Allgemeine Pädagogik Staatsexamen Skript PDF

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Universität Passau

Justine Lazar, Patricia Kadlec, Laura Gabler

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Pädagogik Allgemeine Pädagogik Staatsexamen Erziehung

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Dieses Skript behandelt allgemeine Pädagogik und ist für das Staatsexamen konzipiert. Es umfasst Themen wie Erziehung, Bildungstheorien und Erziehungsziele. Der historische Kontext von Erziehung wird ebenfalls erläutert.

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Allgemeine Pädagogik Skript für das Staatsexamen Inhaltsverzeichnis Einheit 2: Erziehung (S. 2) Einheit 3: Der historische Erziehungsbegriff (S. 6) Einheit 4: Aktuelle Ansätze und Modelle von Erziehung (S. 11) Einheit 5: Werteerziehung (S. 16) Einheit...

Allgemeine Pädagogik Skript für das Staatsexamen Inhaltsverzeichnis Einheit 2: Erziehung (S. 2) Einheit 3: Der historische Erziehungsbegriff (S. 6) Einheit 4: Aktuelle Ansätze und Modelle von Erziehung (S. 11) Einheit 5: Werteerziehung (S. 16) Einheit 6: Erziehungsziele (S. 23) Einheit 7: Bildungstheorien (S. 28) Einheit 8: Wilhelm von Humboldt (S. 32) Einheit 9: Aktuelle Bildungstheorien – Klafki (S. 35) Einheit 10 & 11: Bildungsziele und -standards (S. 42) Einheit 12: Empirische Bildungsforschung (S. 48) Einheit 13: Quantitative und qualitative Forschungsmethoden (S. 54) Einheit 14: Gegenstandsbereiche der Empirischen Bildungsforschung (S. 59) Einheit 15: Lebenslanges Lernen (S. 66) Einheit 16: Medien (S. 69) Literatur (S. 73) 1 ………………………………..……………..Einheit 2……………….………………….…………. Der Erziehungsbegriff (von Justine Lazar) Leitfaden: Sie sollen mindestens zwei Definitionen des Begriffs „Erziehung" nennen und ver- gleichen können Sie sollen sich mit den Fragen „Warum Erziehen" und „Erziehung in der Schule" auseinandergesetzt haben Sie sollen schon erste Ideen über die Ziele von Erziehung entwickelt haben 1. Allgemeines: (vgl. Prof. Walper, Folien zur Vorlesung Erzie- hung) Bilder von Erziehung: Erziehung als (Auf)Ziehen Führung Regieren und Zucht (Herbart) Wachsen lassen (Rousseau) Anpassung Lebenhelfen (Pestalozzi) → Erziehung ist ein sehr weites Feld und das erschwert empirisches Arbeiten → Präzisierung (Kürzung?) bei Definitionen 2. Definitionen: Brezinka: „Unter Erziehung werden soziale Handlungen verstanden, durch die Menschen versu- chen, das Gefüge psychischer Dispositionen anderer Menschen dauerhaft zu verbessern oder seine als wertvoll beurteilten Komponenten zu erhalten.“ (Brezinka, Wolfgang: Grund- begriffe der Erziehungswissenschaft. Analyse, Kritik, Vorschläge, München/Basel 1990, S. 95.) Giesecke: „Erziehung meint also immer nur das, was bewusst und planvoll zum Zwecke der optima- len kindlichen Entwicklung geschieht.“ (Giesecke, Hermann: Einführung in die Pädagogik. Weinheim 1991, S. 70.) 2 Gemeinsamkeiten: Erziehung als intentionale, geplante Handlung Ziel: optimale Beeinflussung des Zu-Erziehenden Person des Erziehers wird offen gelassen (Gleichaltrige, Altersgefälle) Wechselseitigkeit wird nicht beachtet Unterschiede: Brezinka redet sowohl vom „Erhalten, Verbessern oder Entfernen“ von psychischen Anlagen, Giesecke nennt lediglich die kindliche Entwicklung und lässt es offen Brezinka spricht von einem Versuch, der das Ergebnis offen lässt, bei Giesecke ge- schieht es als planvolles bewusstes Handeln Brezinka spricht konkret von Menschen, Agens bei Giesecke nicht zwingend Mensch 3. Systematisieren von Erziehungsbegriffen nach Brezinka (vgl. Gudjons: Was ist Erziehung? 2008, S. 183-189) I. Prozessbedeutung vs. Produktbedeutung: Prozess: Erziehung als Vorgang Produkt: Erziehung als Resultat (Kritik Brezinkas: Unsicherheit des Ergebnisses) II. Deskriptiver vs. normativer Begriffsgebrauch: Deskriptiv: lediglich Abgrenzung zu anderen Bereichen Normativ: mit Wertung (z.B. Jemand gilt als erzogen, wenn er mündig ist.) III. Absichts-Begriffe vs. Wirkungs-Begriffe: Absichts-Begriff: Intention ist von Bedeutung, nicht aber das Ergebnis Wirkungs-Begriff: Erfolg ist von Bedeutung IV. Handlungs-Begriffe vs. Geschehens-Begriffe: Handlungs-Begriff: Handlungen, die Förderabsicht haben Geschehens-Begriff: Handlungen sind nur Teilmenge des Erziehungsprozesses Beachte: Die beiden begrifflichen Seiten schließen sich nicht aus. In manchen Situa- tionen kann beides gelten. 3 4. Warum Erziehen? I. Erziehungsziele: Erreichen der Mündigkeit (vgl. Marotzki: Warum erziehen?, S. 138-140) Nach Kant muss man Menschen die Möglichkeit erst eröffnen sich als Person zu entwickeln Allerdings: Normen sind nicht allgemeingültig → gibt es überhaupt DEN mün- digen Menschen, in einer Welt des lebenslangen Lernens ist es nicht sinnvoll von Mündigkeit zu sprechen! Gewinnung von Individualität (vgl. Gudjons: Was ist Erziehung? 2008, S. 183- 189) Durch Sozialmachung des Menschen und Sozialwerdung (Sozialisation) kann sich die eigene Individualität jedes Menschen entwickeln II. Voraussetzungen durch das Menschenbild: Biologischer Aspekt (vgl. Kaiser/Kaiser: Erziehungsbegriff, 2001, S. 27-34) Mensch ist Mängelwesen (vgl. Gehlen) Mensch ist eine biologische Frühgeburt (vgl. Portman) Zur Sicherung seiner Existenz ist der Mensch von anderen Menschen abhän- gig, v.a. im ersten Lebensjahr Trägt keine festen Reaktionsformen in sich und ist nicht instinktgeleitet Mensch ist allerdings weltoffen, er braucht eine menschlich-kulturelle Ausbil- dung → Enkulturation Anthropologisch ist Erziehung für die Handlungsfähigkeit des Menschen da Evolutionäre Aspekte (vgl. Gudjons: Was ist Erziehung? 2008, S. 183-189) Mensch hat für das Erlernen verschiedenster Fähigkeiten sensible Phasen (vgl. Montessori, Piaget) Evolution hat vorgesehen, dass Mensch in bestimmten Zeiträumen von ande- ren Menschen Fähigkeiten lernt und von diesem erzogen wird Durch Erziehung entsteht erweiterter ontogenetischer Lernprozess III. Machtausgleich (vgl. Marotzki: Warum erziehen?, S.138-140) Eltern haben mehr Macht als Kind Durch Erziehung wird Machtgefälle langsam entfernt Kind lernt selbstverantwortlich zu sein IV. Generationsunterschiede (vgl. Marotzki: Warum erziehen?, S.138-140) Ältere Generation hat mehr Erfahrung und kann diese der jüngeren weitergeben → Weiterentwicklung Durch das Erziehen wird das Verhältnis zwischen Generationen symmetrischer → gleichberechtigte Interaktion Überlebensoptimierung und Möglichkeit zur Entwicklung eines „höheren“ Lebewe- sens 4 5. Erziehung in der Schule Erziehender Unterricht besteht aus: (vgl. Herbart in Keck, Rudolf (2003): Einheit von Erziehung und Unterricht. Was will und kann Erziehender Unterricht leisten. In Schulmagazin 5 bis 10) a) Unterricht: Erweiterung von Erkenntnissen und Einsichten Speicherung von erworbenem Wissen und selbstständige Erweiterung Dadurch ist Umgang mit aktiven Wissen möglich Vielfältiges Bildungsangebot notwendig aufgrund verschiedenster Interessen b) Zucht: Erziehung zur gesellschaftlichen Ordnung und Sittlichkeit Vermittlung von Normen, allgemein gültigen Problemen und Welterfahrung Interesse schöpfen für lebenslanges Lernen Bildung von individueller Urteilskraft, gesellschaftlicher Verständigung, politische Mün- digkeit, demokratisches Engagement und globale Mitverantwortung Maßnahmen: Oft außerhalb des Fachunterrichts Verschiedenste Möglichkeiten, z.B. Streitschlichter-Programm, Aufstellen von Regeln, Sanktionieren nach Regelverstößen, Intensivierung der Kontakte zu den Eltern, Be- lohnungs-/Bestrafungssysteme, Fach ZFU, Klassenstunden, … 6. Mögliche Grunddimensionen von Erziehung (im Seminar erarbeitet) Wer erzieht? (→ Agens) Was ist das Ziel? (→ Educandus) Wodurch findet Erziehung statt? (→ Erziehungsmittel, Autoritätsgefälle) Wohin führt die Erziehung? (→ Erziehungsziel) 7. Drei Theorien zum Erziehungsprozess (Mollenhauer 1982, vgl. VL Walper) (von Laura Gabler) Erziehung als… 1. Kommunikatives Handeln Aushandeln der Beziehung Kognitive Strukturen der Beteiligten (haben gewisses Wissen & Erwartungen) 2. Interaktion Wie sind die Rollen und die Beziehung definiert? Wie werden diese interpretiert? Freiheit ↔ Restriktion 3. Reproduktion Reproduktion ökonomischer Machtverhältnisse und sozialer Ungleichheit durch un- terschiedliche Ideale und Strategien 5 ……………………………………….…………Einheit 3……………………………………………....……. DER HISTORISCHE ERZIEHUNGSBEGRIFF Die Aufklärung als „pädagogisches Jahrhundert“ (von Patricia Kadlec) 1 Das gesellschaftliche Umfeld – L’ancien régime ab Mitte 18. Jhd.: Verschärfung der gesellschaftlichen Auseinandersetzungen zwischen herr- schender Schicht und zur Macht strebendem Bürgertum  Entladung des Konflikts in Französi- scher Revolution 1789 1.1 Bestandaufnahme: (vgl. Baumgart 2001, 27ff.; vgl. Menck 1999, 145f.) 1) Agrargesellschaft Verhinderung der Industrialisierung durch feudalabsolutistische Wirtschaftsfor- men Mehr als 80% der Bevölkerung abhängig vom Land Hungerkrisen/Seuchen Traditionelles Zunftwesen  Regulierung der Produktion 2) Geburtsständische Gesellschaft als soziale Ordnung Klerus/Adel (3 % der Bevölkerung): Besitz von ½ des Bodens; keine Abgabe- leistungen; politische Macht und Privilegien unterschiedliche soziale Schichten als 3. Stand: Bauern, Plebejer, Industrieproletariat, Ta- gelöhner, Bettler, Bürgertum; Pflichten ohne politische Rechte Schlüsselrolle = aufstrebendes Bürgertum als „gebildeter Stand“ Ohne festen Platz in geburtsständischer Ordnung Sozialer Motor der Aufklärung 3) System des aufgeklärten Absolutismus Friedrich der Große  unbegrenzte Herrschaft begrenzt Aufbau einer auf bürgerliche Beamte gestützten leistungsfähigen Staatsverwaltung 4) Revolutionierung der Denkart Motor nur kleine soziale Gruppe (kleine Zahl aus Bürgertum, gebildeter Adel) Denker der „Aufklärung“ Traditionelles, religiöses Weltbild Klarheit der eigenen Vorstellungen Kirchendogma Kraft der Vernunft Bis dahin existierende metaphysisch/philo-  Bemühung um Erkenntnis der Realität sophische Weltbilder  bürgerliche Opposition; große französi- Aberglaube/Volksfrömmigkeit sche Denkergruppe „Enzyklopädie“ (u.a. Illiterale Überlieferung Rousseau, Kant)  Adel/Geistliche/ungebildete Gruppen ZIEL: Befreiung von feudalabsolutistischer Herrschaft  Erziehung der Kinder als Voraussetzung des historischen Fortschritts ( ↔ gleichzeitig Unterwerfung durch Disziplinierung und Kontrolle) 6 2 Erziehungstheorien der Aufklärung – Kant und Rousseau 2.1 Erziehungstheorie nach Kant (vgl. Baumgart, 2001) Grundgedanke Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Un- mündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedie- nen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines an- deren zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! Ist also der Wahlspruch der Aufklärung. „Der Mensch kann nur zum Menschen werden durch Erziehung. Er ist nichts, als was die Erziehung aus ihm macht...“ (Kant in: Baumgart, 42.) „[...]dass der Mensch nur durch Menschen erzogen wird, die ebenfalls durch Menschen er- zogen worden sind[...]“ Erziehung ist judiziös (planvoll), nicht mechanisch (planlos)  Erziehung als Kunst und Wissenschaft Stufen des Erziehungsprozesses nach Kant (vgl. Baumgart 2001, 45) B Disziplinierung Tier → Mensch I Zähmung der Wildheit (Gesetzeseinhaltung) L D Kultivierung Erlernen der Kulturtechnik (z.B. Lesen) U Belehrung, Unterweisung N G Zivilisierung Anpassung an Gesellschaft Erlernen von Manieren, Artigkeit und gewisser Klugheit (= soziale Kompetenzen) Gesinnung, Handlung in guter Absicht Moralisierung auszuführen → Zu Kants Zeiten gesamtgesellschaftlich noch nicht erreicht Höchste Stufe: Moralisierung (vgl. Baumgart 2001, 45f.) gegen Dressur, mechanische Unterweisung  Kinder müssen Denken lernen Gründung der moralischen Kultur auf Maximen, nicht auf Disziplin Erste Bemühung: Charakterbildung Keine Strafen mehr ( Stufen der Disziplinierung/ Kultivierung/ Zivilisierung) Handeln nach Maximen (erst „Schulmaximen“, dann „Maximen der Menschheit“) Erziehungsziele nach Kant (vgl. Baumgart 2001, 44) 1. Befähigung der Menschheit, Naturanlagen aus eigenen Bemühungen aus sich hervorzu- bringen  Entfaltung des Menschen, Erreichen menschlicher Bestimmung 2. Verbesserung der Menschheit durch Verbesserung der Pädagogik  Erziehung als Ideal der Vervollkommnung 3. Aber: Eigenaktivität des Zöglings wird vernachlässigt! 4. Wichtig: Mensch soll durch seine Einsicht und nicht aus Angst moralisch handeln 7 Problematik – Durch Zwang zur Freiheit? „Zwang ist nötig! Wie kultiviere ich die Freiheit bei dem Zwange?“ (Kant in: Baumgart, 2001, 45.) Ambivalenz Freiheit (Handeln nach eigenen Gesetzen der Vernunft) ↔ Zwang (in Erzie- hung gefordert) Problematik „Erst...Dann!“ Zwang als Disziplin, als Zucht; kein Selbstzweck, sondern not- wendiges Übel, das am Ende ü b e r wu n d e n we r d e n m u ss  Zwang/Disziplin in frühkindlicher Erziehung unerlässlich, Phase der Moralisierung und Ver- nunftentwicklung ohne äußeren Zwang und Disziplin Äußerer Zwang wird zum inneren Zwang, nach Maximen vernünftig und gut zu handeln  Freiheit im kant'schen Sinn auch als Art von Zwang 2.2 Erziehungstheorie nach Rousseau Grundlegendes zu Rousseau (vgl. Menck 1999, 141f.) *1712 in Genf 1740: Hauslehrer in Lyon 1741: Paris  Kontakte zu Enzyklopädisten 1762: Hauptwerke Der Gesellschaftsvertrag/Émile oder über die Erziehung  Verurtei- lung/Verbannung aus Paris gab 5 Kinder in Findelhaus  Weigerung Vaterrolle zu übernehmen ✝ 1778 bei Paris Grundgedanken Entdeckung der Kindheit als eigenständige Lebensphase (vgl. Böhm 2011, 390) Rousseaus Gesellschaftstheorie als Basis für Verständnis der Erziehungstheorie Kind als kein defizitärer Erwachsener  trägt vollkommene Gestalt bereits in sich (vgl. Doerpinghaus 2011, 27). „Beobachtet die Natur und folgt dem Weg, den sie Euch vorzeichnet.“ (Rousseau in Menck 1999, 140)  Idee der natürlichen Erziehung für Phase der Kindheit Erziehung muss Einfluss der Gesellschaft auf Kind in den Hintergrund stellen Aufgabe der Erziehung: Mensch muss erst Mensch werden und dann Bürger Drei verschiedene „Erzieher“: Natur (natürliche Anlagen), Dinge (Erfahrungen durch Dinge), Menschen (Erzieher)  Zusammenwirken, Ausrichtung nach Natur Gesellschaftlicher Einfluss schlecht für Kinder Frage der Freiheit „Man braucht nichts tun, um frei zu werden; es genügt, nicht aufzuhören zu wollen, es zu sein.“ (Rousseau in Menck 1999, 153) Freimachen durch Lehre der Notwendigkeit zu gehorchen kein Zwang, da kein Ankämpfen dagegen (vgl. Rousseaus Contrat social) Negative Erziehung: Keine Strafe! Kind erfährt durch begangenen Fehler selbst, was richtiges Verhalten ist. (vgl. Idee des Vertrags – durch das Kind selbst – als Erziehungsmittel) 8 5-stufiges Entwicklungsmodell ( 5 ≙-teiliges Werk des Émile) Liebe und Bildung Erlebnis der Liebe und Liebesfähigkeit Alter der Vernunft Zögling wird zum Schüler → Freiwillige Bindung des Zöglings an Erzieher (vgl. Menck 1999, 150) Alter der Natur Verhältnis Erzieher-Zögling Rechtsverhältnis: Vertrag Erzieher mit wechselseitiger Verpflichtung → Untrennbare Bindung (vgl. Menck 1999, 150) Physische Abhängigkeit (aus: Burkard, Franz-Peter; Weiß, Axel, dtv-Atlas Pädagogik, München 2008, 66.) * Alter der negativen Erziehung (vgl. Menck 1999, 151) Kritik an Rousseaus Theorie (vgl. Oelkers, Die gute Natur und die schlechte Erziehung, 2001) „Harte Form der Indoktrination“ (Oelkers, 8) → Erziehung zur Freiheit? ◦ Zögling lernt nur, was er lernen soll → keine anderen Erfahrungen ◦ Totale Überwachung durch Erzieher ◦ Stärkung der Kräfte der Natur durch Minimierung der Wünsche bei vollständiger Kon- trolle der Lernumwelt. Welt ohne soziale Anreize, „Moratorium der Natur“ ◦ Entwicklung als starres Konzept, ist nicht Zuwachs oder Steigerung in irgendeiner Form. sondern Abfolge von Altern der Erziehung (0-25 Jahre) ➔ Kein Lernen gemäß individueller Bedürfnisse und Fortschritte, sondern nach für das Alter typischen und von Theorie festgelegten Interessen „Negative Erziehung“ umfasst nur einen Altersabschnitt (2-12 Jahre) Geschlechterspezifische Unterschiede → Ist Sophie ein Mensch? Rousseaus Verständnis von Freiheit entspricht nicht dem modernem Freiheitsverständnis 9 Gegenüberstellung von Kant und Rousseau Rousseau Kant Erziehungsziel Menschlichkeit = Natürlich- Entfaltung des Menschen, Er- keit reichen menschlicher Bestim-  Erziehung zum Menschen mung  Kategorischer Imperativ Erziehungsverständnis/ Erziehungsverständnis: Ne- „Der Mensch ist das einzige Ge- Erziehungsprozess gative Erziehung: Ermögli- schöpf, das erzogen werden chung der Entfaltung der na- muss.“ (Kant 1803) türlichen Anlage des Men- schen Erziehungsoptimismus: „Der Mensch kann nur Mensch Jedes Alter mit spezifischer werden durch Erziehung. Er Reife des Denkens  Kind- ist nichts, als was die Erzie- heit als eigenständige Pha- hung aus ihm macht.“ se „Es ist entzückend, daß die menschliche Natur immer bes- ser durch Erziehung werde ent- wickelt werden [...].“  Erziehung des Kindes nicht Entwicklungsstufen im Kind: nur zu Anpassung an aktuelle Frühe Kindheit bis 12. Gesellschaft, sondern zum mo- Jahr: Kind als Sinnwesen ralischen Handeln und handelndes Wesen Mittlere/Späte Kind- Entwicklungsstufen heit: Kind als denkendes Wartung (bis 1) und urteilendes Wesen Zucht und Disziplin (bis Pubertät (ab 15): Kind 6) als fühlendes und lieben- Kultivierung (bis 10) des Wesen Zivilisierung (bis 18) Moralisierung (ab 18) Erziehungsmittel „Drei Erziehungsweisen“ Disziplin  Bezähmung der Natur Wildheit Mensch Dinge Kultivieren  „beweisen, daß man ihm einen Zwang auflegt, Grundprinzip: Ermöglichung der es zum Gebrauche seiner der Entfaltung der natürli- eigenen Freiheit führt, daß man chen Kräfte des Kindes  es kultiviere, damit es einst frei Arrangement von Situationen sein könne...“ zur Entfaltung von: Körper und Sinnen in Judiziös: Erziehungsplan Kindheit Geist und Urteilskraft im Jugendalter Leidenschaften in Puber- tät 10.......………………………..…………………Einheit 4………………………………………………………. AKTUELLE ANSÄTZE UND MODELLE VON ERZIEHUNG (von Matthias Meier und Nadja Krenz) 1. Erziehung nach Brezinka (1990) 1.1 Definition „Unter Erziehung werden Handlungen verstanden, durch die Menschen versuchen, das Gefüge der psychi- schen Dispositionen anderer Menschen in irgendeiner Hinsicht dauerhaft zu verbessern oder seine als wert- voll beurteilten Bestandteile zu erhalten oder die Entstehung von Dispositionen, die als schlecht bewertet werden, zu verhüten.“ Forderungen für Begriffsexplikation: Ähnlichkeit mit gebräuchlichem Handlungsbegriff Exaktheit der Merkmale Fruchtbarkeit für Theorienbildung (man soll daraus andere Theorien ableiten können) Maximale Einfachheit a) Erziehung als soziale Handlung Handlungsentwurf mit bestimmtem subjektivem Sinn, Bedeutung oder Zweck (geplant) ≠ Verhal- ten (evtl. absichtslos) Handlungsrealisierung (kann auch Unterlassen/Duldung sein) Zielgerichtetheit nur Menschen können Erziehende sein subjektive innere Erlebnisse, sowie beobachtbare äußere Verhaltensweisen Ziele und Handlung nehmen Bezug auf andere Menschen soziale Handlung ≠ soziale Interaktion b) Angestrebtes Ergebnis: Psychische Dispositionen beeinflussen Psychische Dispositionen = Verhaltens- und Erlebnisbereitschaft (Persönlichkeit) Ziel d. Erziehung = dauerhafte Veränderung/Erhaltung der Persönlichkeit des Adressaten in eine be- stimmte Richtung Aufbau, Änderung, Erhaltung oder Verhütung von (schon vorhandenen oder noch nicht vorhande- nen) Dispositionen durch Lernvorgänge c) Versuchscharakter & Förderungsabsicht Erfolg und Richtung der Änderung offen; nicht zwangsläufig erfolgreich Förderung hin zu normativ orientiertem, wertvoll erachteten Soll-Zustand 11 d) Adressaten der Erziehung Um-/Ver-/Lernen in jedem Alter alle Menschen; altersunabhängig e) Subjekte der Erziehung normalerweise partielles Handlungsgefälle aber: im Prinzip kann jeder, der zu intendierten (d.h. psychische Dispositionen beziehenden) sozia- len Handlungen fähig ist, erziehen 1.2 Probleme & Kritik des Erziehungsbegriffs nach Brezinka Allgemeinheit & Generalisierung (z.B. schlechte Erziehung ist auch Erziehung) theoretischer Begriff Anwendbarkeit nur interpretierbar, nicht direkt beobachtbar Erziehung normalerweise länger andauernd dauerhafte Einstellung entscheidend Zu geringe Berücksichtigung des zu Erziehenden & der sozialen Interaktion 2. Erziehung nach Heid (1994) „Erziehung erfolgt in der (wenn auch angeleiteten, so doch) stets aktiven Auseinandersetzung des Zu- oder Sich-Erziehendem Gegebenheiten seiner Welt.“ „So wie es kein Phänomen gibt, das darin aufgeht, Erziehung zu , dürfte es auch keinen Gegenstand menschlicher Erfahrung geben, der nicht erziehungsbedeutsam wäre.“ Problem: Begriff „Erziehung“ oft unklar abgegrenzt. „Wer also zur Beantwortung der Frage ‚was Erziehung?‘ Definitionen heranzieht, der sieht sich einer unbefriedigenden Situation gegenüber“ ➔ lieber Beschäftigung mit der praktischen Realität von Erziehung Was (welche Handlungen) ist Erziehung? → „Die Konstitution dessen, was Erziehung ist, erfolgt also in (kontroversen) Systemen und Traditionen er- ziehungstheoretischen wie erziehungspraktischen Denken und Handelns.“ Kritik an Absichtsdefinition: Handlungen oft von mehreren Absichten geleitet. Absicht nachweisbar? (falsch eingeschätzt); Handeln ohne Absicht kein Handeln? Sinnvoll den Zu- Erziehenden aus der Definition zu nehmen? (=>  Zu-Erziehende nur „Objekt frem- den Wollens“). schließt Handlungen von zB Richtern, Ärzten, Polizisten etc. aus, beinhaltet aber automatisch alles was im Erziehungssystem (zB an Schulen) passiert Absichten können nie Wirkung garantieren. Kritik an Wirkungsdefinition: Handlungen können immer erst im Nachhinein als Erziehung bezeichnet werden ( => eigentlich unplanbar). auch diese Definition benötigt Absichten. Addiert man beide Konzepte addiert man auch deren Probleme => auch keine Lösung Sein Konzept: „Von Erziehung im Sinne eines rationalen, planbaren und verantwortbaren Handeln kann aber erst dann ge- sprochen werden, wenn aufgrund von nomologischen Wissens die Wahrscheinlichkeit bestimmt werden kann, mit der von erzieherisch intendiertem Handeln eine der Absicht entsprechende Wirkung erwartet wer- den kann.“ (siehe Abbildung) „Erziehung existiert nicht als eigene, von Nicht-Erziehung abgrenzbare Substanz, Gestalt, Wesenheit. E. vollzieht sich immer im Medium von Nichterziehung (zB mitmenschlicher Umgang).“ 12 ➔  „Erziehung ist also kein für sich existierendes, abgrenzbares singuläres Realphänomen, sondern allenfalls eine durch Akte theoretischen kommunikativen und sozialen Handels konstituierte und in Problemstellungen thematisierte Wirklichkeitsperspektive.“ „ERZIEHUNGSBEDEUTSAMKEIT“ 1. Man sucht oder ermittelt Maßnahmen, die sich als geeignet erweisen, erzieherisch erwünschte Ef- fekte in präzisierbarem Maße und mit angebbarer Wahrscheinlichkeit zu gewährleisten; 2. Man erfasst und reguliert die erziehungsbedeutsamen Auswirkungen von Tatbeständen, denen Men- schen (in besonderem Maße) ausgesetzt sind (ungelöste) Problematik: „ zwischen dem, was der zu Erziehende selbst will, und dem, was er (wollen) soll.“ (Freiheit und Zwang)  ohne diesen wäre Erziehung jedoch unnötig ➔ Frage nach legitimer bzw. illegitimer Beein- trächtigung des Wollens zu Erziehender „Erziehung zur Mündigkeit“ als Ziel aber wer garantiert, dass man nicht zur Mündigkeit „manipuliert“ wurde? ➔ Erziehung ist eigentlich immer Manipulation, da es zwar Resultat von Selbstlernen ist (sein muss) aber die Lernsituation trotzdem immer von anderen beeinflusst wird. Viel richtige Kritik (z.B. Unvorhersagbarkeit des Erziehungsausgangs), allerdings ist diese nur bedingt richtig und auch wenn Menschen frei und dementsprechend unberechenbar sind, handeln wir doch nach bestimm- ten Mustern (Kultur, Tradition etc.) was Vorhersagen durchaus ermöglicht. Wichtig dabei ist, so viel wie mög- lich über Wahrscheinlichkeiten von Ausgängen bestimmter Handlungen zu lernen um damit die erzieherische Praxis zu verbessern  Erziehung zu planbarem und verantwortbarem Handeln Gefahren: Zögling wird nie gefragt bzw. erst dann, wenn er bereits „indoktriniert“ wurde. Das Problem dabei ist, dass es dazu führt, dass es auf die „Interessen derer ankommt, die die gesellschaftliche oder politische Macht und die ökonomischen Mittel haben, über Erziehung und das Erziehungswesen zu bestimmen“. Außerdem be- steht die Gefahr, dass die Interessen des Zöglings in Vergessenheit geraten. Relativ, da es utopisch ist anzunehmen, dass man den Einfluss der Gesellschaft ausblendet. Ohne sie könnte man gar nichts (selbst) lernen und dementsprechend entwickelt man sich immer im Be- zug auf diese. Wir müssen einsehen, dass es keine Erziehung ohne Sach- und Wertüberzeugung Erziehender gibt Um Indoktrination zu vermeiden muss man die „erzieherische Praxis von Anfang an so organisieren, dass der Adressat erzieherischen Handelns befähigt wird, den unvermeidbaren erzieherischen Vor- griff auf die Selbstbestimmt des ZU- oder Sich-Erziehenden einer kritischen Überprüfung zu unter- ziehen. Der Adressat erzieherischen Handelns muss Gelegenheit erhalten, jene Urteilskraft zu ent- wickeln, die er benötigt, um den erwähnten Vorgriff – aus eigener Überzeugung und mit verallge- meinerbaren Argumenten – zu ratifizieren oder zu revidieren.“ 13 3. Versuch des Vergleichs zwischen Brezinkas und Heids Erzie- hungsbegriff (Grundlage: Gudjons 2008, S. 186) Brezinka Heid Produktbedeutung vs. Prozess Produkt & Prozess Prozessbedeutung Deskriptiv vs. Program- matisch-präskriptiver Deskriptiv Deskriptiv Begriffsgebrauch Absichts-Begriffe vs. Absicht Absicht & Wirkung Wirkungs-Begriffe Handlungs-Begriffe vs. Handlung Handlung Geschehens-Begriffe Systemische Erziehungswissenschaft (Huschke-Rhein) (von Laura Gabler) Systemtheorie Theorie der Gesellschaft und ihrer Evolution Universal Relative wissenschaftliche Allgemeinheit Konsultative Erziehungswissenschaft Pädagogik als Beratungswissenschaft In der postmodernen Gesellschaft: Lebenslanges Lernen Bildungs- und Erziehungsbegriff ändern sich, weil Bildungsprozesse nicht mehr linear ver- laufen → Bildung als nicht-linearer, lebenslanger Prozess über Phasen der Abbrüche, Turbulenzen und Neukonstruktion => Dadurch verändert sich der Erziehungsbegriff: Man kann ihn nicht mehr strikt einer Ent- wicklungsphase zuordnen! Ziel der Selbststeuerung: Für Kinder schon früher möglich durch ver- Auch im Erwachsenenalter noch Lernver- änderte Lern- und Lebensumwelten pflichtungen (kurze Fremdsteuerung, dann wieder Selbststeuerung) Verschwinden des Erwachsenenalters (gibt keinen bildungsbezogenen Endzustand) 14 Daraus folgt eine Begriffsänderung: Pädagogik* → Lebensbegleitungswissenschaft *= „Knabenführung“, beschränkt auf erste Entwicklungsphase Zunahme der Beratungsaufgaben in der Gesellschaft durch „Enttraditionalisierung“ (Alltags- handeln wird weniger durch Traditionen gesteuert) Früher: Erziehungsarbeit war familiär, „unprofessionell“ Heute: Professionelle Beratung durch ausdifferenzierte, durchorganisierte pädagogische Systeme (Krippe, Schule, Erwachsenenbildung, …) → Expansion des pädagogischen Aufgabenfeldes Konsultation… (Huschke-Rhein) … im weiteren Sinne: Pädagogische Basisarbeiten (Hilfe, Förderung, Unterstützung) Kurative Leistungen Institutionelle Angebote der Einrichtungen … im engeren Sinne: = „erwachsene“ Form Hier ergreift der Ratsuchende selbst die Initiative Der Ratsuchende befindet sich auf einer vergleichbaren sprachlichen Ebene Es gibt aber ein Erfahrungsgefälle Bildungsbegriff schließt persönliche Weiterbildung ein Nicht erwartbare, non-lineare Phasen gehören nach systemischer Auffassung zur nor- malen Entwicklung dazu Jede Hilfe zur Selbstorganisation = pädagogische Tätigkeit 15..…………………………………………..Einheit 5………………………………………………………….. Theoretische Grundlagen von Erziehung Werteerziehung (von Marie Wieselsberger) (Erziehungs)ziele, Normen, Werte, Moral (Gudjons, 2012, 197,198) Ziele dienen konkreten Zwecken beziehen sich auf unterschiedliche Inhaltsbereiche Grob- vs. Feinziele,... gelten bisweilen nur für Untergruppen, nicht für den gesamten Kulturkreis werden in verschiedenen Schichten unterschiedlich bestimmt beschreiben praktische Handlungsintentionen (aus Normen, Werten abgeleitet) z.B. „Respektiere die kulturelle Eigenart ausländischer Mitschüler“ oder auch Lernziele z.B. „einen Überblick über die deutsche Literatur im 19. Jhd. gewinnen“ Normen hinter Zielen liegende Soll-Vorstellungen / Überzeugungen in längeren Zeitabschnitten entwickelt gültig für einen größeren Kulturkreis z.B. Menschenrechte / Zehn Gebote / die Norm „die Wahrheit zu sprechen“ entsprechen der „pragmatischen Form von Werten“ Werte liegen Normen zugrunde Orientierungsmuster für Handlungsweisen, -mittel, -ziele Grundwerte, z.B. „Ehrfurcht vor dem Leben“ aber auch Wertungen wie „gut / schlecht“, „richtig / falsch“ Werte bleiben in der Erziehung kontrovers Stufenmodell der moralischen Entwicklung bei Piaget (Seel / Hanke 2015, 368-371) Ziele der Erziehung bei Piaget 1) Wissensbildung 2) Gewissensbildung Autonomie als Entwicklungsziel moralisches Urteil als Ausdruck moralischen Denkens, das sich in aktiver Auseinandersetzung mit Gleichaltrigen entwickelt Beziehung zu Gleichaltrigen als ideale Bedingung für Entwicklung von wechselseitigem Respekt und gelingender Kooperation 2 Vorgehensweisen zur Analyse der moralischen Entwicklung: 1. Geschichten, in denen ein Kind stiehlt / lügt / etwas beschädigt als Ausgangspunkt für Gespräche mit Kindern 2. Beobachtung von Kindern beim Murmelspiel und Befragung nach Regeln 16 4 Stadien der Regelpraxis individuelles Stadium Spielen entspricht motori- bis 2 Jahre scher Gewohnheiten ohne Bewusstsein egozentrisches Stadium Nachahmung 3-6 Jahre Spiel durch Regeln der Älte- ren bestimmt Phase der beginnenden Zusam- Spielen wird sozialer 7-10 Jahre menarbeit Aufsuchen des Wettstreits nach gemeinsamen Regeln Phase der Kodifizierung nach Re- Regelvereinbarung und Fest- ab dem 11. Lebensjahr geln legung als Wert an sich 3 Stadien des Regelbewusstseins vormoralische Stufe bis zum 5. Lebensjahr moralischer Realismus Stufe der heteronomen (= abhän- etwa ab dem 5. Lebensjahr gig von Gesetzen anderer) Moral Stufe der autonomen (= selbstän- etwa ab dem 10. Lebensjahr dig, unabhängig) Moral Moralischer Relativismus ??? Warum bleibt der moralische Realismus bis zum 5. Lebensjahr erhalten ??? ??? Warum fehlt beim Regelbewusstsein die Wende im Alter von 7-8 Jahren ??? ► Das moralische Problem wird nicht erlebt, sondern als Geschichte dargeboten. „Handeln geht dem Denken voraus.“ → Kinder handeln schon fair, können es aber noch nicht formulieren bzw. erklären. Konsequenzen für die Praxis Schon in frühen Schriften kritisiert Piaget den Verbalismus des schulischen Unterrichts / bloße Unterrichtsre- den ► Behinderung des aktiven Denkens / Bewusstseins- und Gewissensbildung Stufenmodell der moralischen Entwicklung von Kohlberg (Kohlberg 1996 (1967), 123-174) Merkmale der Stufen (Kohlberg und Hersh, 1977 zitiert nach Seel / Hanke 2015, 372) ► strukturierte Ganzheiten / organisierte Gedankensysteme, Konsistenz im Niveau des moralischen Urteils ► bilden invariante Sequenz, nach vorne gerichtet, Unmöglichkeit von Auslassen / Überspringen ► hierarchisch geordnet, [höher (niedriger)] ► Kohlberg geht nicht nach dem Alter Merkhilfe: Stufe 3 = „guter Kerl“ Stufe 4 = Polizist (Burkard / Weiß, 2008, 153) 17 Dem moralischen Urteil liegt das Konzept der soziomoralischen Perspektive zugrunde. Dieses Konzept bezieht sich auf „den Standpunkt, den das Individuum bei der Vergegenwärtigung sozialer Faktoren wie der Bestimmung soziomoralischer Werte, also von Sollensvorstellungen einnimmt“. (Kohlberg 1996 (1976), 133) Soziomoralische Perspektive Moralisches Urteil konkret Individuell ► präkonventionell eines Mitglieds der Gesellschaft ► konventionell der Gesellschaft vorgeordnet ► postkonventionell / prinzipienorientiert Stadium I): Präkonventionelles Stadium → Perspektive des Individuums, das nur eigene Interessen und die anderer, isolierter Individuen in Betracht zieht Stadium II): Konventionelles Stadium Sozialperspektive → besorgt sein um... a) Soziale Zustimmung b) Loyalität gegenüber Personen / Gruppen (Stufe 3), gegenüber „der Autorität“ (Stufe 4) c) Wohlergehen der Anderen (Stufe 3), der Gesellschaft als Ganzes (Stufe 4) Stadium III): Postkonventionelles Stadium Perspektive (II) ist bereits bekannt Diese Perspektive wird aus einer individuumsbezogenen moralischen Perspektive anerkannt / be- fragt / revidiert und kann gegenüber jedem rationalem moralischem Subjekt gerechtfertigt werden. Die fundamentale Moralität / grundlegende moralische Prinzipien gelten gegenüber der Perspektive der Gesellschaft und deren Gesetze und Werte als vorrangig / Voraussetzung. Ansprüche von Gesetz und Gesellschaft leiten sich von universellen moralischen Rechten / Werten her, nicht umgekehrt. Stufe 5: Noch vorhandene Schwierigkeiten, die moralische Perspektive / Prinzipien unabhängig vom sozio-legalen Standpunkt / legal-kontraktuellen Rechten zu gewinnen Erziehungskonzeption Heranwachsende entwickeln sich durch aktive Auseinandersetzung mit der Umwelt Erziehung muss Bedingungen schaffen, die sich positiv auf Moralentwicklung auswirken Erzeugung einer moralischen Gesamtatmosphäre, gemeinschaftliches Zusammenleben und -arbeiten ► Moralische Mündigkeit als Ziel der Persönlichkeitsentwicklung ► Moralische Handlungs- und Urteilsfähigkeit Kritik an Kohlberg Bei Kohlberg fehlt eine geschlechterspezifische Zuordnung ► Dem maskulinen Prinzip der Gerechtigkeit / Orientierung an Fairness steht nach Gilligan (1977, 1985 zi- tiert nach Seel / Hanke 2015, 372) das weibliche Prinzip der Fürsorge und Verantwortung beim moralischen Urteil gegenüber. ► Diese These wurde in der Forschung allerdings erneut kritisiert. 18 Empirische Daten zur Wertorientierung in Deutschland Sinus-Studie (http://www.sinus-institut.de) Methode Qualitativer Untersuchungsansatz unter Verwendung narrativer Tiefeninterviews und offener Gesprä- che Auswertung durch mehrstufiges, iteratives Analyseverfahren Beschreibung der Befindlichkeiten / Orientierungen der Menschen, ihre Werte / Lebensziele / Le- bensstile / Einstellungen sowie ihren sozialen Hintergrund Die Studie wird zu Marktforschungszwecken genutzt. Ziele zum Verständnis was die Menschen bewegt und wie sie bewegt werden können ganzheitliche Wahrnehmung, im Bezugssystem dessen, was für das Leben der Menschen Bedeu- tung hat als Zielgruppenansatz in vielen Märkten weit verbreitet, Bestandteil der wichtigsten Markt-Media-Stu- dien hohe Alltagsplausibilität und Marktrelevanz differenzierte Beschreibung von Kunden- und Käufergruppen gezielte Positionierung von Produkten und Dienstleistungen Definition von Marktsegmenten für neue Produkte, Aufspürung von Marktnischen Ansprache von Käuferpotenzialen, Erkennung neuer Motivationen und Verfassungen 19 Aktueller gesellschaftlicher Wandel 1. Strukturelle Veränderungen ◦ Demographische Verschiebungen ◦ Veränderungen in der Sozialstruktur, Auseinanderdriften „oben“ – „unten“ ◦ Veränderungen in der Arbeitswelt ◦ Wissensgesellschaft, Multimedia-Revolution 2. Wertekonvergenzen / -divergenzen ◦ Leistung, Nutzenorientierung, Multitasking,... ↔ ◦ Suche nach Halt und Entschleunigung, Neuinterpretation traditioneller Werte, neue Wertesyn- thesen 3. Soziale und kulturelle Folgen ◦ Modernisierung der Funktionselite, Erosion der gesellschaftlichen Mitte, Prekarisierung von Tei- len der Unterschicht ◦ Network Society Shell-Jugendstudie Seit 1953 Im Abstand von drei bis vier Jahren vom Energiekonzern Shell Holding für Deutschland in Hamburg an ein Wissenschaftlerteam in Auftrag gegeben U.a. von dem Bielefelder Sozialwissenschaftler Professor Dr. Klaus Hurrelmann verfasst Die beiden letzten Shell Jugendstudien basierten auf einer Repräsentativerhebung der 12 bis 25-jäh- rigen Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland, ergänzt durch 20 biografische Porträts von Jugendlichen der gleichen Altersgruppe (= methodologische Kombination von quantitativen und qua- litativen Verfahren) ◦ um Sichtweisen, Stimmungen und Erwartungen von Jugendlichen zu dokumentieren und kon- krete gesellschaftspolitische Denk- und Diskussionsanstöße zu geben ◦ um als Langzeitberichterstattung eine Grundlage für gesellschaftliches und politisches Handeln bereitzustellen Ergebnisse der 16. Studie (2010) Anteil der Optimisten gestiegen Verstärkung der sozialen Unterschiede Schulabschluss als Schlüssel zum Erfolg Bildungschancen sind besonders abhängig von der sozialen Herkunft. Anstieg der Bedeutung von Familie Das Interesse an Politik steigt an. Bewertung von Globalisierung als positiv (Freiheit, wirtschaftlicher Wohlstand) Weiterhin spielt Religion geringe Rolle. Ergebnisse der 17. Studie (2015) Hoher Familienwert Fleiß und Ehrgeiz als bedeutsame Werte Stärkster Wandel: Internetnutzung → Vollversorgung → doppelt so viel Zeit online wie noch vor zehn Jahren → Vertrauen in die Akteure und Betreiber der virtuellen Welt gesunken → virtuelle Kommunikation im Zentrum des Freizeitverhaltens Zufriedenheit mit der Demokratie Mehrheit zeigt Nationalstolz: „Deutschland ein Vorbild für andere Länder“ 20 Materiale und formale Werteerziehung (Multrus 2008) (von Laura Gabler) Zwei Hauptansätze in der pädagogischen Diskussion um Werte und Werteerziehung: 1. Materiale Werteerziehung das Vermitteln, das Anerziehen, das „Erlernen“ bestimmter Wertüberzeugungen, Normen, Tugenden und Gesinnungen z.B. alle Arten des „erziehenden Unterrichts“, amerikanische Charaktererziehungsprogram- me Förderung von materialen, also inhaltlich feststehenden Persönlichkeitsqualitäten, von als wünschenswert beurteilten Wertüberzeugungen Schwächung von moralisch schlechten Überzeugungen und Verhaltensweisen 2. Formale Werteerziehung Im Zentrum: Förderung der Entscheidungsfähigkeit, und nicht die Vermittlung von Werten begnügt sich mit der Wertklärung, d. h. mit der Bewusstmachung und Reflexion individualis- tischer Werterklärungskonzepte Es sollen nur formale Persönlichkeitsmerkmale gefördert werden (z.B. moralische Wertungs- klarheit [Raths], moralische Urteilsfähigkeit [Kohlberg]) Qualitätsmerkmale: Begründetheit, Konsistenz, Verallgemeinerbarkeit und Widerspruchsfrei- heit Modelle zur Werteerziehung (Multrus 2008) (von Laura Gabler) Drei klassische Werteerziehungsmodelle von Oser / Althoff, in Anlehnung an Kohlberg: 1. Der romantische Ansatz Rousseau'sches Menschenbild: Mensch grundsätzlich gut, negative gesellschaftliche Ein- flüsse Erziehung = Reifung, Entfaltung angeborener Potentiale Betonung der Persönlichkeit des Kindes Problematik: Es wird leicht das, was Kinder wollen, mit dem gleichgesetzt, was Kinder sol- len. Moderne Vertreter: A. A. Neill, Maria Montessori Konsequenz: Werte sind relativ; können nicht nach objektiven Kriterien beurteilt werden → sie sind dann gut, wenn sie vom betreffenden Individuum für gut befunden werden Achtung: Moralerziehung wäre dann unbedeutend! Verbrecher wie Heiliger können als Vor- bild gelten 2. Der technokratische Ansatz Tradierungsansatz: Tugenden müssen gelehrt und im Kind verankert werden Aufgabe des Erziehers: Übertragung von bewährten Werten auf die nächste Generation Kind als „Tabula Rasa“ (vgl. John Locke) Die Schüler müssen die Disziplin der sozialen Ordnung lernen, internalisieren, mittels → Instruktion (Belehrung), → Vorbildverhalten (Nachahmung), → Verstärkung (durch Belohnung und Strafe) und → Übung Positiv: klaren Inhalte sind vorgegeben, Wissen wird so überprüfbar; Rückgriff auf tradierte Werte Negativ: Wissen ist nicht gleich Überzeugung! Begründete Überlegungen weniger gefragt, weniger moralische Urteilsfähigkeit und Selbstreflexion, Vorwurf: Indoktrination 3. Der entwicklungsfördernde / progressive Ansatz Orientierung an der kognitiv-konstruktivistischen Entwicklungspsychologie Vertreter u.a. Kohlberg Behandlung von realen und fiktiven Dilemmasituationen im Unterricht und Diskussion über das Für und Wider von Vorschlägen zur Lösung dieser Dilemmata Auffassung: Kind entwickelt sich durch die aktive Auseinandersetzung mit seiner Umwelt Aufgabe des Erziehers: Bedingungen dafür schaffen Entwicklungsförderung nach Kohlbergs Stufenmodell der moralischen Entwicklung 21 Berücksichtigung von unterschiedlichem Entwicklungstempo Positiv: Demokratieerziehung durch Diskurs-Konzept und Berücksichtigung der Entwick- lungsstufen; Training moralischer Urteilsfähigkeit → Erziehung zur Mündigkeit; Reflexion und nicht die Übernahme von Werten im Zentrum Negativ: Verbindung von Einsicht und Handeln nicht immer gegeben; sehr theoretisch, argu- mentativ und kognitiv → Handlungsorientierung / Alltagsanwendung fehlt 22 ……………………………………………….Einheit 6…………………………………………………………………… Erziehungsziele (von Verena Kayser und Annabella Köpke) I. Definitionen (Weber,1999) a) Gudjons Ziele = dienen konkreten Zwecken, beschreiben konkrete Handlungsintentionen, auch als Lernziele, nur für Untergruppen – nicht gesamte Gesellschaft b) Brezinka „Unter einem Erziehungsziel wird eine Norm verstanden, die eine für den Educanden als Ideal gesetzte psychische Disposition beschreibt und vom Erzieher fordert, er solle so handeln, dass der Educand befähigt wird, dieses Ideal so weit wie möglich zu ver- wirklichen.“ (1972)  doppelter Norminhalt c) Klafki Doppelformel „Norm- und Zielvorstellung“ Soziokulturelle Normen allgemeine Normen für Erziehung wirksame Normen (Bsp.: Pünktlichkeit) unreflektiert/unkritisch = in Erziehung mitwirkende Normen (Bsp.: (Un)Pünktlichkeit der Lehrkraft) ausdrücklich und bewusst = Erziehungsziele (Bsp.: zur Pünktlich- keit ermahnen) II. Aufgaben und Funktionen von Erziehungszielen (Weber, 1999) allgemein: intentionale Erziehung und Bildung orientieren, motivieren, legitimieren, realisieren ➔ aber: können auch missbraucht werden (Leerformeln, z.B. schwammig formuliertes Schulprofil entspricht nicht unbedingt der Realität) III. Legitimation von Erziehungszielen (nach Weber, 1999) ➔ Legitimationskonzepte a) Normative Legitimation = von obersten religiösen/politischen/weltanschaulichen Grundüberzeugungen alle un- tergeordneten Teilziele abgeleitet/legitimiert Beispiele: vom Vatikan propagiertes Ziel der Enthaltsamkeit, Menschenrechte Kritik:  vage und vieldeutig  unterschiedliche Auslegung  keine neuen Erkenntnisse, weil deduktiv  keine sichere, vollständige, eindeutige deduktiv-normative Legitimation möglich b) Verfahrenslegitimation (Luhmann) = Verzicht auf nicht erreichbare Normen, durch Beratungs-, Entscheidungsverfahren nach formal-verfahrensrechtlichen Kriterien bestimmt, legitimiert, weil Resultate von In- stitutionen Beispiele: Lehrpläne, Menschenrechte 23 Kritik:  Inhalt kann problematisch sein (absichtlich oder unabsichtlich) c) Diskursive Legitimation (Habermas) = in herrschaftsfreien Diskussionen wird durch argumentatives Überzeugen ein allge- meiner und ungezwungener Konsens erreicht Beispiel: Regeln, die von Klasse selbst erarbeitet wurden Kritik:  setzt symmetrische, ideale Sprechsituation, Beteiligung aller Betroffenen, unbe grenzte Zeit voraus = utopisch aber so gut wie möglich anzustreben  Fähigkeiten vorausgesetzt, die durch Sozialisation und Erziehung geschaffen  oftmals kein Konsens möglich  keine unendliche Diskussion möglich  Kompromiss oder Konflikt  Emotionalität und Voluntionalität kaum berücksichtigt – eher kognitiv ➔ Kombination der Legitimationskonzepte, weil… … inhaltlicher Bezugspunkt nötig … muss Berufungsmöglichkeit geben (als Verweis auf Menschenrechte)  Jedes Erziehungsziel sollte auf allen drei Ebenen legitimierbar sein IV. Gefahren und Probleme von Erziehungszielen (Weber, 1999) Dilemma zwischen Fremd- und Selbstbestimmung Ideale und Traditionen gefährden Offenheit und Weiterentwicklungsmöglichkeit der Gesellschaft („Ich erziehe jetzt ein Kind für morgen!“ Erziehungsziele sollen sprachlich verständlich und klar formuliert sein Illusionär-utopische Erziehungsziele führen zu Überforderung  Erreichbarkeit und Kleinschrit- tigkeit von Zielen notwendig Gefahr der Indoktrination und Manipulation durch weltanschaulich-dogmatisch verankerte, ideo- logische verzerrte Ziele V. Beispiele für oberste Zielvorstellungen und Zielformen (nach Weber, 1999) (1) Mündigkeit als Erziehungsziel Bedeutungsebenen a) Etymologische Bedeutung von „Munt“ = Schutzgewalt, Schutzpflicht Mündigkeit = Freiheit von fremder „Munt“ b) Juristischer Bedeutung: Rechtsstatus Eigenverantwortung Schutz vor Bevormundung Definitionen „Mündigkeit“ a) Schleiermacher Unmündig geboren  Erziehung zur Mündigkeit Anfangspunkt der Erziehung eindeutig durch Geburt festgelegt Endpunkt nicht eindeutig  wenn mündig, hört pädagogische Einwirkung auf 24 b) Böhm (1982) Mündigkeit = „die Fähigkeit, sittliche und soziale Normen und deren Verbindlichkeit unab- hängig von äußeren Bestimmungsgründen zu erkennen und anzuerkennen und entspre- chend eigenverantwortlich zu handeln. Mündigkeit als sittliches Verhältnis des Menschen zu seiner eigenen Person und zu seiner Gesellschaft ist generelles und oberstes Ziel der Erziehung.“ Zur Vermeidung von Fehldeutungen (Weber, Erich (1999)) Mündigkeit kein „Selbstläufer“, Kulturaufgabe Mündigkeit als lebenslange Aufgabe  Mündigwerden und Mündigbleiben Mündigkeit erfordert Verstand, Vernunft, Emotionalität, Handlungsfähigkeit, -bereitschaft Nicht nur individuell private Aufgabe, auch gesellschaftlich /politische und öf- fentliche Aufgabe (2) Emanzipation als Erziehungsziel Begriffe: gesellschaftlich-politisch: Befreiungsbewegungen für Abbau der Benachteiligung/Bevormun- dung bestimmter Gesellschaftsgruppen personal-pädagogisch: Bemühungen individueller Subjekte selbstständig und unabhängig zu werden etc. ‚Emanzipation‘ hat ‚Mündigkeit‘ und ‚Bildung‘ weitgehend verdrängt  Zusammenhang Erziehung – Gesellschaft – Politik gerecht werden (Weber, 1999) a) Mollenhauer (1968) Emanzipation heißt „die Befreiung der Subjekte – in unserem Fall der Heranwachsenden in dieser Gesellschaft - aus Bedingungen, die ihre Rationalität und das mit ihr verbundene ge- sellschaftliche Handeln beschränken“ Emanzipatorische Erziehung soll vor allem dysfunktional und kritisch sein  Konfliktsituationen bewusst machen, demokratische Regelung anstreben Emanzipation = pädagogischer Prozess UND pädagogische Leitidee Erziehung und Bildung haben Zweck in der Mündigkeit und in der Veränderung gesell- schaftsbedingter Lebensverhältnisse b) Klafki (1970/71) Erziehungswissenschaft als „kritische Erziehungstheorie“  Erziehungswissenschaft als Gesellschaftskritik Emanzipation = Befreiung oder Entlassung aus einer Abhängigkeit in die Selbstständigkeit, Eigenverantwortlichkeit c) Giesecke (1971) Kritisch-emanzipatorische Pädagogik mehr an wirklichkeitsnahen Emanzipationszielen orientiert 25 Grundgedanke: emanzipatorische Erziehung  Sozialisationszwänge erkennen und abbauen (Bsp.: Konsumkritik, Hartz 4 Falle) Emanzipation  Ablösung aus Abhängigkeiten, sofern als Übel erlebt  Verursachungszu- sammenhänge erkennen Emanzipation hat Prozesscharakter (unabschließbarer Lernvorgang) (vgl. Giesecke, 1969a) vereint politische und pädagogische Dimension durch gemeinsames Ziel der Demokratisie- rung der Gesellschaft Kritik an Emanzipation als Erziehungsziel Einseitige Emanzipation nicht als vorrangiges Ziel von Erziehung, Mündigkeit und Bildung mit ein- beziehen 1. nicht Verzicht auf alle Bindungen  reflektierte, autonome Verbundenheit (Freiheit als Verbundenheit) 2. Emanzipation als Erziehungsziel meist negativ formuliert als „Befreiung von“, aber nicht als „Befreiung zu“ 3. nicht Erziehung zur Kritik und antiautoritärem Widerstand, sondern zur emanzipatori- schen Autorität mit Ziel der Selbstaufhebung VI. Empirische Ergebnisse zu Erziehungszielen a) EMNID – Frage (seit 1951 in regelmäßigen Abständen) Selbstständigkeit und freier Wille als Erziehungsziele seit Beginn der Erhe- bung wichtiger geworden Gehorsam und Unterordnung als Erziehungsziele weniger wichtig Ordnungsliebe und Fleiß weitestgehend gleichbleibend wichtig b) Generationen-Barometer 2009 Erziehungsstil weniger autoritär, mehr auf Kompromisssuche ausgerichtet mehr Zuwendung, Förderung, Freiheitsspielräume Bedeutungsverlust der religiösen Erziehung Gesetz zu Ächtung von Gewalt in der Familie (§1631 BGB, 2000) Absatz 2: (2) „Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafung, seelische Verlet- zungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.“ 26 Artikel 131 der Bayerischen Verfassung (ISB (2005): Oberste Bildungsziele in Bayern. München.) (2) Obsterste Bildungsziele sind Ehrfurcht vor Gott, Achtung vor religiöser Über- zeugung und vor der Würde des Menschen, Selbstbeherrschung, Verantwor- tungsgefühl, Hilfsbereitschaft, Aufgeschlossenheit für alles Wahre, Gute und Schöne und Verantwortungsbewusstsein für Natur und Umwelt. (3) Die Schüler sind im Geiste der Demokratie, in der Liebe zur bayerischen Hei- mat und zum deutschen Volk und im Sinne der Völkerversöhnung zu erziehen. für Grund-, Haupt- und Förderschulen gilt außerdem Art. 135  christliche Erzie- hung  Legitimation durch Verfahren VII. Erziehungsstile Definition Erziehungsstil = Verhalten, Erleben, Kognitionen von Eltern, die direkt oder indirekt auf ihre Kinder ge- richtet sind (Papastefanou) Kategorisierung von Erziehungsstilen 1. Kurt Lewin (1939) ▪ autoritär ▪ demokratisch ▪ laissez faire 2. Diana Baumrind (1967) ▪ autoritär ▪ autoritativ ▪ permissiv (vernachlässigend, verwöhnend [Maccoby & Martin (1983)]) (entnommen aus der Vorlesung von Frau Dr. Walper: „Theorien der Erziehung und empiri- sche Forschungsergebnisse“) 27 ………………………………………………...Einheit 7…………………………………………………………………. Bildungstheorien (von Daniel Wassermann) 1. Definitionsproblematik und Grundbegriffe Definitionsproblematik Es gibt keine allgemeingültige Definition von Bildung. Zudem ist der Begriff „Bildung“ ein exklusiv- deutsches Wort, ohne Äquivalent in anderen Sprachen. Ältere Interpretationen deuten Bildung als Kultivierung des Menschen (vgl. 2.1), jüngere als Förderung der Eigenständigkeit (vgl. 2.2). Deshalb gibt es in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen unterschiedliche Bedeutungsauf- fassungen des Wortes „Bildung“. (Zirfas, 2011) Definitionen Humboldt, 1792/1960 Bildung als „die Anregung aller Kräfte des Menschen, damit diese sich über die Aneignung der Welt entfalten und zu einer sich selbst bestimmenden Individualität und Persönlichkeit führen“. Klafki, 1991 Zum Anspruch von Bildung gehört auch „die einzelnen Subjekte zu befähigen, sich Zumutungen und Ansprüchen der Gesellschaft, in der individuellen Entfaltung entgegenstehen, zu widersetzen. Kritikfä- higkeit und Rollendistanz stellen insoweit ein zentrales Element von Bildung dar.“ Wechselverhältnis zwischen „Ich“ und „Welt“ Subjektivierung objektiver Sachverhalte und Objektivierung subjektiver Sachverhalte (Zirfas, 2011) Übersetzt könnte hier objektiv „aus Sicht der Allgemeinheit“ und subjektiv „aus Sicht des Einzel- nen“ bedeuten. Demnach werden sowohl allgemeine Begebenheiten aus Sicht des Einzelnen be- trachtet als auch die Sichtweise des Einzelnen mit Hinblick auf die Allgemeinheit. Wechselverhältnis zwischen einem Einzelnen und einem Allgemeinen Bildung als Verschränkung von Individualität und Kultur, von Eigenheit und Humanität, von Selbst und Welt Abgrenzung zum Erziehungsbegriff Im Gegensatz zur Erziehung ist Bildung … Gedankengut, das Persönlichkeit formt, die Person in den Mittelpunkt stellt ein autonomer selbstgesteuerter Prozess des Individuums Lebenslange Entfaltung, Bestimmung des Menschen, Lebenskunst (Marotzki, 2012) 28 2. Historische Entwicklungen (Zirfas, 2009, S. 15/16 und Marotzki, 2012, S. 154/155) Bildungsbegriff der Antike Griechische Antike Bildung als pädagogische Dreifaltigkeit aus den Anlagen des Zöglings, Übung und Belehrung (vgl. Platon) Römische Antike Bildung als Kultivierung des Geistes, mit dem Ziel der bestmöglichen Verfassung des Menschen (Übereinstimmung von Schönheit und Güte) Christliche Pädagogik: Mensch als Ebenbild Gottes („imago dei“) Zielvorstellung: Vom Menschlichen lossagen, um eine gottähnliche, als unschuldig geltende, menschliche Natur zu erreichen, Sündenfreiheit Bildungsbegriff der Aufklärung Renaissance Bildungsideal Gentleman (kulturell gebildet) Gedanke des Individualismus Vgl. Comenius (Forderung allgemeiner Schulbildung), Leibniz (Monadenlehre) Aufklärung Bildung des Kompetenzbegriffs Mündigkeitsaspekt (Kant) Emanzipationsversprechen durch neues Bildungsbürgertum Neuhumanismus Wechselverhältnis von „Ich und Welt“ Bildung als sprachliche, kulturelle, ästhetische und philosophische Bildung Vgl. Herder, Humboldt (vgl. 1.2) Romantik Fokus auf organischer Entfaltung natürlicher Anlagen, künstlerischer Betätigung Vgl. Rousseau („Zurück zur Natur!“), Fröbel Zusammenfassend Im 20. Jahrhundert Das Bildungsideal entspricht einem eigenständigen, in Kunst, Kultur und Wissenschaft gebildetem Menschen. Starke Anlehnung an aufklärerische und romantische Tradition. Bildung als… … Entfaltung (Reformpädagogik) … Mündigkeit, bzw. Wechselwirkung von „Ich und Welt“ (geisteswissenschaftliche Pädagogik) … Handlungskompetenz (empirische Erziehungswissenschaft) Bedeutungsverschiebung Antike Bildungstheorien sind größtenteils affirmative (festlegende) Theorien: Der Mensch soll zu ei- nem vorgegebenen Bild geformt werden, d.h. Kultivierung der Facetten der Menschlichkeit. Aktuel- lere Bildungstheorien seit der Aufklärung zählen meist zu den nicht-affirmativen Theorien: Mensch wird zu eigenem Bild geformt, d.h. Förderung der Eigenständigkeit und Selbstbestimmung des Menschen. 29 3. Strukturierung des Bildungsbegriffs Bildung als Prozess Bildung B. Voraussetzung Bildungsstoff Bildungsprozess Bildungsresultat Kulturelle, ökonomi- Bildungsinhalte, etwa Strukturelle Diffe- Spezifisch soziale, bzw. sche, soziale Voraus- Curricula renz in zeitlicher, so- individuelle habituelle setzungen zialer oder institutio- Erfahrungen neller Hinsicht (Zirfas, 2011, S 14) Bildungsbereiche Bildung Theoretische Bildung Praktische Bildung Ästhetische Bildung Wissenschaftliche Betrach- Zwecke und Mittel des Reflektierte Geschmacksurteile, tung, Klassifizierung, gesetz- praktischen Handelns Umgang mit kunstförmigen Ge- mäßige Erfassung genständen (Zirfas, 2011, S.14) Kategoriale Bildung nach Klafki Formale Bildung Materiale Bildung Bezugspunkt Subjekt Bezugspunkt Objekt Entwicklung von Fähigkei- Inhaltsaspekt ten Kategoriale Bildung Dialektik von Ich und Welt Doppelseitige Erschließung (Raithel, 2009, S. 37/38) Bestimmungsdimensionen Alfred Langewand definierte 5 Bestimmungsdimensionen des Bildungsbegriffs: (Lenzen, 1994) 1. Sachliche Dimension Betrachtet den Unterschied zwischen Inhalt und dem bildenden Gehalt Betrachtet bestimmte Klassen von Bildungsinhalten, etwa Konzepte der materialen und formalen Bildung. Nicht jeder Inhalt bildet. 2. Temporäre Dimension Betrachtet den Unterschied zwischen Ereignisverlauf und Ereignisbedeutung Der tatsächliche Verlauf der Geschichte erfährt unterschiedliche Auffassungen. So hat etwa eder Krieg einen Gewinner und einen Verlierer. 3. Soziale Dimension Betrachtet den Unterschied zwischen Lernen und der Anerkennung pädagogischer Standards. Selbst wenn sachlicher und temporärer Konsens herrscht, bedingt Bildung doch immer auch die Akzeptanz des bildenden Inhalts. 30 4. Wissenschaftliche Dimension Betrachtet den Unterschied zwischen praktischer Bildungsreflexion und theoretischer Analyse der Bildungsmöglichkeiten Überprüft die Praxisrelevanz, etwa die Pädagogik, welche die Methodik hinterfragt, und die Erziehungswissenschaften, welche nach den Möglichkeiten der Pädagogik fragt. 5. Autobiographische Dimension Betrachtet den Unterschied zwischen der Bildung als kulturelles Muster und als eigenes Lebensverständnis Definitionen des Bildungsbegriffs sind Interpretationen. Diese können, müssen aber nicht mit dem individuellen Bildungsbegriff übereinstimmen 4. Bildung: Kompetenz oder Qualifikation? (Raithel, 2009, S.39/40) Kompetenz Qualifikation (aktueller Bildungsgedanke) Betrachtet den Lernerfolg im Hinblick Betrachtet den Lernerfolg im Hinblick auf die Person des Lernenden auf Verwertbarkeit und Effizienz Personale Befähigungen Konkrete Befähigung, Fremdbestimmt, Individuum steht im Fokus Deskriptiv Allgemeine Fähigkeiten, Fertigkeiten Personenunabhängig Schlüsselqualifikationen Qualifikationen sind von großer Universalität hinsichtlich Situation und Funktion Basis- Qualifikatio- Horizontal-Qualifika- Breitenelemente Vintage-Faktoren nen tionen Nachholendes Wis- Informationsverarbei- Vielseitig verwendba- Kognitive Denkstile sen, etwa Erwachse- tung re Q. nenbildung Handlungskompetenz „Handlungskompetenz … wird hier verstanden als die Bereitschaft und Befähigung des Einzelnen, sich in beruflichen, gesellschaftlichen und privaten Situationen sachgerecht durchdacht sowie indi- viduell und sozial verantwortlich zu verhalten.“ (KMK, 2011) Sach- und Fach- Sozial-Kompetenz Methoden-Kompetenz Selbst-Kompetenz Kompetenz Selbstbestimmung, Umsetzung des Sach- Sozialverträgliches Gebrauch allgemeiner Entscheidungsvermö- und Fachwissens Handeln Verfahrensweisen gen 31 …………………………………………………..Einheit 8……………………………………………………………….. Wilhelm von Humboldt (von Michael Genkin) 1. Hintergrund geboren 1767 in Potsdam, gestorben 1835 in Tegel bei Berlin, war der Bruder des Naturforschers Alexander von Humboldt. Die Familie war ursprünglich bürgerlicher Herkunft. Er genoss umfassende humanistische Bildung, hörte Privatvorlesungen, besuchte aber nie eine öffentliche Schule. Er beherrschte vier Sprachen, kannte Goethe und Schiller und war mit den Schriften Kants vertraut. - 1763 erließ Friedrich II. („Jeder soll nach seiner Façon selig werden“) in Preußen das Gene- rallandschulreglement, welches aber keine umfassende Beschulung und Schulpflicht brachte.[NEU] - Schule soll nützlich sein: Untertanen „verbessern“, Produktivität und Steuern erhöhen, Kriminali- tät verringern, Klerus zurückdrängen, Staatssouveränität durchsetzen [NIP, S.56]. - Zusammenbruch des alten preußischen Staates 1806 infolge der Doppelschlacht bei Jena und Auerstedt. Infolgedessen kam es zu einer Staatsreform: Verwaltung durch nach Ressorts geglie- derte Ministerien, Berufsbeamtentum, Liberalisierung der Wirtschaft im Sinne A.Smiths und Auf- schwung des Bürgertums.[NIP, S.33ff] Humboldt übernahm dabei „Sektion des Kultus und des öffentli- chen Unterrichts“. 2. Humboldtsches Bildungsideal 2.1. Ideelle Grundlagen Neuhumanismus als Grundlage. Abkehr von den trivial gewordenen Idealen der Aufklärung Verständlichkeit, Nützlichkeit und allgemeiner Wohlfahrt. Bildung ist ihm kein abzuschlie- ßender Prozess, keine Ausbildung, kein knappes Gut [BOR, S.88] und auch keine Entfaltung der ursprünglichen Natur. [NIP, S.58] → Über die Aneignung fremder Werke (Medium Kultur) wird der eigene Geist erzogen und geweckt. Hervorhebung der Sprache als eigentliche Form der „Weltaneigung“ [NIP, S.58], durch sie fände der Mensch sich selbst. Sprache gilt als „bildendes Organ der Gedanken“ (Humboldt, 1960- 81, Bd. III, S. 423). Dabei Betonung des Griechischen, als Ideal vollendeter Humanität, als reiner Form von Sprache. Nicht nur die Inhalte, sondern vor allem die Denkweise der Griechen – der Begründer der abendländischen Kultur, war entscheidend. „Dem Tischler kann auch Griechisch gelernt zu haben ebenso wenig unnützlich seyn, als Tische zu machen dem Gelehrten“ (Humboldt in [NIP, S.58])) Der Mensch kann nur dann seine Menschlichkeit freisetzen, wenn er „über ein Bewusstsein seiner selbst im Modus von Vernunft, Sinnlichkeit und Einbildungskraft verfügt“. Humboldt plädiert für eine Bildung, welche alle drei Aspekte berücksichtigt. (Borst, 2009, S.88) → Keine reine Individualisierung der Bildung, sondern „Einsicht in die Gesellschaftlichkeit des Individuellen“, welche erst Kritik am Allgemeinen ermöglicht. 32 2.2 Verhältnis von Welt und ich: „Die letzte Aufgabe unsres Daseyns: dem Begriff der Menschheit in unsrer Person, sowohl wäh- rend der Zeit unsres Lebens, als auch noch über dasselbe hinaus, durch die Spuren des lebendi- gen Wirkens, die wir zurücklassen, einen so grossen Inhalt, als möglich, zu verschaffen, diese Auf- gabe löst sich allein durch die Verknüpfung unsres Ichs mit der Welt zu der allgemeinsten, reges- ten und freiesten Wechselwirkung.“ (Humboldt, 1793/1980, S.235f.) Für Humboldt geschieht Entwicklung des Menschen nicht durch Einwirkung, sondern durch Entfaltung von Innen. Hierbei geht es weniger um die Beziehung Erzieher-zu-Erziehende/r, sondern um „das pädagogisch relevante Geschehen als Wechselwirkung zwischen Ich und Welt, als Verhältnis des Subjekts zu allem, was außerhalb seiner selbst liegt“ [KOL, S.80]. Bedingung dafür ist Freiheit, ergo Bürgerrechte, Zugang zur Bildung, Abkehr von der Unter- tanenmentalität (Gudjons, S.95) Idee des Weltbürgertums (Borst, S.90), als Verantwortung und Streben aller gebildeten Menschen zur Verbesserung der Welt. 2.3. Bildungspolitik Das Einheitsschulwesen wurde in drei Stufen gegliedert: Elementarunterricht, Schulunter- richt, Universitätsunterricht → Dabei handelt es sich lediglich um die Idee Humboldts, die tatsächliche Umsetzung dauerte bis ins 19. Jahrhundert. Im Kern seiner Reform stand das Gymnasium mit Schwerpunkt auf Griechisch, Latein, Ma- thematik und Deutsch zur Vorbereitung auf das Studium Einführung des Abiturs als Bedingung für die Hochschulreife Der Zugang zum Gymnasium wurde nun nicht mehr je nach Finanzen / Stand gewährt, sondern je nach Intelligenz Der Zugang zur Universität war nicht über sog. Realgymnasien, die wirtschaftliche oder technische Fächer unterrichten, möglich. Einführung des Lehramtsexamens 1810 1809 Gründung der Berliner Universität. Dabei Fokus auf Philosophie und Altertumswissen- schaften – zunächst keine Anwendungswissenschaften. Einheit von Lehre und Forschung Das Studium war nicht nach Studienjahren oder dem Curriculum schulmäßig organisiert, Einbindung der Studenten in die Forschung, es gab eine Betreuungssituation von 1:15, Wissenschaft sollte Selbstzweck sein (Nipperdey S.65, Ellwein, 1985, S. 317) 2.2. Bildungsbegriff „Der wahre Zweck des Menschen – nicht der, welchen die wechselnde Neigung, sondern welchen die ewig unveränderliche Vernunft ihm vorschreibt – ist die höchste und proportionierlichste Bil- dung seiner Kräfte zu einem Ganzen.“ (Humboldt 1792/1980, S.92) → Bildung soll nicht nur Fähigkeiten und Fertigkeiten umfassen, sondern den ganzen Menschen. Menschliche Bildung sollte bestimmt sein durch (Gudjons, S.94): Individualität: Innerlichkeit der eigenen Subjektivität. (vgl. Bild des Tischlers und des Ge- lehrten) Totalität: Bildung des Menschen zu einem Ganzen Universalität Egalität: Bildung sollte nach unten offen sein, nicht von Geburt abhängen und auf eine Eli- te des Verdientes abzielen. [NIP, S.60/61] 33 2.3. Heutige Relevanz Die heute vorherrschende neoklassische Wirtschaftstheorie bringt Fokussierung der Bildung auf Humankapital und wirtschaftliche Verwertbarkeit. → Nach Humboldt führt dies zur Unfähigkeit des Menschen, sich mit der eigenen Funktionalisie- rung auseinanderzusetzen, dies schadet letztlich der Gesellschaft. → Einheit von Lehre und Forschung, Autonomie der Themenwahl im Studium durch das Bologna- System gefährdet → Ist durch Humboldt ein weltfremdes, elitäres Bildungsideal entstanden, welches sich nur an der Antike orientiert? Folgen der Ideen von Humboldt (im Seminar erarbeitet) Bildung entgegen Geld- und Adelprivilegien Schulpflicht Abitur, Staatsexamen Einheit von Lehre und Forschung an den Universitäten Freiheit von Bildungsinstitutionen (Staat nimmt sich zurück) Weltbürgertum, humanistisches Gymnasium als Ideal (Griechisch) Interaktionsgedanke (Welt ↔ Ich) Kritik (im Seminar erarbeitet) Weltfremdes, praxisfernes, elitäres Bildungsideal Sehr viele exkludierende Mechanismen (Bezug auf W.v. Humboldts Biographie: Bruder Alexander war Naturwissenschaftler → Automatische Abkehr / Vernachlässigung vom naturwissenschaftlichen Bereich) 34 …………………………………………...Einheit 9…………………………………………………. Aktuelle Bildungstheorien DAS BILDUNGSVERSTÄNDNIS VON KLAFKI (von Lea...) Wolfgang Klafki geb. am 1. September 1927 in Angerburg, Ostpreußen Schulzeit im Nationalsozialismus Volksschullehrerausbildung an der pädagogischen Hochschule in Hannover 1948 – 1952: Volksschullehrer in Lindhorst und Lüdersfeld bei Hannover Aufbaustudium in Göttingen bei Erich Weniger und in Bonn bei Theodor Litt wissenschaftlicher Assistent in Münster und Hannover 1963 – 1992: Universitätsprofessor an der Philipps-Universität in Marburg Klafkis Bildungstheorie ist eng mit der geisteswissenschaftlichen Pädagogik verbunden. Es ist eine klassische Bildungstheorie in der Tradition der Aufklärung. Er wurde beeinflusst von der „kritischen Theorie“ der Frankfurter Schule (Max Horkheimer, 1937) und deren Hauptwerk, die „Dialektik* der Aufklärung“ (Theodor W. Adorno, Max Horkheimer, 1947). Zudem gab es ab 1962 eine Öffnung der fachdidaktischen / pädagogischen Forschung für sozial- wissenschaftliche / empirische Forschung eingeleitet von Heinrich Roth. (Nicht nur rein geisteswis- senschaftliche Forschung) Klafki hatte großen Einfluss auf die Bildungsreformdebatte in den 60er/70er Jahren. (Nach 1945 studierten nur ca. 8% eines Altersjahrgangs.) Er war maßgeblich beteiligt an der Einführung der Arbeitslehre und der Sachunterrichtsdidaktik, ar- beitet seit den 70er Jahren an der Entwicklung von Gesamtschulen und ist seit 1990 im Wissen- schaftlichen Beirat der Bielefelder Laborschule (gegr. von Hartmut von Hentig). Mit dem Text „Abschied von der Aufklärung?“ macht Klafki deutlich, dass in der „freiheitlichen, so- zialen Demokratie“ die „reflexive Rationalität“ (Klafki, 1990, S. 91-102) bewahrt werden muss. Diese steht für ein kritisches Bewusstsein (Anschluss an Kant) und die universalistische Grundidee der Menschenrechte. (vgl. Borst, 2009, S. 137) *Dialektik = Argumentation, die sich immer wieder widerlegt 35 Theorie der kategorialen Bildung Formale B. Materiale B. Formal: subjektive Eigenschaften, Kompetenzen, Fähigkeiten; extrem: Anti-Intellektualismus Material: Wissensinhalte; extrem: Funktionalismus Kategoriale Bildung Die Extreme führen zur: Fragmentierung des Subjekt; intellektuelle, kreative, sinnliche Fähigkei- ten werden in Frage gestellt Zentrales Problem laut Klafki ist der einseitige Umgang bisheriger Bildungstheorien mit formaler und materialer Bildung. Denn Selbsterschließung und Welterschließung passieren im wechsel- seitigen Prozess, wenn formale und materiale Bildung verbunden sind. Er nennt diesen Prozess rationale Erschließung. “( )Bildung ( )als Vorgang wechselseitiger Anreicherung von Bildungs- stoff und Bildungssubjekt( )“( Bernhardt 1997, S.68) „Bildung ist immer ein Ganzes“( Klafki 1964, S.38) Dialektik von formaler und materialer Bildung. 1. Objektivität gewinnen und individuelle Kompetenzen entwickeln durch exemplarisches Ler- nen objektiver Sachverhalt → kategoriale Einsichten  Befähigung zur Auseinandersetzung mit Bildungsinhalten 2. Totalität des Individuums durch strukturierende Inhalte mit Intellektualität, Sinnlichkeit, Kreativität -> Fähigkeiten kennen lernen → sich entfalten, in Verhältnis setzten (vgl. Borst, 2009, S. 139) Inhalte Wissen ist nicht Bildung Wissensinhalte: quantitativ abfragbar Wissensinhalte werden zu Bildungsinhalte durch Assimilation an bestehende Bildungsinhalte. (statt additiver Aneignung und Reproduktion) Bildung: an der Schnittstelle von objektivem Wissen und subjektiver Verarbeitung dessen Aufnahme und subjektive Verarbeitung von Wissensinhalten → Herausbildung des Indivi- duums → Individuum wirkt auf die Welt in der ihm eigenen Weise (Konform mit Humboldt) Unterschiedliche Sozialisations- und Erziehungsprozesse (unterschiedliche Ausgangsbedingun- gen der Individuen) beeinflussen den Bildungsprozess → unterschiedliche Fähigkeiten → u. Umgang mit Stoff-> Herausbildung individueller Eigenheiten Bildungsprozess verweist auf Individualität, Selbstbestimmung, Eigensinn. Bildungsgehalt Bildungsgehalt im Bildungsinhalt (nicht miteinander verwechselbar) → das Allgemeine im Besonderen erkennen → Kategorien der Erkenntnis schaffen Besonderes Merkmal der Bildungsinhalte, sie sind stellvertretend für Kulturinhalte 36 Abhängig von der Situation und im Kontext historischer Bedingungen zu sehen (vgl. Borst, 2009, S. 140) Die „didaktische Analyse“(Klafki, 1971, S. 135-153): Basiert auf dem Exemplarischen und dem Fundamentalen. Das exemplarische und das Funda- mentale sind Kategorien im Bildungsgeschehen. das Exemplarische bezeichnet die bildende Aneignung geistiger Inhalte das Fundamentale bezeichnet das besondere Interesse für eine Sache Beispiel: SuS lernen die französische Revolution (= exemplarisch) und lernen, diesen In- halt auf sich und andere Revolutionen anzuwenden (= fundamental) Die „didaktische Analyse“ soll der systematischen Ermittlung des Bildungsgehalts für eine Unter- richtseinheit dienen. Sachverhalte anhand exemplarischer Fälle aneignen. Das “Überzeugend- Einfa- che“( ) das „Vorbildlich- Charakteristische“ (Klafki, 1964, S.40) 1. Voraussetzungen fürs Verständnis von Inhalten: a) werden selbst erschlossen und bekommen Bedeutung im Leben, d.h. Ausgangs- und Bezugspunkt ist der/ die Heranwachsende b) Verbindung schaffen zu eigenen Erfahrungen und reflexive Verarbeitung c) können in Form des Exemplarischen exemplarisch einen Bildungsprozess anregen. Ziel: Selbstständigkeit 2. Aus der Beschäftigung mit den Bildungsinhalten kann das Fundamentale entstehen. Es kann aber nicht automatisch abgeleitet werden. (Hoffnung und Pädagogischer Optimismus) (vgl. Borst, 2009, S. 142). Die kritisch-konstruktive Erziehungswissenschaft (Klafki 1976) Grundvoraussetzung: 1. Eine ideologiekritische Sicht auf die politischen, ökonomischen und sozialen Interessen ei- ner Gesellschaft, da diese das Erziehungs- und Bildungsgeschehen beeinflussen. 2. Prüfen, ob und wie Macht- und Herrschaftsverhältnisse die Erziehung zur mündigen Per- sönlichkeit verhindern. 3. Konstruktive Vorschläge erarbeiten zur Umsetzung der Kritik. 4. Ort des Lernens und der Auseinandersetzung mit der Welt. (vgl. Borst, 2009, S. 145) Erziehungswissenschaft als Gesellschaftskritik → Selbstbestimmungsmöglichkeiten des einzelnen und für alle durch entsprechende Gesell- schaftsstruktur (vgl. Klafki, 1976, S. 46). Prinzipien: Erziehungs- und Bildungsprozesse → Selbstbestimmung, Mündigkeit, Emanzipation Gesellschaftlich → Freiheit, Gerechtigkeit, Humanität In Anlehnung an Kant „regulative Ideen“ ( Klafki 1976, S.46) 37 (normativ; im Kontext zu sehen) Ideen der Emanzipation, Selbstbestimmung, Mündigkeit als Messlatte für pädagogisches Handeln (Würde des Menschen) Analyse der der gesellschaftlichen Realität mit Hilfe der Ideologiekritik Ideologiekritik Klafki schließt sich an den Ideologiebegriff der Frankfurter Schule an, besonders an Theodor W. Adorno (vgl. Borst, 2009, S. 146). Dieser spricht vom „falschen Bewusstsein“ , wenn so getan wird als ob die Ideen von Freiheit, Menschlichkeit, Gerechtigkeit schon umgesetzt wären. Das „falsche Bewusstsein“ führt zur Identifikation der Massen mit Normen und Verhältnissen die z.B. durch die Kulturindustrie oder Propaganda vermittelt werden (vgl. Adorno, 1998, S. 476). Zur Ideologie: kann helfen die schlechte Wirklichkeit mit Ideen zu überdecken. enthält auch Wahrheitsmomente typisch für die Ideologie ist, wenn sich nichts verändert, bzw. Zustände als naturgemäß an- genommen werden Führt zu: - Stabilisierung von Macht und Herrschaftsverhältnissen - Durchsetzung partikularer Interessen - scheinbar freiwilliger Akzeptanz der Unterdrückten ihrer eigenen Unterdrückung (das Be- stehende ist das Wahre). Ideologiekritik im Bildungsprozess Selbstaufklärung über die vom Menschen erzeugten politischen, sozialen, ökonomischen Verhältnisse „( ) Erziehungs- und Bildungsinstitutionen ( ) pädagogisches Handeln selbst auf immanen- te Strukturen politischer Herrschaft zu untersuchen (Bosse, S.147) Raum zu Entwicklung des Eigensinns Der Pädagogik immanenter Widerspruch: - Kritik am Bestehenden (ohne Perspektive) - Konstruktive Pädagogik bzw. Bildungstheorie die das Formale und das Materiale einbe- zieht Klafki entwickelt ein Bezugssystem: - im Kontext der allgemeinen Bildung - gebunden an gesellschaftstheoretische Problemstellungen Bildungstheorie: Bildung im Medium des Allgemeinen Bildung für alle, allseitig, durch das Allgemeine In der Theorie der allgemeinen Bildung behält Klafki das Strukturmodell der kategorialen Bildung bei, er ergänzt es durch festgelegte inhaltliche Ziele und die „epochaltypischen Schlüsselproble- me“. Die Bildungsziele sind das Fundament der Bildung. Sie haben uneingeschränkte Gültigkeit in der freiheitlich-demokratischen Gesellschaftsordnung. Die Schlüsselprobleme haben einen univer- salistischen, internationalen Anspruch. Sie sind Probleme der gesamten Menschheit, da sie welt- weit zu beobachten sind (vgl. Borst, 2009, S. 148). 38 Bildungsziele: 1. Die drei Fähigkeiten: Voraussetzung: alle Menschen erhalten Bildung um sich kognitiv- intellektuell, emotional- sinnlich und kreativ zu entfalten (Subjektwerdung bedarf der Kritik). Beim Subjekt soll die Fähigkeit zu Selbstbestimmung, Mitbestimmung und Solidarität ausgebil- det werden. Die Kritik prägt die Argumentationsfähigkeit und das Einfühlungsvermögen aus. Und führt so zur Auseinandersetzung mit der Welt und sich selbst. Angestrebt wird ein selbstbestimmtes Leben das der Kritikfähigkeit und der Selbstkritik bedarf. Und gesellschaftliche Mitbestimmung wozu der Mensch Argumentationsfähigkeit, Solidarität, Empathie benötigt (vgl. Klafki, 1985, S. 23) Fähigkeiten werden über einen Lern- und Bildungsprozess strukturiert, sie entwickeln sich. Kräfte sind Wirkungen von Inhalten. (Klafki wendet sich ab von der Idee dass schlummernde Kräfte im Individuum die durch äußere Anstöße geweckt werden). Wert bei Klafki: (nicht Moral oder Ethik) Möglichkeit Fälle ähnlicher Art verstehen, einordnen, darüber nachdenken zu können → Selbst- ständiges Erschließen 2. Die „epochaltypischen Schlüsselprobleme“ (Klafki, 1993, S.21) werden wie folgt be- schrieben: Kern menschlicher Probleme typisch für eine Epoche bedürfen der allgemeinen Anerkennung zur Aufnahme in die ideologiekritische Bildungs- theorie Gesellschaft wird auf demokratische Legitimation reflektiert Freie Entfaltung des einzelnen wird respektiert Laut Klafki gibt es 7 Schlüsselprobleme (vgl. Klafki 1993, S. 22-24) die nicht beliebig erweiterbar sind (Für das Staatsexamen reichen 2-3 Beispiele): (1) Krieg, Frieden, Gewalt (2) Kulturspezifik, Interkulturalität, Nationalstaatlichkeit (3) Ökologie (4) Wachstum der Weltbevölkerung (5) Gesellschaftlich produzierte Ungleichheit in internationaler Perspektive (6) Technische Steuerungs-, Informations-, Kommunikationsmedien (7) Subjektivität, Ich- Du- Beziehung Das Konzept der Allgemeinbildung ist nur in Konturen skizziert. Es gibt keine detaillierten Ausfüh- rungen der Schlüsselprobleme, sowie geschlechts- und schichtspezifischer Fragen. Ziele: Es geht darum... Ein Problembewusstsein zu entwickeln Sich mit Frage- und Problemstellungen der Gegenwart und Zukunft, Aufgaben, Problemen, Gefahren auseinander zu setzen 39 Geschlechterfrage – allgemeine Fragen nach Differenz und Gleichheit, unter „Ungleichheit“, „Ich- Du-Beziehung“, Männern und Frauen unter Sexualität, Gleichgeschlechtliche Liebe unter Liebe. (vgl. Klafki, 1990, S. 96/97) Bedeutung der Allgemeinbildung heute Konkurrenz und Eigenverantwortung im Neoliberalismus. Deregulierung der Sozialsysteme, Privatisierung des Staatsvermögens. Gefährdung freiheitlich-demokratischer Ordnung. Würde und Menschenwürde braucht gesellschaftliche und individuelle Solidarität. Solidarität muss gelernt und geübt werden. Konkurrenzverhältnisse → Unsicherheit, Ängste → antisolidarisches Verhalten instrumentelle zwischenmenschli- che Verhältnisse Solidarität- demokratische Gesellschaft Recht auf Entfaltung bzgl. Selbstbestimmungs- und Mitbestimmungsrecht Konträr zu: Mensch als Humankapital De-thematisierung aufklärerischer Gedanken Evolutionstheorie: Schicksal – Versuch und Irrtum (vgl. Borst, 2009, S.150-152) 40 Möglicher Vergleich der Bildungstheorien von Humboldt und Klafki (von Lisa Wimmer) Wilhelm von Humboldt (1767-1835) Wolfgang Klafki (*1927) Zitat „Der wahre Zweck des Menschen […] ist „Abschied von der Aufklärung“ die höchste und proportionierlichste Bil- → falsch: Ideen müssen „weitergedacht und dung seiner Kräfte zu einem Ganzen“ weiterverfolgt“ werden Rolle des Bildung als allgemeinste Wechselwirkung Allgemeinbildungskonzept: Allgemeinen des Ichs und der Welt: Bildung für alle (Gleichberechtigung, Bildung für alle (Schulpflicht, Leis- demokratisches Bürgerrecht) tung statt Adelsprivileg) Bildung im Medium des Allgemeinen Mannigfaltigkeit der (epochaltypische Schlüsselprobleme) Situationen/Lerngelegenheiten Bildung in allen Grunddimensionen ganzheitliche Bildung des Men- menschlicher Fähigkeiten (kognitiv, schen handwerklich, sozial,...) → Individualität, Totalität, Univer- salität Medium Vor allem die Sprachen (Antike): Das Allgemeine: epochaltypische Schlüssel- Jede Sprache mit eigener Denkweise probleme: Also: Erlernen neuer Sprachen = Weltan- Friedensproblematik, Interkulturalität, Ökolo- eignung gie, Wachstum der Weltbevölkerung, gesell. Ungleichheit, Medien, Subjektivität und Ich- Du-Beziehungen Prozess „Verknüpfung unseres Ichs mit der Welt zu Theorie der kategorialen Bildung: der allgemeinsten, regesten und freiesten ausgewogenes Verhältnis von forma- Wechselwirkung“ ler und materialer Bildung Allgemeines im Besonderen erken- nen Also: Kategorien der Erkenntnis schaffen Selbsttätigkeit am Exemplarischen → Aufgeschlossenheit für das Funda- mentale Beziehung von Keine Vermischung von allgemeiner und Handlungsorientierter Unterricht und Lernen Praxis und berufliche (speziellen) Bildung, sonst wird Theorie die Bildung „unrein“ Bildungstheo- Formale Bildungstheorie Kategoriale Bildungstheorie rie Ziel Mensch, der ein Bewusstsein im Modus Mensch mit Selbstbestimmungs-, Mitbestim- von Vernunft, Sinnlichkeit und Einbil- mungs- und Solidaritätsfähigkeit dungskraft hat → Emanzipation, Selbstbestimmung, Mün- → Weltbürgertum digkeit Wissenschaf- Geisteswissenschaftler Erst: Geisteswissenschaftler liche Veror- Humanismus Später: Sozialwissenschaftler tung 41 ……………………………………………..Einheit 10 & 11…………………………………………………. Bildungsziele und –standards (von Nora Cakir) (Abb. 1: ISB 2005:9) 1. Bildungsziele 1.1. Definition des pädagogischen Wörterbuchs (Schaub, Zenke 2007:114-115)  Nehmen Bezug auf  die im GG verfasste politische Ordnung (und die darin enthaltenen Menschen- und Bürgerrechte)  den Grundsatz, allen jungen Menschen ohne Rücksicht auf Herkunft oder wirtschaftliche Lage eine ihren Möglichkeiten entsprechende Bildu

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