Kapitel V. Wahrheit: Was ist das?

Im Kontext von Pilatus' Frage nach der Wahrheit spielt Jesus nicht darauf an, eine wissenschaftliche Definition zu liefern.

Der Begriff „Falschheit“ steht im direkten Gegensatz zum Begriff „Wahrheit“ und hilft uns, die Bedeutung von Wahrheit besser zu verstehen.

Der Sinn des Wortes „Wahrheit“ ist der Begriff der Wahrheit selbst, den wir untersuchen wollen.

Wir sollten zunächst unsere eigenen philosophischen Präkonzepte zur Wahrheit beiseitelegen, um uns auf die reine Definition zu konzentrieren.

Philosophische Theorien zur Wahrheit sollten mit dem alltäglichen Verständnis des Wortes „wahr“ übereinstimmen.

Philosophische Theorien sollten Abweichungen vom alltäglichen Sprachgebrauch begründen können.

Im Alltag verwenden wir Sprache manchmal ungenau und verwischen begriffliche Unterschiede, die man aber eigentlich machen sollte.

Falschheit und Lüge sind nicht unbedingt dasselbe, obwohl man es im Alltag schnell denken könnte.

Der Satz vom ausgeschlossenen Dritten besagt, dass jede Aussage entweder wahr oder falsch ist. Es gibt keine 'dritte' Möglichkeit.

Eine Aussage ist genau dann wahr, wenn sie mit der Realität übereinstimmt. Beispiel: 'Die Erde ist rund' ist wahr, weil die Erde tatsächlich rund ist.

Aussagen über zukünftige, noch nicht feststehende Ereignisse könnten eine Ausnahme für den Satz vom ausgeschlossenen Dritten darstellen. Beispiel: 'Morgen regnet es.' Es ist noch unklar, ob es regnen wird, daher ist die Aussage weder wahr noch falsch.

Eine Aussage ist genau dann wahr, wenn sie aus anderen wahren Aussagen logisch folgt. Beispiel: Wenn 'Alle Menschen sind sterblich' und 'Sokrates ist ein Mensch' wahr sind, folgt logisch, dass 'Sokrates sterblich ist'.

Eine Aussage ist genau dann wahr, wenn sie durch Beobachtungen oder Experimente bestätigt wird. Beispiel: 'Wasser siedet bei 100 Grad Celsius' kann durch Experimente bewiesen werden.

Eine Aussage ist genau dann wahr, wenn sie von einer kompetenten Autorität bestätigt wird. Beispiel: 'Die Hauptstadt von Frankreich ist Paris' ist wahr, weil es von Experten auf diesem Gebiet bestätigt wird.

Eine Aussage ist genau dann wahr, wenn sie nützlich ist. Beispiel: 'Die kürzeste Strecke zwischen zwei Punkten ist eine gerade Linie' ist wahr, weil diese Erkenntnis im täglichen Leben nützlich ist.

Eine Aussage ist genau dann wahr, wenn sie von einem Konsens von Menschen akzeptiert wird. Beispiel: 'Die Farbe des Himmels ist blau' wird von den meisten Menschen als wahr angesehen.

Eine Aussage ist genau dann wahr, wenn sie mit einer Tatsache übereinstimmt.

Eine Aussage ist falsch, wenn es keine entsprechende Tatsache gibt.

Die Korrespondenztheorie versucht, die Wahrheit einer Aussage anhand ihrer Übereinstimmung mit der Realität zu erklären. Eine Aussage ist nur dann wahr, wenn sie mit einer konkreten Tatsache in der Wirklichkeit übereinstimmt.

Die Korrespondenztheorie stellt die Frage nach der Definition von Tatsachen. Was sind Tatsachen genau und existieren sie überhaupt?

Philosophen hinterfragen den Begriff „Übereinstimmen“ in der Korrespondenztheorie. Was bedeutet es, dass eine Aussage mit einer Tatsache übereinstimmt?

Ein Beispiel für Übereinstimmung: Eine Schülerzeichnung wird mit dem Originalbild verglichen. Die Übereinstimmung der Zeichnung mit dem Originalbild wird anhand gemeinsamer Eigenschaften bewertet.

Die Korrespondenztheorie der Wahrheit fordert eine solide Definition von Tatsachen, um ihre Aussage zu rechtfertigen.

Die Definition von Tatsachen ist ein komplexes und kontroverses Thema in der Philosophie.

Die Aussage, dass etwas wahr ist, weil es der Realität entspricht, wird als deflationäre Wahrheitstheorie bezeichnet. Sie stellt die einfachste Möglichkeit dar, Wahrheit zu definieren, ohne komplizierte philosophische Konstrukte zu verwenden.

Die Aussage "Die Dinge werden so beschrieben, wie sie wirklich sind" ist eine vereinfachte Formulierung, die uns hilft, die einfache Beziehung zwischen Aussage und Realität zu verstehen.

Die Annahme einer besonderen Art von Ding, welches Aussagen beschreibt, führt zu der Idee, dass wir eine ontologische Theorie der Tatsachen benötigen. Dieser Ansatz kann zu komplexer Philosophie führen.

Die deflationäre Wahrheitstheorie vermeidet komplexe metaphysische Erklärungen und fokussiert auf die grundlegende Übereinstimmung zwischen Aussage und Realität.

In wissenschaftlichen Diskussionen sollten wir uns für Erklärungen entscheiden, die die geringsten Voraussetzungen benötigen. Dies wird als das Prinzip der Sparsamkeit bezeichnet.

Oftmals kann in wissenschaftlichen Debatten kein eindeutiger Gewinner ermittelt werden. Zwei Theorien können beide plausible Erklärungen bieten, aber mit unterschiedlichen Schwächen.

Die Wahl zwischen zwei Theorien kann durch eine Abwägung der theoretischen Voraussetzungen getroffen werden. Theorien mit weniger komplexen Annahmen sind oft besser.

Der Wahrheitsbegriff ist inhaltsleer, da er keine eindeutige, konkrete Definition besitzt. Er beschreibt einen umfassenden, grundlegenden Aspekt von Aussagen, ohne selbst einen konkreten Inhalt zu liefern.

Der Wahrheitsbegriff wird korrekt verwendet, indem man seine Rolle bei der Bewertung von Aussagen versteht, z.B. ob sie wahr oder falsch sind. Er dient als Kriterium zur Beurteilung von Aussagen, ohne selbst eine klare Definition zu haben.

Der Wahrheitsbegriff kann auf unbekannte Aussagen angewendet werden - zum Beispiel, wenn man über die Wahrheit von Aussagen in der Bibel diskutiert, ohne sie vollständig gelesen zu haben.

Die Aussage "Alles, was in der Bibel steht, ist wahr" ist ein Beispiel für eine Aussage, die den Wahrheitsbegriff auf unbekannte Aussagen anwendet. Es ist möglich, diese Aussage zu bewerten und zu diskutieren, ohne die gesamte Bibel auswendig zu kennen.

Die Aussage "Wenn eine Aussage wahr ist, so ist ihre Verneinung falsch" ist ein Beispiel für eine allgemeine Aussage über Wahrheit, die auf alle Aussagen zutrifft, auch unbekannte. Es ist nicht notwendig, eine bestimmte Aussage im Sinn zu haben, um diese Aussage zu beurteilen.

Die Aussage "Mein Buch wird leider auch einige falsche Aussagen enthalten" ist ein Beispiel für eine selbstreflexive Aussage. Diese Aussage bezieht sich auf die Wahrheit von Aussagen, die möglicherweise noch geschrieben werden müssen. Es ist möglich, diese Aussage zu beurteilen, ohne den Inhalt des Buches zu kennen.

Das Kernproblem bei Definitionen des Wahrheitsbegriffs liegt darin, dass sie oft auf die Beurteilung von konkreten, bekannten Aussagen fokussieren. Die Realität ist aber, dass der Wahrheitsbegriff auch auf unbekannte Aussagen angewendet werden kann.

Die Verwendung des Wahrheitsbegriffs für unbekannte Aussagen zeigt, dass er nicht auf eine konkrete Definition festgelegt ist, sondern eine abstrakte Rolle im Denkprozess spielt. Es ist wichtig, diese Flexibilität des Wahrheitsbegriffs zu beachten.

Korrespondenztheorien stellen fest, dass der Wahrheitsbegriff auf der Übereinstimmung oder Korrespondenz einer Aussage mit der Wirklichkeit basiert.

Die Frage taucht auf, was genau mit dieser Übereinstimmung gemeint ist. Welche Art von Beziehung muss zwischen Aussage und Wirklichkeit bestehen, damit die Aussage als wahr gilt?

Es stellt sich die Frage, mit welchem Teil der Wirklichkeit eine Aussage übereinstimmen soll. Kann eine Aussage die gesamte Wirklichkeit abbilden?

Eine einzelne Aussage kann nie die gesamte Wirklichkeit beschreiben, sondern nur einen bestimmten Teil davon. Beispielsweise beschreibt die Aussage 'Johanna ist mutig' lediglich einen Aspekt von Johanna.

Es ist nicht möglich, dass eine einzelne Aussage die gesamte Wirklichkeit in ihrer Komplexität abbildet. Aussagen können nur bestimmte Teile der Wirklichkeit beschreiben. Das Problem ist dann, welchen Teil der Wirklichkeit die Aussage beschreiben soll, um als wahr zu gelten.

Wenn eine Aussage mit der Wirklichkeit übereinstimmen soll, muss zunächst definiert werden, welcher Teil der Wirklichkeit gemeint ist. Dieser Teil muss dann genauer betrachtet und analysiert werden, um festzustellen, ob die Aussage korrekt ist.

Es stellt sich die Frage, welcher Teil der Wirklichkeit durch die Aussage 'Johanna ist mutig' beschrieben wird. Es ist nicht klar, ob es sich um Johanna als Ganzes oder nur einen Teil ihrer Persönlichkeit handelt.