Professionalisation of Leadership in Educational Fields PDF

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IU International University of Applied Sciences

2023

Ulrike Lichtinger

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leadership professional development educational leadership pedagogical fields

Summary

This document is a course book on professionalisation of leadership in pedagogical fields. It covers theories of leadership and management, leadership profiles, social conditions and ethical considerations within pedagogic leadership. The course includes interactive quizzes to help students learn.

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PROFESSIONALISIERUNG VON LEITUNG IN PÄDAGOGISCHEN HANDLUNGSFELDERN DLMPAPLPH01 PROFESSIONALISIERUNG VON LEITUNG IN PÄDAGOGISCHEN HANDLUNGSFELDERN IMPRESSUM Herausgeber: IU Internationale Hochschule GmbH IU International University of Applied Sciences Juri-Gagarin-Ring 152...

PROFESSIONALISIERUNG VON LEITUNG IN PÄDAGOGISCHEN HANDLUNGSFELDERN DLMPAPLPH01 PROFESSIONALISIERUNG VON LEITUNG IN PÄDAGOGISCHEN HANDLUNGSFELDERN IMPRESSUM Herausgeber: IU Internationale Hochschule GmbH IU International University of Applied Sciences Juri-Gagarin-Ring 152 D-99084 Erfurt Postanschrift: Albert-Proeller-Straße 15-19 D-86675 Buchdorf [email protected] www.iu.de DLMPAPLPH01 Versionsnr.: 001-2023-0816 Ulrike Lichtinger © 2023 IU Internationale Hochschule GmbH Dieses Lernskript ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Dieses Lernskript darf in jeglicher Form ohne vorherige schriftliche Genehmigung der IU Internationale Hochschule GmbH (im Folgenden „IU“) nicht reproduziert und/oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet wer- den. Die Autor:innen/Herausgeber:innen haben sich nach bestem Wissen und Gewissen bemüht, die Urheber:innen und Quellen der verwendeten Abbildungen zu bestimmen. Sollte es dennoch zu irrtümlichen Angaben gekommen sein, bitten wir um eine dement- sprechende Nachricht. 2 INHALTSVERZEICHNIS PROFESSIONALISIERUNG VON LEITUNG IN PÄDAGOGISCHEN HANDLUNGSFELDERN Einleitung Wegweiser durch das Studienskript................................................. 6 Literaturempfehlungen............................................................ 7 Pflichtliteratur................................................................... 10 Übergeordnete Lernziele......................................................... 12 Lektion 1 Theorien von Führung und Leitung 13 1.1 Definitionen von Führung, Leitung, Leadership und Management................. 14 1.2 Theorien und Modelle von Führung und Leitung................................ 17 Lektion 2 Anforderungsprofil für Leitungskräfte in pädagogischen Handlungsfeldern 25 2.1 Anforderungsprofil für Leitungskräfte und notwendige Kompetenzen............. 26 2.2 Haltungen und Einstellungen................................................. 31 Lektion 3 Gesellschaftliche Bedingungen pädagogischen Leitungshandelns 37 3.1 Widersprüche pädagogischer Handlungsfelder im 21. Jahrhundert............... 38 3.2 Leitung im Kontext gesellschaftlicher Ungewissheit............................. 43 Lektion 4 Leitungshandeln in pädagogischen Handlungsfeldern aus normativer Perspektive 51 4.1 Grundlagen................................................................. 52 4.2 Beispiele.................................................................... 57 Lektion 5 Leitungshandeln in pädagogischen Handlungsfeldern aus strategischer Perspektive 63 5.1 Grundlagen................................................................. 64 5.2 Beispiele.................................................................... 71 Lektion 6 Leitungshandeln in pädagogischen Handlungsfeldern aus operativer Perspektive 81 6.1 Grundlagen................................................................. 82 6.2 Beispiele.................................................................... 87 3 Lektion 7 Leitungshandeln in pädagogischen Handlungsfeldern aus ethischer und machtsensibler Perspektive 93 7.1 Grundlagen................................................................. 94 7.2 Beispiele................................................................... 101 Verzeichnisse Literaturverzeichnis............................................................. 110 Abbildungsverzeichnis.......................................................... 117 4 EINLEITUNG HERZLICH WILLKOMMEN WEGWEISER DURCH DAS STUDIENSKRIPT Dieses Studienskript bildet die Grundlage Deines Kurses. Ergänzend zum Studienskript stehen Dir weitere Medien aus unserer Online-Bibliothek sowie Videos zur Verfügung, mit deren Hilfe Du Dir Deinen individuellen Lern-Mix zusammenstellen kannst. Auf diese Weise kannst Du Dir den Stoff in Deinem eigenen Tempo aneignen und dabei auf lerntypspezifi- sche Anforderungen Rücksicht nehmen. Die Inhalte sind nach didaktischen Kriterien in Lektionen aufgeteilt, wobei jede Lektion aus mehreren Lernzyklen besteht. Jeder Lernzyklus enthält jeweils nur einen neuen inhaltlichen Schwerpunkt. So kannst Du neuen Lernstoff schnell und effektiv zu Deinem bereits vorhandenen Wissen hinzufügen. In der IU Learn App befinden sich am Ende eines jeden Lernzyklus die Interactive Quizzes. Mithilfe dieser Fragen kannst Du eigenständig und ohne jeden Druck überprüfen, ob Du die neuen Inhalte schon verinnerlicht hast. Sobald Du eine Lektion komplett bearbeitet hast, kannst Du Dein Wissen auf der Lernplatt- form unter Beweis stellen. Über automatisch auswertbare Fragen erhältst Du ein direktes Feedback zu Deinen Lernfortschritten. Die Wissenskontrolle gilt als bestanden, wenn Du mindestens 80 % der Fragen richtig beantwortet hast. Sollte das einmal nicht auf Anhieb klappen, kannst Du die Tests beliebig oft wiederholen. Wenn Du die Wissenskontrolle für sämtliche Lektionen gemeistert hast, führe bitte die abschließende Evaluierung des Kurses durch. Die IU Internationale Hochschule ist bestrebt, in ihren Skripten eine gendersensible und inklusive Sprache zu verwenden. Wir möchten jedoch hervorheben, dass auch in den Skripten, in denen das generische Maskulinum verwendet wird, immer Frauen und Män- ner, Inter- und Trans-Personen gemeint sind sowie auch jene, die sich keinem Geschlecht zuordnen wollen oder können. 6 LITERATUREMPFEHLUNGEN ALLGEMEIN Alke, M. (2017). Nachfolge in Weiterbildungsorganisationen. Den Leitungswechsel strate- gisch planen und gestalten. wbv (Perspektive Praxis). http://search.ebscohost.com.px z.iubh.de:8080/login.aspx?direct=true&db=cat05114a&AN=ihb.49687&site=eds-live&s cope=site Ebner, M. (2019). Positive Leadership. Erfolgreich führen mit PERMA-Lead: die fünf Schlüs- sel zur High Performance: ein Handbuch für Führungskräfte, Personalentwickler und Trainer. Facultas. http://search.ebscohost.com.pxz.iubh.de:8080/login.aspx?direct=tru e&db=cat05114a&AN=ihb.49569&site=eds-live&scope=site Przybilla, A. & Rossmeissl, D. (2019). Entspannt leiten: Teamführung in der Kita mit dem Enneagramm. Blickwinkel für pädagogische Fachkräfte. Herder. http://search.ebscoho st.com.pxz.iubh.de:8080/login.aspx?direct=true&db=nlebk&AN=2176834&site=eds-liv e&scope=site Zimmermann, M. & Sander, T. (Hrsg.) (2021). Organisationsentwicklung in der frühkindli- chen Bildung. Springer Fachmedien. http://search.ebscohost.com.pxz.iubh.de:8080/lo gin.aspx?direct=true&db=edshbz&AN=edshbz.DE.605.HBZ01.037122622&site=eds-live &scope=site LEKTION 1 Herbrechter, D. (2016). „Im Schatten der Hierarchie“ – Eine empirische Annäherung an das Führungsverständnis und Orientierungen des Führungshandelns in Weiterbildungsor- ganisationen. ZfW, 39(3), 277–296. http://search.ebscohost.com.pxz.iubh.de:8080/logi n.aspx?direct=true&db=edssjs&AN=edssjs.9E0B7268&site=eds-live&scope=site Tulowitzki, P. & Pietsch, M. (2020). Stichwort: Lernzentriertes Leitungshandeln an Schu- len – Leadership for Learning. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 23(5), 873–902. h ttp://search.ebscohost.com.pxz.iubh.de:8080/login.aspx?direct=true&db=edssjs&AN= edssjs.35CA2FB6&site=eds-live&scope=site LEKTION 2 Gnahs, D. (2010). Kompetenzen – Erwerb, Erfassung, Instrumente (2. Aufl.). Bertelsmann (Studientexte für Erwachsenenbildung), S. 11–30. http://search.ebscohost.com.pxz.iu bh.de:8080/login.aspx?direct=true&db=cat05114a&AN=ihb.48016&site=eds-live&scop e=site 7 Tulowitzki, P. & Pietsch, M. (2020). Stichwort: Lernzentriertes Leitungshandeln an Schu- len – Leadership for Learning. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 23(5), 873–902. h ttp://search.ebscohost.com.pxz.iubh.de:8080/login.aspx?direct=true&db=edssjs&AN= edssjs.35CA2FB6&site=eds-live&scope=site LEKTION 3 Heller, J. (2019). Resilienz für die VUCA-Welt: Individuelle und organisationale Resilienz entwickeln. Springer, S. 70–83. http://search.ebscohost.com.pxz.iubh.de:8080/login.a spx?direct=true&db=edshbz&AN=edshbz.DE.605.HBZ01.022873416&site=eds-live&sco pe=site Ludwig, C. (2019). Unternehmensführung in einem volatilen Umfeld: Ist strategische Füh- rung in Zeiten von VUCA-Bedingungen obsolet? In R. A. Fürst (Hrsg.), Gestaltung und Management der digitalen Transformation (S. 105–118). Springer Fachmedien. http://s earch.ebscohost.com.pxz.iubh.de:8080/login.aspx?direct=true&db=edsebk&AN=2230 290&site=eds-live&scope=site LEKTION 4 Ahlers, F. & Butzer-Strothmann, K. (2020). Integrierte Unternehmensführung und Nachhal- tige Unternehmensführung. Synergetisches Potenzial einer Konzeptzusammenfüh- rung. In K. Butzer-Strothmann & F. Ahlers (Hrsg.), Integrierte nachhaltige Unterneh- mensführung (S. 13–22). Springer-Verlag. http://search.ebscohost.com.pxz.iubh.de:80 80/login.aspx?direct=true&db=edsebk&AN=2632181&site=eds-live&scope=site Hausmann, A. (2021). Leitbilder als Instrument der Organisationsentwicklung. In A. Haus- mann (Hrsg.), Wirkungsvolle Organisations- und Leitbildentwicklung in Kulturbetrie- ben (S. 13–45). Springer Fachmedien. http://search.ebscohost.com.pxz.iubh.de:8080/l ogin.aspx?direct=true&db=edsebk&AN=2952540&site=eds-live&scope=site LEKTION 5 Schiersmann, C. & Thiel, H.U. (2018). Organisationsentwicklung: Prinzipien und Strategien von Veränderungsprozessen. Lehrbuch (5. Aufl.). Springer VS, S. 33–84. http://search.e bscohost.com.pxz.iubh.de:8080/login.aspx?direct=true&db=cat05114a&AN=ihb.38102 &site=eds-live&scope=site Watzka, K. (2016). Ziele formulieren: Erfolgsvoraussetzungen wirksamer Zielvereinbarun- gen. Essentials. Springer Gabler, S. 1–57. http://search.ebscohost.com.pxz.iubh.de:808 0/login.aspx?direct=true&db=cat05114a&AN=ihb.46140&site=eds-live&scope=site 8 LEKTION 6 Gräser, P. (2013). Führen lernen. Der Weg zur Führungskompetenz und zur persönlichen Karriere-Strategie. Springer Gabler, S. 431–450. http://search.ebscohost.com.pxz.iubh. de:8080/login.aspx?direct=true&db=cat05114a&AN=ihb.28652&site=eds-live&scope=s ite Rolff, H.-G. (2016). Schulentwicklung kompakt: Modelle, Instrumente, Perspektiven. Beltz, S. 134–149. http://search.ebscohost.com.pxz.iubh.de:8080/login.aspx?direct=true&db =cat05114a&AN=ihb.48748&site=eds-live&scope=site LEKTION 7 Bleisch, B., Huppenbauer, M. & Baumberger, C. (2021). Ethische Entscheidungsfindung. Ein Handbuch für die Praxis. Versus, S. 17–21, 129–148. http://search.ebscohost.com.pxz.i ubh.de:8080/login.aspx?direct=true&db=cat05114a&AN=ihb.49895&site=eds-live&sco pe=site Frisch, C. & Huppenbauer, M. (2014). New Insights into Ethical Leadership: A Qualitative Investigation of the Experiences of Executive Ethical Leaders. Journal of Business Ethics, 123(1), 23–43. https://doi.org/10.1007/s10551-013-1797-9 http://search.ebscoh ost.com.pxz.iubh.de:8080/login.aspx?direct=true&db=edsjsr&AN=edsjsr.42921472&sit e=eds-live&scope=site 9 PFLICHTLITERATUR LEKTION 1 Steckelberg, A. V. & Harrer, C. (2021). Leadership & Management. Springer Fachme- dien, S. 7–20. http://search.ebscohost.com.pxz.iubh.de:8080/login.aspx?direct=true& db=edsebk&AN=2896079&site=eds-live&scope=site LEKTION 2 Ballaschk, I., Anders, Y. & Flick, U. (2017). Führung als Thema deutscher Kindertagesein- richtungen. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 20(4), 670–689. http://search.ebsco host.com.pxz.iubh.de:8080/login.aspx?direct=true&db=edssjs&AN=edssjs.CDA64752& site=eds-live&scope=site LEKTION 3 Sarica, R. (2020). Gesunde Führung in der VUKA-Welt: Orientierung, Entwicklung und Umsetzung in die Praxis. Haufe Group, S. 17–56. http://search.ebscohost.com.pxz.iub h.de:8080/login.aspx?direct=true&db=cat05114a&AN=ihb.47616&site=eds-live&scope =site LEKTION 4 Kühl, S. (2017). Leitbilder erarbeiten: Eine kurze organisationstheoretische Handreichung. Management kompakt. Springer VS, S. 1–29. http://search.ebscohost.com.pxz.iubh.de :8080/login.aspx?direct=true&db=edsebk&AN=1244490&site=eds-live&scope=site LEKTION 5 Schiersmann, C. & Thiel, H.U. (2018). Organisationsentwicklung: Prinzipien und Strategien von Veränderungsprozessen. Lehrbuch (5. Aufl.). Springer VS, S. 33–84. http://search.e bscohost.com.pxz.iubh.de:8080/login.aspx?direct=true&db=cat05114a&AN=ihb.38102 &site=eds-live&scope=site LEKTION 6 Hilmer, H. (2021). Konflikte in Projekten. Springer, S. 109–166. http://search.ebscohost.co m.pxz.iubh.de:8080/login.aspx?direct=true&db=edsebk&AN=2989095&site=eds-live&s cope=site 10 LEKTION 7 Herzka, M. (2017). Gute Führung. Springer Fachmedien, S. 63–89. http://search.ebscohost. com.pxz.iubh.de:8080/login.aspx?direct=true&db=cat05114a&AN=ihb.36288&site=eds -live&scope=site 11 ÜBERGEORDNETE LERNZIELE Der Kurs Professionalisierung von Leitung in pädagogischen Handlungsfeldern vermit- telt Ihnen einen Einblick in die Vielschichtigkeit von Leitungshandeln bezogen auf Organi- sationen in pädagogischen Handlungsfeldern. Sie werden sich ein Begriffsverständnis erarbeiten, das Leitung, Führung, Leadership und Management klärt und zueinander ins Verhältnis setzt. Außerdem lernen Sie ausgewählte Theorien von Führung und zentrale Modelle kennen. Darüber hinaus werden Sie mit einem Anforderungsprofil für Leitungskräfte in pädagogi- schen Handlungsfeldern vertraut gemacht, das Verantwortungsbereiche, Tätigkeitsfelder und Aufgaben skizziert, mit notwendigen Kompetenzen abgleicht und um Haltungen und Einstellungen ergänzt, die in Bezug auf Leitungspraxis zu reflektieren sein werden. Sie lernen die gesellschaftlichen Bedingungen des pädagogischen Leitungshandelns im 21. Jahrhundert kennen und machen sich mit seinen Widersprüchen und Ungewissheiten vertraut. Um dieses Fachwissen bereichert werden Sie aus unterschiedlichen Perspektiven auf Lei- tungshandeln innerhalb der Spannungsfelder stetiger Veränderung blicken. Ausgangs- punkt wird die normative Perspektive sein, innerhalb derer pädagogisches Personal agiert – eine Perspektive, die sich mit Grundideen, Werten und Leitbildern befasst. Im Kontext der sich anschließenden strategischen Perspektive wird es um die Formulierung konkreter Ziele gehen, die darauf ausgerichtet sind, die Vision einer Einrichtung zu erreichen. Im Fokus stehen hierbei sowohl das Kennenlernen von Angebotsportfolio, Positionierung am Markt und Personalplanung als auch das Erkennen der ökonomischen Tragfähigkeit der Strategie. Die operative Perspektive, in der es darum geht, die Strategie angemessen umzusetzen und richtig zu handeln, sowie die machtsensible und ethische Perspektive, die sich mit ethischen Fragestellungen pädagogischen Leitungshandelns (insbesondere mit der Dimension von Macht in pädagogischen Beziehungen) befasst, bilden den Abschluss des Perspektivenreigens pädagogischen Leitungshandelns. Um die Bedeutung der theoretischen Ansätze für die Praxis nachvollziehbar abzubilden, bleibt das Skript nicht ausschließlich auf einer normativen Ebene, sondern bietet vor allem in den Kapiteln drei bis sieben wertvolle Beispiele aus verschiedenen Feldern päda- gogischen Leitungshandelns – von der Kindertageseinrichtung über Weiterbildungsinsti- tute bis hin zu inklusiven Angeboten. Die Beispiele ermöglichen einen konkreten Praxisbe- zug und sollen zur Übernahme von Leitung motivieren. 12 LEKTION 1 THEORIEN VON FÜHRUNG UND LEITUNG LERNZIELE Nach der Bearbeitung dieser Lektion werden Sie in der Lage sein, … – die Begriffe Führung, Leadership und Management zu definieren. – Leadership und Management voneinander abzugrenzen. – zentrale Theorien von Führung zu benennen. – ausgewählte Modelle zum Leitungshandeln zu erklären. 1. THEORIEN VON FÜHRUNG UND LEITUNG Aus der Praxis Frau Große freut sich. Schon in vier Wochen übernimmt sie die Leitung der Kindertage- seinrichtung (KiTa) Finkenstraße. Sie arbeitet nun seit knapp zehn Jahren dort; das Kolle- gium, die Kinder und Eltern liegen ihr sehr am Herzen. Sie hatte damals als Zweitkraft in Teilzeit angefangen und ist seit nunmehr sechs Jahren Gruppenleiterin bei den „Eichhörn- chen“. Mit Frau Geisberger, ihrer unmittelbaren Kollegin in der Gruppe, fühlt sie sich sehr wohl, auch mit den anderen Teammitgliedern kommt sie eigentlich gut aus. Immerhin hat die KiTa mit ihren Krippen- und Kindergartengruppen ein Team von 15 Erziehenden und Kin- derpflegekräften, dazu kommen häufig Agierende im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) oder Praktikum sowie die beiden Damen der Essenversorgung. Je näher der Zeitpunkt der Übernahme rückt, desto mehr spürt Frau Große Respekt vor ihrer neuen Aufgabe. Wird sie allen gerecht werden können? Sie fragt sich: Was genau ist Führung? Was ist mit Leadership gemeint? Was bedeutet Management? Wie lassen sich die Begriffe zueinander ins Verhältnis setzen? 1.1 Definitionen von Führung, Leitung, Leadership und Management Bereits in den ersten Studien zu Bildungsprozessen in Bildungseinrichtungen wurde erkannt, dass es zu deren Gelingen im Wesentlichen auf die Leitung ankommt. Leitungs- Gatekeeper personen sind Gatekeeper; sie nehmen in der Organisation und in ihren fortlaufenden Als Gatekeeper werden Entwicklungen eine zentrale Rolle ein – verbunden mit einer Fülle expliziter und impliziter Leitungskräfte bezeich- net, um ihre zentrale Posi- Aufgaben (Berman & McLaughlin, 1975). Dies mag kaum verwundern. So besagt bspw. ein tion in der Organisation altes arabisches Sprichwort: „Ein Heer von Schafen, das von einem Löwen geführt wird, zu unterstreichen. schlägt ein Heer von Löwen, das von einem Schaf geführt wird.“ Führung bedeutet im Wesentlichen, Menschen zu führen. Herausragende Führungskom- petenzen scheinen sogar selbst weniger starke Teams zu hoher Produktivität führen zu können. Schon im frühen Mittelalter konstatierte der fränkische Heeresführer Karl Martell, dass, wer andere beherrschen will, sich selbst beherrschen können müsse, womit er den Fokus auf die Annahme richtete, dass das Sich-selbst-führen-Können eine wesentliche Grundlage dafür darstellt, andere zu führen und Leitungsverantwortung zu übernehmen. Die folgenden beiden Aspekte lassen sich bereits dadurch konstatieren: 14 Führung und Leitung werden im Alltagsgebrauch kaum bis nicht unterschieden. Führung und Leitung erweisen sich als komplexe Anforderungen. Während in Wirtschaftsunternehmen in der Regel von Führungskräften und/oder dem Management gesprochen wird, ist in pädagogischen Handlungsfeldern der Begriff Leitung üblich: Schulleitungen, KiTa-Leitungen, Heimleitungen und Leitungen von Weiterbil- dungseinrichtungen sind vertraute Bezeichnungen. Zudem wird der Leitungsbegriff auf verschiedenen Ebenen verwendet – von der Einrichtungsleitung über die Gruppenleitung bis hin zu Teamleitungen. Inhaltlich umfasst Leitung in pädagogischen Handlungsfeldern ein komplexes Aufgabenspektrum, das über die Führungs- oder Managementverantwor- tung in Unternehmen hinausgeht. Unterschiedliche Profile für Leitungen – von KiTa über Schule bis hin zu Fort- und Weiterbildungseinrichtungen – definieren sowohl klassische Verantwortungsbereiche (z. B. Personalführung, Qualitätsentwicklung, Finanzmanage- ment) als auch pädagogische, wie z. B. die pädagogisch-konzeptionelle Ausrichtung, die in konkrete Aufgaben heruntergebrochen werden. Die Leitung besitzt dabei die Gesamtver- antwortung und stellt die Erfüllung des übertragenen Bildungs-, Betreuungs- und Erzie- hungsauftrags sicher. Ihre Konkretisierung erfolgt in kontinuierlichen Kommunikations-, Organisations- und Entwicklungsprozessen gemeinsam mit Anderen. Sich dem der Leitung verwandten Begriff „Führung“ im Sinne einer Definition zu nähern, ist ebenfalls nahezu unmöglich. Führung ist für sich genommen ein komplexes Konstrukt. Konstrukt Zu dieser Erkenntnis kommen die beiden Wirtschaftsprofessoren und Führungsexperten Ein Konstrukt ist ein gedanklicher Sachverhalt, Bennis und Nanus (1985) in ihrem Werk „Leaders“, wenn sie sagen: „[Leadership is] as art der wissenschaftlich … The only thing that matters in art is the part that it cannot be explained“ (Bennis & geklärt werden muss. Nanus, 1985, S. 5). Gleichzeitig scheint zumindest in englischer Sprache klar: Führung ist Leadership. Doch gilt diese Synonymisierung auch im deutschsprachigen Raum? Zum Verständnis und zur besseren Einordnung von Führung lohnt ein Blick in die Geschichte, dorthin, wo zum ersten Mal Führung aus der Perspektive der Wissenschaft betrachtet wurde. Taylor (2020), US-amerikanischer Ingenieur, publizierte vor gut 100 Jah- ren „The Principles of Scientific Management“ (Taylor, 2020), das zum Standardwerk für Führung wurde. Sein Fokus lag – wie im Buchtitel erkennbar – auf Management. Führung Management wurde hier mit Management gleichgesetzt in der Annahme, dass Menschen prinzipiell Sachaufgaben und Pro- zessverantwortungen von eher keine Verantwortung übernehmen wollen und rein zweckrational handeln. Kurzum: Leitungskräften gehören Es geht nach Taylor in der Führung darum, in einer Organisation dafür zu sorgen, dass die zum Management. Mitarbeitenden möglichst produktiv sind. Dazu werden Arbeitsabläufe in klare und über- schaubare Aufgaben zerteilt, die Menschen dafür geschult und mit Anreizsystemen wie Geld dazu gebracht, sie möglichst effektiv auszuführen. Gräser (2013) setzt dem ein anderes Verständnis entgegen. Er deutet Führung als soziales Phänomen und versteht die Führungsperson als aktiv und richtungsgebend im sozialen Ordnungsprozess einer Organisation (Gräser, 2013). Damit folgt er einem mit dem engli- schen Begriff Leader verbundenen Blick auf Führung. Leadership ist ausgerichtet auf die Leadership Führung von Menschen. Diese Sicht bestätigen auch andere. Drucker (2014) definiert Der Begriff wird als Syno- nym zu Führung von Men- effektive Führung über folgende Faktoren (Drucker, 2014): schen gebraucht. 15 Führung bedeutet Mitarbeitendenführung. Führung bedeutet, auch unliebsame Entscheidungen zu treffen, um Ergebnisse zu erzie- len. Eine Führungskraft hat Modellfunktion und muss mit gutem Beispiel vorangehen. Auch für Kotter (1990), Professor an der Harvard Business School, steht die Führung von Menschen im Fokus. Er versteht Führung im Sinne von Leadership als Prozess, der von einer Führungsperson so ausgestaltet werden soll, dass die Menschen sich inspiriert und mitgenommen fühlen (Kotter, 1990). Gairola (2011) bringt beide Perspektiven – Leadership und Management – schließlich in einer Übersicht zusammen und akzentuiert die zentralen Unterschiede. Tabelle 1: Leadership und Management nach Gairola Leadership Management wichtigste Aufgaben eine Vision für die Zukunft schaf- detaillierte Schritte und Meilensteine defi- fen; festlegen, welche Ressourcen nieren, um vorgegebene Ziele zu erreichen, zukünftig notwendig sind, um die planen, kontrollieren und korrigierend ein- Vision umzusetzen; die Vision/ greifen; den Arbeitsfluss optimieren, eine Ziele kommunizieren und eine geeignete Organisationsstruktur schaffen, Unternehmenskultur schaffen, in Rollen und Verantwortungen zuweisen; der Menschen effektiv zusammen- optimale Nutzung vorhandener Ressourcen arbeiten können; für angemes- – Geld, Zeit, Material und Menschen – sene Investitionen in zukünftige sicherstellen Aufgaben sorgen zeitlicher Fokus langfristig; schaut nicht auf die kurz- und mittelfristig; fokussiert sich vor Vergangenheit, sondern konzent- allem auf das Korrigieren von Fehlern der riert sich darauf, heute die richti- Vergangenheit gen Schritte einzuleiten, um Visio- nen in der Zukunft zu realisieren angestrebtes Ziel Effektivität und Wachstum: stellt Effizienz und Erhaltung gegenwärtiger sicher, dass das Geschäft kontinu- Werte: muss sicherstellen, dass die derzeit ierlich und nachhaltig wächst erzeugte Qualität erhalten und kontinuier- bzw. sich weiterentwickelt lich verbessert wird und dass das Geschäft einen konstanten Cashflow erbringt Risikopräferenz risikofreudig; muss die für Wachs- risikoavers; strebt danach, Fehler und Risi- tum notwendigen Risiken einge- ken zu vermeiden hen notwendige Fähig- erfordert geistige Reife und Integ- erfordert Organisationstalent, operative keiten und Kompe- rität in den Intentionen; die Eigen- Intelligenz und Fachwissen tenzen schaft, Menschen zu inspirieren, nach neuen Wegen zu suchen und an ihre Fähigkeiten zu glauben Quelle: Gairola, 2011, S. 3. Bezogen auf Leitungshandeln in pädagogischen Organisationen lässt sich festhalten, dass beides gebraucht wird. Leadership, die englische Übersetzung des Begriffes Führung, und Management sind zwei Teile, die gemeinsam professionelles Leitungshandeln bedingen, Leitung ausmachen. Während im Bereich der Wirtschaft Führung oft mit Leitung gleichge- 16 setzt wird, lässt sich für das pädagogische Feld (ausgehend von den englischen Begriffen) Leitung eine Ordnung entwickeln, die Leadership (Führung) als Teilbereich von Leitungshandeln Als Oberbegriff umfasst Leitung das Führen von identifiziert und notwendigerweise immer um Management ergänzt. Menschen und das Bear- beiten von Aufgaben. Abbildung 1: Leitungshandeln Quelle: Ulrike Lichtinger, 2021. Führung oder Leadership wird darüber hinaus weiter in „Andere führen“ und „sich selbst führen“ ausdifferenziert. Das geschieht aus der Überzeugung heraus, dass jemand sich selbst führen können muss, um Andere gut führen zu können. Benannt wird die Selbstfüh- rung mit Self-Leadership. Dies umfasst neben Selbstanalyse und Selbstbeobachtung, sich Self-Leadership selbst Ziele zu setzen, deren Erreichung zu reflektieren und Erfolge zu feiern sowie die Der Fachbegriff für Selbst- führung lautet Self-Lead- eigene Führung zur Führung Anderer in Beziehung zu setzen und Wechselwirkungen ership. erkennen zu können (Furtner, 2018). 1.2 Theorien und Modelle von Führung und Leitung Neben einer Klärung der unterschiedlichen Begrifflichkeiten im Kontext von Führung die- nen Theorien und Modelle einer detaillierten Darstellung verschiedener Dimensionen von Führung. Im Folgenden werden daher ausgewählte Führungstheorien sowie -modelle ein- gehender betrachtet und ihren Aussagesystemen zugeordnet. Führungstheorien Unter Theorien von Führung und Leitung werden insbesondere Aussagesysteme zur Erklä- rung von Führungserfolg verstanden. Auch hier zeigt sich in der Regel die bereits erwähnte Gleichsetzung von Führung und Leitung. Aufgrund der Tatsache, dass in den Erklärungen zu Führungserfolg primär von der Leitungsperson bzw. den handelnden Personen in der Organisation, Führungskräften und Mitarbeitenden ausgegangen wird, wird in diesem Skript ausschließlich von Führungstheorien gesprochen. 17 Über die Zeit sind unterschiedliche Erklärungsmuster für Führungserfolg entstanden und in verschiedene Ansätze eingeflossen. Dabei ist für jede Theorie ein bestimmter Blickwin- kel bzw. die Betrachtung einer Dimension im Kontext des Leitungshandelns wesentlich. Es lassen sich klassische Theorien zur Mitarbeitendenführung und neuere Forschungsan- sätze unterscheiden (Bartscher & Nissen, 2017). Abbildung 2: Wesentliche Führungstheorien im Überblick Quelle: Ulrike Lichtinger, 2021, in Anlehnung an Bartscher & Nissen, 2017, S. 62. Eigenschaftstheorie Die Eigenschaftstheorie stellt den ältesten Erklärungsversuch dar. Bestimmte Eigenschaf- Eine Führungskraft besitzt ten werden der Führungskraft zugeschrieben, also attribuiert. Das bedeutet: Es wird bestimmte Führungsei- genschaften und handelt davon ausgegangen, dass sich Führungserfolg aus den spezifischen Eigenschaften der auf Basis dieser. Führungsperson ergibt. Diese sind nicht erlernbar, sondern angeboren und damit durch- weg stabil. Sie wirken situations-, gruppen- und aufgabenunabhängig. Stogdill (1948) eru- ierte in einer Metaanalyse verschiedener Studien folgende fünf Merkmalsgruppen, denen jeweils konkrete Eigenschaften zugeordnet werden (Bartscher & Nissen, 2017; Stogdill, 1948): Befähigung: u. a. Intelligenz, Wachsamkeit und Urteilskraft; Leistung: u. a. Wissen, Qualifikation und berufliche Erfolge; Verantwortlichkeit: u. a. Zuverlässigkeit und Selbstsicherheit; Partizipation: u. a. Kooperationsverhalten und Einsatzwille; Status: u. a. Position und Beliebtheit. Trotz kritischer Reflexion der Eigenschaftstheorie als einseitiges Erklärungsmuster für Füh- rungserfolg widmen sich neuere Ansätze, insbesondere ein Ansatz zu charismatischen Führungspersonen, erneut der Thematik. Die Verhaltenskomponente der Führung nimmt die Verhaltenstheorie stärker in den Fokus. Konkret wird der Frage nachgegangen, wie sich erfolgreiche Führungspersonen in ihrem Verhalten von weniger erfolgreichen unterscheiden. Zwei Studien, die Ohio-Studien 18 (Fleishman, 1953) und die Michigan-Studien (Likert, 1961), zeigten ähnliche Ergebnisse: Verhaltenstheorie Die Führungsperson richtet ihr Verhalten auf Organisationsziele und -prozesse aus und hat In der Verhaltenstheorie werden das Führungsver- hierbei die Beschäftigten, deren Interessen und Bedürfnisse im Blick. Es wurde ein Zwei- halten und die Einflüsse Faktoren-Modell entwickelt, das im Laufe der Zeit um weitere, wie z. B. das Vier-Faktoren- darauf untersucht. Modell (Bowers & Seashore, 1966), ergänzt und zu einem Verhaltensgitter (Blake & Mou- ton, 1994) bzw. zum sogenannten Reifegrad-Modell (Hersey et al., 2013) ausgebaut wurde (Bartscher & Nissen, 2017). Aus der Verhaltenstheorie heraus erfolgte eine Diskussion um Führungsstile, zu deren Führungsstile bekanntester Klassifikation die drei Führungsstile Lewins (1939) gehören: Die Führungsstile beschreiben die Art und Weise, wie jemand führt. der autoritäre oder auch hierarchische Führungsstil (Entscheidung allein durch die Füh- rungskraft und Kontrolle von oben); der demokratische oder auch kooperative Führungsstil (bewusste Einbindung der Mitar- beitenden in Entscheidungen); der Laissez-faire-Stil (kaum Vorgaben und hohe Eigenständigkeit der Mitarbeitenden) (Lewin et al., 1939). An diesem Ansatz als kritisch zu bewerten ist, dass vermutlich weder zwei noch vier Gitter ausreichen, um die Verhaltensdimensionen von Führungskräften vollständig und präzise zu erfassen. Situationstheorien verschieben den Fokus der Betrachtung von der Führungsperson auf Situationstheorien die konkrete Situation. So ging Fiedler (1986) als einer der ersten davon aus, dass Füh- Führungssituationen wer- den betrachtet und rungserfolg von Führungsperson und Mitarbeitenden abhängig ist. Daher werden Merk- dahingehend untersucht, male der konkreten Situation als relevant betrachtet, wie das Führungsperson-Mitarbei- was darin wie wirkt. tenden-Verhältnis und die Strukturiertheit der Aufgaben. Es ergeben sich günstige und weniger günstige Situationen. Aufgrund der Tatsache, dass Fiedlers situativer Ansatz nicht per se einen Führungsstil als erfolgreich ansieht, untersuchte er das Zusammenspiel von Günstigkeit einer Situation und Führungsstil. Dabei unterscheidet er grundsätzlich Lei- tungspersonen, die sich insbesondere zur Erledigung von Aufgaben verpflichtet sehen und an sie herangetragene Anforderungen erfüllen wollen (aufgabenorientierte), von denen, die insbesondere die Führung der Mitarbeitenden (personenorientierte) im Fokus ihrer Arbeit sehen. Er stellte fest, dass aufgabenorientierte Führungskräfte in sehr günstigen und extrem ungünstigen Situationen, allerdings personenorientierte Führungskräfte in „mittleren“ Situationen besonders erfolgreich sind. Es wird daher eine situationsabhän- gige Varianz in der Führung empfohlen. Aus diesen ersten Überlegungen im Sinne eines Entscheidungsmodells wurden komplexere Modelle entwickelt, wie z. B. die Weg-Ziel-The- orie oder die implizite Führungstheorie. Damit sind Theorien gemeint, die besonders auf Ziele und damit verbundene Prozesse gerichtet sind. Transformationstheorien sind neueren Charakters. Sie berücksichtigen die Wandelbar- Transformations- keit von Beschäftigten und zielen darauf ab, Einstellungen und Ziele von Mitarbeitenden theorien Es wird der Frage nachge- zu transformieren – weg von individualistischen hin zu gemeinschaftlichen Zielen. Das gangen, wie eine Füh- erfordert eine Führungsperson, die als Vorbild vorangeht und es versteht, die Mitarbeiten- rungsperson Mitarbei- den zu inspirieren und im Entwicklungsprozess zu unterstützen (Bass & Riggio, 2006). tende beeinflussen und somit transformieren Dazu schlägt Bass vier Komponenten vor, die auch als „vier I’s“ transformationaler Lei- kann. tungskräfte (Felfe, 2006) beschrieben werden: 19 „Idealized Influence“ (idealisierter Einfluss): Die Führungskraft übernimmt eine Vor- bildfunktion und agiert so, dass sich das Kollegium an ihr sowohl inhaltlich als auch persönlich orientieren kann. „Inspirational Motivation“ (inspirierende Motivation): Die Führungsperson versteht es, die Mitarbeitenden durch Visionen zu inspirieren und zu motivieren, sich für die Anliegen der Organisation zu engagieren. „Intellectual Stimulation“ (intellektuelle Stimulation): Die Führungskraft regt das Kollegium an, Prozesse kritisch zu hinterfragen und – wo nötig – zu optimieren. „Individualized Consideration“ (individuelle Berücksichtigung): Die Führungsper- son unterstützt Selbstvertrauen und Selbstwirksamkeit der Mitarbeitenden. Sie kennt die Stärken jedes Mitarbeiters bzw. jeder Mitarbeiterin, berücksichtigt sie individuell und geht auf spezifische Bedürfnisse und Wünsche ein (Bass & Riggio, 2006). Weibler (2016, S. 339–344) übersetzt die vier Komponenten mit Charisma, Inspiration, geistige Anregung und individuelle Beachtung, wobei er diese ausführlich erläutert. Tabelle 2: Komponenten transformationaler Führung Transformationale Führung individuelle Beach- Charisma Inspiration geistige Anregung tung Enthusiasmus vermit- über eine fesselnde etablierte Denkmuster Mitarbeitende indivi- teln Vision motivieren aufbrechen duell fördern als Identifikationsper- neue Einsicht vermit- son wirken teln Quelle: Ulrike Lichtinger, 2021, in Anlehnung an Weibler, 2016, S. 341. Interaktionstheorien Interaktionstheorien sind auf gelingende Führungskraft-Mitarbeitenden-Beziehungen Das Gelingen von Bezie- gerichtet. Sie führen die klassischen Führungstheorien (Eigenschaften, Verhalten, Situa- hungen zwischen Leitung und Mitarbeitenden steht tion) in einer Art Synthese fort. Führung wird als interaktiver Prozess betrachtet, beein- im Mittelpunkt der Inter- flusst von den Persönlichkeitsmerkmalen der Geführten und der Führungskraft, deren Ver- aktionstheorie. halten sowie der relevanten Situation. Es wird davon ausgegangen, dass jede Führungskraft-Mitarbeitenden-Beziehung einzigartig ist und über das Zusammenwirken der beiden gestaltet wird. Ist diese hochwertig, so können hohe Mitarbeitenden-Produkti- vität und Wohlbefinden entstehen, bei niedrigem Wert sind Beschäftigte wenig motiviert und tendieren dazu, die Organisation zu verlassen. Deshalb steht beim Interaktionsansatz die Dynamik der Beziehung im Vordergrund. In ihr werden die jeweiligen situativen Rollen der beiden Akteur:innen sowie deren wechselseiti- ger Bezug wichtig. Dieser entsteht immer wieder neu in einem Prozess einer sich wieder- holenden Aushandlung (Katz & Kahn, 1978). Sie wird als iterative Rollenentwicklung bezeichnet. Ein spezieller Ansatz der Interaktion ist der sogenannte Leader-Member- Exchange (LMX) (Rockstuhl et al., 2012). Hier stehen die Austauschprozesse von Führungs- kraft und Mitarbeitendem im Zentrum und werden im Kontext der jeweiligen Rollenerwar- tungen betrachtet. Es wird davon ausgegangen, dass sich der LMX dynamisch weiterentwickelt. 20 Positive Leadership ist erst nach der Jahrtausendwende ausgehend von der positiven Positive Leadership Psychologie entstanden und zählt zu den jüngsten Entwicklungen. Im Wesentlichen geht Das Wohlbefinden der Mitarbeitenden steht im es hierbei darum, über Führung das Wohlbefinden der Mitarbeitenden zu erhöhen in dem Zentrum von Positive Wissen, dass dies unmittelbare Auswirkungen auf die Produktivität und damit auf die Leis- Leadership. tungen in der Organisation hat. Wohlbefinden wird dabei nicht nur mit Wohlfühlen gleich- gesetzt, sondern als Konstrukt verstanden, das aus verschiedenen Faktoren besteht. Die Führungskraft nutzt in der konkreten Arbeit empirisch überprüfte Methoden, um die ein- zelnen Faktoren bei den Mitarbeitenden zu stärken (Ebner, 2019). Führungsmodelle bieten eine Visualisierung von Denkweisen zu Führung, die unterschied- liche Schwerpunkte haben können. Im aktuellen Führungsdiskurs werden Organisationen als komplex und permanent im Wandel wahrgenommen. Sie benötigen daher von der Leitung einen strukturierten und systematischen Blick. Leitungspersonen sind angehalten, die Steuerung strategisch vor- und die Menschen im System gut mitzunehmen. Das Prozessmodell professionellen Handelns von Leitungskräften entspringt pädagogi- Prozessmodell schen Kontexten und fokussiert die Entwicklung von Organisationen. Sie bildet die Kern- Die Entwicklung der Orga- nisation wird im Prozess- aufgaben der Prozessgestaltung ab und bringt sie in eine Ablaufstruktur. Wünsche und modell angezielt. Prinz (2018) ziehen am Beispiel von KiTas eine Parallele zwischen pädagogischen Fach- kräften und deren Arbeit mit Lernenden und Leitungspersonen in pädagogischen Organi- sationen. So wie Pädagog:innen Bildungsprozesse gestalten, so sehen sie als zentrale Auf- gabe der Leitung der Organisation und der einzelnen Mitglieder des Teams ebenfalls, Bildungs- und Entwicklungsprozesse zu ermöglichen. Ziel ist die Identifikation eines Ist- Stands der Einrichtung über die rein subjektive Deutung hinaus. Es geht darum, die eigene Wahrnehmung zu schulen und das Beobachtete mit Anderen zu reflektieren, Perspektiven abzugleichen, Wünsche zu erkennen und eine möglichst von allen getragene Vision sowie sich daraus ergebende Ziele abzuleiten, deren Umsetzung Schritt für Schritt geplant wer- den kann. Dieses Vorgehen ist getragen vom Prinzip der Ownership. Menschen sind dann bereit, Prozesse mitzutragen, wenn sie den Eindruck haben, dass die Entwicklung für sie Sinn ergibt, dass sie Teil dieser Entwicklung sind und diese aktiv mitgestalten können (Wünsche & Prinz, 2018). 21 Abbildung 3: Prozessmodell professionellen Handelns von Leitungskräften Quelle: Wünsche & Prinz, 2018, S. 28. Mehrebenenmodell Ein Blick auf die möglichen Ebenen von Leitung über das Mehrebenenmodell von Lei- Leitungshandeln vollzieht tungshandeln macht deutlich, dass das Thema Leitung nicht nur auf der Makroebene, also sich auf verschiedenen Ebenen einer Organisa- für Leitungskräfte von Einrichtungen, Relevanz besitzt. tion und kann daher über ein Mehrebenenmodell visualisiert werden. 22 Abbildung 4: Mehrebenenmodell von Leitungshandeln Quelle: Ulrike Lichtinger, 2021, in Anlehnung an Creemers & Kyriakides, 2010, S. 9. Leitungsaufgaben finden sich ebenso auf der Meso- und Mikroebene von pädagogischen Organisationen. So geht die Führung einer Gruppe mit Leitungsverantwortung einher und impliziert, einer Reihe von Anforderungen an diese Rolle gerecht zu werden. Leitung auf der Mesoebene kann einen Kurs an einer Volkshochschule betreffen, eine Gruppe in der KiTa, eine Wohngruppe in einem Wohnheim, eine Gruppe in einem Hort oder eine Senio- rengruppe in der Seniorenresidenz. Alternativ kann die Leitung eines Teilteams innerhalb der Einrichtung gemeint sein, wie bspw. die Fachgruppe Beratung in der Jugendhilfe oder die Krippengruppe in einer KiTa. Auf der Mikroebene der Selbstführung kommt jedem Menschen Verantwortung zu. Alle sind aufgefordert, ihre Kompetenzen lebenslang auszu- bauen, ihr Handeln kontinuierlich zu reflektieren und zu professionalisieren. Zurück zur Praxis Frau Große fühlt sich theoretisch informiert. Das hilft ihr, ihr eigenes Wissen zum Thema Führung zu strukturieren und zu präzisieren. Sie sieht nun viel klarer, dass Führung und Leadership synonym zu verstehen sind und sich auf die Führung von Menschen beziehen. Durch die Vielzahl der Verwaltungsaufgaben, die an sie herangetragen wurden, hatte sie zunächst stärker die Aufgaben des Managements im Blick. Die Arbeit mit Menschen war für sie als Pädagogin selbstverständlich. Dass Leadership und Management zusammen Lei- tungshandeln ergeben, ist für sie insofern wichtig, als dass sie dadurch merkt, dass sie auch für die Arbeit mit dem Team Zeit als Leitung reservieren darf und muss. Vollkommen neu ist für Frau Große, welche Bedeutung Self-Leadership (Selbstführung) für ihr Leitungs- handeln hat. Sie nimmt sich daher vor, sich auch in diesem Bereich durch Fortbildung zu professionalisieren. 23 ZUSAMMENFASSUNG Leitungshandeln wirkt in zwei Teilbereichen: Leadership und Manage- ment. Leadership bezieht sich auf die Führung der Menschen in der Organisation und beleuchtet insbesondere die damit verbundenen Interaktionsprozesse. Teil von Leadership ist Self-Leadership. Es defi- niert die Zielmarke, sich selbst führen zu können. Management umfasst alle anfallenden Sachaufgaben und Prozesse – von der Verwaltung der Finanzmittel über die Regelung der betrieblichen Abläufe bis hin zur Instandhaltung von Baulichkeiten. Führungstheorien gehen der Frage nach, wie Führungserfolg erklärt wer- den kann. Sie werfen ein Licht auf ausgewählte Aspekte oder Zusam- menhänge. Während zunächst die Führungskraft mit ihren Dispositionen im Vordergrund stand, wurden über die Zeit zunehmend die Wechselwir- kungen von Führungsperson und Mitarbeiter:in wichtig. Führungsmodelle geben mithilfe von Bildern und Übersichten Impulse für unterschiedliche Denkweisen von Führung. Sie unternehmen den Versuch, Teilbereiche aufzufächern und zu analysieren oder die Komple- xität von Führung darzulegen. Das Prozessmodell zeigt auf, wie sich Lei- tungshandeln schrittweise prozesshaft an verschiedenen Aufgaben voll- zieht. Im Mehrebenenmodell wird deutlich, dass Leitungshandeln nicht nur im Sinne der Einrichtungsleitung verstanden werden kann, sondern mehrdimensional stattfindet und daher verschiedenste Personen in der pädagogischen Organisation betrifft und bis zu Self-Leadership (Selbst- führung) reicht. 24 LEKTION 2 ANFORDERUNGSPROFIL FÜR LEITUNGSKRÄFTE IN PÄDAGOGISCHEN HANDLUNGSFELDERN LERNZIELE Nach der Bearbeitung dieser Lektion werden Sie in der Lage sein, … – die Bereiche eines Anforderungsprofils für Leitungskräfte zu benennen. – die für professionelles Leitungshandeln notwendigen Kompetenzen zu beschreiben. – Haltung, Einstellung und damit verwandte Begriffe voneinander abzugrenzen. – das Konzept des Growth Mindset zu erklären. 2. ANFORDERUNGSPROFIL FÜR LEITUNGSKRÄFTE IN PÄDAGOGISCHEN HANDLUNGSFELDERN Aus der Praxis Herr Riebele ist seit vier Wochen in seiner Rolle als Leiter des städtischen Hortes tätig. Gerade sitzt er am Schreibtisch, sichtet zwei von der anliegenden Grund- und Mittelschule gemeldete Aufnahmeanträge, als das Telefon läutet und eine Mutter ihr krankes Kind ent- schuldigt. Nebenbei steckt die Gruppenleiterin und enge Freundin Angela ihren Kopf ins Zimmer und will wissen, ob sie heute den Einstiegskreis nach dem Mittagessen überneh- men soll. Herr Riebele zögert kurz und nickt; er muss noch dringend die Überarbeitung des pädagogischen Konzepts zum Baustein Inklusion an den Träger schicken. Zudem darf er nicht vergessen, den Mittagsdienst darüber zu informieren, dass nächsten Donnerstag alle Kinder auf einem Ausflug sein werden. Wieder ein voller Aufgabenplan. Herr Riebele wird zur Professionalisierung als Leitungskraft eine Qualifizierung in Anspruch nehmen, die ihn mit Anforderungsprofilen für Leitungskräfte vertraut macht, denn er fragt sich: Welche Anforderungen werden an die Leitung einer pädagogischen Einrichtung gestellt? Welche Haltungen und Einstellungen werden von der Leitungskraft erwartet? Über welche Kompetenzen sollte eine Leitungskraft verfügen bzw. welche sollte sie aus- bilden, um den entsprechenden Tätigkeitsbereichen gerecht werden zu können? 2.1 Anforderungsprofil für Leitungskräfte und notwendige Kompetenzen Um der Vielfalt der Aufgaben von Leitung gerecht zu werden, ist es erforderlich bzw. hilf- reich, diese explizit erfassen zu können. Anforderungsprofile bieten sowohl einen Über- blick über das Spektrum an Tätigkeiten, die von Leitungskräften einer pädagogischen Ein- richtung zu bearbeiten sind, als auch einen dezidierten Einblick in die Aufgaben, die zu den jeweiligen Tätigkeitsfeldern gehören. Anforderungsprofil Studienergebnissen zufolge entstehen bei Leitungskräften hohe Belastungen dadurch, dass ihre Rolle und ihre Aufgaben zu wenig oder nicht geklärt sind (Nentwig-Gesemann et al., 2016). So stellen Falkenhagen et al. (2017) in ihrer Untersuchung heraus, dass unklare Aufgabenbeschreibungen und Zuständigkeiten teilweise zu Rollenkonflikten und Überfor- derungsgefühlen beitragen. Leitung agiert häufig gerade in pädagogischen Organisatio- nen in einem Spannungsfeld fehlender struktureller Rahmungen und einer Überfülle an 26 Aufgaben. Das zeigt auch das Vorhandensein einer inzwischen großen Bandbreite an Dokumenten zu Anforderungs-, Aufgaben- oder Leitungsprofilen. Allen gemein ist der Anforderungs-, Fokus auf Leitung, indem der Frage nachgegangen wird, welche Anforderungen an eine Aufgaben- oder Leitungsprofile Leitungsperson gestellt werden bzw. was diese erfüllen/leisten soll, damit Leitung gelingt. Die Verantwortungsberei- Gemeint sind die der Leitung übertragenen Verantwortungsbereiche, Tätigkeiten und Auf- che, Tätigkeitsfelder und gaben. Dem gegenüber stehen die Kompetenzen einer Leitungskraft, also die Fähigkeiten Aufgaben von Leitung werden über Anforde- einer Person, die sie besitzt oder erwerben sollte, um die ihr überantworteten Aufgaben zu rungs-, Aufgaben- oder erledigen. Insgesamt dienen sie allesamt dazu, auf Grundlage der rechtlichen Rahmenvor- Leitungsprofile darge- stellt. Die Begriffe sind gaben die Führungs- und Leitungstätigkeiten in einer pädagogischen Einrichtung systema- weitgehend synonym. tisch zu identifizieren, und stehen Leitungspersonen als Orientierungshilfe für die Praxis Kompetenzen zur Verfügung. Die Fähigkeiten einer Per- son, die sie besitzt oder erwerben sollte, um pro- Hauptverantwortlich für eine pädagogische Einrichtung ist zunächst der Träger. Ihm fessionell zu handeln, obliegt die Gesamtverantwortung für die Erfüllung des Bildungs-, Betreuungs- und Erzie- werden als Kompetenzen hungsauftrages. Da der Träger in den seltensten Fällen in seinen Einrichtungen vor Ort ist, bezeichnet. überträgt er die Leitungsverantwortung an eine Leitungsperson. Anforderungs- und Auf- gabenprofile können hierbei hilfreich sein, um zu klären, welche Verantwortlichkeiten beim Träger, welche bei der Leitungskraft liegen. Während zahlreiche Handreichungen die Klärung der Aufgaben von Träger und Leitung auf Basis der rechtlichen Grundlage befür- worten, gibt es darüber hinaus Empfehlungen, die weiteren Handlungsebenen zugleich in den Fokus zu nehmen. Ein Anforderungsprofil kann daher klären, … … auf welcher rechtlichen Grundlage das Anforderungsprofil aufbaut, wie die Verantwortungs- und Aufgabenteilung zwischen dem Träger und der Einrich- tungsleitung aussieht, wie die Aufgabenteilung innerhalb der Einrichtung geregelt ist, in welchem Rhythmus die Tätigkeiten durchgeführt werden und wie die geschätzten Zeitressourcen für die Erledigung der Tätigkeiten aussehen (Cramer & Münchow, 2017). Die Praxishilfe der Bertelsmann-Stiftung (Cramer & Münchow, 2017) bietet Trägern und Leitungen eine Orientierung, um Führungs- und Leitungstätigkeiten systematisch identifi- zieren und reflektieren zu können. Zunächst auf KiTas ausgerichtet, lassen sich die Verant- wortungsbereiche als generellste Ebene sowie die dargestellten Tätigkeitsbereiche relativ leicht für andere pädagogische Einrichtungen adaptieren. Die Publikation diente als Grundlage für die folgende Übersicht und die sich anschließenden Erläuterungen (Cramer & Münchow, 2017). 27 Abbildung 5: Verantwortungsbereiche Leitung Quelle: Ulrike Lichtinger, 2021. Die abgebildeten neun Verantwortungsbereiche lassen sich weiter über damit verbundene Tätigkeitsbereiche und Aufgaben ausdifferenzieren. So umfasst der Verantwortungsbe- Verantwortungsbereich reich Pädagogik u. a. pädagogisch-konzeptionelle Verantwortung, die Anleitung und Pädagogik Beratung der pädagogischen Fachkräfte sowie die Initiierung von Kooperation und Kom- Unter dem Verantwor- tungsbereich Pädagogik munikation im Team. Hierunter fallen z. B. die Sicherstellung der Orientierung der pädago- wird die Verantwortung gischen Arbeit an Länder- oder Kommunalvorgaben bzw. an der Umsetzung der Konzep- für die pädagogische tion und des Leitbildes. Arbeit in der Einrichtung verstanden. Personalführung Personalführung reicht von der Auswahl über die Einsatzplanung bis hin zur Führung und Die Personalführung Entwicklung der Mitarbeitenden. Hierzu gehören das Erstellen von Stellenausschreibun- meint die Verantwortung für die Auswahl, Einsatz- gen, die Koordination von Hospitationsterminen für Interessierte, das Führen von Perso- planung, Führung und nalgesprächen inklusive einer Fortbildungsplanung sowie ggf. die Akquise und Organisa- Entwicklung der Mitarbei- tion von weiteren Fachkräften für das Aufgabenfeld. tenden. Qualitätsmanagement Qualitätsmanagement erfordert Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung. Konkret Unter Qualitätsmanage- werden die kontinuierliche Weiterentwicklung der Einrichtungskonzeption sowie die pro- ment wird die Verantwor- tung für die qualitätsvolle fessionelle Umsetzung angezielt. Die Einführung eines Beschwerde- und Konfliktmanage- Ausgestaltung und Ent- ments sowie die Vorbereitung und Durchführung von Befragungen oder die Überprüfung wicklung der Einrichtung von Jahreszielen können Elemente dieses Aufgabenfeldes sein. gefasst. Das Feld der Betriebsführung umfasst die Finanzen, die allgemeine Bürowirtschaft, Bau- und Sachausstattung, Belegungsplanung sowie die Einhaltung rechtlicher Vorgaben. Das Finanzmanagement kann unterschiedlich ausfallen: Vom Erstellen eines Wirtschaftsplans über Finanz- und Lohnbuchhaltung bis hin zur Abwicklung und Überprüfung des einrich- tungsbezogenen Zahlungsverkehrs oder des Führens einer Handkasse existieren verschie- dene Optionen. Die allgemeine Bürowirtschaft kann neben der Sichtung von Post oder E- Mails sowie der Sicherstellung der telefonischen Erreichbarkeit die Betreuung von 28 Besucher:innen, die Organisation der Ablage, Aktenführung u. v. m. umfassen. Was die Bau- und Sachausstattung betrifft, so können Renovierungen, Anbauten oder Neubauten der Einrichtung ebenso wie die Bauunterhaltung oder die Verwaltung des Inventars in der Verantwortung der Leitungsperson liegen. Zur Organisationsentwicklung gehören die strategische Planung, die Weiterentwicklung Organisationsent- der Organisationskultur sowie die Analyse und Optimierung der Arbeitsorganisation. Eine wicklung Die Organisationsent- Erstellung und Weiterentwicklung des Einrichtungsprofils in Zusammenarbeit mit dem wicklung umfasst die stra- Träger sowie die Anpassung im Hinblick auf gesellschaftliche Entwicklungen oder auf das tegisch geplante Entwick- Umfeld sind Teil der Organisationsentwicklung. Zudem geht es um die Planung und lung der Einrichtung. Umsetzung von Veränderungsprozessen, ggf. auch um die Akquise, Planung und Durch- führung geförderter Projekte. Zur Stärkung der Organisationskultur braucht es einen Blick auf das Miteinander im Team, das gemeinsame Zelebrieren von Ritualen zu besonderen Anlässen oder Aktivitäten in der Gruppe. Leitung (der Ausbildung) bedeutet neben der Kooperation mit Ausbildungsstätten insbe- sondere die Begleitung von Auszubildenden, Quereinsteiger:innen und Praktikant:innen. Je nach pädagogischer Organisation ist eine Zusammenarbeit mit Ausbildungsstätten, ggf. die Betreuung von Praktikant:innen sowie deren Schulung zu berücksichtigen. Alternativ oder zusätzlich kann dieser Bereich auch die Qualifizierung von Mitarbeitenden in den ver- schiedenen pädagogischen Handlungsfeldern bedeuten. Die Zusammenarbeit mit Kund:innen fokussiert Kommunikation und Beteiligung dieser. In KiTas ist diese Zusammenarbeit insbesondere auf die Elternarbeit ausgerichtet, in ande- ren Einrichtungen kann die Klientel aus Lernenden bestehen, die sich verschiedenen Inhalten widmen und unterschiedlichen Altersstufen angehören. Allen Feldern gemein ist die Aufgabe der Aufnahme in die pädagogische Organisation sowie die Betreuung. Selbstführung bedeutet schließlich Selbstreflexion, Selbst- und Zeitmanagement und Selbstführung Weiterbildung. Das kann hier neben der kontinuierlichen Schärfung der eigenen Verant- Die Selbstführung ver- pflichtet zu Selbstrefle- wortungsbereiche im Dialog mit dem Träger und den Mitarbeitenden die Überprüfung des xion, Psychohygiene und eigenen Leitungshandelns am Profil, das Einholen von Feedback sowie die Inanspruch- Weiterbildung. nahme von Unterstützung umfassen. Selbst- und Zeitmanagement kann das Erstellen eines Arbeits- und Aufgabenplans, die kontinuierliche Evaluation dieser Planung oder die Sicherstellung regelmäßiger Absprachen im Leitungsteam beinhalten. Um sich stetig zu qualifizieren, bieten sich die Teilnahme an Weiterbildungen oder Fachtagungen sowie das Lesen von Fachliteratur an. Über die internen Leitungsaufgaben hinaus geht es immer auch um die Abstimmung der Verantwortungsbereiche bzw. die Kommunikation mit dem Träger. Kompetenzen Um den vielfältigen Anforderungen des Leitungshandelns gerecht zu werden, braucht es neben einer Führungshaltung unterschiedlichste Kompetenzen. Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass Kompetenzen nicht angeboren sind, sondern vielmehr nach und nach erworben werden können und sollten. Inhaltlich wird unter Kompetenzen das Handlungs- 29 vermögen der Person verstanden (Arnold, 2001). Konkret geht es um Fähigkeiten, Metho- den, Wissen, Einstellungen und Werte, deren Erwerb, Entwicklung und Verwendung sich auf die gesamte Lebenszeit eines Menschen beziehen (Dehnbostel & Gillen, 2005). Der Deutsche Qualifikationsrahmen (DQR) formuliert als Zielperspektive Handlungskom- Handlungskompetenz petenz, d. h., es geht in allen Lern- und Entwicklungsfeldern um „das ganzheitliche Ver- Unter Handlungskompe- mögen zur Problemlösung“ (DQR, 2013, S. 54). In Rückkopplung zum Europäischen Quali- tenz wird die Zielperspek- tive des professionellen fikationsrahmen werden die Kompetenzen in einer Matrix abgebildet, die deutlich macht, Agierenkönnens verstan- dass der Kompetenzbegriff ganzheitlich verstanden wird. Es geht um Bildung und Ent- den. wicklung der ganzen Person in zwei Bereichen: der Fachkompetenz mit Wissen und Fertig- keiten sowie der personalen Kompetenz mit Sozialkompetenz und Selbstständigkeit (DQR, 2013, S. 54). Abbildung 6: Kompetenzbegriff nach DOR Quelle: Ulrike Lichtinger, 2021, in Anlehnung an DQR, 2013, S. 190. Leitungskräfte brauchen, um professionell handeln zu können, demnach profunde Fach- Fachkompetenz kompetenz, um die geforderten Aufgaben eigenständig, fachlich angemessen, methoden- Fachkompetenz umfasst geleitet bearbeiten und das Ergebnis beurteilen zu können. Dies erfordert Wissen in Form Fachwissen und praxisbe- zogene Fertigkeiten, die von Theorien, Modellen und Prinzipien auf Basis von einschlägiger Wissenschaft und For- es zu erwerben gilt. schung. Ergänzt wird dies durch sinnvolle und zielführende Anwendung dieses Wissens in der Praxis durch entsprechende Fertigkeiten. Fachkompetenzen sind im Wesentlichen im Bereich Management zu verorten. Handlungskompetenz entsteht allerdings erst dann, Personale Kompetenz wenn auch die personale Kompetenz professionell sichtbar wird. Diese fokussiert Leader- Unter personaler Kompe- ship-Aufgaben, d. h., es braucht Sozialkompetenz, um die Mitarbeitenden führen und tenz werden die Sozial- kompetenz sowie die motivieren zu können, sowie Selbstständigkeit, d. h. die Fähigkeit, sich selbst führen zu Selbstständigkeit gefasst. können und sein Handeln zu reflektieren (DQR, 2013, S. 56–57). So muss die Leitung einer Volkshochschule im Verantwortungsbereich Betriebsführung bspw. ein Programm erstellen. Dazu muss sie wissen, aus welchen Einzelelementen dieses besteht, wie eine sinnvolle Gesamtstruktur aussieht und wie der Prozess gestaltet sein muss, um innerhalb eines festen Zeitrahmens ein Programm zu erstellen. Die Anwendung des dafür notwendigen Prozessmanagements setzt einerseits das Wissen um Prozessma- nagement voraus. Zudem braucht die Leitung die Fähigkeit, dieses Wissen in die Praxis zu 30 übertragen, ein entsprechendes Prozessmanagement mit Zeitplan, Arbeitspaketen und Verantwortlichen aufzusetzen und die Programmerstellung anhand dieser Planung durch- zuführen. Ergänzend sind Sozialkompetenz und Selbstständigkeit gefordert. So benötigt die Leitung die Bereitschaft und Fähigkeit, ihr Team in den Prozess mitzunehmen, Rollen zu klären und für eine gute Arbeitsatmosphäre zu sorgen, damit die gemeinsame Aufgabe gelingt. Dies erfordert Selbstständigkeit, d. h. die Fähigkeit, im Prozess auf sich selbst und die Teammitglieder zu blicken, das Handeln zu reflektieren und ggf. die eigene Handlungs- kompetenz weiterzuentwickeln. Konkret könnte es sein, dass es in der Arbeit zu einer Auseinandersetzung zwischen Kol- leg:innen kommt, weil bspw. die eine dem anderen vorwirft, seine Arbeit nicht terminge- recht erledigt zu haben. Hier braucht die Leitungskraft möglicherweise Mediationsfähig- keit, die sie in einer Weiterbildung erlernt hat. Zügig bemüht sie sich darum, beide Seiten an einen Tisch zu bringen, ihre Versionen der Auseinandersetzung zu hören, gemeinsam zu reflektieren und eine Lösung zu entwickeln. Die Kompetenz der Führungskraft zeigt sich schließlich in der konkreten Ausführung. Diese wird als Performanz bezeichnet (Gnahs, 2010). Als Bausteine von Kompetenz werden in anderen Theorien häufig auch die Persönlich- keitseigenschaften betrachtet. Sie wirken wesentlich auf die Performanz, sind allerdings – im Unterschied zu den im DQR beschriebenen Handlungskompetenzen – mit der Pubertät abgeschlossen und daher über die Lebensspanne relativ stabil. Auflistungen oder Modelle zur Kategorisierung sind vielfältig. Besonders bekannt sind u. a. die sogenannten Big Five, Big Five die fünf Merkmalskomplexe Neurotizismus, Extraversion, Verträglichkeit, Gewissenhaftig- Die Big Five sind die fünf Persönlichkeitseigen- keit und Offenheit für neue Erfahrungen (Strelecky, 2019). schaften, die besonders bekannt sind. 2.2 Haltungen und Einstellungen Alle Aufgaben, die Menschen erfüllen, sind getragen von einer Haltung – wie sie zu den Aufgaben stehen, ob sie diese als freudvoll und positiv wahrnehmen oder eher widerwillig erledigen, prägt ihr Handeln. Von einer professionellen Haltung ist die Rede, wenn sie nicht unbewusst und unreflektiert bleibt, sondern immer wieder betrachtet und kritisch hinterfragt wird. Wie stehe ich zu dieser Arbeit? Welche Überlegungen spielen dabei eine Rolle? Welche Emotionen sind im Spiel? Fragen wie diese können helfen, den eigenen Ein- stellungen auf die Spur zu kommen und eine Haltung konsequent weiterzuentwickeln. Im pädagogischen Feld wird von einer pädagogischen Haltung ausgegangen, die – wie könnte es anders sein – vielfältig verstanden wird und im Grunde empirisch noch weitge- hend ungeklärt ist (Schwer & Solzbacher, 2014). Dennoch werden zahlreiche mit einer pädagogischen Haltung verbundene Anforderungen an Pädagog:innen und insbesondere Leitungskräfte in pädagogischen Einrichtungen gestellt: Gefordert werden bspw. Empa- thie, pädagogischer Takt, Methodenwissen, Transparenz und Authentizität, obgleich bis heute kaum Operationalisierungen des Konstrukts existieren. Es lohnt daher die Frage, was wissenschaftlich betrachtet eine Haltung überhaupt ausmacht. 31 Subjektive Theorien Im Bereich Schule wird vor allem von subjektiven Theorien gesprochen – individuellen Mit subjektiven Theorien Überzeugungen, die insbesondere die Gestaltung von Unterricht leiten (Helmke, 2017). Sie sind individuelle Vorstel- lungen zu bestimmten stehen den objektivierbaren Theorien, die durch Forschung erzeugt werden können, Themen gemeint. gegensätzlich gegenüber. So beeinflusst die eigene Schulerfahrung im Sinne einer subjek- tiven Theorie über Schule die jeweilige Vorstellung von dem, was eine gute Schule aus- macht – unabhängig von empirisch validierten Kriterien. Reflektiert eine Schulleitung ihre subjektive Theorie von Schule nicht, so wird sie geneigt sein, die Entwicklungen der Schule daran auszurichten, was ihr persönlich gut und zielführend erscheint. Hat diese Person bspw. am liebsten an Modellen in Stille für sich gearbeitet und diese Form als gewinnbringend verallgemeinert, so wird eine Offenheit gegenüber kooperativen Lernfor- men möglicherweise nicht sofort gegeben sein – wenngleich Zusammenarbeit ein zentra- les Merkmal guten Unterrichts darstellt (Helmke, 2017). Mentale Modelle Mit diesen Theorien verwandt sind mentale Modelle oder mentale Repräsentationen. Sie Als mentale Modelle wer- meinen Strukturen bzw. Zusammenhänge im Denken, die aus Wissens- und Erfahrungs- den individuelle gedankli- che Repräsentationen bausteinen erschaffen werden. In der Psychologie beziehen sie sich auf Wertvorstellun- von Zusammenhängen gen, die sowohl unser Handeln als auch unsere Wahrnehmung der Welt beeinflussen (Ner- bezeichnet. dinger et al., 2019). Durch zahlreiche, häufig frühe Erfahrungen entwickeln Menschen eine Sammlung von Annahmen, die nach und nach zu einem komplexen Wertesystem anwach- sen. Wird dieses nicht reflektiert, so wird es mit Normalität gleichgesetzt und unkritisch in Handlungsfelder hineingetragen. Ist die Leitung eines Hortes bspw. im Hinblick auf Geschlechterrollen so aufgewachsen, dass Frauen verstärkt für Aufgaben im Haus zustän- dig sind, so wird sie vielleicht unreflektiert die Mädchen bitten, beim Abwasch nach dem Mittagessen zu helfen, und auf diese Weise einen heute nicht mehr zeitgemäßen Aspekt ihres Modells in ihre pädagogische Arbeit hineintragen. Einstellungen werden alltagssprachlich häufig gleichgesetzt mit Haltung, wenngleich sich Unterschiede erkennen lassen. Inhaltlich werden Einstellungen verstanden als Aussagen über Menschen, Dinge oder Ereignisse. Sie sind bewertender Natur, also positiv oder nega- tiv konnotiert (Robbins & Fischer, 2017). Entsteht bspw. der Eindruck, dass ein Teammit- glied sich immer wieder den gemeinsamen Austauschtreffen entzieht und den Kontakt zu den anderen meidet, so wird dieses Verhalten ggf. mit einer negativen Einstellung dieser Person dem Team gegenüber gleichgesetzt. Habitus Die Soziologie prägt den Begriff Habitus, ein Konstrukt, das als durch Erfahrungen gebil- Das soziologische Kon- dete Schemata des Wahrnehmens und Denkens verstanden wird und im Erscheinungsbild strukt Habitus ist ein durch Erfahrungen einer Person zum Ausdruck kommt (Schultheis et al., 2020). So wird einem Mitdreißiger, geprägtes Schema, inner- der mit Anzug, Fliege und Hemd zur Arbeit in die Anwaltskanzlei kommt und in hochdeut- halb dessen Menschen scher, poetischer Sprache kommuniziert, sicher ziemlich schnell klischeehaft ein Habitus wahrnehmen. des distinguierten Bildungsbürgers zugeschrieben. Mindset Aus dem Angloamerikanischen wird der Begriff Mindset entliehen. Dweck (2017) zeigt im Als Mindset wird eine Ein- Grundlagenbuch dazu auf, wie unser Denken bezüglich Themen und Aufgaben entsteht stellung zu bestimmten Themen oder Aufgaben und wie dieses Erfolge oder Niederlagen bewirkt. Sie unterscheidet zwischen einem stati- bezeichnet. schen oder starren und einem dynamischen Denken und bezeichnet Letzteres als Growth Mindset (Wachstumsdenken), das Entwicklung möglich macht und unterstützt. 32 Es kann festgehalten werden, dass eine pädagogische Grundhaltung nicht per se existiert, sondern sich vielmehr kontinuierlich entwickelt. Sie entsteht durch Reflexion von Erfah- rungen auf Basis pädagogischer Theorie und Empirie. Was einfach klingt, erweist sich in der Praxis als komplex, da Erfahrungen aus unterschiedlichen – professionellen und per- sönlichen, frühen und aktuellen Erlebnissen – zusammenfließen. Um pädagogisch profes- sionell zu agieren, braucht es die Reflexion auf Basis profunder Forschung. Hierin besteht im Alltag eine nicht zu unterschätzende Herausforderung, da Handlungsentscheidungen häufig schnell getroffen werden müssen und im Spannungsfeld zwischen fachlich ange- messenem Handeln und biografisch-persönlicher Erfahrung oft starke Emotionen mitspie- len (Wünsche & Prinz, 2018). Dweck (2017) empfiehlt, ein generelles Bewusstsein über die persönliche Vorstellung bezüglich individueller Entwicklung zu erwerben, und bietet eine entsprechende Kontras- tierung zwischen statischem und dynamischem Mindset. Abbildung 7: Mindset Quelle: Ulrike Lichtinger, 2021, in Anlehnung an Dweck, 2017, S. 18. In der Gegenüberstellung von statischem und dynamischem Mindset macht Dweck Statisches und dynami- (2017) deutlich, dass starres Denken von angeborenen, unveränderbaren Talenten eines sches Mindset Ein starres, vorfestgeleg- Menschen ausgeht, was fatale Folgen für Entwicklungsprozesse jedweder Art hat. Konse- tes Denken wird als stati- quenterweise gilt, dass, wenn Talente fehlen, eine Person eine ihr gestellte Aufgabe nicht sches Mindset bezeich- erfüllen kann. Sie wird keine Motivation zum Ausprobieren entwickeln, da Scheitern vor- net, während das dynamische Mindset als programmiert ist und Anstrengung als nicht lohnenswert empfunden wird. offen und an Wachstum interessiert beschrieben wird. In einem dynamischen oder Wachstumsdenken werden Begabungen zwar angenommen, allerdings in dem Bewusstsein, dass sie lediglich ein Startkapital zur Entwicklung darstel- len und sehr viel möglich ist. Im Grunde ist alles erlernbar und entwickelbar. Es lohnt daher, Herausforderungen zu suchen und daran zu wachsen. Kritik wird als Lernchance 33 wahrgenommen, als Anregung, an dieser Stelle erneut nachzudenken und anders zu han- deln. Über Vorbilder motiviert kann die von Haus aus mit Wachstumsdenken verbundene Anstrengungsbereitschaft noch gesteigert werden. Positive Vorbilder spornen an, es ihnen gleichzutun. Zurück zur Praxis Die Fortbildung zum Thema Anforderungen an eine Leitungskraft war sehr hilfreich für Herrn Riebele. Ihm ist dadurch viel bewusster, wie viele Aufgaben und Tätigkeitsfelder einen Teil von Leitungshandeln ausmachen und dass er in Zukunft immer wieder innehal- ten müssen wird, um sich darüber klar zu werden, welche Anforderungen er in welchem Ausmaß aktuell erfüllt bzw. welche Anforderungen möglicherweise gerade keine oder zu wenig Berücksichtigung finden können. Er sieht die Gefahr der Überforderung und nimmt sich vor, aufmerksam zu sein und darauf zu achten, dass er die Aufgaben richtig priorisiert, wenn möglich delegiert oder auch zurückweist. Für die Arbeit mit dem Team ist ihm bewusst geworden, dass er für sich klären muss, was seine pädagogische Haltung ausmacht und welche Überzeugungen er hat. Er erkennt, wie wichtig es ihm ist, sein Team und die Kinder im Hort so zu unterstützen, dass es ihnen allen gut geht und sie sich gut entwickeln können. Es freut Herrn Riebele, dies jetzt als Wachstumsdenken benennen zu können. ZUSAMMENFASSUNG Die Anforderungsprofile für Leitungskräfte zeigen die Vielschichtigkeit der Aufgaben in den Feldern von Management und Leadership. Im Wesentlichen lassen sich neun Verantwortungsbereiche identifizieren: Betriebsführung, Qualitätsmanagement, Organisationsentwicklung, Pädagogik, Personalführung, Ausbildungsleitung, Zusammenarbeit mit Kund:innen, Kooperation nach außen und Selbstführung. Diese Berei- che werden wiederum auf Tätigkeitsfelder und schließlich auf konkrete Aufgaben heruntergebrochen. Umgekehrt können konkrete Aufgaben Tätigkeitsfeldern und Verantwortungsbereichen zugeordnet und ggf. delegiert werden. Um professionell führen und leiten zu können, ist die kontinuierliche Entwicklung einer Handlungskompetenz erforderlich, die Fach- und per- sonale Kompetenzen umfasst. Fachkompetenz lässt sich untergliedern in Wissen und Fertig- bzw. Fähigkeiten, personale Kompetenz in Sozial- kompetenz – die Fähigkeit, andere zu führen – und Selbstständigkeit, das Element der Selbstführung. Wesentlich für eine Leitungskraft ist zudem ihre Haltung, die von subjek- tiven Theorien und persönlichen Erfahrungen geprägt ist. Sie gilt es, als Teil der personalen Kompetenz Selbstständigkeit, zu reflektieren und zu entwickeln. Die Leitung geht als Modell ihrem Team voran und wirkt 34 implizit auf dieses ein. Dazu braucht es ein Mindset, das positiv und vor- wärtsgewandt ist. Nach Dweck (2017) werden zwei Mindsets unterschie- den: das statische oder starre Mindset und das dynamische Mindset, das sogenannte Wachstumsdenken, das es im Leitungshandeln insbeson- dere zu nutzen gilt. 35 LEKTION 3 GESELLSCHAFTLICHE BEDINGUNGEN PÄDAGOGISCHEN LEITUNGSHANDELNS LERNZIELE Nach der Bearbeitung dieser Lektion werden Sie in der Lage sein, … – gesellschaftliche Bedingungen pädagogischen Leitungshandelns zu beschreiben. – Widersprüche pädagogischer Handlungsfelder aktuell zu benennen. – mit Leitung verbundene gesellschaftliche Ungewissheiten zu erkennen. 3. GESELLSCHAFTLICHE BEDINGUNGEN PÄDAGOGISCHEN LEITUNGSHANDELNS Aus der Praxis Frau Hecht hat als neue Leiterin der Seniorenresidenz einige erste Kontakte und Vorstel- lungsrunden hinter sich. Ihr Träger hatte sie feierlich in der Hauptstelle zur Leiterin ernannt und ihr die zehn Teams der verschiedenen Abteilungen vorgestellt. In diesem Zusammenhang wurde auch der Auftrag der Organisation deutlich herausgestellt. Zudem hatte Frau Hecht interessierte Senior:innen und deren Familien zu einem Kennenlern- nachmittag eingeladen, sich persönlich vorgestellt, ihre Ziele präsentiert und einen Umtrunk vorbereiten lassen. Die Familien kamen recht zahlreich und waren erfreut. Es gab einen regen Austausch darüber, was in der Residenz weniger gut läuft – verbunden mit der Hoffnung auf Veränderung durch eine neue, energische Leitung. Auch der Bürgermeister ließ es sich nicht nehmen, mit Frau Hecht zu einem Kaffee zusammenzusitzen und der neuen Einrichtungsleiterin seine Überlegungen für eine Weiterentwicklung im Rahmen der kommunalen Anliegen mitzugeben. Die vielen Eindrücke ließen Frau Hecht nachdenklich und mit generellen Fragen zurück: Woran orientiert sich Leitungshandeln in der Welt von heute? Was bestimmt und beeinflusst den Wandel der Einrichtung? Wie ist mit entstehenden Widersprüchen und Spannungsfeldern umzugehen? 3.1 Widersprüche pädagogischer Handlungsfelder im 21. Jahrhundert Das 21. Jahrhundert zeichnet sich im Vergleich zu den vorhergehenden Jahrhunderten durch dynamischere Veränderungsprozesse aus. Die Beschleunigung in den technischen und digitalen Entwicklungen fordert Menschen heraus, sich den neuen Gegebenheiten anzupassen und die damit verbundenen Ungewissheiten und Widersprüchlichkeiten aus- zuhalten. Für pädagogische Handlungsfelder bedeutet dies, Lern- und Erziehungsprozesse mit stark hypothetischen und sich immer wieder verändernden Zielen zu gestalten. Päda- gog:innen benötigen deshalb Kompetenzen, die sie im Rahmen ihrer Ausbildung – wenn überhaupt – nur teilweise erhalten haben. Sie sind gefordert, Menschen zu unterstützen, ihr Leben im Jetzt zu inszenieren und sich auf die Zukunft vorzubereiten – eine Zukunft, die immer weniger vorhersehbar erscheint und mit Erfahrungen aus der Vergangenheit nur bedingt geplant und gestaltet werden kann. Aus diesem Grund sind Pädagog:innen vielfach gefordert: Sie müssen selbst mit den Gege- benheiten zurechtkommen, ihrem eigenen Leben Sicherheit und Orientierung verleihen und im Beruf professionell agieren. Das bedeutet: im pädagogischen Handlungsfeld mit 38 den Auswirkungen der Entwicklungen umgehen, den Klient:innen Impulse geben, Unter- stützung anbieten, sich im Team finden, auf Neuerungen ausrichten, Expert:in bleiben. Dazu braucht es Leitungskräfte, die sich dieser Spannungsfelder bewusst und in der Lage sind, Sicherheit in aller Ungewissheit zu stiften. Die VUCA-Welt von heute Die Welt von heute wird zunehmend komplexer. 1985 sprechen die Professoren Bennis und Nanus erstmals von einer VUCA-Welt, die gekennzeichnet ist von Volatilität oder VUCA Flüchtigkeit (V – Volatility), Ungewissheit (U – Uncertainty), Komplexität (C – Complexity) Das Akronym für Volatili- tät oder Flüchtigkeit, und Mehrdeutigkeit (A – Ambiguity): Sie beschreiben eine Welt, die sich im permanenten Ungewissheit, Komplexi- Wandel befindet, den Menschen instabiler und unvorhersehbarer erscheint (Bennis & tät und Mehrdeutigkeit Nanus, 2007; Sarica, 2020). heißt VUCA. Vorhersehbarkeit und Planbarkeit des Lebens nehmen ab und lassen in eine Zukunft bli- cken, die kaum aufbauend auf Erfahrungen aus der Vergangenheit angegangen werden kann, da gemachte Erfahrungen mit zunehmender Geschwindigkeit an Gültigkeit verlie- ren. Charakteristisch für VUCA sind folgende Kriterien: Enttraditionalisierung: Stabilisierende Routinen und gewohnte Rituale verlieren ihre Gültigkeit und können in der bisherigen Form nicht mehr beibehalten werden. Sie wer- den als sinn- oder nutzlos erlebt. Optionierung: In allen Lebensbereichen nehmen Handlungsmöglichkeiten exponenti- ell zu. Diese Zunahme der Optionen verlangt nach Entscheidungen, die allerdings ohne die dafür oft hilfreichen Erfahrungen aus der Vergangenheit getroffen werden müssen und somit immer wieder zu Überforderung führen. Individualisierung: Die Zunahme der Möglichkeiten bietet eine Vielfalt individueller Individualisierung Entwicklungsmöglichkeiten. Erweisen sie sich einerseits als wünschenswert, da die höhere Selbstverantwor- tung durch viele Wahl- Wahlfreiheiten Einzelner erhöht werden können, so erhöht sich gleichzeitig die Selbst- möglichkeiten verantwortung. Die richtige Entscheidung zu treffen, um Unsicherheit im Alltag zu redu- zieren und Orientierung zu spüren, wird zu einer mit Anstrengung verbundenen Heraus- bzw. Überforderung (Kauffeld & Sauer, 2019). Bewältigungsstrategien bzw. Antworten auf diese Entwicklungen sind häufig nicht eindi- mensional möglich. Es eröffnet sich vielmehr ein Lernfeld der Antinomien, der Widersprü- che: Menschen leben heute in hochkomplexen Belastungssituationen, die nachweislich unter Stress setzen und in denen sie dazu tendieren, sich zurückzuziehen und abzugren- zen. Gleichzeitig werden sie permanent und unerwartet gefordert, offen zu sein, sich auf neue Situationen einzustellen und hoffnungsfroh Zukunft zu gestalten (Wellensiek, 2019). Leitungskräfte stehen als Menschen selbst in ebendiesen Erfahrungen und sind zudem in der Führung gefordert. Gefordert, diese Widersprüche selbst auszuhalten, Spannungsver- hältnisse auszuloten für sich selbst sowie für die pädagogische Einrichtung und ihre Men- schen. Die Akzeptanz von Ungewissheitsantinomien als Teil des Lebens, als Normalität, wird zu einem zentralen Kriterium für professionelles Leitungshandeln, die Steuerung von Veränderungsprozessen auf Organisationsebene zu einer notwendigen Kernkompetenz. 39 Ungewissheitsanti- Krisen und ihre Widersprüche nomien Widersprüche, die Ent- scheidungen bedingen, Ereignisse, wie bspw. die Flüchtlingsströme 2015 oder Covid-19 2020/21, konfrontieren die Menschen aufgrund unerwartet mit Aufgaben, die es persönlich und professionell zu bewältigen gilt. Dabei von Nichtwissen im Grunde nicht professio- kann nicht wie gewohnt auf bekannte Bewältigungsstrategien zurückgegriffen bzw. eine nell treffen können, wer- Lösungsfindung mit genügend Vorlaufzeit entwickelt werden. Derartige Situationen for- den als Ungewissheitsan- dern sofortiges Handeln und dies ohne verlässliche, länger durchdachte Strategie – eine tinomien bezeichnet. nahezu unmöglich scheinende Herausforderung für die Menschen im System. Für Lei- tungskräfte gilt dies in doppelter Hinsicht, da von ihnen zusätzlich die Mitarbeitenden Zielperspektiven und Lösungen sowie Sicherheit und Orientierung in der als unsicher erlebten Phase erwarten. Auf organisationaler Ebene können die Migrationswelle 2015/16 Krisen oder Covid-19 2020/21 als Krisen betrachtet werden. Sie können als Beispiele für die kon- Eine Krise definiert einen kreten Folgen von VUCA in pädagogischen Einrichtungen dienen und ermöglichen eine Tief- oder Wendepunkt in einer Entwicklung. Einordnung in die Theorien zur Dynamik von Veränderungsprozessen (Heller & Gallenmül- ler, 2019). Die überraschend große Welle der Zuwanderung nach Europa 2015/16 hat zu deutlichen Herausforderungen in unterschiedlichen Handlungsfeldern geführt und ist bis in die ein- zelne pädagogische Einrichtung spürbar geworden. Die Zahl der Asylbewerber:innen in Deutschland verdoppelte sich im Jahr 2015 von ca. 200.000 auf knapp 480.000, in 2016 auf 745.000 (Eurostat, 2018). Über die Hälfte kamen aus den Kriegsgebieten Syriens, Afghanis- tans und Somalia. Diese Flüchtlingsströme führten in Europa zu einer Migrationskrise. Die Asylpolitik der Europäischen Union (EU), die entsprechenden nationalen Ziele und Strate- gien sowie Fragen zur Stellung des Islam wurden auf unterschiedlichen politischen Ebe- nen heftig diskutiert. EXKURS – WIRKUNGEN AUF DIE PRAXIS EINER WEITERBILDUNGSEINRICHTUNG Auf Ebene der pädagogischen Organisationen wurde unerwarteter pädagogi- scher Handlungsbedarf in verschiedenster Hinsicht deutlich. An Volkshochschu- len entstand bspw. die Notwendigkeit zu quantitativ und qualitativ neuen bzw. veränderten Angeboten zu Deutsch als Fremdsprache. So reichten die gewohn- ten Kurse bei Weitem nicht aus, den neu angekommenen Menschen mit auf sie zugeschnittenem Unterricht gerecht zu werden. Neue Kurse mussten eingerich- tet und inhaltlich weiter ausdifferenziert werden. Erstmalig waren bspw. Kurse zur Alphabetisierung von Erwachsenen mit fremdem Kultur- und Lebenshinter- grund notwendig, die jedoch ungeahnte Problemstellungen (wie fehlendes Material, ungenügend geschultes Personal, Nichterreichbarkeit der Menschen in den Flüchtlingslagern etc.) hervorbrachten. Kursleitungen waren bspw. mit Lernenden konfrontiert, die aus Afghanistan kamen, dort als Viehhüter:innen in den Bergen gelebt und keinerlei Schulerfah- rung hatten. Ihnen Lesen und Schreiben beizubringen, wurde nicht nur durch die fehlende gemeinsame Unterrichtssprache zur Herausforderung. Erschwe- rend hinzu kamen fehlende Unterrichtskonzepte. Herkömmliches Lernmaterial für die Alphabetisierung Erwachsener war kaum brauchbar, da allein die Abbil- 40 dungen in den Lehrbüchern für die neuen Lernenden nicht verständlich waren. Darüber hinaus führten religiös-kulturelle Fremdheiten zu Irritationen. Für viele muslimische männliche Lernende war es nicht immer sofort möglich, Frauen als Lehrkräfte anzuerkennen, sodass mitunter gemeinsamer Unterricht bereits an der Beziehungsgestaltung scheiterte. Die beschriebenen Beispiele skizzieren einen Ausschnitt aus den mit der Flücht- lingswelle verbundenen Erfahrungen in den pädagogischen Einrichtungen (Zhorzholiani-Metz, 2021). Wissenschaftstheoretisch betrachtet kann dies als klassische Krise gedeutet werden: Die Situationen wurden von den Pädagog:innen als extrem schwierig erlebt und es entstand bei nicht wenigen Menschen in den pädagogischen Einrichtungen Desorientierung ver- bunden mit Stress (Kunzler et al., 2021). Derartige Ereignisse können ein System – und als solches ist eine pädagogische Organisation zu verstehen – verwirbeln oder gar in seinen Grundfesten erschüttern. Das kann im Extremfall dazu führen, dass je nach Größe der Krise die üblichen Handlungsroutinen und Abläufe teilweise oder flächendeckend nicht mehr wie bisher funktionieren. In dem Beispiel der Migration war dies zumindest teilweise der Fall. Die bis dahin angebo- tenen DaF-Kurse (Deutsch als Fremdsprache, kurz: DaF) und bspw. auch die damit verbun- denen Routinen der Dozierenden mussten u. a. überdacht werden. Die Leitungskräfte in entsprechenden Einrichtungen waren aufgefordert, bei laufendem Betrieb mit allen regu- lären Aufgaben mit ihren Teams zusätzlich und vordringlich an völlig neuen Sachfragen zu arbeiten und darüber hinaus den Teammitgliedern Sicherheit zu vermitteln, dass eine Lösung der Probleme gefunden werden und ihre Belastung reduziert werden würde. Lei- tungen waren hier gefordert, das Management zu bewältigen, das Team zu führen und dabei sich selbst stabil, klar und orientiert zu halten. EXKURS – WIRKUNGEN AUF DIE PRAXIS AN SCHULEN Unter Covid-19 und den Lockdowns stellte sich die Krise im Zusammenhang mit Unterricht in der Schule ebenfalls als herausfordernd dar (Helm et al., 2021). Schüler:innen konnten innerhalb weniger Tage nicht mehr wie üblich beschult werden. Homeschooling und Distance Learning waren die neuen Lehrmetho- den. Sie forderten von Lehrkräften neue Abläufe – ohne dass sie darauf entspre- chend vorbereitet gewesen wären bzw. eine entsprechende Strategie dafür gehabt hätten. Es wurden neue Lehr- und Unterrichtsformate für Schulen und Bildungseinrichtungen notwendig; individuell und gemeinsam musste nach Wegen gesucht werden, den Betrieb unter den neuen Vorzeichen wieder aufzu- nehmen und Lernenden pädagogische Angebote unter Berücksichtigung der geltenden Regelungen zu unterbreiten (Huber et al., 2020). 41 Beide Beispiele geben Zeugnis für eine krisenhafte Situation, einen Umbruch, der einen Veränderungsprozess zwingend macht (Heller & Gallenmüller, 2019). Abbildung 8: Phasen der Veränderung Quelle: Ulrike Lichtinger, 2021. Das bekannte Handlungsfeld ist verlassen, nicht mehr gültig. Neues ist noch nicht klar, nicht konstelliert. Dadurch entsteht eine Schwellenphase des Nicht-Mehrs der bekannten Vergangenheit und gleichzeitig des Noch-Nichts einer noch unbekannten Zukunft. Für Ein- zelne im System – Mitarbeitende und Lernende – kann sich dieser Zustand, eine soge- nannte labile Phase, chaotisch, nebulös, undurchsichtig, komplex, nicht handhabbar anfühlen. Der oder die Einzelne sowie das System drängen auf Stabilität. Und so wirken in Schwellenphase der Veränderung, in dieser Schwellenphase, zwei entgegengesetzte Kräfte: Die Schwellenphase stellt den mittleren Teil eines Veränderungsprozesses rückwärtsgewandte, die den Zustand vor der Krise und die damit verbundene Sicher- dar und ist diffus. heit und Klarheit wiederherstellen wollen; zukunftsgewandte, die auf Weiterentwicklung setzen, Neues finden und integrieren wol- len (Krystek & Hünecke, 2017). Für die Leitungskraft ergeben sich daraus zentrale Aufgaben, die mit klassischen Manage- mentwerkzeugen wie Zielvereinbarungen, Strukturen und festen Hierarchien nur bedingt bearbeitet werden können. 42 3.2 Leitung im Kontext gesellschaftlicher Ungewissheit Leitung muss im Zusammenhang mit den Ungewissheiten der VUCA-Welt des 21. Jahrhun- derts neu gedacht und gelebt werden. Dies ist aus den unvorhersehbaren Entwicklungen der letzten Jahre – Migration und Covid-19 – deutlich geworden: Beschäftigte erleben in Einrichtungen die steigenden Anforderu

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