 18. – Anfang 19. Jh.)?

<p>Bildung wurde als unnötig angesehen, da Kinder zur Arbeit benötigt wurden. (B)</p>
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Welche Neuerung wurde im Zuge der ersten staatlichen Reformen im Bildungswesen (1848-1850) eingeführt?

<p>Die Einführung der Reifeprüfung und die Teilung des Gymnasiums in Unter- und Oberstufe. (B)</p>
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Was versprach das Reichsvolksschulgesetz von 1869?

<p>Bildung für alle Kinder in Einheitsvolksschulen. (A)</p>
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Welches Problem bestand trotz des Reichsvolksschulgesetzes (1869) weiterhin im österreichischen Bildungswesen (1870-1900)?

<p>Kostenpflichtige Bildung und regionale Unterschiede in der Qualität der Bildung. (B)</p>
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Welche Neuerung wurde im Bereich der Mädchenbildung ab 1871 eingeführt?

<p>Die Gründung erster höherer Mädchenschulen. (C)</p>
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Was war eine wichtige Veränderung im Schulsystem durch die Schulreform von 1920?

<p>Die Einführung des Vormittagsunterrichts anstelle von Ganztagsschulen. (B)</p>
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Wie wurde das Bildungssystem in der NS-Zeit (1938-1945) beeinflusst?

<p>Viele Schulen wurden geschlossen oder ideologisch umgestaltet, und Bildung wurde als Propagandainstrument missbraucht. (A)</p>
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Was kennzeichnete die Bildungsexpansion der 1960er Jahre?

<p>Ein starker Ausbau des Bildungssystems mit mehr Schulen, Schülern und Lehrkräften. (C)</p>
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Was war der sogenannte "PISA-Schock", der Österreich um das Jahr 2000 erfasste?

<p>Österreich schnitt in den PISA-Studien schlechter ab als erwartet, was große Unterschiede zwischen sozialen Schichten und Schwächen beim Leseverständnis aufdeckte. (A)</p>
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Welche Aussage beschreibt am besten den Begriff des "sozialen Wandels"?

<p>Veränderungen in einer Gesellschaft im Laufe der Zeit, die qualitative und quantitative Aspekte umfassen. (B)</p>
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Was bedeutet der Begriff "Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen" im Kontext des sozialen Wandels?

<p>Unterschiedliche Lebensweisen, Ideologien und Zeitvorstellungen existieren nebeneinander und beeinflussen den Wandel. (B)</p>
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Welche der folgenden Bereiche sind typische Bereiche, in denen sozialer Wandel stattfindet?

<p>Wandlungsprozesse auf sozialer und struktureller Ebene, ökonomische und politische Veränderungen, technologische Fortschritte und Veränderungen im kulturellen Wertesystem. (A)</p>
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Flashcards

Wissensweitergabe in der Frühgeschichte

Mündliche Weitergabe von Wissen innerhalb von Familien, z.B. in Landwirtschaft und Bergbau.

Privatunterricht in der Antike

Geplantes Lernen, oft auf Latein, für reiche Männer durch Mönche und Priester.

Bildung im frühen Mittelalter

Die Bildung wurde vernachlässigt aufgrund von Kriegen und Völkerwanderungen.

Kloster- und Domschulen

Erste Schulen, die von Klöstern und Domen betrieben wurden.

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Universitätsgründungen

Erste Universitäten entstanden in Italien, Frankreich, England und später in Prag und Wien.

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Jesuitenorden

Jesuiten gründeten Gymnasien und systematisierten die Bildung.

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Schulreform 1774

Einführung der allgemeinen Schulpflicht, um produktivere Untertanen zu erziehen.

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Grundtechniken in der Schule

Lesen, Schreiben und Rechnen sollten gelehrt werden.

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Trennung von Kirche und Staat

Staat und Kirche versuchten, ihre Machtverhältnisse im Bildungssystem neu zu ordnen.

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Bildungsexpansion

Die allgemeine Schulpflicht führte zu neuen Debatten über soziale Gerechtigkeit.

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Reichsvolksschulgesetz (1869)

Ein Gesetz, das Bildung für alle versprach und die Schulpflicht verlängerte.

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Bildung in der NS-Zeit

Kritische Auseinandersetzung wurde unterdrückt und Schulen ideologisch umgestaltet.

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Propaganda in der NS-Zeit

Die Bildung wurde als Mittel zur Propaganda missbraucht.

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Sozialer Wandel

Veränderungen in einer Gesellschaft im Laufe der Zeit, qualitativ und quantitativ.

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Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen

Gleichzeitiges Bestehen unterschiedlicher Lebensweisen und Zeitvorstellungen.

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Sozialisierungsprozess

Schulen sozialisieren Kinder im Sinne der Gesellschaft.

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Funktionalistische Sichtweise

System soll gewährleisten, dass das System weiter funktioniert und stabil bleibt.

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Finanzierungsstruktur in Österreich

Bund zahlt, aber Länder verwalten, was zu Ineffizienz führt.

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Elterneinfluss in Österreich

Wenig Einfluss der Eltern auf die Gestaltung von Schule und Klassen.

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PEER-EFFEKTE

Peer-Effekte beeinflussen das soziale lernen.

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Study Notes

Historischer Überblick

  • Die Wissensweitergabe in der Frühgeschichte und griechischen Antike (ca. 750 v. Chr.) erfolgte mündlich innerhalb von Familien, insbesondere in Bereichen wie Landwirtschaft, Bergbau und Eisenverarbeitung.
  • Wissen wurde durch Vormachen und Nachmachen vermittelt.
  • Es fehlte an Flexibilität, da Wissen nur in einem begrenzten Kreis weitergegeben wurde und nicht jeder Zugang zu derselben Art von Wissen hatte.
  • Im antiken, ca. 1. Jh. n. Chr., erfolgte Privatunterricht durch Mönche und Priester für reiche Männer, meist auf Latein.
  • Die Alphabetisierung in der breiten Bevölkerung nahm zu, betraf aber hauptsächlich Jungen.
  • Im sehr frühen Mittelalter (ca. 6. Jh. n. Chr.) wurde die Bildung durch Kriege, Chaos und Völkerwanderung vernachlässigt.
  • Der Analphabetismus stieg wieder an.
  • Im frühen Mittelalter (ca. 8. Jh. n. Chr.) erfolgte Bildung in Klosterschulen, die erneut elitär war und nur adeligen Männern auf Latein zugänglich war.
  • Bildung erfolgte hauptsächlich durch die Kirche und dauerte ca. 300 Jahre.
  • Im Hochmittelalter (ca. 11. Jh. n. Chr.) entstanden erste Kloster- und Domschulen, z.B. in Melk und St. Stephan in Wien.
  • Elitäre Bildung wurde fortgesetzt, wobei männliche Adelige auf Latein unterrichtet wurden.
  • Es entstanden Universitäten in Italien, Frankreich und England, die ersten deutschen Universitäten wurden 1348 in Prag und 1365 in Wien gegründet.
  • Die Fächer an Universitäten umfassten Grammatik, Dialektik, Rhetorik, Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie.
  • In der frühen Neuzeit (ca. 1500-1600) gründeten Jesuitenorden Gymnasien und systematisierten die Bildung.
  • Es wurden erste Lehrpläne und Prüfungen eingeführt.
  • Die Kirche behielt ihre Dominanz in der Bildung, während der Staat wenig Interesse zeigte.
  • Die Studia inferiora umfassten 5 Jahre mit den Fächern Latein, Griechisch und Katechismus.
  • Die Studia superiora dauerten 3 Jahre mit einem anschließenden philosophischen Schwerpunkt, angelehnt an das Studium.
  • Die Schulreform von 1774 unter Maria Theresia führte die allgemeine Schulpflicht ein, um produktivere und gebildete Untertanen zu schaffen (Industrie/Verwaltung) und das Schulsystem zu vereinheitlichen.
  • Gründe dafür waren allgemeine politische Entwicklungen, die Industrialisierung und die Aufklärung.
  • Ziel war die Alphabetisierung der Bevölkerung, doch es blieben regionale Unterschiede, da die Organisation von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich war.
  • Grundtechniken wie Lesen, Schreiben und Rechnen sollten gelehrt werden.
  • Es entstand das Problem, dass die Beschaffung der Lehrräume und die Bezahlung der Lehrpersonen auf unterer Ebene (Gemeinden) erfolgte, was zu großen regionalen Unterschieden führte.
  • Die Zentralregierung versucht, dies zu bestimmen, zahlt aber nicht.
  • Es wurde eine Trennung von Kirche und Staat angestrebt.
  • Johann Ignaz Felbiger entwickelte neue Schulmethoden und Lehrpläne.
  • Es entstanden Normal-, Haupt- und Trivialschulen (Elementarunterricht), die auf höhere Schulen (Lateinschulen) vorbereiteten.
  • Es gab einklassige Volksschulen für 6-12-Jährige sowie Hauptschulen mit 3 Klassen in Städten.
  • Lehrer wurden in Normalschulen ausgebildet oder gar nicht.
  • Der Staat versuchte, die Trennung von Kirche und Staat zu schaffen, um die Machtverhältnisse aufzulösen, was nur teils gelang.
  • Das Konkordat (Abkommen zwischen Staat und Kirche) veränderte den Religionsunterricht an Schulen, der weiterhin fest im Bildungssystem verankert blieb.
  • Die Teilnahme am Religionsunterricht war als Wahlfach möglich.
  • In der Zeit der Industrialisierung (Ende 18. – Anfang 19. Jh.) wurde Bildung oft als unnötig angesehen, da Kinder arbeiten mussten.
  • Die Durchführung der schulischen Bildung sollte weiterhin von den einzelnen Gemeinden organisiert werden, was zu großen regionalen Unterschieden führte.
  • Durch regionale Unterschiede sahen viele in der Bevölkerung Schule bzw. Bildung als "Überschussphänomen" an, da Kinder bei der Arbeit aushelfen mussten.
  • Der Mehrwert der Bildung wurde nicht anerkannt und es gab Widerstand.
  • Es gab eine Sonderregelung, bei der in der Erntezeit die Schulpflicht entfiel (Ferien).
  • Im Jahr 1848 wurde das Unterrichtsministerium zur Steuerung der Bildung gegründet, mit dem Ziel, das Schulsystem auszubauen, klare Strukturen zu schaffen und Bildung adäquat und innovativ zu machen.
  • Im Jahr 1849 wurden Gymnasien weiterentwickelt, die Reifeprüfung eingeführt und die Gymnasien in Unter- und Oberstufe geteilt.
  • Gymnasien hatten einen höheren Wert und wurden eher von der höheren Gesellschaftsschicht besucht.
  • Im Jahr 1850 erfolgte die Definition des Pflichtschulbereichs (= Grundkonsens des Unterrichts in Trivialschulen) mit den Pflichtfächern Lesen, Schreiben, Rechnen, Sachkunde und Naturkunde.
  • Söldner und Mönche unterrichteten, da nicht alle Lehrpersonen aus Normalschulen kamen.
  • Die Analphabetenrate war immer noch hoch, weshalb eine weitere Schulreform gefordert wurde.
  • Nach der Niederlage bei Königgrätz (1866) entstand das Reichsvolksschulgesetz (1869), das die Bildung erneut reformierte und Bildung für alle versprach, mit Einheitsvolksschulen für alle Kinder.
  • Es erfolgte die Trennung zwischen Pflichtschule und Gymnasium sowie die Einrichtung von Bürgerschulen.
  • Die Schulpflicht wurde von 6 auf 8 Jahre verlängert.
  • Die Schülerzahl wurde auf 80 Kinder pro Klasse beschränkt, und es gab Sanktionsmaßnahmen bei Verstößen.
  • Schultypen wurden nach Bürgerschulen (späteren Hauptschulen) & Gymnasien getrennt.
  • Es wurden erste geregelte Lehrergehälter eingeführt.
  • Im Stillstand & Probleme (1870-1900) war Bildung kostenpflichtig, selbst für Fächer wie Rechnen.
  • Die Orte waren auf sich allein gestellt, was zu starken regionalen Unterschieden führte.
  • Viele Lehrer waren ehemalige Soldaten, was zu mangelhafter Qualität führte.
  • Die Analphabetenrate war immer noch hoch, und die bäuerliche Struktur leistete weiterhin Widerstand.
  • Aufgrund des Bevölkerungswachstums begann man, sich mehr Gedanken um die junge Generation zu machen.
  • Ab 1871 entstanden höhere Mädchenschulen (Wiener Frauenerwerbsverein), nachdem Mädchen zuvor nur sehr begrenzte Bildungsmöglichkeiten hatten (elementare Bildung wie Lesen, Schreiben und Religion).
  • Es gab getrennte Buben- und Mädchenschulen.
  • Ab 1872 durften Mädchen als "Externistinnen" die Reifeprüfung/Matura ablegen.
  • 1892 wurde das erste deutsche Mädchengymnasium in Wien (Hegelgasse; 1010) gegründet.
  • Ab 1919 durften Frauen in Österreich studieren.
  • Die Schulreform von 1920 führte Vormittagsunterricht anstelle von Ganztagsschulen ein.
  • 1912 gab es erste Gesamtschulversuche, jedoch blieben soziale Ungleichheiten bestehen.
  • Ab der 3. Klasse wurden Zweige und Teamteaching eingeführt, sowie A- und B-Züge (Selektion in Leistungsniveaus), jedoch führte kindorientierte Pädagogik zu einem sinkenden Leistungsniveau.
  • Diese Reform war ein erster Versuch, das Schulsystem gerechter zu gestalten, jedoch blieben viele soziale Probleme ungelöst.
  • Das Schulsystem bildete die unterschiedlichen sozialen Klassen der Gesellschaft ab (= Reproduktionsfunktion), was bis heute so ist.
  • In der NS-Zeit (1938-1945) wurde Bildung als Propagandainstrument missbraucht.
  • Kritisches Denken wurde unterdrückt, viele Schulen wurden geschlossen oder ideologisch umgestaltet.
  • Nicht regimetreue Lehrpersonen wurden entlassen.
  • Es gab eine stärkere Trennung zwischen weiblich und männlich.
  • In den 1960er Jahren kam es zu einer Bildungsexpansion mit mehr Schulen, mehr Schülern, Ausbau der Schulgebäude & Lehrkräfte sowie Einführung von Teamteaching & finanzieller Autonomie für Schulen.
  • Die Bildungsexpansion verbesserte den Zugang zur Schule, führte jedoch auch zu neuen Debatten über soziale Gerechtigkeit im Bildungssystem.
  • Bildung wurde nicht mehr als Überschussphänomen angesehen: fast alle wollten, dass es die eigenen Kinder mal „besser haben".
  • 1962 wurde das Schulgesetzwerk eingeführt, das eine Generalklausel beim Bund vorsah und eine 2/3 Mehrheit im Nationalrat für Schulgesetze erforderte.
  • Ab 1972 gab es kein Schulgeld, Freifahrten usw.
  • Ab 1980 gab es Leistungsgruppen und einen Run auf AHS.
  • Ab 1990 gab es den Schulversuch "Mittelschule" und einen Trend zur Autonomie an Schulen.
  • Seit Mitte der 90er Jahre gab es verstärktes Qualitätsmanagement, wobei Schüler im Mittelpunkt standen, Fortbildungen intensiviert wurden und Schulleitungen und Lehrerteams für Schul- und Unterrichtsentwicklung verantwortlich waren.
  • Der PISA-Schock & Reformen (2000-2009) umfassten Kritik an PISA (Momentaufnahme, "Learning to the test", unterschiedliche Schulsysteme werden ohne Differenzierung verglichen, Test stammt aus wirtschaftlicher Organisation OECD?) und Österreich schnitt 2000 und 2003 schlechter ab, als erwartet.
  • Es gab große Unterschiede zwischen sozialen Schichten und enorme Schwächen bei Leseverständnis und Problemlösung.
  • 2004 wurde der Schulversuch KMS (Kooperative Mittelschule für alle) durchgeführt.
  • 2005 wurden viele Reformen rückgängig gemacht (Zwei-Drittel-Mehrheit wurde in vielen Bereichen abgeschafft), Ausnahmen blieben jedoch Schulpflicht, Schulgeldfreiheit, Religionsunterricht und das differenzierte Schulsystem.
  • 2007 wurde die Klassengröße auf 25 Schüler begrenzt und die Diskussion über die Gesamtschule begann.
  • 2009 wurde die NMS als Reformprojekt eingeführt.

Sozialer Wandel

  • Sozialer Wandel beschreibt Veränderungen in einer Gesellschaft im Laufe der Zeit, einschließlich qualitativer und quantitativer Veränderungen.
  • W.F. Ogburn (1922) definierte sozialen Wandel als qualitative und quantitative Veränderungen, denen die Gesellschaft im Ganzen oder gesellschaftliche Teilbereiche sowie kollektive und individuelle Wertorientierungen im Rahmen historischer, ökonomischer, sozialer und politischer Entwicklungen unterworfen sind.
  • Wolfgang Zapf (2006) definierte sozialen Wandel als Veränderung sozialer Zustände und der Sozialstruktur einer Gesellschaft, wobei sich grundlegende Institutionen, Kulturmuster sowie soziale Handlungen und Bewusstseinsmuster verändern.
  • Sozialer Wandel bezieht sich auf die Beziehung zwischen Struktur und sozialem Wandel.
  • Struktur ist etwas Statisches, wie feste gesellschaftliche Ordnungen wie Familienmodelle, Schulsysteme und politische Systeme.
  • Sozialer Wandel ist dynamisch und bedeutet Veränderungen innerhalb dieser Strukturen, z.B. wie sich Rollenbilder, Werte oder Institutionen über die Zeit verändern.
  • Phänomene des sozialen Wandels sind komplex, vielschichtig, nicht kontinuierlich und nicht linear.
  • Wandel kann ein bestimmtes soziales System betreffen oder die ganze Gesellschaft.
  • Wandel kann schnell oder langsam ablaufen (z.B. Erfindung des Internets vs. Gleichberechtigung von Frauen).
  • Wandel führt zu sozialstrukturellen Unterschieden, z. B. Ungleichheiten zwischen Gruppen können entstehen oder sich verändern.
  • Unterschiedliche Lebensweisen und Zeitvorstellungen existieren gleichzeitig: alte Lebensweisen neben modernen und alternativen Lebensformen.
  • Lebensstile, Ideologien und Überzeugungen bleiben oft über längere Zeit erhalten, anstatt sofort zu verschwinden.
  • Kohortenspezifische Unterschiede bedeuten, dass Menschen einer Generation gesellschaftliche Veränderungen anders erleben und bewerten als andere Generationen.
  • Menschen unterschiedlicher Generationen erleben gesellschaftliche Veränderungen unterschiedlich, wodurch Unterschiede im Epochen- und Zeitbewusstsein den Wandel beeinflussen.
    • Babyboomer (geboren 1946-1964) erlebten Wirtschaftswunder und Kalten Krieg und strebten nach sicherem Job, Eigenheim und Familie im klassischen Modell.
    • Millennials (geboren 1981-1996) erlebten Internet-Revolution und Globalisierung und streben nach flexiblem Arbeiten, Reisen, nachhaltigem Konsum und Work-Life-Balance.
    • Gen Z (geboren ab ca. 1997) erlebte Social Media, Klimawandel und Krisen und strebt nach digitaler Vernetzung, Aktivismus, Diversität und Offenheit.
  • Sozialer Wandel geschieht in verschiedenen Bereichen:
    • Wandlungsprozesse auf sozialer und struktureller Ebene führen zu Veränderungen in der Gesellschaftsstruktur (z.B. mehr Frauen in Führungspositionen, andere Familienformen).
    • Ökonomische und politische Veränderungen treiben den gesellschaftlichen Wandel an (z.B. die Einführung des Frauenwahlrechts als politischer Wandel).
    • Technologische und medizinische Fortschritte verändern das Leben der Menschen (z.B. Internet, Smartphones, Impfungen).
    • Das kulturelle Wertesystem ändert sich, was zu höherer Akzeptanz von Diversität und neuen Einstellungen zu Familie und Arbeit führt.

Bildungssystem und politisches System

  • Bildungssysteme sind immer auch Teil politischer Herrschaftsstrukturen und stehen in modernen Gesellschaften meist unter staatlicher Kontrolle, dienen zur Legitimation politischer Systeme und sichern deren Fortbestehen.
  • Sie vermitteln Normen, Werte und Vorstellungen, die politische Stabilität sichern.
  • Schulen sind keine neutralen Räume, sondern prägen gesellschaftliche Vorstellungen und legitimieren Machtverhältnisse.
  • Bildung wirkt somit gesellschaftsformend und politisch stabilisierend.
  • Aus funktionalistischer Sichtweise der „Sozialisierungsprozesse“ sorgen Schulen dafür, dass das System weiter funktioniert und stabil bleibt.
  • Bildungssysteme stehen in modernen Gesellschaften meist unter der Obhut des Staates, teils als eigenständiges System, teils als ein mit dem politischen System verbundenes Subsystem.
  • Politische Systeme sind komplexe Systeme, die soziale Schichtung (die Schule bildet gesellschaftliche Klassen ab), symbolische Ordnung (Bildungsabschlüsse zeigen Statusunterschiede), kulturelles System (die Schule vermittelt gesellschaftliche Werte und Normen) und Wissenschaftssystem (die Bildung strukturiert Wissen und ordnet Individuen gesellschaftliche Positionen zu) umfassen.
  • Früher hat der Staat Schulen streng zentral und bürokratisch gesteuert, was aber langsam verändert wird.
  • Traditionelle/bürokratische Steuerung: Entscheidungen wurden von oben nach unten getroffen (Ministerium → Schulen).
  • Schulen könnten auch durch Konkurrenz gesteuert werden (z. B. Schulen bemühen sich besser zu sein, um mehr Schüler zu bekommen).
  • Schulen und Regionen sollen mehr selbst entscheiden dürfen (z.B. über Stundenpläne, Schwerpunkte).
  • Einzelne Schulen bekommen mehr Autonomie, um sich selbst mehr zu regeln.
  • In Österreich ist das System hauptsächlich noch bürokratisch, aber es gibt erste Mischformen (= hybrid), Schulen bekommen etwas mehr Freiheiten, aber nicht komplett.
  • Es gibt viele Ebenen (Ministerium, Bildungsdirektionen, Schulen selbst), was die Entscheidung komplex gestaltet.

Governance und Bildungssystem in Österreich

  • Der Wechsel der Steuerungsmechanismen umfasst: frühere traditionelle/bürokratische Steuerung (staatliche Hierarchie: Bund → Land → Bezirk → Schule) und heutige hybride Systeme, die zwar immer noch traditionell/bürokratisch zentriert sind, aber mehr auf Schulautonomie achten.

  • Dies führt zu mehr lokalem und schulischem Empowerment und erhöht die Wettbewerbsfähigkeit, während die komplexe Verteilung der Zuständigkeiten die Arbeit erschwert.

  • Der Input im Bildungssystem umfasst alles, was in das Bildungssystem investiert wird (Geld, Lehrkräfte, Gebäude, Lehrmaterialien, soziale Ressourcen der Schüler), während der Output unmittelbare Ergebnisse der Bildung (Schulabschlüsse, Noten, Teilnahmequoten) sind.

  • Der Outcome sind die langfristigen Wirkungen auf Individuum und Gesellschaft (berufliche Erfolge, gesellschaftliche Teilhabe, Innovationskraft, soziale Mobilität).

  • Österreich fokussiert sich auf den Ressourcen-Input (z.B. mehr Geld in Schulen pumpen), achtet aber zu wenig auf Potenziale und Voraussetzungen der Schüler (soziale Hintergründe, Interessen).

  • Eine effiziente Bildungspolitik müsste nicht nur Geld investieren, sondern auch auf Effizienz achten.

  • Viel Geld wird investiert, aber die Effizienz ist gering, weil Peer-Effekte nicht genutzt werden, Outcome-Daten nicht konsequent erhoben oder genutzt werden und Ressourcen oft nach Gießkannenprinzip verteilt werden.

  • Die Effizienz vom Bildungssystem wird gesteigert durch Organisation/Verwaltung (klare Zuständigkeiten), zentrale Prüfungen, zentrale Standards und Kontrolle, Schulautonomie, Elterneinfluss, private Trägerschaft, Ressourceninput, Aufmerksamkeit der LP auf Schülerbewertung, Benchmarking, Methodenfreiheit der Lehrer und nicht zu starker Einfluss der Gewerkschaften.

  • Die Probleme in Österreichs Bildungsstruktur umfassen schwache und verspätete Dezentralisierung, Kompetenzwirrwarr zwischen Bund, Ländern und Bezirken, keine Übereinstimmung von Aufgaben- und Ausgabenverantwortung und hohe Verwaltungskosten.

  • Zwei mögliche Lösungen, um die Kongruenz herzustellen:

    1. Länder sind für die Aufbringung verantwortlich (Länder heben selbst Steuern und finanzieren die Lehrer eigenständig).
    2. Herstellung kongruenter Prinzipal- Agent- Strukturen (Zentrale Finanzierung durch den Bund, der Bund zahlt direkt und die Schulen haben klare Ergebnisverantwortung).
  • Lehrkräfte an Pflichtschulen werden von den Ländern bezahlt.

  • Der Stellenplan legt fest, wie viele Lehrerstellen bezahlt werden und wie viel Geld die Länder dafür vom Bund refundiert bekommen.

  • Dabei werden mehrere Faktoren berücksichtigt, wie Schüleranzahl (je mehr Schüler, desto mehr Lehrerinnen), Kleinschulen (bekommen extra Geld), Senkung der Klassenschülerzahlen (braucht mehr Lehrkräfte), Sprachförderung (Deutsch als Zweitsprache) und Pensionsaufwand.

  • Es gibt einen Trend zu stärkerer Entscheidungsgewalt der Schulen, aber Österreich hinkt hinterher.

  • Die Dezentralisierung der Finanzierung ist verspätet und schwach.

  • Es gibt eine kontraproduktive Finanzierungsstruktur der Landeslehrer: Bund zahlt, Länder verwalten → Verantwortung ist zersplittert.

  • Die Governance-Struktur ist besonders komplex aufgrund vieler Entscheidungsebenen (Bund, Land, Schule), was das System kompliziert, langsam und schwer steuerbar macht.

  • Der Elterneinfluss ist gering, da Eltern nur einen geringen Einfluss auf die Schule haben.

  • Schulen in privater Trägerschaft mit öffentlicher Finanzierung bekommen Geld vom Staat.

  • Die Orientierung am Ressourceninput ist stark, es geht v.a. darum, wie viel Geld und Ressourcen (Lehrer, Gebäude usw.) ins System gesteckt werden.

  • Peer-Effekte und Klassenzusammensetzung werden nicht beachtet: soziale Hintergründe der Schüler werden nicht systematisch erhoben, Klassenzusammensetzung nach sozialen Kriterien wird nicht gesteuert und Peer-Effekte werden vernachlässigt.

  • Effizienzfaktoren in Österreich:

    • Einfluss der Lehrkräfte auf Methoden Voll erfüllt -Lehrkräfte bewerten differenziert Voll erfüllt -Schulautonomie über Budget Nicht erfüllt -Elterneinfluss Teilweise erfüllt -Zentrale Prüfungen Nicht ausreichend -Zentrale Standards und Kontrolle Nicht ausreichend -Schulautonomie bei Personal und Prozessen Nicht ausreichend -Nicht zu starker Gewerkschaftseinfluss Nicht ausreichend -Lehrerinneneinfluss auf Arbeitsausmaß Nicht ausreichend -Privatschulen mit öffentl. FinanzierungVoll erfüllt
  • Politisches System: Organisiert Entscheidungsprozesse und Rahmenbedingungen anderer Subsysteme

  • Wirtschaftssystem: Repräsentiert die gesellschaftliche Organisation der Arbeit, es stellt lebensnotwendige Güter her und sorgt für deren Verteilung

  • Bildungssystem: Organisiert die Herstellung von Qualifikationen und mentalen Infrastrukturen.

Soziologischer Einstieg

  • Die Radiologiemetapher für die Soziologie vergleicht Soziologen mit Ärzten, die die Gesellschaft wie eine Röntgenaufnahme betrachten.

  • Die Kritik an der Radiologiemetapher lautet:

  • Was als Gesellschaft bzw. gesellschaftlicher Teilbereich zu gelten hat ist keineswegs selbstevident

  • Das Denken von SoziologInnen ist selbst wiederum ein Produkt gesellschaftlicher Prägung und Sozialisation

  • Keine Unabhängigkeit von Beobachter und Beobachtungsgegenstand

  • Die Grenzen zwischen Innovation und Reproduktion sind unscharf

  • Es besteht keineswegs umfassender Konsens, welche Phänomene als dysfunktional zu betrachten sind und inwiefern gesellschaftlichen Missständen werden kann

  • Jeder soziologische Zugang bringt seine eigenen blinden Flecken mit sich

  • Mikroebene: Interaktion unter Anwesenden wird betrachtet (z.B. Klassenzimmer, Pausenhof, Konferenzen, Straßenbahn etc.); alles was hier passiert ist direkt wahrnehmbar

  • Mesoebene: Organisationen werden betrachtet (z. B. Einzelschule, Stadtschulrat, Anwaltskanzlei, Microsoft etc.); es gibt Mitgliedschaften; Unterschied zur Familie: Mitglieder können ersetzt werden, es gibt klare Regeln, die (meist) niedergeschrieben sind.

  • Makroebene: Gesellschaft und gesellschaftliche Funktionssysteme werden betrachtet (z. B. Bildungssystem, Wirtschaftssystem, Politik, Wissenschaft, Rech, Medien, Gesundheit etc.)

  • Gesellschaft zeichnet sich durch unüberschaubare Komplexität aus.

  • Der soziologische Strukturbegriff dient dazu, Ordnung in das scheinbare Chaos zu bringen, die Gesellschaft zu beschreiben und zu erklären.

  • Der "qualitative" Strukturbegriff findet sich vor allem in qualitativinteraktionistischen Theorieansätzen, indem Strukturen Erwartungen sind, die Individuen aneinander richten und Handlungsmöglichkeiten einschränken.

  • Der „quantitative" Strukturbegriff zeichnet sich die Einteilung der Gesellschaft anhand quantifizierbarer Merkmale aus.

  • Demographie (Aus dem Altgr.: démos (Volk), gráphein (schreiben)) befasst sich mit der Beschreibung und Erklärung von Bevölkerungsstrukturen, wobei zentrale Variablen Geschlecht, Alter, Fertilität/Mortalität, Nationalität, Lebensstil und Migrationsbewegungen sind.

  • Die Fertilitätsrate ist die durchschnittliche Anzahl an Kindern, die eine Frau in ihrem Leben zur Welt bringt.

  • Der Wanderungssaldo ist die Bilanz aus Zu- und Abwanderungen bezogen auf eine bestimmte Region und die Mortalitätsrate ist die Sterberate.

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